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Mittwoch, 9. September 2015

Rezension: "Totengedenken" von Rennie Airth

Als ich um ein Rezensionsexemplar von "Totengedenken"* von Rennie Airth bat, erwartete ich einen Krimi, der im Großbritannien des Zweiten Weltkriegs spielt, heißt es im Klappentext doch: "England 1947. Die Wunden des Zweiten Weltkriegs sind kaum verheilt, als eine erschreckende Mordserie der Polizei Rätsel aufgibt: Wer tötet anscheinend unbescholtene Männer, die keine erkennbare Verbindung zueinander hatten?

Und warum hat sich ein Opfer kurz vor seinem Tod nach dem ehemaligen Scotland-Yard-Inspector John Madden erkundigt? Der pensionierte Madden nimmt an der Seite seines früheren Protegés Detective Inspector Billy Styles die Ermittlungen auf und stößt auf eine alte Rechnung, die noch lange nicht beglichen ist ..."

Die Handlung von "Totengedenken"* spielt zwar im England des Jahres 1947, aber schnell wird klar, dass es eigentlich um den Ersten Weltkrieg geht. Das, so weiß ich inzwischen, ist auch bei den beiden ersten Bänden der Serie um John Madden so.

"Totengedenken"* baut auf den Krimis "Nacht ohne Gesicht"* und "Orte der Finsternis"* auf, die bislang zurzeit nur als eBook auf Deutsch erschienen vorliegen, aber gedruckt noch antiquarisch erhältlich sind. Der dritte Band der John-Madden-Reihe, "The Dead of Winter", ist leider noch nicht auf Deutsch erschienen, so dass oft fälschlicherweise von einer Madden-Trilogie die Rede ist. Die Handlung der Bücher ist aber in sich abgeschlossen und auch zu verstehen, ohne die ersten zwei bzw. drei Bücher zu kennen, denn alle Figuren werden bei ihrem ersten Auftreten kurz eingeführt. Zudem liegen zwischen den einzelnen Fällen jeweils einige Jahre, so dass sich Handlung und Charaktere nicht stringent entwickeln.

John Madden, dessen Rückzug auf's Land sich schon im ersten Band ankündigte, lebt nun vollends als Farmer auf dem Land, ist aber gelegentlich in London, um sich um eine alte Verwandte und ihr baufälliges Haus zu kümmern. So kann er immer wieder in die Ermittlungen seiner ehemaligen Kollegen unterstützend eingreifen, auch, weil seine Erfahrungen aus dem Ersten Weltkrieg wichtig sind.

Ich war nur kurz enttäuscht, dass nicht das Nachkriegsengland oder das England des Zweiten Weltkriegs eine tragende Rolle in Airths drittem Roman spielt, denn der Kosmos um John Madden nahm mich schnell gefangen, so schnell, dass ich das Buch kaum aus der Hand legen konnte und mir gleich die beiden Vorgängerbände auf den Reader lud. Und in den Teilen der Handlung, die in London spielen, werden die Narben, die der Krieg riss, doch immer wieder sichtbar: Ruinen, Lebensmittel- und Benzinrationierung ... Natürlich darf auch der vermeintlich typische Londoner Nebel nicht fehlen und muss die Ermittlungsarbeit gelegentlich ordentlich erschweren.

Im Vergleich zu den ersten Bänden tritt Madden immer mehr in den Hintergrund, was mich aber nicht so sehr störte, da die Charaktere seiner Kollegen an Profil gewinnen. Airth erzählt in ruhigem Ton von der Entwicklung der Mordserie und den Ermittlungen in den vorforensischen Zeiten, als es anscheinend mehr auf kleinteilige Detektivarbeit ankam. Spannend ist auch der Umstand, dass im Scotland-Yard-Team inzwischen auch Frauen mitarbeiten, womit sich manch alter Haudegen schwer tut.

Etwa nach der Hälfte des Buches ist zu ahnen, wer für die Mordserie verantwortlich sein könnte und welches Motiv es gibt. Dennoch bleibt die Handlung spannend, nimmt unerwartete Wendungen. Und zum Schluss hin, als sich alles fügt, wird Airth unerwartet temporeich.

Fazit: Ein atmosphärisch dichter Krimi aus dem Nachkriegsengland, der einen in seinen Bann zieht, wenn man sich darauf einlässt.

Verlagsangaben zum Buch: Rennie Airth: Totengedenken / Roman / Originaltitel: The Reckoning / Aus dem Englischen von Ellen Schlootz / Taschenbuch / 416 Seiten / ISBN: 978-3-442-48263-4 / € 9,99 / Verlag: Goldmann

Hier geht's zur Leseprobe.

* Affiliate links zu den Büchern von Rennie Airth:

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