Seit Mitte der 1990er Jahre gehören
Stolpersteine, kleine Betonwürfel mit einer Messingplatte, zur Erinnerungskultur an die NS-Zeit. Der Kölner Künstler Gunter Demnig erinnert damit an die letzten Wohnorte von Menschen, die zwischen 1933 und 1945 von Nationalsozialisten ermordet wurden. Zahlreiche Projekte begleiten die Verlegungen, und mittels Datenbanken gibt es Informationen über die Menschen, an die der jeweilige Stolperstein erinnert.
Neben der Erinnerung an die Menschen machen Stolpersteine oft auch deutlich, wie sehr sich eine Stadt veränderte. So mutet es sicher erstmal befremdlich an, vor einem Bürogebäude wie hier in der Spaldingstraße einen Stolperstein zu entdecken. Heute wohnt hier kaum noch jemand, aber bis zum
Hamburger Feuersturm 1943 war die Spaldingstraße ein dichtbesiedeltes Wohngebiet.
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Blick in die Spaldingstraße, heute eine unwirtliche Gegend. |
Das Haus, in dem der Auktionator Edgar Levin ein Vierteljahr bis zu seiner Verhaftung 1938 lebte, stand beispielsweise ganz in der Nähe der
Hochbahnhaltestelle Spaldingstraße, an die heute kaum noch etwas erinnert. Es war sicher kein ruhiges Wohnen, aber vermutlich ein preiswertes, denn Levin dürfte wirtschaftlich nicht gut gestellt gewesen sein.
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Wo einst das Haus, in dem Edgar Levin lebte, stand, ist heute ein Bürokomplex. |
Über Levin, der aus einer kinderreichen Familie kam und neun Geschwister hatte, ist nur wenig bekannt. Er begann 1925, im Alter von 30 Jahren, als selbstständiger Auktionator zu arbeiten. Wie er davor seinen Lebensunterhalt bestritt, scheint unbekannt, aber da Levin schon vor der Selbstständigkeit keine Steuern an die Jüdische Gemeinde abführen konnte, liegt nahe, dass er am Existenzminimum lebte. Levin unterschlug Auktionserlöse und wurde zu einer Geldstrafe verurteilt. Danach scheint er nicht mehr auf die Beine gekommen und nicht mehr erwerbstätig gewesen zu sein.
Nach der Trennung von seiner nichtjüdischen Ehefrau zog Levin im August 1938 von Winterhude über Altona in die Spaldingstraße, wo er zur Untermiete wohnte. Er sollte hier nur ein Vierteljahr wohnen: Am 22. November 1938 wurde Edgar Levin wegen des Verdachts auf "Rassenschande", also der Beziehung zu einer Nichtjüdin, verhaftet. Ob es zu einem Gerichtsverfahren kam, ist unbekannt.
Nach fünf Monaten Untersuchungshaft wurde er über das Gefängnis Hamburg-Harburg in die Strafanstalt Glasmoor bei Norderstedt verlegt. Von hier wies man ihn am 30. Juli 1939 in das KZ Sachsenhausen ein. Die Haftbedingungen waren unmenschlich. Edgar Levin wurde am 24. November 1939 im Alter von 44 Jahren ermordet.
Eine Datenbank mit Biographien der Menschen, für die in Hamburg Stolpersteine verlegt wurden, findet Du hier.
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