Montags gegen Nazis |
Wir haben uns da was eingetreten. Es ist braun. Es riecht nach Faschismus, Nationalismus, Antisemitismus und Rassismus. Es trifft sich montags am Dammtor, hinterm Bahnhof, eingepfercht in Gattern, umringt von Polizei und der Gott sei Dank immer noch demokratischen Mehrheit dieser Stadt. Es ist eine krude, gefährliche Mischung aus Türstehern, Hooligans, Faschisten, Reichsbürgern und AfDlern, garniert mit ein paar spießbürgerlichen Sahnehäubchen aus dem Hamburger Umland.
Wir hatten schon mal Faschismus in Deutschland. Mein Bedarf daran ist hinreichend gedeckt. Ich muss keinen faschistischen Staat erleben. Mir reichen die Erinnerungen an den, den es zwischen 1933 und 1945 gab.
Montags erinnere ich daran, was passiert, wenn es mit der Demokratie bergab geht und wie es anfing, denn die Nazis fielen ja nicht 1933 vom Himmel. Die krochen schon Jahre vorher aus ihren Löchern, wurden nicht rechtzeitig aufgehalten, auch, weil man sie nicht ernst nahm, dachte, es wird schon nicht so schlimm.
Wurde es aber.
In loser Folge gibt's hier also montags Kunst und Denkmäler gegen Faschismus, Nationalismus und Rassismus. Orte, die daran erinnern, gibt es in unserer Stadt genug, denn wie gesagt: Wir hatten das schon mal.
Der Eingang zum Rappolt-Haus I in der Mönckebergstraße 11. |
Bauplastik über dem Eingangsportal, erschaffen von Georg Wrba. |
Eine der wenigen Figuren am Rappolt-Haus, dem ehemaligen Firmensitz eines Bekleidungsherstellers, die zumindest ansatzweise bekleidet ist. Die Keramik wird Richard Kuöhl zugeschrieben. |
Der Brunnen im Eingang des Rappolt-Hauses wird Richard Kuöhl zugeschrieben. |
Brunnendetail: Der Wasserspeier, der ebenfalls Richard Kuöhl zugeschrieben wird. |
Hohe Zwangsabgaben, also staatliche Beraubung, führen dazu, dass Immobilien und Wertsachen weit unter Wert verkauft werden müssen. Zwischen 1937 und 1939 wird das Unternehmen "Rappolt & Söhne" schrittweise verkauft, zwangsenteignet, "arisiert". Am 31. März 1940 räumt Franz Rappolt seinen Schreibtisch. In den kommenden Jahren werden alle jüdischen Mitarbeiter entlassen. Deportation und Ermordung sind für die meisten unausweichlich.
1941 gibt es eine Ausreisezusage für Franz Rappolt, sein Frau Charlotte, ihren Sohn Paul sowie für zwei seiner Brüder. Die USA, Kuba, Uruguay, Kolumbien - egal, Hauptsache weg, eine Chance zum Leben haben. Die HAPAG zieht die Ausreisezusage wieder zurück. Die Deutschen überfallen die Sowjetunion. Juden wird die Ausreise nun gänzlich untersagt - für die Dauer des Krieges, wie es zynisch heißt. Die Rappolts sitzen fest.
Am 15. Juli 1942 wird Franz Rappolt nach Theresienstadt deportiert. Am 25. November 1943 stirbt er dort.
Stolperstein für Franz Rappolt in der Mönckebergstraße 11. |
Die wunderbare Baukeramik am Rappolt-Haus stammt übrigens von Georg Wrba und Richard Kuöhl. Letzterer schuf auch das 76er Denkmal am Dammtor. In eben diesem Infanterie-Regiment diente 1892 auch Franz Rappolt. Als es 1936 aufgestellt wurde, waren die Ermordung Franz Rappolts, die aller europäischen Juden schon lange beschlossen.
Eine ausführliche Biographie von Franz Rappolt gibt es auf der Hamburger Stolperstein-Seite.