Seiten

Samstag, 6. Februar 2021

Samstagsplausch KW 5/21: Leben und Arbeiten in Corona-Zeiten XLV

Wir sind erfreulicherweise noch immer in ruhigem Fahrwasser, was ich sehr genieße, kann ich doch endlich Kraft schöpfen, ist Zeit für schöne Dinge.

Fast könnte man glauben, wir wohnten ländlich.

Zu Wochenbeginn hielten mich die Impftermine für Schwiegermutter auf Trab. Bis gestern hieß es nämlich, in Hamburg werden nur die Senioren, die in Pflegeheimen leben bzw. Pflegestufe haben, von mobilen Impfteams besucht. Wer wie Schwiegermutter im Betreuten Wohnen lebt, müsse sehen, wie er an einen Impftermin kommt. So wurden bei ihr in der Wohnanlage entgegen einer Zusage nur die Pfleglinge geimpft. Als das klar war, versuchte ich immer wieder, online einen Impftermin für sie zu bekommen, wohlwissend, dass es eigentlich keine gibt. Aber vielleicht wird ja durch Absage ein Termin frei und ins System gestellt?

Ich hatte Sonnabend Glück und ergatterte einen Termin für die Erstimpfung! Schwiegermutter war überglücklich und konnte die Nacht nicht schlafen. Blieb der Termin für die Zweitimpfung - beide Termine muss man getrennt buchen. Sonntag beschlossen wir, wir fahren auf jeden Fall zum Ersttermin, auch, wenn die Impfung ohne Termin für die zweite Impfung verweigert werden kann. Und vielleicht haben wir ja auch Glück, bekommen Montag, wenn neue Termine freigeschaltet werden, einen Termin für die zweite Impfung. Schwiegermutter wollte es telefonisch, ich online versuchen. Der Gatte musste nicht mitspielen, da er ambulant ins Krankenhaus musste.

Wir hatten Glück! Ich setzte eiskalt darauf, dass die Impftermine nicht wie angekündigt Punkt acht Uhr freigeschaltet würden, sondern schon früher, saß ab sechs Uhr am PC und aktualisierte die Seite. Kurz vor acht buchte ich Schwiegermutter ein und rief sie an. Sie hatte sich gerade das Telefon bereit gelegt, war überglücklich, fragt seitdem immer wieder, wie sie das gut machen kann, und hofft, Ende März, nach der Impfung nun endlich Tante besuchen zu können. Eine Ungewissheit bleibt: Wird es tatsächlich auch termingerecht Impfstoff geben?

Als ich übrigens eine Stunde später auf der Impfterminseite guckte, waren alle Termine weg. Das Chaos der Impfterminvergabe hält weiterhin an, und mich dauern die vielen Menschen, die vergeblich auf einen Termin hofften.

Das Missmanagement der Impftermine macht mich nur noch wütend. Bei der nächsten Pandemie hätte ich gerne ein paar Profis statt dieser Bande beratungsresitenter Dilettanten. Wäre es nicht so traurig, könnte man nur noch lachen, und Nachrichten wie die Überlegung, den russischen Impfstoff jetzt doch noch zuzulassen, zeugen von purer Verzweiflung.

Aber immerhin klappte es mit der Zusendung der Maskengutscheine für den Gatten. Auf meine warte ich immer noch. Der Gatte wollte die Gutscheine erst nicht einlösen, aber nix da. Die Masken sind auf lange Zeit der einzige Schutz, den wir haben. Aktuell haben wir zwar genug, aber die halten nicht ewig, oder wir geben sie an die weiter, die sich keine leisten können. Von meinem Arbeitgeber gab's zudem 10 OP-Masken - gut für den Fall, dass ich keine FFP2-Maske tragen kann, denn das fällt mir tatsächlich oft schwer. Ich vermisse die bunten Alltagsmasken.

Morgendlicher Balkonblick.

Angesichts des guten Wetters und der schönen Luft machte ich Sonntag tatsächlich einen Spaziergang. Der fiel zwar kürzer aus als geplant, weil mir in den Schrebergärten und im Park, wo man man hier spazierengehen kann, zu viele Menschen waren. Selbst an der Hauptstraße waren so viele Menschen unterwegs, dass ich froh über die Notfall-Maske in der Jackentasche war. Auch, wenn ich nur eine halbe Stunde unterwegs war, tat es mir gut.

Nach dem Krankenhaustermin des Gatten steht nun fest, dass er wieder gesund ist - was für eine Freude! Auch die Tabletten können langsam reduziert werden, was dann auch Schwindel und Stürze reduzieren soll. Körperlich ist er noch ziemlich schwach, bräuchte Kraft- und Konditionstraining sowie Schwimmen, aber das ist momentan ja nicht möglich. Mal schauen, ob Physiotherapie eine Möglichkeit ist. Ich behelfe mir ja mit Stepper, Theraband und gelegentlich Videokursen unseres Sportvereins, aber damit kann er sich nicht anfreunden, und Spaziergänge hat er über. 

Hier gilt seit mittlerweile 47 Wochen: Der Gatte und ich sind seit Mitte März 2020 weitgehend zu Hause. Unsere Kontakte sind auf das Notwendigste beschränkt, heißt: Arbeit, Ärzte, Einkaufen, Mütter. 

Der Gatte ist seit April 2020 in Kurzarbeit, war seit Mitte Dezember krank, fängt kommende Woche wieder an zu arbeiten. Dass er dazu in einen Landkreis mit sehr hohem Inzidenzwert muss, aus dem zudem der erste Corona-Fall nach Hamburg kam, beunruhigt mich, aber: Nützt ja nichts. Heimbüro geht bei ihm nicht. 

Die Kurzarbeit können wir ohne großartige finanzielle Einschränkungen wuppen. Mit Krankengeld wäre es schwierig geworden, aber da der Gatte wieder gesund ist, wird's wohl nur eine Woche Krankengeld sein. Mal schauen.

Die Sorge um seinen Job, in dem es erst weitergeht, wenn Veranstaltungen, Theater und Konzerte wieder möglich, Vergnügungsparks wieder geöffnet sind, macht dem Gatten zu schaffen. Das Corona-Gedöns nervt ihn ebenfalls. Er ist oft schlecht gelaunt, seit Monaten, so dass es hier öfter kracht. Bislang können wir damit umgehen.

Mein Job ist sicher. Ich bekäme allenfalls einen anderen Aufgabenbereich oder suchte mir eine neue Stelle - der Betrieb ist groß und vielfältig. Bei uns sind inzwischen alle im Heimbüro. Es gibt lediglich eine Mindestbesetzung mit festen Tagen, so dass ich einen Tag im echten Büro bin. Andere sind zwei oder drei Tage dort, aber es wird streng darauf geachtet, dass jeder ein Büro für sich hat. Normalerweise finden selbst Besprechungen digital statt, wenn alle Teilnehmer im Büro sind, was gelegentlich irritierend ist, weil alle Türen zu sind. Diese Woche hatte ich aber tatsächlich eine echte Besprechung - mit vier Personen verloren wir uns im riesigen Seminarraum. 

Wir haben inzwischen einmal wöchentlich ein Video-Meeting, an dem ich erstmals teilnehmen konnte. Die Kollegen sorgen sich gerade darum, dass es im ÖPNV noch immer sehr voll ist, und wollen versuchen, in unserem Bürohaus einen Parkplatz anzumieten, den wir uns dann teilen, weil ja nicht jeder jeden Tag da ist. Da wäre ich natürlich dabei. Ich habe zwar bis Mai über ein "Schnupperangebot" einen Platz im benachbarten Parkhaus gemietet, aber ab Juni kostet er wieder die regulären 300 € im Monat, und das ist mir definitiv zu teuer. Generell will ich ohnehin nicht mit dem Auto zur Arbeit fahren, aber momentan denke ich mir, jeder weniger im ÖPNV schützt die, die auf den ÖPNV angewiesen sind. 

In dieser Woche schaffte ich es endlich zur Hausärztin, um das Ergebnis der Hormon-Tante mit ihr zu besprechen, denn natürlich schrieb die Hormon-Tante keinen Arztbrief. Die Hausärztin war zufrieden, freute sich über meine Gewichtsabnahme, war entsetzt, dass weiterhin nichts gegen die Hypermenorrhoe wirkt, rief zur Geduld auf, weil mir die Gewichtsabnahme nicht schnell genug geht, und befürwortet einen Klinikaufenthalt zur Gewichtsabnahme bzw. Ernährungsumstellung, wenn es coronabedingt wieder möglich ist. Mal schauen, ob die DRV so was genehmigt. Bislang lehnte sie alle Klinikaufenthalte ab, schreibt mich aber gleichzeitig regelmäßig an und weist mich darauf hin, dass ich als chronisch Kranke einen Anspruch darauf habe.

Ich habe endlich meine Yarncamp-Stulpen fertig und Muße, aus den Sockenwollresten Socken, Handschuhe, Pulswärmer oder Stulpen für die Wooligans zu stricken. Das wollte ich schon so lange, aber es passte nie. Außerdem habe ich endlich Muße dazu, zu überlegen, an wen ich meine Blog-Einnahmen aus dem letzten Jahr spende. Ich will ja an dem Blog nichts verdienen, also geht das Geld an die, die es nötiger haben. Außer an Obdachlosen- und Flüchtlingsinitiativen geht ein Teil an eine mallorquinische Tafel. Die Hamburger Tafel wird ohnehin regelmäßig bedacht.

Mudderns liegt weiterhin im Bett, guckt an die Decke und verweigert alles, was ihre Situation verbessern könnte. Der Termin für die Begutachtung durch den Medizinischen Dienst steht an, und sie will, dass ich den wahrnehme, hat auch schon signalisiert, dass ich Schuld bin, wenn das Ergebnis nicht wunschgemäß ausfällt. Ja, nee, is klaa. Ich versuche, gelassen zu bleiben und das alles nicht zu sehr an mich heranzulassen. Mudderns bekäme alle Hilfe, die sie braucht, aber solange sie alles ablehnt, hilft alles nichts. 

Das Leben kann so schön beschissen sein, wenn man sich Mühe gibt. 

Tante geht's gut. Die erste Impfdosis hat sie gut verkraftet, und übermorgen gibt's die zweite.

Den Gatten und mich macht die Corona-Politik immer wütender. Es ist klar, dass die Infektionszahlen nicht stark genug sinken, und auch klar, dass es ab übernächster Woche wieder weitgehende Öffnungen geben wird. Menschen wie wir, chronisch krank und alt, sind halt nur Ballastexistenzen, auf die man keine Rücksicht nehmen muss. Das wird uns bei den unsäglichen Öffnungsdiskussionen immer wieder bewusst. Dennoch: Aufgeben ist nicht. Wir schützen uns, so geht es irgend geht. Etwas anderes bleibt uns ja nicht. 

Wir sind dankbar, dass wir bislang alles gut überstanden, dass wir am Leben sind. Da ist der Verzicht auf Sport, Freizeit, Urlaub, Shopping, Restaurant- oder Friseurbesuch nur ein kleines Opfer.

Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Ihr und ihrem Mann weiterhin viel Kraft! Und vielen Dank für's Sammeln! Über's Einkaufen und Kochen berichte ich in der Kombüse. Ich hab's sogar endlich geschafft, bis auf eines alle Rezepte nachzutragen!

1 Kommentar:

  1. :D Ich mag den Satz da direkt úber der Kommentarspalte, wie wahr! Ich wollte nur sagen: Durchhalten! GLG nic

    AntwortenLöschen

Kommentare von Corona-Leugner, Quer- und anderen Nicht-Denkern, Wahnwichteln, Das-ist-doch-nur-ne-Grippe-Schwurblern, Wir-haben-genug-freie-Intensivbetten-Rufern und ähnlichen Düffeldaffeln werden gelöscht.