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Samstag, 20. November 2021

Samstagsplausch KW 46/21: Leben und Arbeiten in Corona-Zeiten LXXXVIII

"Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz bei den Corona-Infektionen hat den achten, neunten, zehnten, xten Tag in Folge einen neuen Höchststand erreicht.", ist der Satz, mit dem ich diese Woche Tag für Tag geweckt wurde, und ich weiß, in den kommenden Wochen wird's so weitergehen. 

Einmal mehr mag ich schlichtweg nicht mehr. Es ist mir unverständlich, wie man es auch am Ende des zweiten Pandemiejahres nicht schaffen kann, rechtzeitig zu handeln, Verantwortung zu übernehmen. Seit Sommer ist bekannt, dass eine Drittimpfung notwendig ist, aber anstatt die Infrastruktur dafür zu schaffen, wartet Deutschland ab, schließt die Impfzentren, prüft, ob Deutsche tatsächlich eine Drittimpfung brauchen, obwohl das durch die Erfahrungen anderer Länder schon lange bestätigt ist. 

Seit Sommer ist auch absehbar, dass es angesichts der zu geringen Impfquote zu vermehrten Infektionen im Herbst kommen wird, wenn keine Maßnahmen ergriffen werden. Stattdessen wird geöffnet, rennen wir sehenden Auges in Unglück, finden Großveranstaltungen, Weihnachtsmärkte und Co. statt, wird mitten in einer Pandemie die epidemische Notlage beendet. Jetzt erkennt die Politik, dass das vielleicht doch unklug war, rudert hektisch in alle Richtungen, nur nicht zurück, übernimmt wieder einmal keine Verantwortung. Plötzlich gibt es halbgare Lockdowns, werden Weihnachtsmärkte abgesagt - zu einem Zeitpunkt, zu dem die Schausteller schon aufbauten, die Märkte teilweise schon laufen. Kein Wunder, wenn da Menschen verzweifeln, weil ihnen wieder mal so unerwartet der Lebensunterhalt genommen wird! 

Statt endlich eine Impfpflicht zu beschließen, zumindest für bestimmte Berufsgruppen, schiebt man mit der Überprüfung der 2G-, 2Gplus- und 3G-Regeln der Privatwirtschaft die Einhaltung der Corona-Regeln in die Schuhe. Eine absolute Lachnummer ist doch 3G im ÖPNV. Sollen an den über 10.000 Hamburger Bushaltestelle nun rund um die Uhr Wachleute stehen und Impf- oder Testzertifikate prüfen? Es klappt ja noch nicht mal mit der Fahrscheinkontrolle durch die Busfahrer, zumal die Einstiegspflicht beim Busfahrer wegen Corona aufgehoben ist. Und Kontrollen im ÖPNV finden ohnehin kaum statt. 

Einmal wird an die Vernünftigen appelliert, weil man gegen die Unvernünftigen nicht vorgehen will. Man hofiert eine tumbe Minderheit und lässt die vernünftige Mehrheit leiden, weil man keinen Mors in der Hose hat, um Verantwortung zu übernehmen und zu handeln. 

Sagte ich schon, dass ich nicht mehr mag?

Hier gilt seit mittlerweile 88 Wochen: Der Gatte und ich sind weitgehend zu Hause. Unsere Kontakte sind auf das Notwendigste beschränkt, heißt: Arbeit, Ärzte, Einkaufen, Mütter. Seitdem wir alle geimpft sind, fuhren wir die sozialen Kontakte kurzzeitig wieder hoch. Angesichts der aktuellen Zahlen fahren wir sie aber wieder runter. Der Gatte, der sich so auf die Weihnachtsmärkte freute, will da jetzt doch nicht hin, trotz 2G-Konzept. Er überlegt auch, ob wir zur bayerischen Tante fahren. Aktuell ist die Inzidenz dort bei knapp 600, gibt es kein freies Krankenhausbett. Letzteres macht mir mehr Sorgen als eine eventuelle Corona-Infektion, denn bis zur geplanten Reise werden wir dreifach geimpft sein und in Bayern sehr für uns sein. Aber kein freies Krankenhausbett bedeutet, dass der herzkranke Gatte im Notfall nicht oder nur sehr verspätet medizinisch versorgt wird. 

Der Gatte war lange in coronabedingter Kurzarbeit, wurde vor ziemlich genau einem Jahr schwer krank und ist inzwischen verrentet. Ich arbeite seit 16. März 2020 weitgehend zu Hause, womit ich meistens gut klarkomme, zumal ich jederzeit ins Büro kann. Unser Chef gibt uns da alle Möglichkeiten, und meine Kollegen sind sehr umsichtig beim Einhalten der Corona-Schutzmaßnahmen, gehören wir alle doch entweder zu einer Risikogruppe oder sind familiär für Risikogruppen-Menschen verantwortlich. Angesichts der aktuellen Corona-Lage herrscht bei uns latenter Frust, weil absehbar ist, dass wir auch kommendes Jahr unsere Projekte nicht normal umsetzen können. Vielleicht übernächstes Jahr? Ich hätte nicht gedacht, dass wir nach Vorliegen eines Impfstoffes noch immer nicht mit dieser Moppelkotze durch sind. Für mein Projekt gelten bis Sommer 2022 besondere Pandemie-Bedingungen. Als ich die einführte, dachte ich, der Zeitraum ist sehr großzügig bemessen. Zwischendrin wollte ich ihn schon verkürzen. Inzwischen überlege ich, ihn auf Sommer 2023 zu verlängern. 

Aktuell wundere ich mich seit Tagen, dass unser böberster Blaumann uns noch nicht wieder komplett ins Home Office schickte, dass unser Laden noch geöffnet ist. Hamburgs Corona-Politik war ja bislang recht umsichtig, weswegen mich dieses Zögern einmal mehr wundert. Immerhin gab Hamburg inzwischen die Booster-Impfungen für alle frei. Nachdem ich Termine für uns bei unserem HNO-Arzt bekam, sagte ich die anderen Termine ab, muss den Gatten also nicht ins Nachbarbundesland fahren, muss selbst nicht durch die halbe Stadt fahren, sondern fahre einfach eine Viertelstunde mit Bus oder Auto. 

Diese Woche war ich mal wieder in der Schanze unterwegs und fand dieses Kunststückchen.

Vor zwei Wochen drangen Nachbarn von Mudderns unerlaubt auf ihr Grundstück ein, holzten Büsche und Bäume ab. Der Garten ist jetzt kahles Kleinholz. Dann boten sie ihr an, die Grünabfälle abzufahren - natürlich gegen Geld. Mudderns stimmte zwangsläufig zu, weil sie nicht wusste, wie sie der Massen sonst Herr werden sollte (ich wäre zwar zu ihr gekommen, aber selbst dann hätte es Tage gedauert). Die Summe für die Abfuhr wurde von Tag zu Tag höher, weil die Gebühren des Recyclinghofs angeblich so hoch sind, aber immerhin entsorgten die Nachbarn die Grünabfälle. Der örtliche Recyclinghof nimmt private Grünabfälle zudem kostenlos an. Mudderns wäre noch mit der Zahlung von Benzinkosten einverstanden gewesen, hätte den Betrag auch großzügig bemessen, aber wie gesagt: Die Nachbarn wollten von Tag zu Tag mehr Geld. 

Angeblich haben die Nachbarn für alles auch einen Gärtner beauftragt, nur als Mudderns nach dessen Kontaktdaten fragte, konnten die Nachbarn ihr keine nennen. Vermutlich gibt's diesen Gärtner nicht. Mein Ex ist Gärtner, und ich weiß, kein Gärtner, der etwas auf sich hält, würde so eine schlechte Arbeit abliefern und die Grünabfälle liegen lassen. Mudderns hat inzwischen einen Gärtner beauftragt, aus dem Kleinholz wieder einen Garten zu machen und zukünftig die Pflege zu übernehmen.

Gefragt, warum die Nachbarn Kahlschlag ohne Mudderns Genehmigung machten, sagten sie, sie hätten doch geklingelt, aber Mudderns hätte nicht geöffnet. Also stiegen sie über den Zaun. Klar, was auch sonst?!

Gestern bestand die Nachbarin auf Bezahlung. Mudderns weigerte sich - endlich, denn Tacheles zu reden, war schon lange überfällig. Die Nachbarin will sie nun verklagen, weil die Wurzeln der Pflanzen aus Mudderns Garten auf das Grundstück der Nachbarin wachsen. Nun, Grundstück und Bewuchs sind 60 Jahre alt, waren schon da, als Nachbarin das Haus kaufte, und die Nachbarin kannte Haus und Grundstück seit Jahren, weil sie es von der alten Dame, die sie pflegte, nach deren Tod übernahm. Ja, genau, die Frau, die meine über achtzigjährige Mutter drangsaliert, ist von Beruf Altenpflegerin! Die gleiche Nachbarin verlangte vehement nach den Kaufunterlagen von Mudderns Haus, angeblich, um Leitungen zu überprüfen - ein Jahr nach Abschluss der Umbauarbeiten an ihrem Haus. Wir vermuteten sofort, sie wolle sich irgendwie Mudderns Haus unter den Nagel reißen. Immerhin gab sie auf, als Mudderns sagte, die Unterlagen wären bei mir. Und so ziemlich das erste, was die Nachbarn taten, als sie das Haus übernahmen, war, Mudderns Apfelbaum quasi zu halbieren, die Wurzeln auf ihrem Grundstück abzuhacken und alle überstehenden Äste abzuschneiden. Dass der Nachbarsgarten nur aus weißem Schotter besteht, verwundert da nicht. 

Mudderns ist natürlich aufgelöst, hat Angst, dass die Nachbarn ihr die Scheiben einwerfen oder schlimmeres, fühlt sich in ihrem Haus nicht mehr sicher, und das ist vermutlich auch der Sinn und Zweck des Handels der Nachbarn. Nur: Wenn Mudderns aus dem Haus auszieht, ziehen der Gatte und ich ein. Wir haben gute Musikanlagen, hören gerne laut Punk und Techno, haben Hobbies, die den Einsatz lauter Gerätschaften bedingen, Gehörschutz und gute Nerven. 

Mudderns zögert noch vor rechtlichen Schritten, hat aber immerhin schon mal die Unterlagen ihrer Rechtsschutzversicherung parat gelegt, und sobald sie zustimmt, werde ich mit einem Anwalt sprechen, denn unabhängig von einer Klage der Nachbarn muss deren Treiben Einhalt geboten werden. Normalerweise hätten wir sofort eine Anzeige wegen Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung gestellt, aber das wollte Mudderns nicht, und ich versuche, ihre Wünsche zu respektieren. Aber bei den Nachbarn helfen anscheinend nur harte Geschütze.

Ansonsten war's eine ruhige Woche. Der Gatte und ich genossen wieder unsere gemeinsamen Teezeiten. Ich kann zu Schwiegermutters Frauenarztpraxis wechseln, so dass das Hin und Her zwischen Endokrinologin und Frauenärztin beendet ist, denn diese Praxis kann auch gynäkologische Endokrinologie. Da ich momentan noch so viele Termine habe, so oder so mit der permanenten Metrorrhagie leben muss, wechsele ich erst im Februar, muss mal schauen, wie es bis dahin mit der Tablettenversorgung klappt, aber das wird sich finden. 

Zum Sport kann ich mich immer noch nicht aufraffen, hoffe aber, dass ich nach dem bevorstehenden Kurzurlaub mit Wellness und Sport wieder den Dreh finde. Im Sportstudio gilt seit heute 2G, das gibt mir ein Gefühl von Sicherheit, und zusätzlich werden ich beim Training Maske tragen, selbst, wenn ich es nicht muss. 

Ich hab's auch endlich geschafft, mir neue Brillen machen zu lassen, habe endlich eine Computerbrille. Das ist so fein! Okay, außer, ich vergesse, dass ich sie trage und wundere mich, warum alles so verschwommen ist, wenn ich damit durch die Wohnung gehe. Ich muss mich dringend um einen Augenarzttermin kümmern. Da war ich seit zwei Jahren nicht mehr, und mindestens ein Auge muss sicher gelasert werden. 

Aktuell lese ich gerade die Gregor-Mandelbaum-Reihe*. Das hatte ich schon länger vor und freue mich, dass ich das endlich umsetze. Außerdem meldete ich mich zu einer Aktion, bei der Söckchen und Mützchen für Frühchen gestrickt werden. Wenn die Hüttenschuhe, das Geburtstagsgeschenk für Mudderns Gesellschafterin, fertig sind, habe ich nur noch Strickprojekte, die ich schieben kann, und der Schal für's Leben kann auch etwas später fertig werden. Momentan ist Sofasitzen und Stricken eh meine Lieblingsbeschäftigung, da kann ich dann auch mal was Sinnvolles stricken.  

Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! Über's Kochen und Einkaufen berichte ich in der Kombüse.

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3 Kommentare:

  1. Du redest ja mal wal wieder Klartext, aber richtig so. Wir haben inzwischen in der Familie einen Impfdurchbruch und die beiden ungeimpften Enkelinnen haben sich auch infiziert. Im Bekanntenkreis sieht es ähnlich aus und die Leute sind über gebühr lange in der Wohnung eingesperrt, weil die Gesundheitsämter nicht nachkommen. Ein Bekannter ist ins Wochenendhaus umgezogen. Aber in der Wohnung kriegt man Lagerkoller. Und es trifft leider die, die die Maßnahmen korrekt mitgetragen haben.
    Die Nachbarschaftsgeschichte ist ja irre. Aber mein Vater hatte beim Elternhaus auch Auseinandersetzungen bis vors Gericht. Kommt also immer wieder vor. Es gibt Leute, die versuchen es halt mal. Bei alten Herrschaften versprechen sie sich leichte Beute.
    Alles Gute!
    Astrid

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  2. Zu Mudderns Nachbarin kann ich nur sagen - es ist nicht alles Gold was glánzt...wir hatten hier eine, die ihre Patienten hinten und vorne beklaute, sich immer bei denen anbiederte die Geld im Haus hatten. Tacheles! Wer so mit alten Menschen umspringt ist nicht aus der richtigen Motivation in dem Beruf! Sonst wúnsche ich rundum gute Besserung und dass alles klappt. GLG nic

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  3. Is leider so hier ähnlich. Homeoffice wurde mir nicht angeboten obwohl möglich da andere ja auch aber das ist ein anderes Thema. Habe mich letzte Woche krankgemeldet wegen Husten, Kopf- und Gliederschmerzen. Das ging zum Glück telefonisch und reibungslos. Nur bei Fieber hätte ich mit offiziel testen lassen müssen.
    Hab vorhin leider zwei Kommentare löschen müssen weil diese Schreiberin mir unterstellte ich währe fahrlässig. Schade dass solche Menschen sich nicht trauen bei solchen Aussagen sich zu outen.
    Hier auch minimale Kontakte - Büro, Wochenmarkt und Supermarkt zu Zeiten wo nicht viel los. Meine Mutter ist im KH bzw. jetzt Giatrie null Besuch möglich so traurig. Mein Mann war auch von Kurzarbeit betroffen. Ja eine schaurige Zeit.
    Computerbrille hab ich auch und bin begeistert.

    Bin fast neidisch auf Österreich wenn der Lockdown auch wirklich blöd ist aber die haben wenigstens eine Linie dort.

    LG Ursula

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Kommentare von Corona-Leugner, Quer- und anderen Nicht-Denkern, Wahnwichteln, Das-ist-doch-nur-ne-Grippe-Schwurblern, Wir-haben-genug-freie-Intensivbetten-Rufern und ähnlichen Düffeldaffeln werden gelöscht.