Sonnabend, als ich nach dem Frühstück meine Mails durchsah, war uns direkt nach Schnaps. Am Vortag hatte ich den Bauingenieur angeschrieben, der uns im letzten Sommer die Baubrigade für Sanierungsarbeiten im alt-neuen Haus vermittelte. Das mit der Baubrigade fing gut an, wurde aber zunehmend chaotischer. Nach Fristsetzung war Weihnachten mit drei Monaten Verspätung der Großteil der Arbeiten abgeschlossen, aber die Milchglasscheiben für den Balkon fehlen noch immer, ein paar Sachen müssen korrigiert werden und der Bauunternehmer möchte noch eine Nachzahlung haben. Zu der wären wir auch bereit gewesen, aber eben erst, wenn alle Arbeiten erledigt sind. Die Milchglasscheiben und die Erledigung der ausstehenden Arbeiten waren für Ende Januar, Anfang Februar final zugesagt. Als ich im März nachhakte, eine Frist setzte und rechtliche Schritte ankündigte, reagierte der Bauunternehmer nicht mehr. Wir baten als letzten Versuch vor rechtlichen Schritten den Bauingenieur um Vermittlung und erfuhren: Der Bauunternehmer ist abgetaucht!
Feierabendblick im Noch-Zuhause. |
Wir mussten uns erstmal sammeln und einen Plan B finden. Bei den ausstehenden Arbeiten ist zum Glück nichts dabei, was eilt, aber erneut macht uns das zu schaffen, was uns die letzten Monate schon zusetzte: Vieles ist angefangen, kaum etwas ist beendet. Gestern kam ein Klempner, der ob der Installationen den Kopf schüttelte, aber Gott sei Dank keine schwerwiegenden Fehler fand, nichts, was neu gemacht werden muss, solange es funktioniert. Er korrigierte den Wasserdruck und beseitigte eine Verstopfung. Mit denen haben wir seit der Neu-Installation der Rohre zu kämpfen.
Heute kam ein Metallbauer. Der fiel schon anhand der Fotos vom Geländer vom Glauben ab. Gerade bei dem Balkongeländer, wofür uns der Bauunternehmer empfohlen wurde, hat er so viel Murks gemacht, dass das Gitter eigentlich neu angefertigt werden müsste. Die Winkel stimmen nicht, die Einzelteile sind nicht gerade, eine Befestigung fehlt, eine andere ist falsch herum angebracht ... Wir haben eine Lösung gefunden, die nicht perfekt, aber praktikabel ist. Wir möchten halt nur noch abhaken. Auf die Milchglasscheiben beim Balkon verzichten wir. Ans Geländer kommt eine Persenning und gut is'. Milchglas wäre schon schick, aber ans Balkongeländer kommen perspektivisch Solarzellen, so dass man die Glasscheiben kaum gesehen hätte.
So geht's auf der Baustelle immer wieder zwei Schritte vor, einen zurück. Diese Woche regelte ich den Übergang der Versicherungen, denn aktuell laufen die für Haus und Wohnung ja parallel. Das wird auch bis November so bleiben. Dann sind wir hoffentlich umgezogen. Der Gatte kam in seiner Werkstatt weiter. Das ist vermutlich der Raum, der als erstes fertig wird, und ihm unheimlich wichtig. Die Anpassung der Türen, die beim Verlegen des Laminats übersehen wurde, ist terminiert. Wir haben jetzt einen Hasen-Türkranz - eigentlich wollte ich selbst einen machen, aber dann fand ich beim Kramen in der Wohnung einen, den der Gatte mal kaufte. Vom Heizungsbauer gibt es noch immer keinen Termin. Eigentlich müsste ich mich auch um einen Dachdecker kümmern, denn wir brauchen Trittstufen zum Schornstein. Das sollte eigentlich auch die Baubrigade erledigen. Selbst, wenn der Bauunternehmer nochmal auftaucht, wird er hier keine Arbeiten mehr ausführen. Ob wir gegen den Bauunternehmer rechtliche Schritte unternehmen, müssen wir überlegen. Mir fehlt aktuell die Kraft dazu. Mal schauen, ob sich der Kerl noch wegen einer Nachzahlung meldet.
Hier gilt seit mittlerweile 159 Wochen: Der Gatte und ich sind weitgehend zu Hause. Es geht uns vergleichsweise gut. Wir halten es gut miteinander aus. Im ersten Corona-Jahr wurde der Gatte schwerkrank, im zweiten zeigte sich, dass er nicht mehr gesunden wird. Er ist inzwischen schwerbehindert und berufsunfähig verrentet.
Unsere Kontakte sind normalerweise auf das Notwendigste beschränkt, heißt: Arbeit, Ärzte, Einkaufen, Mütter und seit der Übernahme meines früheren Elternhauses Handwerker. Ich bin dankbar, dass Corona uns bislang verschonte und hoffe sehr, das bleibt so. Weder der Gatte noch ich haben Lust, zur Entlastung der Rentenkassen beizutragen.
Diese Woche waren der Gatte und ich zum ersten Mal seit seinem Schlaganfall wieder zwei Tage und Nächte getrennt. Mir machte das durchaus zu schaffen, aber ich muss lernen, mit der Angst zu leben. Der Gatte hat jetzt zwar einen funktionierenden mobilen Notruf mit GPS-Tracker, aber den hat er nicht immer dabei. Vorgestern vergaß er ihn sogar, als wir ins Haus fuhren! Zum Glück mussten wir wieder mal mit zwei Autos fahren, kam ich später los und sah den Notrufknopf noch in der Station stehen. Von der Sorge um den Gatten abgesehen, tat uns die Trennung gut. Wir können ja nicht ständig aufeinander hocken, und genau deswegen hat der Gatte ja den Knopf.
Bei Mudderns war ich Sonntag und vorgestern. Sonntag beschwerte sie sich darüber, dass ich sie nicht zur Kirche abholte. Als ich entgegnete, das ginge nicht, solange sie sich weigert, das Bett zu verlassen, bekam sie einen Wutanfall. Donnerstag sprach ich mit einer Pflegekraft, die Mudderns von früher kennt, und mir sagte, ich müsse meine Mutter dazu bringen, wieder aufzustehen. Was meint sie, was ich seit Mitte Februar versuche?! Meine Mutter will nicht aufstehen, und ich gehe nicht mehr davon aus, dass es sich ändert. Vermutlich wollen ihre Muskeln nach inzwischen sechs Wochen auch nicht mehr. Sie ist auch nur noch Haut und Knochen. Ihr haben viele Menschen die Konsequenzen aufgezeigt, ergebnislos. Sie wird also im Bett liegen, bis sie stirbt. Es ist schwer, das mit anzusehen. Mudderns ist bei ziemlich klarem Verstand, und wenn sie Befehle erteilt oder Wutanfälle bekommt, merkt man das auch. Sie freut sich diebisch, wenn sie merkt, dass man sich Sorgen macht, etwa, weil sie das Essen verweigert, sie die buchstäbliche Extrawurst bekommt, damit sie überhaupt etwas isst. Gleichzeitig behauptet sie immer wieder, das Heim verweigere ihr die Mahlzeiten ... Bei mir läuft sie damit ins Leere, denn ich weiß, dass sie lügt, und das macht sie wütend.
Schwiegermutter und Tante geht's gut. Schwiegermutter habe ich seit Weihnachten nicht gesehen, denn wenn der Gatte sie besucht, muss ich arbeiten. So sehen wir uns erst Ostern wieder, und ich freue mich darauf.
Ich fühle mich mal wieder total überlastet, überfordert und erschöpft. Mehrfach war ich kurz vorm Zusammenklappen, konnte einfach nicht mehr. Oft ging ich nach der Tagesschau ins Bett, war einfach platt, schaffte es aber noch, zu lesen, aktuell den dritten Band der Philipp-Gerber-Reihe* von Ralf Langroth*. Die Reihe spielt im Deutschland der Adenauer-Zeit und gefällt mir richtig gut. Ansonsten bräuchte ich schlichtweg ein paar ruhige Tage, Tage, die nicht durchgetaktet sind, an denen ich nicht x Dinge parallel machen muss, mich mal nur um mich kümmern kann, aber die wird es nicht geben. Im Büro wird's zunehmend stressiger, und ich habe die Befürchtung, einen der vielen Fäden zu verlieren. Meine Kolleginnen hingegen halten mich immer noch für top organisiert ....
Diese Woche traf ich auch wieder die beiden Nachbarinnen meiner Mutter, Die 79jährige, die gerade ihr Haus verkaufte, kommt immer noch, um sich um ihren einstigen Garten zu kümmern. Sie hat tatsächlich noch Frühlingsblüher gepflanzt, damit die Käufer einen bunten Garten haben! Eigentlich wohnt sie seit Januar nicht mehr in dem Haus. Die fast 90jährige, die auf einen Platz in der örtlichen Seniorenresidenz wartet, bekam von ihren Kindern gerade ein Hochbeet und erzählte, wie glücklich sie ist, noch so mobil zu sein - sie hat ähnliche OPs wie meine Mutter hinter sich, nahm aber jede Reha-Möglichkeit wahr. Verschämt lachend erzählte sie, dass sie sogar durch's Wohnzimmer tanzt, wenn die Musik danach ist! Wie schön ist das bitte?! Sie erzählte auch, wie oft sie sich um meine Mutter bemühte, was meine Mutter immer ablehnte, weil ihr irgendwas nicht passte - meistens die Uhrzeit, denn meine Mutter hatte ja einen sehr schrägen Tagesablauf. Meine Mutter wiederum erzählte immer wieder, keiner interessiere sich für sie, niemand wolle etwas mit ihr zu tun haben. Nun ja, neben ihrem schrägen Tagesablauf neigt sie dazu, Menschen zu beleidigen, was viele Bekanntschaften beendete.
Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! Über's Kochen und Einkaufen berichte ich in der Kombüse. / *Affiliate links
Hallo, ich habe deinen Blog bei Andrea nicht gefunden, ist da evtl was schiefgelaufen ?
AntwortenLöschenLG, Tina
Hallo Tina,
Löschendanke für die Nachfrage <3 Ich kam einfach noch nicht zum Verlinken.
Eine gute Woche wünscht Sabine