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Sonntag, 16. Juni 2024

Samstagsplausch KW 24/24: Leben und Arbeiten in Corona-Zeiten CCXXII

"Das Leben ist ein vorübergehender Zustand*" heißt ein Buch von Gabriele von Arnim*, das ich im Urlaub binnen eines Tages las. Es stand schon länger auf meiner Leseliste, und zufällig sah ich, das es in der Onleihe verfügbar war. Durch einen Schlaganfall ihres Mannes wird aus von Arnim "die Frau des Kranken". In ihrem Text beschreibt sie die Balance, in der Krankheit zu sein und im Leben zu bleiben, den schmal Grat zwischen Fürsorge und Übergriffigkeit, Zuwendung und Herrschsucht, wie leicht Rettungsversuche in demütigender Herabwürdigung enden oder Aufopferung erbarmungslos wird. Ich fand den Gatten und mich in Vielem wieder, bekam viel zum Nachdenken und setzte das Buch auf meine Wunschliste. Das möchte ich einfach gedruckt haben, möchte ganz altmodisch Passagen unterstreichen, möchte es öfter lesen.

Neben zauberhaften Sonnenaufgängen sahen wir auch an zwei Abenden Regenbögen!

Ich bekam den Gatten heil ins Ferienhaus und auch heil wieder nach Hause, ohne Notarzt oder Krankenhaus - Gott sei Dank! Im Laufe des Urlaubs ging's ihm sogar langsam besser. Wir konnten auch zwei, drei kleine Spaziergänge machen, denn er kann inzwischen mehr als 50 Meter ohne Pause gehen. Die Entscheidung für ein Ferienhaus und gegen das Hotel in Weißenhäuser Strand war rückblickend goldrichtig, denn im Hotel hätte der Gatte weniger Ruhe bekommen (wenngleich im Notfall RTW und Krankenhaus in der Nähe gewesen wären, anders als im Ferienhaus, aber Gott sei Dank brauchte er ja beides nicht). Morgen ist der Gatte wieder beim Arzt. Mal gucken, was der sagt. Vielleicht kommt der Gatte ums Krankenhaus herum.

So gesehen war die eine Woche Dänemark sehr erholsam. Ich saß viel rum und las oder häkelte, guckte in die Wolken oder auf die Ostsee oder sah den Spatzen zu und genoss es, eine Woche lang mal keine Kopfschmerzen zu haben. Es tat uns auch einfach gut, eine Woche lang mal keine Umzugskartons zu sehen und eine voll ausgestattete Küche zu haben. Das Ferienhaus war so lichtdurchflutet, dass wir regelmäßig zur Sonnenaufgangszeit aufwachten (doch, es gab Verdunkelungen, aber die vergaßen wir regelmäßig), dass wir die langen hellen Abende genossen. Dadurch fiel uns nicht auf, wie dunkel das Huas im Winter wäre, denn Lampen waren Mangelware. Die Wandlampe im Flur brannte durchgehend zwei Tage und Nächte, ehe uns auffiel, dass sie versehentlich eingeschaltet war ... 

Die Heimfahrt war sehr anstrengend, dauerte sieben statt drei Stunden. Zum ersten Mal fuhren wir in die alt-neue Heimat zurück anstatt die Autobahn in Bahrenfeld zu verlassen. Bislang fiel es mir immer schwer, ein Ferienhaus zu verlassen, bedeutete es doch, zurück ins laute Hamburg zu fahren. Seitdem sich die Nachbarschaft 2016 grundlegend änderte, konnten wir Terrasse oder Balkon kaum noch nutzen. Auch schon davor galt wegen der ständig irgendwo stattfindenden Bau- oder Renovierungsarbeiten, dass ich wegfahren musste, um zur Ruhe zu kommen, mich zu erholen. Dieses Gefühl war jetzt komplett weg. Das tat gut!

Hier gilt seit mittlerweile 222 Wochen: Der Gatte und ich sind weitgehend zu Hause. Im ersten Corona-Jahr wurde der Gatte schwerkrank, im zweiten zeigte sich, dass er nicht mehr gesunden wird, im vierten hatte er einen Schlaganfall. Er ist schwerbehindert und berufsunfähig verrentet. Es geht uns dennoch vergleichsweise gut. Wir halten es gut miteinander aus, wenngleich die Erkrankungen und der Schlaganfall des Gatten zu Wesensveränderungen führten, die ein Zusammenleben manchmal sehr schwer machen. 

Unsere Kontakte sind normalerweise auf das Notwendigste beschränkt, heißt: Arbeit, Ärzte, Einkaufen, Schwiegermutter und Handwerker. Ich bin dankbar, dass Corona bislang Gatten, Schwiegermutter und Tante verschonte und hoffe sehr, das bleibt so. 

Natürlich nahmen wir trotz Urlaubs den Ausgang der Europawahl wahr. Es ist erschreckend, dass etwa ein Drittel der Deutschen faschistisch eingestellt ist. Damit unterstützt zwar eine Mehrheit nach wie vor die Demokratie, aber die Geschichte hat gezeigt, dass ein Drittel Faschisten reicht, um die Demokratie mit demokratischen Mitteln abzuschaffen. Spätesten im Herbst, wenn es die ersten AfD-Regierungen in Ost-Deutschland gibt, wird es bitter. Die Konversion im Eiltempo zu Ende bringen und auswandern ist leider keine Alternative mehr. Den kranken Gatten kann ich nicht nach Israel verpflanzen. Ich ertappte mich bei dem Gedanken, dass ich unbedingt "Machtübernahme: Was passiert, wenn Rechtsextremisten regieren | Eine Anleitung zum Widerstand*" lesen muss, bevor es verboten wird. 

Morgen wird unsere neue Küche geliefert - in 143 Paketen. Ich habe keine Ahnung, wo wir die bis zum Aufbau übermorgen lagern sollen. Der Vorgarten scheidet leider aus, weil Regen angesagt ist, aber falls es nicht anders geht, muss zumindest ein Teil der Pakete mit einer Plane abgedeckt dort gelagert werden. Im Haus sieht es jetzt noch wilder aus als sonst - ich hätte nicht gedacht, dass das geht. Eine Grundausstattung an Geschirr, Besteck, Töpfen, Gläsern und Bechern steht auf dem Terrassentisch. Für den Abwasch legen wir einfach einen Tab drauf, und der Regen erledigt den Rest. Kaffeemaschine, Wasserkocher und Toaster stehen einigermaßen vor Regen geschützt an der Hauswand unter der Markise - ich bin gespannt, wann wir die wieder trocken bekommen. Zwei Schränke warten vor dem Haus auf den Sperrmüll in zehn Tagen. Im Vorratskeller steht eine Mikrowelle, damit wir uns Fertigfutter aufwärmen können. Gleichzeitig haben wir uns auf Essen vom Lieferdienst bzw. Imbiss eingestellt. 

Angesichts der Serie von Pleiten, Pech und Pannen, die uns seit zwei Jahren beim Hausumbau begleiten, gehe ich nicht davon aus, dass wir am Mittwoch wieder eine funktionierende Küche haben werden. Ich hoffe, dass wenigstens die TK-Kombi und die Spülmaschine weitergenutzt werden können - sonst muss ich den Abwasch auf der Terrasse erledigen (oder komplett auf Einweg-Geschirr umsteigen) und alles aus der TK-Kombi irgendwie im Vorratskeller unterbringen.   

Schwiegermutter und Tante geht's gut. Schwiegermutter wird allerdings sehr wirr und immer egozentrischer, narzisstischer. Mal gucken, wie sich das entwickelt. 

Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! Über's Kochen und Einkaufen berichte ich in der Kombüse.

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