Jeden Monat am 5. fragt Frau Brüllen "Was machst Du eigentlich den ganzen Tag?", kurz WMDEDGT? Bei mir sah das heute so aus:
Der Gatte ist wie üblich vor mir auf, so dass der Kaffee schon fertig ist, als ich aus dem Bett robbe. Ich schlafe seit einigen Wochen schlecht, bin entsprechend neben der Spur. Unter der Woche braucht aber jeder von uns ohnehin morgens seine Ruhe. Während sich der Gatte in der Küche Brote schmiert, gucke ich durch die Mails, die sozialen Medien und die Zeitungen. Nebenbei läuft der Deutschlandfunk.
Nachdem der Gatte gegangen ist, gehe ich in die Küche und schmiere mir ebenfalls Brote. Außerdem wiege ich trockenes Brot für das Abendessen ab und lege es in Milch ein. Anschließend fülle ich den Ansatz für eine Stachelbeer-Minz-Limonade um, den ich am Vorabend ansetzte, nehme noch das Mittagessen für die nächsten beiden Tage aus dem Kühlschrank und packe es in die Korbtasche für's Büro. Wegen des G20-Gipfels fahre ich heute zum letzten Mal in dieser Woche mit dem Auto, denn ab dem nächsten Tag 12 Uhr müsste ich durch Sicherheits- und Transferzonen durch. Da lasse ich das Auto stehen, nehme die Bahn und nur eine kleine Handtasche mit, denn ich vermute, die Glasflaschen, in denen ich mein Essen normalerweise transportiere, kommen bei eventuellen Kontrollen nicht so gut an (abgesehen davon sind sie schwer).
Jetzt noch schnell duschen, eine schwarze Klamotte überwerfen und ab ins Auto. Die Straßen sind nochmal leerer als an den beiden Tagen zuvor. Viele scheinen Gipfelurlaub genommen zu haben. Ich bin also pünktlich staufrei im Büro.
Mein Chef kam kurzfristig auf die Idee, für den nächsten Tag einen Termin mit dreistelliger Teilnehmerzahl im Rathaus zu organisieren. Die Organisation nimmt weniger Zeit in Anspruch als die Beantwortung der Frage, ob die Innenstadt denn überhaupt noch betreten werden darf. Die Frage beschäftigt mich nicht zum ersten Mal. Inzwischen kann ich das HVV-Verkehrskonzept für den Gipfel in- und auswendig. Ich bin kurz davor, jedem der mich nach einer Zugangsberechtigung fragt, einfach ein Blatt Papier mit der Aufschrift "Passierschein A38" zu schicken und zu gucken, ob wer was merkt (die Hamburger Innenstadt samt Rathaus ist frei zugänglich, während des gesamten Gipfels übrigens, U- und S-Bahnen fahren, nur die Busse nicht).
Für diesen Termin braucht der Chef auch noch Unterlagen, die gestaltet und ausgedruckt werden müssen - auf einem Papier, das nicht zur Standardbüroausstattung gehört. Die Materialausgabe könnte das binnen 24 Stunden beschaffen - zu spät für den Termin. Glücklicherweise brauchte ein Kollege letztens genau dieses Papier, bestellte ein Paket mehr und deponierte das in meinem Büro, wo gerne alles gelagert wird, was gerade im Weg ist. Und glücklicherweise erreiche ich ihn krank zu Hause, so dass er mir sagen kann, wo in seinem Büro das andere Paket deponiert ist und wer einen Schlüssel für sein Büro hat. Wenn wir keine Fehldrucke machen, reicht es.
Ich erstelle also die Teilnehmerliste, gestalte die Unterlagen, nehme den Drucker einer Kollegin in Beschlag, denn mit dem kostbaren Papier will ich nicht den Netzwerkdrucker nutzen, nachher kommt da noch ein anderer Druckauftrag dazwischen, lege mir alles für die Mitnahme am nächsten Tag bereit, denke daran, Schilder zu drucken, damit alle Teilnehmer auch den Treffpunkt bzw. mich erkennen, und als alles fertig ist, fällt mir noch ein, dass ich mit der Kollegin am Treffpunkt besser noch mal die Uhrzeit absprechen sollte, damit sie nicht eine halbe Stunde doof in der Gegend steht.
Mittags steht der Termin für den nächsten Tag, liegen alle Unterlagen auf der Fensterbank, damit ich sie am nächsten Tag mitnehmen kann. Die Aktualisierung der Teilnehmerliste wird noch den Rest des Tages über laufen.
Zwischendrin klingelt immer wieder das Telefon, schreibe ich eMails, erstelle Adresslisten, erteile Genehmigungen, kontrolliere Urlaubsanträge, kümmere mich darum, dass der Chef dringende Anfragen, die nur er entscheiden kann, erledigt ... Den Chef sehe ich keine halbe Stunde, der hetzt von Termin zu Termin. Zum Glück maile ich gerne. Dass das VPN des Chefs Schluckauf hat, ich Mails doppelt erhalte oder gar nicht, macht es nicht einfacher.
Mittags wäre ich gerne zur Kunstaktion "1000 Gestalten" gehuscht, aber die Mittagspause fällt wieder mal aus. Immerhin fällt mir auf, dass mir schwindelig ist, dass ich Kopfschmerzen habe, weil ich seit Stunden nichts trank. Da ja meine komplette Wochen-Mittagspausen-Verpflegung im Bürokühlschrank steht, kann ich aus dem Vollen schöpfen, nehme ich mir ein Stück Wassermelone und einen Erdbeer-Wassermelonen-Smoothie und nenne mich zukünftig "Meal Prepper".
Nachmittags steht ein langer Mediationstermin mit Kollegin II an. Nun ja. Immerhin verlässt der Mediator nicht schreiend den Raum.
Auf dem Heimweg habe ich Glück, denn der Stau wegen einer Demo ist in der Gegenrichtung. Ich denke daran, Sonnenbrille und Büroschlüssel aus dem Auto zu nehmen, denn man nächsten Tag nutze ich ja den HVV, da ist es dann doof, wenn der Büroschlüssel im Auto ist. Außerdem muss noch einiger Krams weggepackt werden, der nicht rumliegen soll, wenn das Auto den ganzen Tag auf einem öffentlichen Parkplatz steht.
Im Briefkasten ist eine Benachrichtigung, dass ein Paket, das ich versehentlich nicht an den Paketshop schicken ließ, bei einer unbekannten Nachbarin abgegeben wurde. Ich laufe durch die Straße, suche und finde die Hausnummer, bekomme das Paket und falle auf's Sofa, denn ich will die Sendung "Wie geht das? G20-Gipfel" sehen, weil's da auch um meine Arbeit geht.
Während die Sendung noch läuft, kommt der Gatte nach Hause, später als sonst, da noch Erledigungen auf dem Heimweg zu machen waren. Er ist so abgekämpft, dass ich ihn erstmal in Ruhe lasse. So bereite ich dann das Abendessen alleine zu - normalerweise kommt der Gatte dann auch in die Küche, räumt die Spülmaschine aus und wieder ein und wir reden über unseren Bürotag. Zum Abendessen gibt es Brotfrikadellen in Tomatensauce, die dem Gatten, der erst sehr widerwillig aß, dann doch so gut schmeckten, dass er sich eine Portion als Büromittagessen für den nächsten Tag sichert.
Ich häkle noch ein bisschen und überlege dabei, dass es sinnvoller ist, für die nächsten beiden Tage doch die Messenger Bag zu nehmen statt einer kleinen Handtasche, denn im schlimmsten Fall muss ich viel laufen, und da stört mich die Messenger Bag am wenigsten. Also packe ich wieder die Handtaschen um. Die Sporttasche muss auch noch gepackt werden, wobei unklar ist, ob wir wegen eines G20-Konzerts im Volkspark am nächsten Tag überhaupt in die Turnhalle kommen. Bei Großereignissen im Volkspark bricht im Hamburger Westen der Verkehr zusammen, können wir teilweise nur mit Ausweis die Turnhalle erreichen. Momentan ist auch noch ein NoG20-Camp im Volkspark, das vereinfacht die Situation nicht.
Außerdem lege ich die Klamotte für den nächsten Tag raus - samt Turnschuhen, trotz staatstragendem Termin im Rathaus. Sollten irgendwelche Vollpfosten tatsächlich U- und S-Bahnen blockieren oder sabotieren, will ich nicht kilometerweit in Trittchen unterwegs sein. Jetzt noch Wäsche aufhängen, ins Bett fallen und die letzten Seiten von "Altherrenjagd*" lesen, dann war's das auch schon wieder mit diesem Tag.
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