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Samstag, 2. Mai 2020

Samstagsplausch KW 18/20: Leben und Arbeiten in Corona-Zeiten VII

"Ich freue mich schon darauf, wenn die Restaurants wieder geöffnet sind", meinte der Gatte, als wir die Tage zur Teezeit auf dem Balkon saßen. Ja, die Restaurants gehen uns beiden ab. Ich freue mich auf geöffnete Kinos, hoffe, es gibt bald die Genehmigung für ein Autokino auf der Bahrenfelder Trabrennbahn.

Ich freue mich auch auf einen Hagenbeck-Bummel, auf Turnhalle und Schwimmbad, auch, wenn Sport weiterhin schwierig ist, weil die OP vor sieben Wochen zwar gut verlief, die von den Ärzten zugesagte Beschwerdefreiheit aber ausblieb. So ist also seit nunmehr fünf Monaten quasi kein Sport möglich, und das nervt.

Wir sind inzwischen die siebte Woche weitgehend zu Hause. Der Gatte war einen Tag im "echten" Büro, ich arbeitete komplett im Heimbüro. Von einem eingespielten Alltag oder einem gemeinsamen Tagesablauf sind wir weit entfernt. Vieles zerrt an den Nerven.

Die Arbeit zu Hause ist einerseits anstrengend, weil ich viel Zeit überbrücken, auf Entscheidungen warten muss, andererseits muss ich das anders als im "echten" Büro aber nicht zwangsläufig am Schreibtisch machen, was wiederum ganz nett ist. Telefon- und Videokonferenzen finde ich immer noch sehr anstrengend und zöge ein analoges Gespräch vor. Nur: Nützt ja nichts. Als ich mich vorgestern auf die Konferenz vorbereitete, ging mir auf, dass ich die gleichen Schritte, die ich sonst für meine Blaumänner als Sekretärin machte, jetzt plötzlich für mich selbst mache - irgendwie komisch.

Inzwischen fand ich eine Möglichkeit, die Software für die Video- und Telefonkonferenzen auf dem Dienstrechner zum Laufen zu bringen. In dem Moment, als allerdings größere Datenmengen durch den Tunnel mussten, ging der Dienstrechner in die Knie, wechselte ich mitten in der Konferenz auf den Privatrechner. Damit war ich besser dran als mein Kollege, dem nur der winzige Smartphone-Bildschirm blieb, um Layout-Entwürfe zu begutachten - und das mit ohnehin kleinen Augen durch eine schlaflose Nacht am Bett seines fieberkranken Kindes.

Normalerweise wären wir seit gestern und bis Montag in Travemünde, um in einem Luxushotel Schwiegermutters halbrunden Geburtstag zu feiern. Heute wären wir sicherlich nach Lübeck zu Sightseeing und Shopping gefahren, hätten bei Niederegger Torte gegessen. Der Gatte und ich hätten uns daran erinnert, dass unsere erste gemeinsame Reise nach Lübeck führte. Morgen hätte ich versucht, mich nach Neustadt fortzustehlen, um wenigstens kurz an der Gedenkfeier zum 75. Jahrestag des Cap-Arcona-Untergangs teilzunehmen.

Stattdessen werden wir bei Schwiegermutter zu Hause feiern - zum letzten Mal, denn ihr Umzug in eine Seniorenwohnanlage steht bevor. Zu unser aller Freude konnte Tante samt Dackel kommen. Die Familie ist also komplett.

Seit Montag herrscht Maskenpflicht im ÖPNV, in Geschäften und Einkaufszentren. Ich finde die Schnutendeckel sehr sinnvoll, theoretisch. Praktisch tue ich mich schwer damit, denn ich bekomme damit schlecht Luft (und zu allem Überfluss feiert mein Asthma seit einiger Zeit Party). Dienstag trug ich den Schnutendeckel erstmals fast zwei Stunden am Stück - schön ist anders. Zum Glück sind die Temperaturen momentan noch moderat - im Sommer sehe ich mich schon am Boden liegen.

Ich bewundere die Verkäuferinnen, die es den ganzen Tag mit den Schnutendeckeln aushalten und überlege, auf ein Visier zurückzugreifen, wenn ich im Laden eingesetzt werde. Der Laden sollte eigentlich schon seit Montag geöffnet sein, ist aber noch geschlossen, nachdem Blaumann II intervenierte - ein Glück! So wichtig Kultur und Bildung sind, kann die Ladenöffnung doch noch ein paar Tage warten (unser Laden ist nicht kommerziell, insofern machen wir keinen Verlust, sondern könnten entspannt sein).

Schon in der letzten Woche fiel mir auf, dass der Verkehr zunahm, und diesen Dienstag standen wir tatsächlich im Feierabendstau. In der Fußgängerzone und im Einkaufszentrum waren viele Menschen unterwegs, zumindest im Vergleich zu unserem "Dorf" am Stadtrand. Gleichzeitig war es im Einkaufszentrum gespenstisch: Viele Läden schlossen um 17 Uhr oder 18 Uhr anstatt wie sonst um 20 Uhr, und die Markthalle im Einkaufszentrum war quasi verwaist. Im Bahnhof war's nur auf den ersten Blick recht belebt. Auf den zweiten waren viele Geschäfte geschlossen, patrouillierte viel Polizei.

Mit Maske und ggf. Schlangestehen, um ins Geschäft zu kommen, macht das Bummeln keinen Spaß, und so schaute ich nur noch im Bastelladen vorbei. Da fand ich auch die schon lange gesuchten Stecknadeln und das Nahtband - die Versorgung mit Kurzwaren ist für mich gerade schwierig, wenn ich nicht online bestellen will (was ich möglichst vermeide; die Paketboten sind schon gestresst genug) und die Kurzwarenabteilungen in den Kaufhäusern geschlossen sind.

Eine erste Maske.
Diese Woche kam ich ins richtig Nähen. Beim Bloggeburtstag von Elfis Kartenblog gewann ich entzückenden Cupcakes-Stoff und machte mich noch am gleichen Abend, als der Stoff ankam, ans Nähen - ohne Hilfe von Tante, die wie Schwiegermutter einst eine Ausbildung zur Schneiderin machte, und ohne Nähmaschine (Schwiegermutter kann leider nicht mehr gut genug sehen und musste deswegen das Nähen schweren Herzens aufgeben).

Ich sage zwar immer, dass ich nicht nähen kann, aber natürlich habe ich wie alle Kinder meiner Generation Handarbeitsunterricht gehabt und Nähen gelernt. Nur war bei mir immer was falsch: Die Nadel, der Faden, der Stich, der Fadenlauf ... Mit der Maschine bekomme ich keine gerade Naht hin, ich kann Stoff nicht ordentlich zuschneiden usw.

Dass das Ergebnis immer tragbar und akzeptabel war, interessierte nicht: Mudderns und Handarbeitslehrerin kamen zu dem Ergebnis, dass ich einfach zu dumm zum Nähen bin, und genau wie Sport (zu fett dafür) und Mathe (zu dumm dafür) wurde es mir systematisch verleidet. Dabei nähte ich damals eigentlich gerne, erfasse Schnitte schnell, kann sogar Schnitte entwerfen, nur umsetzen kann ich das nicht, weil ich halt einfach zu dumm dazu bin.

Und so steht im Keller zwar eine geerbte Nähmaschine, liegt hier ein Nählernbuch, aber es gab keinen Grund, mich damit zu befassen. Schwiegermutter, solange sie noch sehen konnte, und Tante sind schließlich Nähprofis und übernehmen gerne, und ansonsten gibt es immer irgendwo eine Änderungsschneiderei.

Als ich dann aber die einfachen Maskenschnitte sah, packte mich dann doch ein wenig Nähfiber, und schwuppdiwupp war Elfis Stoff in sechs Masken umgewandelt. Das machte sogar Spaß. Wenn's im Radio gerade kein Feature oder Hörspiel gab, lief ein Hörbuch, und inzwischen schaffe ich eine Maske in unter einer Stunde.

Inzwischen steche ich mich auch nicht mehr bei jedem Stich, höchstens noch bei jedem zweiten, landen Nadeln nicht mehr unter Fingernägeln oder im Nagelbett, sondern im Stoff, meistens jedenfalls, verwandeln sich die Blasen in Hornhaut. Ja, ich weiß, die Stiche sind krumm und schief, das Garn ist ebenso falsch wie die Nadel und der Fadenlauf stimmt nicht, aber so ist das halt, wenn man zu dumm zum Nähen ist.

Die letzten aussortierten T-Shirts, aus denen eigentlich Garn werden sollte, werden noch in Masken verwandelt, und danach werde ich das Angebot der inzwischen wieder geöffneten Änderungsschneiderei in der Nähe nutzen, dort Masken kaufen - die werden uns ja leider noch einige Monate begleiten.

Diese Woche gab's noch mehr Neues: Ich habe das Video-Sportangebot unseres Vereins ausprobiert, soweit das mit meinen Einschränkungen möglich ist, und nutze die Online-Kulturangebote verschiedener Anbieter. So entdecke ich einiges für mich neuer Musik. Das Sportangebot ist oft so, dass es sich auch zwischen unseren Schreibtischen machen lässt. Außerdem nutze ich wieder das Theraband, gegen die Verspannungen im Schulter- und Nackenbereich.

Über's Einkaufen und Kochen in der vergangenen Woche berichte ich in der Kombüse. Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! Bleibt zu Hause, bleibt gesund, passt auf euch und eure Lieben auf.

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