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Sonntag, 10. Januar 2021

Samstagsplausch KW 1/21: Leben und Arbeiten in Corona-Zeiten XLI

Bei uns ist immer noch Ausnahmezustand. Inzwischen hat's mich auch umgehauen: Donnerstag Abend bekam ich Fieber, und seit Freitag bin ich krankgeschrieben - für eine ganze Woche. Darunter mache er es momentan nicht, sagte mein Hausarzt bei unserem Telefonat. "Die Leute sollen gefälligst zu Hause bleiben, sich separieren und auskurieren!" 

Bis Sonnabend gönnte ich mir dann auch tatsächlich eine Auszeit, aber dann war klar, dass ich einfach funktionieren muss, egal wie. 

Mudderns Sturz an Neujahr zeigt alle Anzeichen eines weiteren Schlaganfalls oder Schädel-Hirn-Traumas. Als ihre Gesellschafterin am Donnerstag kam, war sie sehr schwach, aber dennoch halbwegs orientiert. Um sie wieder auf die Beine zu bekommen, beschloss ihre Gesellschafterin, vorerst zwei Mal die Woche zu kommen, und Donnerstag hatte ich auch noch Hoffnung, dass das was bringt. Seit Freitag allerdings verlässt Mudderns das Bett nicht mehr, ist desorientiert, spricht verwaschen, isst und trinkt kaum, weil sie dann ja aufstehen müsste, ergeht sich in Selbstmitleid, weil sich niemand um sie kümmert usw. 

Heute rief sie dann plötzlich um vier Uhr morgens an, um zu plaudern. Ihr war nicht zu vermitteln, dass es mitten in der Nacht ist, dass wir schlafen. Als wir mittags miteinander telefonierten, wusste sie nichts mehr von dem Telefonat, wusste auch nicht mehr, welcher Wochentag ist. Es ist zum Steinerweichen. 

Ich habe mehrfach überlegt, ob ich im Krankenhaus anrufe, damit die jemanden vorbei schicken, aber das wäre gegen Mudderns Willen. Die erforderlichen Vollmachten dazu habe ich, aber ich bin gerade völlig überfordert, eine Entscheidung zu treffen. Ich kann ja auch nicht mal eben die 80 Kilometer rausfahren und mir selbst ein Bild machen, da Fieber. Mal schauen, wie die Gesellschafterin die Situation am Dienstag sieht. Im Zweifelsfall hört Mudderns auf sie eher als auf mich. 

Während ich bei Mudderns schon eine Betreuungs- und eine Generalvollmacht habe, steht das beim Gatten noch aus, ebenso wie eine Patientenverfügung, Bankvollmacht usw. Es gibt vieles zu besprechen. Die Perspektive, einst wie Philemon und Baucis auf einer Bank zu sitzen, gibt es nicht mehr. Für mehr Lebenszeit müsste der Gatte seinen Lebensstil von jetzt auf gleich radikal ändern, und dazu ist er nicht bereit. Es ist sehr schwer zu akzeptieren, dass es kein gemeinsames Rentnerdasein mehr geben wird. 

Der Gatte ist so weit wieder stabil, dass er alleine zum Einkaufen oder zum Arzt kann, braucht danach aber lange Erholungsphasen. Ihm ist schrecklich langweilig, ihm fällt die Decke auf den Kopf. Gleichzeitig muss ich ihn immer im Blick haben, denn er vergisst immer wieder Essen auf dem Herd oder das Abschalten elektrischer Geräte, weil er darüber einschläft. Gleichzeitig stürzt er oft, reißt dabei alles mögliche mit sich - nun gut, spart das Aussortieren der übervollen Schränke, das ich eigentlich vor hatte. Anstatt der ärztlich verordneten Bettruhe wusele ich also durch die Wohnung, immer dem Gatten hinterher. Gesundwerden geht anders. 

Hier gilt seit mittlerweile 43 Wochen: Der Gatte und ich sind seit März weitgehend zu Hause. Unsere Kontakte sind auf das Notwendigste beschränkt, heißt: Arbeit, Ärzte, Einkaufen, Mütter. 

Der Gatte ist im zehnten Monat Kurzarbeit und seit Mitte Dezember krank. Mal schauen, wann er wieder zur Arbeit gehen kann. Im Februar beginnt die ambulante Behandlung im Krankenhaus, evtl. muss er auch noch mal stationär aufgenommen werden. Eine Reha täte ihm ebenfalls gut.

Mein Job ist sicher, wenngleich meine drei Projekte mehr oder weniger auf Eis liegen. Zwei wurden ad hoc digitalisiert, das dritte ruht weitgehend, solange Theater und andere Kulturbetriebe geschlossen sind. Ich bin zwei Tage im echten Büro und drei Tage im Heimbüro. Eigentlich würde ich einen der Bürotage im Laden verbringen, aber der ist geschlossen und bleibt es auch weiterhin. Und aktuell bin ich ja eh krankgeschrieben, wobei die Kollegen wissen, wie sie mich im Notfall erreichen können, falls es bei einem Projekt dringenden Entscheidungsbedarf gibt.

Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea, deren Mann weiterhin mit einer Covid-19-Erkrankung kämpft. Weiterhin viel Kraft euch beiden und baldige Genesung! Und vielen Dank für's Sammeln! Bleibt zu Hause, bleibt gesund, passt auf euch und eure Lieben auf. 

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