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Samstag, 8. April 2023

Samstagsplausch KW 14/23: Leben und Arbeiten in Corona-Zeiten CLX

Ja, ich weiß, seit vorgestern ist die Pandemie in Deutschland höchst ministerlich für beendet erklärt worden, seit heute sind alle Corona-Maßnahmen aufgehoben, aber solange noch jeden Tag weit über 100 Menschen alleine in Deutschland an Corona sterben, in Hamburg gerade mal wieder die Krankenhäuser volllaufen, die WHO noch kein Ende sieht, sind wir noch in Corona-Zeiten.

In der Siedlung, in der das alt-neue Haus steht, schmückt ein altes Ehepaar jedes Jahr vor Ostern eine kleine Weide im Vorgarten.

Hier gilt seit mittlerweile 160 Wochen: Der Gatte und ich sind weitgehend zu Hause. Es geht uns vergleichsweise gut. Wir halten es gut miteinander aus. Im ersten Corona-Jahr wurde der Gatte schwerkrank, im zweiten zeigte sich, dass er nicht mehr gesunden wird. Er ist inzwischen schwerbehindert und berufsunfähig verrentet. 

Unsere Kontakte sind normalerweise auf das Notwendigste beschränkt, heißt: Arbeit, Ärzte, Einkaufen, Mütter und seit der Übernahme meines früheren Elternhauses Handwerker. Ich bin dankbar, dass Corona uns bislang verschonte und hoffe sehr, das bleibt so. Weder der Gatte noch ich haben Lust, zur Entlastung der Rentenkassen beizutragen.

Die Eier wurden von den Kindern und inzwischen auch den Enkeln gestaltet.

Diese Woche ruckelten sich auf der Baustelle ein paar Dinge zurecht. Montag früh rief eine nette Dame an: Ob wir noch einen Elektriker bräuchten? Grundverpeilt wie ich bin, dachte ich, das wäre die Firma, bei der wir im August einen Termin haben, aber das war eine andere Firma, bei der ich auf einer Warteliste stand, bei der ich nicht ernsthaft mit einem Rückruf rechnete. Zum Glück blieb der Gatte ohnehin bis Dienstag auf der Baustelle, und so kam der Elektriker zu für den Gatten nachtschlafender Zeit auf die Baustelle und sorgte für Strom in der Küche. Im Badezimmer haben wir kein Deckenlicht, denn um herauszufinden, wo der Defekt ist, müssten die frisch verlegten Fliesen wieder runter. Das ist auch so was, was die Baubrigade hätte reparieren sollen, es aber nicht tat. Immerhin schloss sie eine von zwei Außensteckdosen an. Die zweite schließt der Elektriker an, wenn klar ist, wie die neue Küche aussehen wird, wo der neue Fliesenspiegel verlaufen wird. Überraschenderweise ging die uralte elektrische Markise noch, sehr zur Freude des Gatten, der gleich befand, sie müsse gereinigt, gespannt und mit einer neuen Blende versehen werden. Sicherungsautomaten für den Sicherungskasten bestellte der Gatte für die kommende Woche. Er will sie selbst einbauen. Den ganzen Sicherungskasten wollte der Elektriker nicht erneuern. 

Was sich diese Woche auch regelte: Kommende Woche kommt der Fliesenleger, Ende des Monats der Metallbauer. Wir sind jetzt tatsächlich so weit, dass wir den Umzug planen könnten! Nach dem Fliesenleger muss der Maler nochmal ran, und dann könnte es eigentlich losgehen - vorausgesetzt, der Gatte schafft es zeitnah, sein Eisenbahnzimmer mit Laminat auszulegen. Außerdem müssen wir überlegen, welche Möbel wohin sollen, was neu gekauft werden muss, was zu Stilbruch oder zum Sperrmüll geht. Ich muss Wohnung und Lager ausmisten. Die Orientteppiche müssen von der Reinigung aus dem Lager abgeholt und sauber ins Haus gebracht werden, denn sie müssen ja liegen, bevor die Möbel aufgebaut werden. Gleichzeitig sollen sie erst liegen, wenn alle staubigen Arbeiten erledigt sind ... Langsam überfordert mich die Logistik. Bis zum Umzug wird also noch einige Zeit ins Land gehen. Da sind ja auch noch die Arzttermine des Gatten, meine beruflichen Termine und die Urlaubsplanung meiner Kollegin, die alle berücksichtigt werden müssen. Das wird sich alles finden.  

Wir haben überlegt, erstmal Spüle und Herd meiner Mutter zu behalten, unsere vorhandenen Küchenmöbel aufzustellen und die neue Küche nach dem Einzug zu planen. Alles andere ist zu kompliziert, denn Umzug, Lieferung der zugekauften Küchenmöbel samt Herd und Aufbau müssten quasi taggleich erfolgen. Spannend bleibt, ob die Spülmaschine wie geplant angeschlossen werden kann, denn bislang haben wir nicht geprüft, ob die alten Anschlüsse noch da sind.

Doof ist weiterhin, dass wir nicht wissen, wann der Heizungsbauer kommt und was seine Arbeiten kosten werden. Davon hängt ab, wie viel Geld wir noch ausgeben können, denn unser Budget ist ja nicht unbegrenzt. Mal gucken, ob ich in den nächsten Tag zumindest eine grobe Kostenschätzung bekommen kann. Und spannend bleibt nach wie vor, wie viel Murks, den wir nicht sehen können, die Baubrigade ablieferte, ob uns da nicht noch was um die Ohren fliegt. 

Ein Regenbogen vor dem alt-neuen Haus.

Sonntag war ich bei Mudderns, ging aber schnell wieder, weil wir uns wieder nur anschrien. Kaum habe ich sie begrüßt, werde ich auch schon wieder weggeschickt, um irgendwelche Besorgungen zu erledigen, und wenn ich darauf hinweise, dass Sonntag ist, gibt's zum ersten Mal Geschrei. So geht das dann die ganze Zeit weiter. Das kostet mich mehr Kraft als ich habe.

Dienstag hatte Mudderns dann ihre Gesellschafterin so weit, dass sie einen neuen Rollstuhl bekommt. Mir sollte sie davon nichts sagen, sondern einfach einen kaufen. Der bisherige hatte ja die "falschen" Räder, also welche, die sie nicht selbst drehen kann, weswegen sie die Nutzung verweigerte. Nun hat meine Mutter gar nicht mehr die Kraft, die Räder zu drehen, muss geschoben werden, aber sie lässt sich nicht durch Fakten verwirren. Die Gesellschafterin nahm trotzdem Kontakt mit mir auf und bekam das Okay für den Kauf. Durch einen glücklichen Zufall fand sie in der lindgrünen Hölle einen günstigen gebrauchten Rollstuhl, zeigte ihn Mudderns und holte ihn vorgestern ab, alles in Absprache mit mir, wovon Mudderns aber nichts wissen muss. Ich bin gespannt, ob es der letzte Rollstuhl sein wird oder ob Mudderns jetzt monatlich einen kaufen wird. Rein rechtlich könnte ich es ihr untersagen und darauf bestehen, dass sie den langwierigen Weg über die Krankenkasse geht, aber natürlich habe auch ich wie die Gesellschafterin die irrige Hoffnung, dass meine Mutter vielleicht doch noch mal das Bett verlässt. Mudderns will schlichtweg nicht mehr aufstehen (und kann es nach mehr als sechs Wochen im Bett vermutlich auch nicht mehr). Ich bin gespannt, welche Ausrede sie findet, um auch diesen Rollstuhl nicht zu nutzen. Aufstehen würde ihre Lebenssituation so viel besser machen, aber sie leidet lieber, weil sie meint, andere damit verletzen zu können. Dass sie sich damit nur selbst schadet, versteht sie nicht.

Der alte Rollstuhl steht jetzt vorm alt-neuen Haus. Ich war erst sehr wütend, weil ich mich um die Entsorgung kümmern muss, wieder mit Mudderns zu tun habe, ob ich will oder nicht - sie muss sich halt immer in Erinnerung bringen. Am liebsten hätte sie es, dass der Rollstuhl im alt-neuen Haus eingelagert wird. Nix da! Der Rollstuhl ist noch wie neu, wurde ganze 100 m geschoben, stand ansonsten nur in ihrem Zimmer. Wenn ich versuche, ihn zu verkaufen, müsste ich ihn über Wochen einlagern, bis sich ein Käufer findet. Meine letzten Verkäufer-Erfahrungen mit eBay waren nicht gut, und gebrauchte Rollstühle gehören nicht zu den Artikeln, die man schnell los wird. Es scheint, dass ich einen Weg fand, jemandem mit dem Rollstuhl eine Freude zu machen und mich zu entlasten. Mal gucken, ob es klappt. 

Unklar ist wieder mal, ob Mudderns ihre Tabletten nimmt, vor allem die Psychopharmaka, die zu einer Verbesserung der Situation führen könnten. Sonntag jedenfalls hielt sie die Vitamin-B-Tabletten, die sie nicht vom Heim zugeteilt bekommt, für Schmerztabletten und sagte, sie nähme davon mindestens drei am Tag. Ich sollte nämlich neue kaufen und war irritiert, dass die Packung mit 60 Stück nach noch nicht mal vier Wochen schon aufgebraucht ist. 

Ostern bleiben wir ja in Hamburg, so dass ich meine Mutter nicht sehe. Ich bin gespannt, was sie sich ausdenkt, um mich trotzdem zu beschäftigen. Anrufen kann sie ja nicht, weil sie weiterhin kein Telefon hat, aber mein Telefon ist sicherheitshalber trotzdem abgestellt. Ich denke daran, wie wir früher mit meiner Mutter an Ostern zum Brunch gingen, was immer sehr schön war. Im letzten Jahr war aber schon absehbar, dass es nicht mehr lange geht, nur dass es jetzt so schnell nicht mehr geht, hätte ich nicht erwartet (auch nicht, wie schnell es von "Ich will auf keinen Fall einen Rollstuhl!" zu "Ich will unbedingt einen Rollstuhl!" gehen kann). Ich habe auch nichts zu Ostern für meine Mutter. Das alle Weihnachtsgeschenke ignoriert und entsorgt wurden, darunter auch der Schulterponcho, traf mich doch sehr. Der Schulterponcho wartet in der Altpapiertonne vorm alt-neuen Haus auf mich, denn dahin brachte ihn die Gesellschafterin, weil sie ihn auch zu schade zum Entsorgen fand. Er wird zur Obdachlosenhilfe gehen.

Nach einem hilfreichen Gespräch mit einem lieben Menschen, der gerade entschied, eine Vormundschaft für einen Verwandten abzugeben, überlegte ich, die Vormundschaft für Mudderns abzugeben. So einfach ist die Entscheidung nicht, es hängt einiges daran, und eigentlich wollten wir genau diesen Fall, dass jemand Fremdes über sie bestimmt, immer verhindern. Momentan wäre es aber eine echte Entlastung. Gott sei Dank ist Mudderns Gesellschafterin da und entlastet mich.

Sonntag erfuhr ich von RV Fit, quasi eine Kurzzeit-Reha. Ich stellte gleich online den Antrag und war gespannt. Donnerstag kam dann die Antwort, dass eine medizinische Reha sinnvoller wäre. Guter Witz. Der Antrag dafür wird ja abgelehnt, und ich habe keine Kraft, dagegen an zu gehen. Schade, RV Fit wäre eine Möglichkeit, Kraft zu schöpfen. Soll halt nicht sein. Also durchhalten oder ganz zusammenklappen und als Langzeiterkrankte auf eine Reha hoffen.

Im Büro wird die Stimmung immer schlechter, denn wir haben schlichtweg zu viele Häuptlinge und zu wenig Indianer. Es wird nicht mehr auf Augenhöhe kommuniziert, und da helfen auch die ganzen im Organisationentwicklungsseminar festgelegten Kommunikationsregeln nicht.  Für einfache Höflichkeit sollte es zudem keine Kommunikationsregeln brauchen, aber beispielsweise zwei der Chefinnen gehen ohne Verabschiedung, und das stößt immer mehr Kolleginnen auf. Ich bin einmal mehr froh um mein Projekt und hoffe, dass mir da noch möglichst lange niemand rein redet. Ansonsten sind wir mittlerweile schon drei Kolleginnen, die Frührente erwägen, wenngleich ich darüber nicht wegen Arbeitsfrust nachdenke, sondern um mehr Zeit mit dem Gatten zu verbringen, solange ich ihn noch habe. 

Ansonsten ist dieses Osterfest eines der merkwürdigsten, die der Gatte ich und ich zusammen erlebten. Es gibt keine Oster-Deko, abgesehen von den Hasen, die ohnehin immer hier herumstehen. Der Balkon ist nicht bepflanzt oder aufgeräumt, weil wir ja eh kaum hier sind. Gleiches gilt für den Garten. Schwiegermutter entschuldigte sich gestern, dass sie es nicht schaffte, Eier zu färben, aber heute noch welche kaufen würde, was der Gatte ihr ausredete. Der Gatte selbst färbte auch keine Eier, obwohl wir alles dafür da hätten. Dass der Oster-Brunch mit meiner Mutter ausfällt, erwähnte ich ja schon. Ob wir nächstes Jahr Ostern im alt-neuen Haus feiern?

Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! Über's Kochen und Einkaufen berichte ich in der Kombüse

4 Kommentare:

  1. Das kann nur besser werden...vieles von dem du schreibst erlebe ich auch gerade....den Vater, der mich gerne beschäftigt, Dinge sofort braucht und nicht versteht, dass es Feiertage gibt an denen Geschäfte nicht geöffnet sind und ich auch noch ander Dinge zu tun habe, z. B. seine Wohnung renovieren zu lassen, damit sie vermietet werden kann... Handwerker suchen und finden...so wie schlaflose Nächte wegen der Finanzierung...aber ich bin ja noch jung *lach nur 69 und nicht 95 wie er...
    Alles Gute
    wünscht Augusta

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    1. Liebe Augusta,
      es tut gut zu lesen, dass es anderswo auch so zugeht. Starke Nerven und viel Kraft wünscht Sabine

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  2. Unsere Alten können uns wirklich mega beschäftigen. Egal was du machen wirst, es wird nicht gut genug sein.
    Ich denke, euer neues Zuhause wird toll werden, auch wenn es noch ein bisschen dauert, bis alles so ist, wie ihr es euch wünscht.
    Ostern ist bei uns auch sehr dezent aufgetreten. War aber auch so schön. Immerhin hatte ich frei.
    Liebe Grüße
    Andrea

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    1. Liebe Andrea,
      die freien Tage taten dir bestimmt gut! Danke für deine aufmunternden Worte!
      Liebe Grüße von Sabine

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Kommentare von Corona-Leugner, Quer- und anderen Nicht-Denkern, Wahnwichteln, Das-ist-doch-nur-ne-Grippe-Schwurblern, Wir-haben-genug-freie-Intensivbetten-Rufern und ähnlichen Düffeldaffeln werden gelöscht.