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Samstag, 2. März 2024

Samstagsplausch KW 09/24: Leben und Arbeiten in Corona-Zeiten CCVII

"Du warst gerade fünf Wochen zur Kur. Du müsstest aussehen wie das blühende Leben. Du siehst aber einfach nur fertig aus!", bemerkte der Gatte besorgt-charmant am Mittwoch, eine Woche nach meiner Rückkehr aus der Reha. Im Büro meinte eine Kollegin, angesichts der letzten vier Jahre bräuchte ich mal ein Jahr für mich alleine auf einer einsamen Insel - fünf Wochen reichten einfach nicht. Ja, sie haben ja alle recht, fünf Wochen reichten nicht. Ich bin so erschöpft wie vor der Reha, habe gleichzeitig mehr Schmerzen. Nützt ja aber nichts. 

Die letzte Woche war anstrengend. Erleichternd ist, dass es dem Gatten den Umständen entsprechend gut geht und er mir so viel wie möglich abnimmt. So kümmerte er sich an zwei Tagen ums Abendessen und packte fleißig Kartons aus. Ums Abendessen muss sich der Gatte auch zukünftig an zwei Tagen kümmern, denn ich fand einen Platz in einer Therapiegruppe zur Reha-Nachsorge - leider nicht in der Wunschpraxis, aber immerhin so, dass ich die Sitzungen mit der Arbeit verbinden kann, aber halt erst spät zu Hause bin. Ich habe schon in ganz Hamburg und im gesamten Landkreis Harburg gesucht, aber es gibt kaum freie Plätze, bei denen ich nicht mehr als zwei Stunden über Land fahren muss (für eine Strecke). Unmöglich ist es, einen Neurologen oder einen Rehasport-Anbieter zu finden. Die Neurologen in Hamburg und im Landkreis Harburg nehmen aktuell nur Privatpatienten, und einen Rehasport-Anbieter für psychosomatische Erkrankungen, der über die Rentenversicherung, nicht über die Krankenkasse abrechnet, gibt es schlichtweg nicht. Heißt, keine unterstützenden Happy Pills und sich selbst um den Sportspaß kümmern - irgendwann, wenn der Stress weniger wird. Ich will ja ohnehin mit Aquacycling anfangen.

Einer der letzten Bushaltestellen-Warteblicke. Der Gatte und ich fahren mit dem Bus zum Essen.

Die Wochenenden bis Ende März verbringen wir in der Hamburger Wohnung. Ich bin das Pendeln so leid, aber es ist ein Ende in Sicht, denn der Termin für die Schlüsselübergabe steht. Der Vermieter besteht darauf, dass das ausschließlich morgens um 8 Uhr erfolgt, kann aber nicht an den Tagen, an denen ich morgens um 8 Uhr könnte. Später geht nicht, weder vormittags noch nachmittags, und länger als 15 Uhr arbeitet man ohnehin nicht. So wählten wir den Tag der Sperrmüllabfuhr, denn da muss ich ab 6:45 Uhr in der Wohnung sein. Spaßig wird's, wenn der Sperrmüll nach 8 Uhr abgeholt wird (möglich ist ein Zeitraum bis 14:30 Uhr) und ich keinen Schlüssel mehr habe. Ich hoffe, der Vermieter lässt sich darauf ein, ein Paar Schlüssel später zu bekommen. 

In der Wohnung kommen wir gut voran, auch, wenn der Gatte viele Pausen braucht, wackelig ist. Ich bin vorsichtig optimistisch, dass wir bis zum Sperrmülltermin alles aus der Wohnung haben, was der Gatte behalten will. Jetzt rächt sich halt, dass er nicht vorher aussortierte und dass ich irgendwann den Überblick verlor, was alles noch in der Wohnung ist. Ich füllte locker fünf Beistellsäcke mit Müll und machte zusätzlich eine Fuhre zum Recyclinghof. Die transportierte vor allem Regale und Kleinmöbel, die seit Mitte Dezember vorm Haus standen. Jetzt sieht der Vorgarten fast schon wieder anständig aus. 

Wir versuchen es uns in der Wohnung so angenehm wie möglich zu machen. Nach zwei Jahren improvisierter Küche mag ich im Provisorium nicht kochen und beschloss, wir gehen sonnabends essen, besuchen alle die Lokale, in die wir nach dem Umzug nicht mehr so ohne weiteres kommen. Zum Auftakt waren wir beim Griechen, hatte das Glück, ohne Reservierung einen Tisch zu bekommen.

Begrüßungsgruß meiner Kolleginnen.

Im Büro machten die Kolleginnen mir den Wiedereinstieg leicht und überraschten mich mit Blumen und Geschenk. Meine Vertretung rödelte endlos viel - ich hätte ihr eine leichtere Vertretung gewünscht, hätte nicht mit dem Ansturm gerechnet, den sie bewältigen musste. Sie bahnte schöne Kooperationen an, und das gesamte Team will uns bei der großen Jubiläumsfeier im Sommer unterstützen. Was die Jubiläumsfeier betrifft, habe ich inzwischen Angst vor der eigenen Courage und fluche über meine Idee. Kann ich nicht einfach Dienst nach Vorschrift machen?! Keinem wäre das Jubiläum aufgefallen ... Nein, ich freue mich auf die Feier, auch, wenn es mir gerade zu viel ist, weil mir mal wieder alles zu viel ist. Aber ich habe ja Unterstützung. Dass meine Vertretung so toll mitarbeitet, ist eine unwahrscheinliche Erleichterung. Wenn ich in Rente gehe, weiß ich das Projekt in guten Händen, und ich möchte ja so schnell wie möglich in Rente, um möglichst viel gemeinsame Zeit mit dem Gatten zu verbringen. 

Hier gilt seit mittlerweile 207 Wochen: Der Gatte und ich sind weitgehend zu Hause. Im ersten Corona-Jahr wurde der Gatte schwerkrank, im zweiten zeigte sich, dass er nicht mehr gesunden wird, im vierten hatte er einen Schlaganfall. Er ist schwerbehindert und berufsunfähig verrentet. Es geht uns dennoch  vergleichsweise gut. Wir halten es gut miteinander aus, wenngleich die Erkrankungen und der Schlaganfall des Gatten zu Wesensveränderungen führten, die ein Zusammenleben manchmal sehr schwer machen. 

Unsere Kontakte sind normalerweise auf das Notwendigste beschränkt, heißt: Arbeit, Ärzte, Einkaufen, Schwiegermutter und Handwerker. Ich bin dankbar, dass Corona bislang Gatten, Schwiegermutter und Tante verschonte und hoffe sehr, das bleibt so. 

Schwiegermutter und Tante geht's gut. Schwiegermutter lief fünf Kilometer zum Arzt, weil sie den Busstreik nicht mitbekam! Zurück nahm sie sich vernünftigerweise ein Taxi, auch für die Termine am kommenden Tag. 

Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! Über's Kochen und Einkaufen berichte ich in der Kombüse

3 Kommentare:

  1. Ich wünsche dir sehr, dass zumindest ein bisschen Stress abfällt wenn die Wohnung erfolgreich abgegeben ist.

    Pass gut auf dich auf und lad dir nicht zuviel auf.

    LG
    Martha

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  2. Jetzt muss ich auch mal einen Kommentar hinterlassen.
    Seit Monaten verfolge ich deine Post und ich bin stark beeindruckt von deinem Elan und der Kraft, die du aufbringst um deinen Umzug zu bewältigen !
    Und dazwischen noch die Reha, meine Hochachtung !
    Ich wünsche dir /euch alles Gute weiterhin.
    ♥lichst Jutta

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  3. Reha ist eben keine Erholung. Nur schade, dass du mehr Schmerzen hast als vorher.
    Ich hoffe, es kehrt bald Ruhe bei euch ein
    Liebe Grüße
    Andrea

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Kommentare von Corona-Leugner, Quer- und anderen Nicht-Denkern, Wahnwichteln, Das-ist-doch-nur-ne-Grippe-Schwurblern, Wir-haben-genug-freie-Intensivbetten-Rufern und ähnlichen Düffeldaffeln werden gelöscht.