Seiten

Donnerstag, 8. August 2024

#WMDEDGT 08/24: Ein Jahr weiter V

Heute ist wieder der fünfte Tag des Monats, und Frau Brüllen fragt "Was machst Du eigentlich den ganzen Tag?", kurz WMDEDGT? Vielen Dank für's Sammeln!

Heute ist Montag, Heimbüro-Tag. Aufstehen, runter in die Küche, Kaffee aufsetzen, wieder hoch und duschen. Den Gatten wecken, wieder runter, Kaffee holen, dann den Dienst-Klapprechner hochfahren und anfangen zu arbeiten. Es ist aktuell sehr ruhig - eine schöne Abwechslung zu den hektischen letzten Monaten. 

Frühstückspause, in der passiert, wovor ich Angst habe, seitdem der Umzug ins alt-neue-Haus beschlossen wurde: Ich falle auf der Treppe! Ja, ich habe Angst vor Treppen, und Treppen setzen mich unter Stress. Das ist schwer verständlich, hat aber seine Ursache darin, dass ich als Kleinkind jedes Mal, wenn ich die Treppe herunterfiel, von meiner Mutter geschlagen und so lange in die Gäste-Toilette gesperrt wurde, bis ich versprach, wieder brav zu sein. 

Ich brauche ein paar Minuten, um mich zu berappeln, und verstehe plötzlich, wie es dem Gatten nach einem Sturz geht. Sofort aufstehen und wieder da sein, ist nicht. Das dauert einen Schockmoment. Der Gatte ist sofort besorgt zur Stelle, rettet Brotteller und Kaffeebecher. Heparinsalbe und Eis-Pad liegen ohnehin wie meistens in Griffweite, denn ich neige zu Blutergüssen. In den kommenden Wochen werde ich einen schönen handgroßen Bluterguss auf dem Oberschenkel haben.  

Eine Stunde früher als sonst Feierabend machen, denn der Gatte muss in die Augenklinik, und es ist jedes Mal ein Glücksspiel, wie voll die Autobahn ist. Ich plane eine Stunde Zeitpuffer ein. Normalerweise brauchen wir 45 Minuten, heute wie so oft 90 Minuten. Das liegt auch daran, dass Google Maps mich schon wieder eine gesperrte Straße entlang führt, es dauert, bis wir eine Alternativroute gefunden haben. So kommen wir an der alten Wohnung vorbei - ein komisches Gefühl. 

Wir haben noch etwas Zeit vor dem Termin und nutzen sie, um Kuchen für die Tee-Tafel bei Schwiegermutter zu besorgen. Wir probieren eine pseudo-französische poshe Bäckerei aus mit Preisen, die für Schnappatmung sorgen und bekommen den schlechtesten Kuchen seit langem, wie sich später zeigen wird. Bei knapp 5 Euro pro Teilchen erwarte ich mehr Geschmack als nur quietschsüß. Der Boden des veganen Tartelettes war knüppelhart, die Pistaziencreme schmeckte nur nach Fett. Die Eclairs waren nur süß, das ebenfalls zu süße Zitronentartelette schmeckte wie Vanillepudding ... 

Bei der Augenärztin sind wir überraschenderweise in kaum 30 Minuten durch. Keine wesentlichen Veränderungen zum Besseren, leider, aber immerhin auch keine Verschlechterungen. Neuer Kontrolltermin in fünf Wochen und weiter abwarten. Es gibt weiterhin die Hoffnung, dass sich das Auge regeneriert. Die Ärztin trägt Maske, weil erkältet. Sehr vorbildlich. 

Anruf bei Schwiegermutter, die gerade den Tee fertig hat. Schön, schön. Wie gut, dass der Arzttermin nicht wie beim letzten Mal zwei Stunden dauerte ...

Der Besuch bei Schwiegermutter ist anstrengend, aber der Gatte hält sich tapfer. Schwiegermutter ist ziemlich durcheinander, wird immer verwirrter. Sie kann nur noch wenig sehen und hört immer schlechter. Beides begünstigt Dement und wird nicht dadurch besser, dass Schwiegermutter ihre Hörgeräte verweigert. Wir sind wieder mal froh, dass sie in einer Seniorenwohnanlage lebt. Dort besteht man auf einer Patientenverfügung, und Schwiegermutter will, dass ich das übernehme. Den Teufel werde ich tun. Ich erinnere mich noch zu gut an die vielen Jahre, in denen mich Schwiegermutter für eine Erbschleicherin hielt, an einen Ehevertrag am Rande der Legalität usw. Ich empfehle ihr unseren Notar, aber das will sie nicht. Sie will die Patientenverfügung auch nicht mit ihrer Ärztin durchsprechen, was sie aber müsste, denn die Wohnanlage verlangt die Unterschrift von zwei behandelnden Ärzten (das habe ich noch nie gehört). Der Gatte hat zu allem nichts zu sagen, denn Schwiegermutter geht davon aus, dass einzig ich übrig bleibe, um alles abzuwickeln, alle anderen, also auch der Gatte, vor mir sterben. Reizend. 

Schwiegermutter will zudem, dass wir ihre Hortensien übernehmen, die sie zum Herbst von ihrem Balkon herunter haben möchte. Wir mögen Hortensien, wissen nur nicht, wohin damit. Sie will, dass wir sie in den Vorgarten vor der Mülltonnen pflanzen, damit man die Mülltonnen nicht sieht. Schöne Idee, nur dann stoßen wir bei jedem Ganz zur Mülltonne und jedes Mal, wenn die Mülltonnen an die Straße sollen, an die Pflanzen. Das mögen sie sicher nicht. Also will Schwiegermutter, dass wir eine Mauer vor die Mülltonnen setzen und davor die Hortensien pflanzen. Ja, nee, is klaa. Das Problem, dass im Vorgarten nichts wächst, weil die Birkenwurzeln hartnäckig Wasser zieht, wird natürlich ignoriert. 

Wir sind froh, als wir nach über zwei Stunden auf der Rückfahrt sind - und freudig überrascht, weil die Autobahn leer ist, wir nach kaum 45 Minuten wieder zu Hause sind. 

Wenig überraschend ist, dass zu Hause noch die vollen Altpapiertonnen stehen, inzwischen in trauter Zweisamkeit mit den Biotonnen. Die Altpapiertonnen hätten Freitag geleert werden sollen, aber die Müllabfuhr kam mal wieder nicht. Schuld ist vermutlich der plötzliche Wintereinbruch - jedenfalls war das die Ausrede im Januar / Februar, als der Restmüll wochenlang nicht abgeholt wurde. Altpapier und Gelber Sack werden alle vier Wochen abgeholt, Bio- und Restmüll alle zwei Wochen - in der Theorie. In der Praxis bleibt die Abholung oft aus, weil Wetter, Krankheit, Urlaub, Personalmangel. Das hat Hamburg wesentlich besser im Griff, aber da ist die Müllabfuhr auch städtisch, nicht privatisiert. 

Unterwegs wurde beschlossen, Essen bei der Schiebetür zu bestellen - wir brauchen jetzt was Handfestes für die Seele. Schwiegermutter Bescheid sagen, dass wir gut angekommen sind, und dabei sehen, dass der HNO-Arzt, bei dem ich letzte Wochen einen Streptokokken-Test ertrotzte, versuchte, mich zu erreichen. Er wollte sich nur melden, wenn der Test positiv ist. Also ist meine Kehlkopfentzündung wohl doch nicht psychische, wird's Antibiotika geben. 

Hausarbeit, bis das Essen kommt, und das kommt schneller als angekündigt. Wir essen auf der Terrasse, wo wir auch den Rest des Abends verbringen. Wir versuchen momentan, so oft wie möglich draußen zu sein. Früh ins Bett und vor dem Einschlafen noch etwas lesen*.

Der Blick zurück in die ersten vier Corona-Jahre: Am 5. August 2020 lebte Mudderns noch in ihrem Haus und ärgerte sich über die linken Nachbarn, mit denen wir auch schon eine unerfreuliche Begegnung hatten. Der Gatte war noch gesund und hatte einen Bürotag in Kurzarbeit. Am 5. August 2021 war der Gatte schon krank, hatte ich noch Kraft, vor der Arbeit schwimmen zu gehen. Am 5. August 2022 zeigten sich schon heftige Erschöpfungsmerkmale bei mir, begannen wir mit den Verhandlungen um einen Baukredit, den wir erst mehr als vier Monate später bekommen sollten. Am 5. August 2023 leben wir auf einer Baustelle - und ein Jahr später immer noch.

*Affiliate links

1 Kommentar:

  1. Oha, die Erziehungsmethode, wenn man das überhaupt so benennen darf, deiner Mutter ist ja übelst perfide.😢. Unglaublich. Brutal. Fies.
    Mitfühlende Grüße
    Mary

    AntwortenLöschen

Kommentare von Corona-Leugner, Quer- und anderen Nicht-Denkern, Wahnwichteln, Das-ist-doch-nur-ne-Grippe-Schwurblern, Wir-haben-genug-freie-Intensivbetten-Rufern und ähnlichen Düffeldaffeln werden gelöscht.