Montag, 8. August 2022

#WMDEDGT 08/22: Milde Panik

Heute ist wieder der fünfte Tag des Monats, und Frau Brüllen fragt "Was machst Du eigentlich den ganzen Tag?", kurz WMDEDGT? Vielen Dank für's Sammeln!

Wir schlafen unruhig, wie so oft, seitdem wir wissen, dass wir ins alt-neue Haus in der lindgrünen Hölle ziehen. Gestern hatte ich ein erstes Vorgespräch mit der Bank wegen einer Hypothek, und es sieht gut aus, aber jetzt macht es mir Angst, dass ich erstmals Schulden haben werde, die ich nicht auf einen Schlag zurückzahlen kann. Nur: Nützt ja nichts. 

Vom Schlaf hält mich auch Mudderns ab, die gestern ihrer Gesellschafterin gegenüber äußerte, sie wolle nun doch in eine Wohnung ziehen, nicht mehr im Pflegeheim bleiben. Der Gatte und ich sind uns einig, dass sie dafür von uns keinerlei Unterstützung bekommt, denn sie ist schlichtweg nicht mehr in der Lage, sich alleine zu versorgen. Sie kam vor vier Wochen ins Pflegeheim.

Duschen, während der Kaffee kocht, dann mit Mudderns telefonieren. Siehe da: Vom Umzug in eine Wohnung ist keine Rede mehr. Ihre Gesellschafterin fände es zwar toll, wenn Mudderns in einer Wohnung lebte, aber sie selbst fühle sich im Pflegeheim viel wohler. Ja, nee, is klaa. Das Umzugsgerede ist also mal wieder eines ihrer Psychospielchen. Das muss ich aussitzen.

Mudderns ist ängstlich, sich das Pflegeheim nicht leisten zu können (es ist preiswerter als eine Wohnung mit entsprechenden Betreuungsleistungen), und ihre Angst wurde gestern kräftig geschürt, weil das Pflegeheim geschmeidig das Dreifache der Beträge für Juli und August abbuchte. Da weder sie noch ich eine Rechnung für diese Beträge bekamen, auch keine Rechnung über die korrekten Beträge, beschließen wir, dass ich die Abbuchungen zurückgehen lasse, denn im Pflegeheim-Chaos ist kein Ansprechpartner zu finden (und die Abbuchungen erfolgen vermutlich von der Zentrale in Berlin, wo ich erst recht keinen Ansprechpartner habe). Sobald eine Abrechnung vorliegt, werden die korrekten Beträge überwiesen, richte ich einen Dauerauftrag ein, damit das nicht wieder passiert. 

Balkon- und Gartenpflanzen wässern (es scheint hier gestern nicht geregnet zu haben, während in der lindgrünen Hölle ein Unwetter mit Starkregen war), dann ab an den Schreibtisch. Ich arbeite heute zu Hause. Der Tag ist ruhig. Die Ferien sind endlich zu spüren. Ich kann regelmäßige Bildschirmpausen machen und zwischendrin frühstücken. 

Nach der Arbeit werden die Mülltüten aus dem alt-neuen Haus entsorgt, denn wir waren gestern zu schlapp, um sie noch aus den Autos zu holen. Da es nichts ist, was gammeln kann, konnten sie gut über Nacht in den Autos bleiben. Dann geht's zum Fairteiler, Lebensmittel aus dem alt-neuen Haus abgeben, und zu zwei Packstationen. Das Geburtstagsgeschenk für den Gatten ist ebenso da wie die FFP3-Masken für den anstehenden Mallorca-Flug und der Fliesenlack für den Windfang des alt-neuen Hauses. Der Gatte vermisst die bestellte Funkklingel, stellt zu Hause fest, dass er sie noch gar nicht bestellte ... Wir arbeiten also weiter mit einer offenen Haustür und "Bitte eintreten und rufen"-Zettel, wenn wir im alt-neuen Haus sind. 

Die Waschmaschine füttern und dann ein Nickerchen machen. Ich bin einfach sehr erschöpft.  

Telefonat mit Schwiegermutter, Nachfrage, ob ihre Fahrkarte ankam und sie bitten, die Tageszeitungen für uns zu sammeln, damit wir etwas an den Unmengen Packmaterial sparen, die wir für's Entrümpeln brauchen. Sie bestätigt, dass es hier gestern tatsächlich nicht regnete. Schwiegermutter sagt, wir sollten uns keine Sorgen über die Rückzahlung der Hypothek machen, denn das sei erst in zehn Jahren, das könnten wir leicht aus ihrem Erbe machen, sie sei schließlich schon 87 Jahre alt. So viel Realismus macht mich traurig. 

Balkonpause bei Wassermelone und Käseblättchen - wir wollen schließlich wissen, welche Angebote es gibt. Wir kaufen gerne nach Angeboten ein, und aktuell ist einiges dabei, das wir für's alt-neue Haus brauchen können. 

Erstes Sichten des Hypothekenantrages. Die Bankfrau sagte gestern schon, ich solle keinen Schrecken bekommen, weil es viele Unterlagen wären, aber letztlich haben wir schon alles außer Energieausweis, Entwurf des Schenkungsvertrags, aktuellen Grundbuchauszug und Gehaltsnachweise für die letzten drei Monate. Bis auf den Energieausweis sollte das alles bis zum Banktermin zu beschaffen sein, nur Energieausweise sind gerade nicht zu bekommen, weil die Nachfrage so groß ist. 

Hausarbeit, die zweite Waschmaschine auf den Weg bringen, dann ein frühabendliches Telefonat mit Mudderns, die ganz stolz ist, dass sie es endlich schafft, das Telefon alleine zu bedienen! 

Abendessen vorbereiten, dabei "Last Exit Kabul" hören, essen und anschließend gemeinsames Fernsehen - freitags gucken wir gerne "Hubert ohne Staller". Fäden verziehen bei einem Paar Handschuhe, ein neues annadeln - schließlich möchte ich mit möglichst wenig Wolle umziehen. Früh ins Bett - ich bin unwahrscheinlich erschöpft, und morgen muss der Gatte zum Herzsport, also kann ich nicht ausschlafen - und vor dem Einschlafen die letzten Seiten von "Die Erfindung des Jazz im Donbass*" lesen.

Der Blick zurück in die ersten beiden Corona-Jahre: Am 5. August 2020 lebte Mudderns noch in ihrem Haus und ärgerte sich über die linken Nachbarn, mit denen wir auch schon eine unerfreuliche Begegnung hatten. Der Gatte war noch gesund und hatte einen Bürotag in Kurzarbeit. Am 5. August 2021 war der Gatte schon krank, hatte ich noch Kraft, vor der Arbeit schwimmen zu gehen.

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