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Mittwoch, 30. Mai 2018

Historiecenter Dybbøl Banke / Geschichtszentrum Düppeler Schanzen (Sønderborg / Dänemark)

"Preußen wollte Schleswig-Holstein haben, und deswegen überfielen die Preußen Dänemark", bringt der Gatte den Deutsch-Dänischen Krieg von 1864 auf den Punkt. Der Krieg tobte zwischen Februar und Oktober 1864, war aber im Prinzip nach zehnwöchiger Belagerung der Düppeler Schanzen schon im April entschieden.

Dänisches Nationaldenkmal: Die Düppeler Mühle gegenüber dem Geschichtszentrum.
Der Eingang ins Geschichtszentrum.
Die Schanzen sicherten den Übergang über den Alsensund nach Sønderborg auf die Insel Als. Die Dänen rechneten nicht damit, dass die Preußen die Schanzen stürmen würden. Bis heute hat sich die Niederlage tief in das kollektive Gedächtnis der Südjütländer eingegraben.

Das Historiecenter Dybbøl Banke erinnert an die Schlacht und setzt dabei viele Elemente der Living History und des Reenactments ein. Die Museumspädagogen sind wie dänische Soldaten gekleidet und gehen so sehr in ihrer Rolle auf, dass ich in fast 50 Jahren Dänemark zum ersten Mal Deutschenfeindlichkeit wahrnahm (die anderen Mitarbeiter waren allerdings sehr herzlich).

Im Soldatendorf.
Anders als die Homepage ist die sehr ausgewogene Ausstellung mehrsprachig, und für die Filme gibt es Übersetzungen (an der Kasse nach Kopfhörern fragen, falls Ihr die nicht ohnehin gleich in die Hand gedrückt bekommt).

Blick von den rekonstruierten Schanzen auf das Ausstellungsgebäude.
Die Außenanlage des Museums besteht aus originalgetreu nachgebauten Schanzen und einem Soldatendorf, das anschaulich die damaligen Lebensumstände zeigt. Ein Gedenkstein erinnert an zwei neutrale Beobachter der Kampfhandlungen, quasi die ersten Rotkreuz-Delegierten.

Blick über die Anlage.
Gegenüber des Museums steht die Düppeler Mühle, ein dänisches Nationalsymbol. Die Holländermühle war in zwei Kriegen wegen ihrer Lage mitten im Kriegszentrum strategisch bedeutsam. So wurde beispielsweise die Stellung der Flügel genutzt, um Nachrichten zu übermitteln.

1914 brachten dänische Patrioten hier in der Nacht vor dem 50. Jahrestag zudem eine Marmortafel an, die mit einem Gedicht an die dänischen Gefallenen erinnerte. Kurz bevor der preußische Jubiläumszug an der Mühle vorbeimarschierte, wurde die Tafel entdeckt und entfernt. Die Müllersfamilie bewahrte sie auf und brachte sie nach der Volksabstimmung 1920 wieder an.

Pfannkuchenbacken wie 1864.
Bis 1990 in Betrieb, beherbergt die Mühle heute eine Ausstellung (und einen sehr schönen Laden mit Getreide, Honig aus der Umgebung und anderen Souvenirs).

Gegenüber des Museums sind auch die Ruinen des einstigen Denkmals, das die Preußen errichteten, zu sehen. Als Südjütland ab 1920 wieder dänisch wurde, sollte das 20 Meter hohe Sandsteindenkmal fallen, aber die dänischen Behörden konnten noch nichts unternehmen. Stattdessen wurden auf dem einstigen Schlachtfeld etwa 100 kleine Gedenksteine für gefallene dänische Soldaten errichtet - ein stiller Protest, eine Dänisierung des Geländes.

Einer der etwa 100 Gedenksteine für die gefallenen dänischen Soldaten.
Eine Woche nach der Befreiung, am 13. Mai 1945, wurde das Denkmal von dänischen Widerstandskämpfern gesprengt. Die dänische Polizei ermittelte - vergeblich. Ein paar Fundamentreste sind noch zu sehen, aber die Trümmer wurden in einer nahegelegenen Mergelgrube vergraben. Den Besitzern, auch zukünftigen, wurde es untersagt, sie jemals auszugraben.

Was vom Preußentum übrig blieb. 
Die einstigen Dimensionen der Düppeler Schanzen lassen sich auf einer Wanderung zwischen Alsensund und Sønderborg erahnen. An vielen Stellen informieren Tafeln über die Geschehnisse zwischen Februar und April 1864.

Mehr Südjütland-Impressionen gibt es hier. Mehr zu den Düppeler Schanzen einst und jetzt gibt es in diesem DLF-Feature.

Dienstag, 29. Mai 2018

Der Augustiana-Skulpturenpark (Augustenborg / Dänemark)

Ich mag die unkomplizierte dänische Art, mit Kunst umzugehen. So führt dann auch ein Teil des Augustenborgstien durch den Augustiana-Skulpturenpark, und wer mag, kann anschließend die Galerie im einstigen Prinzenpalais besuchen.

Das Prinzenpalais im Skulpturengarten.
Und welche deutsche Galerie empfiehlt schon seinen Besuchern, Badesachen einzupacken, damit man den Kunstgenuss mit einem Sprung in den Fjord verbinden kann?! Die kleine historische Badeanstalt unmittelbar am Ende des Skulpturengartens steht unter Denkmalschutz.

Henriette Lorentz, Dobbeldt udsyn. 
Vibeke Fonnesberg, Penalty.
Der Skulpturengarten ist das ganze Jahr über rund um die Uhr geöffnet und frei zugänglich. Die ausgestellten Kunstwerke spiegeln etwa 100 Jahre Kunstgeschichte wider, wobei der Schwerpunkt eindeutig auf zeitgenössischer Kunst liegt.

Ei, was guckt denn da? Schmitterlinks von Larry McLaughlin. 

Ausgangspunkt einer 1200 km langen Ameisenstraße durch Dänemark, Deutschland und die Schweiz: Die Skulptur des Schweizer Jörg Rohner. 
Die Grenzen zwischen Kunst und Kunsthandwerk sind für mich fließend, und manchmal war ich mir nicht sicher, ob's eine Skulptur ist oder ein Wäschegerüst, aber Kunst entsteht ja ohnehin im Auge des Betrachters.

Jørn Rønnau, Augustiana træet.
Hier treffen sich des Nachts bestimmt Elfen und Feen zum Tanz: Sigrid Lütken, Døbefond.
Mir gefiel vor allem die Installation "Den blå skov" der Künstlergruppe AZUR. Die blauen Baumstämme sind oft am Wald und am Ufer dies- und jenseits des Fjords zu sehen.

Ole Lorin Rasmussen, Killerzone.
Mit Badesachen und Picknick ausgerüstet, lässt sich im Sommer gut und gerne ein entspannter Tag zwischen Barock, moderner Kunst, Wald und Fjord verbringen.

Natur schafft die schönsten Kunstwerke.
Mehr Südjütland-Impressionen gibt es hier.

Montag, 28. Mai 2018

Gräberfeld für Kleinkinder ukrainischer und polnischer Zwangsarbeiterinnen in Sülfeld (Schleswig-Holstein)

Montags gegen Nazis
Update 05.05.2018: Die Nazis pausieren anscheinend. Momentan sind die Montagsdemos abgesagt. Wohlwissend, dass der Schoss fruchtbar bleibt, mache ich mit meiner Montagsreihe weiter. Alle Beiträge aus dieser Reihe findest Du, wenn Du hier klickst.

Wir haben uns da was eingetreten. Es ist braun. Es riecht nach Faschismus, Nationalismus, Antisemitismus und Rassismus. Es trifft sich montags hinterm Bahnhof, eingepfercht in Gattern, umringt von Polizei und der Gott sei Dank immer noch demokratischen Mehrheit dieser Stadt.

Es ist eine krude, gefährliche Mischung aus Türstehern, Hooligans, Faschisten, Reichsbürgern und AfDlern, garniert mit ein paar spießbürgerlichen Sahnehäubchen aus dem Hamburger Umland.

Eine Kerze für die ermordeten Kinder polnischer und ukrainischer Zwangsarbeiterinnen auf dem Sülfelder Friedhof.
Wir hatten schon mal Faschismus in Deutschland. Mein Bedarf daran ist hinreichend gedeckt. Ich muss keinen faschistischen Staat erleben. Mir reichen die Erinnerungen an den, den es zwischen 1933 und 1945 gab.


Montags erinnere ich daran, was passiert, wenn es mit der Demokratie bergab geht und wie es anfing, denn die Nazis fielen ja nicht 1933 vom Himmel. Die krochen schon Jahre vorher aus ihren Löchern, wurden nicht rechtzeitig aufgehalten, auch, weil man sie nicht ernst nahm, dachte, es wird schon nicht so schlimm.

Wurde es aber.


Das Gräberfeld in Sülfeld.
In loser Folge gibt's hier also montags Kunst und Denkmäler gegen Faschismus, Nationalismus und Rassismus. Orte, die daran erinnern, gibt es in unserer Stadt genug, denn wie gesagt: Wir hatten das schon mal.


Die Grabsteine für die Zwillinge Anna und Wladislawa Olankiewicz.
Anna und Wladislawa Olankiewicz wären heute 74 Jahre alt. Die beiden Mädchen, von denen wir nicht mehr wissen als ihren Namen und ihre Lebensdaten, wurden am 13. Mai 1944 in einem Zwangsarbeiterlager im schleswig-holsteinischen Nirgendwo geboren. Sie durften kaum zwei Wochen leben. Anna starb am 29. Mai 1944, ihre Schwester Wladislawa einen Tag später.

Die Eltern der Zwillinge sind unbekannt, aber es ist davon auszugehen, dass sie einen älteren Bruder hatten: Direkt neben den beiden Mädchen ist Walter Olankiewicz bestattet, geboren am 24. Januar 1943, gestorben am 24. März 1943.

Walter, Anna und Wladislawa sind drei von 16 Säuglingen und Kleinkindern auf einem Gräberfeld des Friedhofs in Sülfeld (Schleswig-Holstein). Ihre Mütter waren Frauen, die aus der Ukraine und aus Polen zur Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppt wurden. Sie wurden in den Höfen und Firmen in der Umgebung eingesetzt. 


Der Grabstein für Anna Olankiewicz.
Schwangerschaften unter Zwangsarbeiterinnen waren unerwünscht, konnten die Frauen dann doch nur eingeschränkt arbeiten. Dennoch kam es immer wieder zu Schwangerschaften, sei es durch Liebesbeziehungen, sei es durch Vergewaltigungen. 

Anfangs wurden schwangere Zwangsarbeiterinnen zurück in ihr Herkunftsland geschickt - bis der Verdacht aufkam, Frauen würden vorsätzlich schwanger, um sich der Zwangsarbeit zu entziehen. In der Folge wurden die Nazis rigoroser: Ein Viertel der Schwangerschaften wurden durch Zwangsabtreibungen beendet. Für die anderen wurden Entbindungsheime eingerichtet. 

Unmittelbar nach der Geburt wurden die Säuglinge ihren Müttern weggenommen und begutachtet. Entsprachen sie den NS-Rassekriterien, galten sie als "gutrassig", blieben sie bis zum Ende der Stillzeit bei ihren Müttern und kamen dann in Pflegeheim, um als deutsche Kinder erzogen und zur Adoption freigegeben zu werden.


Die Friedhofskapelle von Sülfeld.
Kinder, die nicht den NS-Rassekriterien entsprachen, kamen in sogenannte "Ausländerkinder-Pflegestätten", wo sie vorsätzlich verhungerten. Es gibt Quellen, in denen von einer Ernährung mit einem halben Liter Milch und einem Zuckerwürfel pro Tag die Rede ist. Die Sterblichkeitsrate in diesen Heimen lag zwischen 25 und 90 Prozent. Zehntausende Kinder wurden so ermordet. Die Pflege- und Beerdigungskosten wurden den Müttern vom Lohn abgezogen.  

Das Gräberfeld in Sülfeld ist eines der wenigen, das noch erhalten ist, denn oft wurden sie schon in den 1950er Jahren aufgehoben. Das Gräberfeld in Sülfeld weist noch eine andere Besonderheit auf: NS-Opfer wurden meist am Rande des Friedhofs begraben. In Sülfeld liegen die Gräber aber geradezu prominent in der Nähe der Kapelle.

Mehr Informationen zu den Gedenkorten im Kreis Segeberg gibt es bei dem Journalisten Helge Buttkereit, dessen Buch "Verdrängen, Vergessen, Erinnern" ich Dir sehr empfehle. 

Sonntag, 27. Mai 2018

Verschwörer unter Eichen, Dichter unter Linden: Impressionen vom Augustenborgstien (Augustenborg / Dänemark)

Augustenborg ist eine mit über 3.000 Einwohner eine der größeren Städte auf Als und wird von einem wunderschönen Barockschloss beherrscht. Dabei handelt es sich ganz nebenbei um die größte geschlossene Barockanlage in Süddänemark. Falls Du also ein Faible für Barock hast, lohnt sich ein Bummel durch die Schlossanlagen und durch die Stadt, in der noch viele Bauten des sogenannten Augustenborger Stils erhalten sind.

Abstieg vom Schlosspark auf den Augustenborgstien.
Blick zum Hafen.
Blick von der Hans-Christian-Andersen-Eiche zum Schloss.
In Augustenborg gibt es viel Kunst, Galerien und kleine Museen. Es gibt aber auch viel Natur. Wir liefen den sieben Kilometer langen Augustenborgstien entlang, der alles miteinander verbindet.

Der Wanderweg führt vom Hafen bzw. dem Schloss am Fjord entlang durch den Wald zurück in die Stadt. Bei entsprechenden Temperaturen lohnt sich die Mitnahme von Badezeug, denn es gibt unterwegs immer mal wieder kleine Badestellen.

Blick auf den Fjord.
Der Park ist voller Geschichte: Der ursprünglich barocke Garten wurden im 19. Jahrhundert in einen Landschaftspark nach englischem Vorbild geformt. Auf typische Elemente wie Grotten oder Tempel wurde allerdings verzichtet. Dafür behielt man Alleen, ein wichtiges Element der barocken Gartenarchitektur bei, und verzichtete darauf, Baumdenkmäler zu fällen.

Eine der Alleen des einstigen Barockgartens.
Zu den Baumdenkmälern gehören auch De Tre Edsege, die drei Eichen. Dort trafen sich 1674 der Gouverneur von Norwegen, Ulrik Frederik Gyldenløve, Kanzler Frederik Ahlefeldt und Kammersekretär Konrad Biermann, um für Herzog Ernst Günther von Augustenborg, den mächtigsten Mann in der dänischen Monarchie, Kanzler Peder Griffenfeld, zu stürzen. Der weigerte sich nämlich, des Herzogs Tochter zu heiraten und entschied sich stattdessen für eine Französin. Zwei Jahre später gelang der Sturz Griffenfelds.

Die Künstlergruppe AZUR interpretiert die Barockallee: Oft trifft man am Augustenborgstien auf blaue Bäume, den blå skov, den blauen Wald.
Die Geschichte des Geheimtreffens unter den drei Eichen wurde von Generation zu Generation weitererzählt. Als Hans Christian Andersen fast zwei Jahrhunderte später das Schloss besuchte, zeigte man ihm eine der Lampen, mit denen die Verschwörer einst den Weg zu den drei Eichen fanden. 1920 zierten die drei Eichen einen Geldschein.

Blick auf die Augustiana mit dem Skulpturenpark.
Die letzte der drei Eichen fiel 1994 einem Sturm zu Opfer. Eine Tafel erinnert an den Ort, wo sie einst standen (und ein umgefallener Baum, aber der Stamm hat einen so kleinen Durchmesser, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass er zu einer über 300jährigen Eiche gehört).

Mehr Südjütland-Impressionen gibt es hier.

Mittwoch, 23. Mai 2018

Statue für den Fischer "Martin" in Lavensby Strand (Dänemark)

Beim Spaziergang vom Ferienhausgebiet Vinkelbæk zum Campingplatz Lavensby passiert man eine leicht zu übersehende Holzstatue, die den Fischer Christian "Martin" Lorentsen zeigt.

So unspektakulär die Statue sein scheint, so spektakulär ist doch die Geschichte dahinter. Der 1835 geborene Martin lebte in Vinkelbæk, bis die Sturmflut von 1872 sein Haus zerstörte. Er baut sich ein neues Haus am Arnbjergvej 51, direkt neben dem Platz, wo heute sein Denkmal steht. Das Geld für das Haus leiht er sich bei seinen Nachbarn, von denen nicht alle glauben, dass der Fischer es zurückzahlen werde. Aber Lorentsen begleicht seine Schulden.

Der Fischer Christian "Martin" Lorentsen.
Zahlreiche Geschichten und Anekdoten belegen, dass Martin kein einfacher Mensch gewesen ist. Als seine Frau stirbt, verwahrlost er zusehends. Hilfe lehnt er ab, auch, als die Ratten das Regiment in seinem Haus übernehmen.

Als der erste Weltkrieg beginnt, gehört Als zu Preußen und zum Deutschen Reich. Für die dänisch gesinnten Jütlander bedeutet es, dass sie, die nach dem Deutsch-Dänischen Krieg 1864 als Reichsfeinde gelten, ihre dänische Kultur ablegen oder verleugnen müssen, zum deutschen Militär eingezogen werden und gegen Dänemark kämpfen müssen.

Das Denkmal für den Fischer Christian "Martin" Lorentsen wurde von Jørgen Schmidt und Vester Sottrup geschaffen und 1982 in Vinkelbæk aufgestellt.
Der mittlerweile 80jährige Martin hilft den jungen Männern, die nicht gegen ihre Heimat kämpfen wollen, in dem er sie mit seinem Fischerboot nach Fünen, das zu Dänemark gehört, übersetzt. Das geschah unter den Augen der Grenzwachen, die Martins Haus, das direkt an der Küste steht, besetzt hatten. Fast wäre er aufgeflogen, aber Nachbarn halfen ihm aus der Klemme.

Martin starb 1920. Ob er noch an der Volksabstimmung teilnehmen konnte, erlebte, dass Als wieder dänisch wurde?

Seit 1982 steht Martin nun neben seinem ehemaligen Haus und blickt auf's Meer, das ihm einst seinen Lebensunterhalt gab, auf dem er sich in Lebensgefahr brachte, in dem er jungen Männern, die nicht für eine Besatzungsmacht kämpfen wollten, zur Flucht verhalf.

Mehr Südjütland-Impressionen gibt es hier.

Dienstag, 22. Mai 2018

Vinkelbæk-Impressionen (Lavensby Strand / Dänemark)

Anfang Mai waren wir eine Woche in Dänemark, an der Ostsee, auf der Insel Als, in der kleinen Siedlung Vinkelbæk, die zum Dörfchen Lavensby  mit etwa 300 Einwohnern gehört. Hier kann man schöne lange Spaziergänge oder Radtouren machen, Natur und Ruhe genießen.

In Vinkelbæk hat der Himmel einen Hang zum Drama: Abendlicher Terrassenblick.
Rechts ist der Strand, links ist das Land, und dazwischen kann man im Sommer Brombeeren pflücken.
Sonnenuntergang am letzten Urlaubsabend.
Nachts ist der Himmel sternenklar, quaken hunderte und aberhunderte Frösche an einem der zahlreichen kleinen Seen und Tümpel. Verstummen sie, beginnt das Vogelzwitschern in den Hecken und Knicks. Wie gesagt: Hier kann man Ruhe und Natur genießen.

Weg zum Strand.
Am Strand.
Am Strand.
Am Strand.
In der Saison gibt es auf dem etwa zehn Gehminuten entfernten Campingplatz einen kleinen Supermarkt, außerhalb der Saison bekommt man alles nötige im etwa drei Kilometer entfernten Nordborg.

Am Strand.
Einzig die Versorgung mit Kaminholz gestaltet sich schwierig. Wenn also der nette, Platt sprechende Man vom Traktormuseum an die Tür Deines Ferienhauses klopft und fragt, ob Du Kaminholz brauchst, tust Du gut daran, Ja zu sagen.

Auf einem Strandspaziergang begleiteten uns drei Schwäne.
Mehr Südjütland-Impressionen gibt es hier.

Montag, 21. Mai 2018

Frøslevlejrens Museum - das Museum des Internierungslagers Frøslev (Dänemark)

Montags gegen Nazis
Update 05.05.2018: Die Nazis pausieren anscheinend. Momentan sind die Montagsdemos abgesagt. Wohlwissend, dass der Schoss fruchtbar bleibt, mache ich mit meiner Montagsreihe weiter. Alle Beiträge aus dieser Reihe findest Du, wenn Du hier klickst.

Wir haben uns da was eingetreten. Es ist braun. Es riecht nach Faschismus, Nationalismus, Antisemitismus und Rassismus. Es trifft sich montags hinterm Bahnhof, eingepfercht in Gattern, umringt von Polizei und der Gott sei Dank immer noch demokratischen Mehrheit dieser Stadt. Es ist eine krude, gefährliche Mischung aus Türstehern, Hooligans, Faschisten, Reichsbürgern und AfDlern, garniert mit ein paar spießbürgerlichen Sahnehäubchen aus dem Hamburger Umland.

Wir hatten schon mal Faschismus in Deutschland. Mein Bedarf daran ist hinreichend gedeckt. Ich muss keinen faschistischen Staat erleben. Mir reichen die Erinnerungen an den, den es zwischen 1933 und 1945 gab.



Montags erinnere ich daran, was passiert, wenn es mit der Demokratie bergab geht und wie es anfing, denn die Nazis fielen ja nicht 1933 vom Himmel. Die krochen schon Jahre vorher aus ihren Löchern, wurden nicht rechtzeitig aufgehalten, auch, weil man sie nicht ernst nahm, dachte, es wird schon nicht so schlimm.

Wurde es aber.

In loser Folge gibt's hier also montags Kunst und Denkmäler gegen Faschismus, Nationalismus und Rassismus. Orte, die daran erinnern, gibt es in unserer Stadt genug, denn wie gesagt: Wir hatten das schon mal.


Gedenkstein für die im Lager inhaftierten Dänen und die, die ihr Leben für die Befreiung Dänemarks gaben, mit Blumenschmuck zum Befreiungstag am 5. Mai.
Heute geht's nach Dänemark, in das Museum für das Internierungslager Frøslev. Das hat nichts mit Hamburg zu tun, sagst Du? Oh doch, hat es. Das Lager ist eng mit dem KZ Neuengamme verbunden.


Blick auf den rekonstruierten Turm, in dem der erste Ausstellungsteil zu sehen ist, und die ehemaligen Lagergebäude, die heute ein Internat beherbergen.
In einem früheren Leben kam ich sehr oft mit Menschen zusammen, die in Frøslev interniert waren, aber erst jetzt gab's die Gelegenheit, mir das ehemalige Internierungslager einmal anzuschauen. Frøslev gehört zu Padborg, liegt also direkt hinter der deutsch-dänischen Grenze - so ziemlich jeder Dänemark-Urlaub passiert also den Ort bei Ein- und Ausreise.

Das Internierungslager Frøslev, in korrektem NS-Deutsch Polizeigefangenenlager Fröslee, wurde im Sommer 1944 errichtet. Gut ein Jahr vorher stellte die dänische Regierung jegliche Zusammenarbeit mit den deutschen Besatzern ein und trat zurück. Der dänische Widerstand erhielt mehr Zulauf. Es bestand die Gefahr, dass vermehrt Dänen in KZ deportiert würden. 


Auch im Lager wurde Widerstand geleistet: Die Häftlinge bauten ein Radio, mit dem sie die BBC hören konnten, und versteckten es in einer Grube unter einem Bett.
Das dänische Außenministerium verhandelte mit den Deutschen und konnte erreichen, dass ein Lager in Dänemark errichtet wird, um Gestapo- und SS-Gefangene zu internieren: Frøslev. In den knapp neun Monaten seines Bestehens durchliefen knapp 12.000 Menschen das Lager, war es völlig überbelegt. Etwa 230 Menschen wurden in dem Lager ermordet. 

Entgegen der Absprache wurden fast 2.000 Menschen in deutsche KZ überführt. Viele kamen nach Neuengamme oder in eines seiner Außenlager. 


Blick in einen der rekonstruierten Schlafsäle. 
Als ab März 1945 etwa 15.000 überwiegend norwegische und dänische KZ-Häftlinge im Rahmen der Bernadotte-Aktion nach Schweden transportiert wurden, wurde im KZ Neuengamme ein Sammellager eingerichtet, bevor die Menschen über Frøslev und Horsens nach Schweden transportiert wurden. 


Auch Bücher können zum Widerstand gehören: Die ersten wurden eingeschmuggelt und heimlich gelesen, bis es gelang, den Deutschen die Erlaubnis für eine Bibliothek abzuringen.
Die Geschichte des Lagers wird in zwei ehemaligen Baracken und einem rekonstruierten Wachturm sehr anschaulich dargestellt. Ausführlich werden beispielsweise Lageralltag, Häftlingsbiographien und Widerstand dargestellt. Die Ausstellung ist mehrsprachig, in Teilen auf Dänisch, Deutsch und Englisch, in Teilen auf Dänisch und Englisch, und da, wo sie nur Dänisch ist, gibt es Hefte mit Übersetzungen der Texte auszuleihen.


Ausschnitt aus der Transportliste.
Frappierend war für mich wieder mal die Effektivität der deutschen Verwaltung: Egal, ob ein Lager in Deutschland, Polen, Dänemark oder in einem anderen besetzten Land war, Aufbau und Formulare war immer gleich. Ich arbeite lange genug mit Verwaltungsfachangestellten zusammen um zu wissen: Das würde heute alles genau so effektiv und reibungslos ablaufen. 


Einer der Weißen Busse, der vielen Menschen das Leben rettete.
Mich berührten die Transportlisten, auf denen ich mache Namen und Schicksale kenne, und der Weiße Bus, weil ich den einen oder anderen Menschen kennenlerne durfte, der in so einem Bus in Sicherheit gebracht wurde, ihm sein Leben verdankt. 

Unmittelbar nach der Befreiung am 5. Mai 1945 inhaftierte die dänische Widerstandsbewegung die deutsche Minderheit in Frøslev, zum Teil wegen Kollaboration, zum Teil aber schlichtweg zum Schutz vor Übergriffen wütender Dänen. Das betraf vor allem Frauen, die eine Beziehung zu einem deutschen Soldaten hatten. 


Blick auf das Gelände des ehemaligen Lagers. In den Baracken sind heute Ausstellungen zu sehen.
Das Lager, in dem über 3.000 Menschen inhaftiert waren, wurde nach einem Dorf in der Nähe in Fårhuslejren umbenannt und bestand bis Oktober 1949. Die Ausstellung über das Fårhuslejren ist noch recht neu und in Baracke H6, wo man auch den Eintritt zahlt, zu sehen. 


Blick auf den Teil des ehemaligen Lagers, der heute als Internat genutzt wird. 
Neben den Ausstellungen zur Geschichte der Lager Frøslev und Fårhus sind auf dem Gelände auch eine Naturausstellung, ein über den dänischen Zivil- und Heimatschutz, dänische Soldaten in der UN und über Amnesty International zu sehen. Zudem gibt es ein Café, das am Tag unseres Besuchs leider geschlossen war. Man kann dort gut und gerne einen ganzen Tag verbringen, auch, weil die Umgebung zum Wandern einlädt.