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Montag, 10. September 2018

Denkmäler für die deportierten Jüdinnen und Juden am Hanauer Bahnhof

Montags gegen Nazis
Montags erinnere ich daran, was passiert, wenn es mit der Demokratie bergab geht und wie es anfing, denn die Nazis fielen ja nicht 1933 vom Himmel. Die krochen schon Jahre vorher aus ihren Löchern, wurden nicht rechtzeitig aufgehalten, auch, weil man sie nicht ernst nahm, dachte, es wird schon nicht so schlimm.

Wurde es aber.

In loser Folge gibt's hier also montags Kunst und Denkmäler gegen Faschismus, Nationalismus und Rassismus. Orte, die daran erinnern, gibt es nicht nur in unserer Stadt genug, denn wie gesagt: Wir hatten das schon mal.

Wie es zu dieser Beitragsreihe gekommen ist, kannst Du hier nachlesenAlle Beiträge aus dieser Reihe findest Du, wenn Du hier klickst. Das braune Pack kündigte an, wieder demonstrieren zu wollen, diesmal monatlich. Mal gucken, wie lange sie den Wind, der ihnen von der demokratischen Mehrheit der Stadt entgegen weht, aushalten.

Gelegentlich gucke ich in dieser Reihe auch gerne mal über den Hamburger Tellerrand. Heute geht's nach Hanau. Da waren wir vor drei Jahren, um mit der historischen Eisenbahn zu fahren. Und natürlich fielen mir gleich die Gedenktafeln auf, die an die beiden Deportationen der Hanauer Juden erinnern.

Der Wegweiser zum Mahnmal auf dem Bahnhofsvorplatz.
Wie so oft bei Denkmäler, die an die NS-Zeit erinnern, ist das eigentliche Mahnmal leicht zu übersehen, dauerte es, bis es errichtet werden konnte. Der erste Antrag wurde 1999 gestellt. Die Deutsche Bahn lehnte hartnäckig die Anbringung einer Gedenktafel außen am Bahnhofsgebäude ab.

Nach sieben Jahren, 2006, wurde eine Tafel an Gleis 9, wo weiland die Deportationszüge starteten, angebracht, allerdings so, dass man sie eher zufällig findet, wenn man am Prellbock steht, um einen einfahrenden historischen Zug zu fotografieren ...

Hinweistafel zum Mahnmal.
Das ist suboptimal, dachten sich sechs Jahre später Hanauer Schülerinnen und Schüler, und initiierten eine Stele vor dem Bahnhof, in einer kleinen Grünanlage, neben einer Bushaltestelle, auf städtischem Boden, denn die Bahn lehnte weiterhin stur einen präsenten Gedenkort ab. Nun gibt es einen Wegweiser auf Augenhöhe, der die Richtung zur Gedenktafel auf Gleis 9 aufzeigt, und drei Wegweiser zu den Zielen der Deportationen, Auschwitz, Majdanek und Theresienstadt.

1933 lebten 477 Jüdinnen und Juden in Hanau, also etwas mehr als ein Prozent der Gesamtbevölkerung. 1939 waren es 82 - ein Großteil konnte fliehen. Nach dem deutschen Überfall auf Polen mussten die verbliebenen Männer, Frauen und Kinder in zwei sogenannte Judenhäuser ziehen - erste Vorbereitung auf die geplante Deportation. Ein paar Monate später, Anfang 1940, wurden alle zur Zwangsarbeit herangezogen.

Erinnerungstafel an die Deportationen der jüdischen Hanauer an Gleis 9.
Am 30. Mai 1942 wurden 86 Männer, Frauen und Kinder und am 5. September 1942 78 Männer, Frauen und Kinder von Hanauer Bahnhof aus in Ghetto und Vernichtungslager deportiert (Bild der ersten Deportation von Gleis 9 - heute sieht's da noch fast genauso aus). Sie kamen aus Hanau und den umliegenden Ortschaften. Im Februar 1945 erfolgte die Deportation jener Menschen, die nach den NS-Rassegesetzen als Halbjuden galten oder mit Nichtjuden verheiratet waren.

Die erste Deportation wurde fotografisch belegt, denn die Stadt wollte beweisen, dass sie es ernst meint mit der sogenannten "Judenfreiheit", der Ermordung eines Teils ihrer Bürger. Von den Aufnahmen des Stadtfotografen Franz Weber sind noch 19 Originale erhalten - seltene Zeitdokumente. Sechs seiner Aufnahmen sind auf der Gedenktafel an Gleis 9 zu sehen.

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