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Montag, 17. Dezember 2018

Das ehemalige Jüdische Gemeinschaftshaus in der Hartungstraße 9 - 11

Montags gegen Nazis.
Montags erinnere ich daran, was passiert, wenn es mit der Demokratie bergab geht und wie es anfing, denn die Nazis fielen ja nicht 1933 vom Himmel. Die krochen schon Jahre vorher aus ihren Löchern, wurden nicht rechtzeitig aufgehalten, auch, weil man sie nicht ernst nahm, dachte, es wird schon nicht so schlimm. 

Wurde es aber.

In loser Folge gibt's hier also montags Kunst und Denkmäler gegen Faschismus, Nationalismus und Rassismus. Orte, die daran erinnern, gibt es nicht nur in unserer Stadt genug, denn wie gesagt: Wir hatten das schon mal.

Wie es zu dieser Beitragsreihe gekommen ist, kannst Du hier nachlesenAlle Beiträge aus dieser Reihe findest Du, wenn Du hier klickst. Aktuell pausiert das blau-braune Pack. Meinswegen kann es das auch für die nächsten 85 Jahre - mindestens.


Heute die Hamburger Kammerspiele, einst Sitz einer jüdischen Loge und des Jüdischen Kulturbunds.
Seit der Befreiung 1945 ist das Gebäude in der Hartungstraße 9 bis 11 fest mit den Hamburger Kammerspielen verbunden - und, zumindest für mich, auch mit der Schauspielerin und Intendantin Ida Ehre. Ich hatte das große Glück, sie dort noch auf der Bühne erleben zu dürfen und von ihrer Idee des "Theaters der Menschlichkeit", das im Zeichen der Versöhnung steht, geprägt zu werden. Sie fehlt. Sehr.

Anfang des 20. Jahrhunderts befindet sich in der einstigen Pfennigschen Villa die jüdische Henry-Jones-Loge. An sie erinnert bis heute der historische Logensaal in den Kammerspielen. Die Loge wird schnell der Mittelpunkt des jüdischen Lebens der Hansestadt. 


Etwas versteckt im Foyer: Die Gedenktafel für das ehemalige Jüdische Gemeinschaftshaus.
Als Folge der Weltwirtschaftskrise wird das Gebäude 1930 an den Bau-Verein Hamburger Anthroposophen verkauft. Mit der Machtübernahme 1933 wird die Anthroposophie verboten. Das Gebäude wird geräumt und versiegelt und soll verkauft werden, aber durch die Belastung mit einer Hypothek findet sich kein Käufer. Die Gestapo verkauft das Gebäude 1937 an die Jüdische Gemeinde. Der Jüdische Kulturbund zieht ein.

Der Jüdische Kulturbund ist für die meisten jüdischen Hamburgerinnen und Hamburger die einzige Möglichkeit, am Kulturleben teilzunehmen, denn der Besuch von Kino. Theater, Oper wird ihnen sukzessive verboten. Den jüdischen Künstlerinnen und Künstlerin wird es ebenso schrittweise verboten, mit Nichtjuden aufzutreten. Es dürfen ausschließlich Werke jüdische Autorinnen und Autoren aufgeführt werden.


Im Treppenhaus und im historischen Logensaal informiert eine Ausstellung über die jüdische Geschichte des Hauses. 
Die Bedeutung des Jüdischen Kulturbundes ist kaum zu überschätzen: Die dort stattfindenden Veranstaltungen sind weinige Möglichkeiten der Begegnung, Zerstreuung und Unterhaltung für die jüdischen Hamburgerinnen und Hamburger inmitten einer ihnen meistens feindlich eingestellten Umwelt, inmitten von Verfolgung und Tod. 

Zwei Jahre später wird der Jüdische Kulturbund in Hamburg von den NS-Behörden aufgelöst, wiederum zwei Jahre später, im September 1941, auch reichsweit. Vier Wochen später beginnen die Deportationen jüdischer Deutscher in Ghettos, Konzentrations- und Vernichtungslager. In den Räumlichkeiten der Hartungstraße wird eine Proviant- und Versorgungsstelle für die Deportationen eingerichtet. Im Juli 1942 ist hier auch der Sammelpunkt für eine Deportation (hier klicken für weitere Informationen). Ein Jahr später zieht das Thalia-Theater ein, nachdem sein Gebäude von Bomben getroffen wurde.


Unübersehbare Erinnerung an zwei, die die Kammerspiele prägten.
Am 3. Mai 1945 befreien die Briten Hamburg. Sieben Tage später beschlagnahmen sie das ehemalige Jüdische Gemeinschaftshaus, und bald gelingt es Ida Ehre, das Gebäude zu pachten. Am 10. Dezember 1945 eröffnen die Hamburger Kammerspiele mit dem Stück "Leuchtfeuer" von Robert Ardrey. Zwei Jahre später wird das Heimkehrerdrama "Draußen vor der Tür" von Wolfgang Borchert uraufgeführt - ein Meilenstein der Theatergeschichte. 

Aber das ist eine andere Geschichte.


Stolpersteine erinnern an die Deportation von Charlotte Gurwitsch, Benjamin Helfer, Brunhilde Helfer, Charlotte Levi, Richard Levi und Kurt Silberstein am 15. Juli 1942 aus der Hartungstraße nach Theresienstadt. 
Ausführliche Darstellung der Geschichte des Hauses Hartungstraße 9 - 11.

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