Sonnabend und Sonntag verbrachten wir möglichst ruhig. Uns beiden setzte die Hitze zu, dem Gatten mehr als mir. Trotzdem werkelte der Gatte unverdrossen weiter, meinte, es wäre im Dachgeschoss mit Ventilator und Durchzug eher auszuhalten als im Rest des Hauses. Aber er war so vernünftig, sich regelmäßige Pausen zu gönnen.
Ich schaffte es endlich, die Holzfliesen auf dem Balkon probeweise auszulegen. Natürlich wird die Verlegung nicht reibungslos klappen. Wir müssen mal gucken, was die beste Lösung ist - ich sehe uns schon die Schienen für den Rollladen der Balkontür abflexen. Dann hätten wir eine gerade Linie. Außerdem habe ich endlich mein Zimmer ausgemessen und schon mal markiert, wo welche Möbel stehen sollen. Es passt alles. Ich kann sogar zwei Kleiderschränke nachkaufen, muss nur gucken, ob das mit der Pax-Eckkombination so klappt, wie ich es mir vorstelle. Meine Lösung ist nämlich eine andere als die von Ikea vorgegeben. Zwei Regale müssen für Steckdosen ausgesägt werden, aber das sollte zu schaffen sein, sagt der Gatte.
Ansonsten saßen wir viel im Garten, genossen die Ruhe, beobachten die Vögel. Vor allem eine Amsel mit ihrem Küken tat es uns an. Außerdem war Schützenfest, was wir durch diverse Ummärsche in Begleitung des Spielmannszugs mitbekamen. Gerne hätte ich wie früher mit Mudderns darüber gewitzelt, dass es ausnahmsweise nicht regnet - normalerweise sind die Wochenenden, an denen Schützen- und Stadtfest sind, immer verregnet. Ich hätte auch gerne mit Mudderns den Ummärschen zugeguckt, führten sie doch am Pflegeheim vorbei (hier ein Reel dazu). Bis vor 25 Jahren, als mein Vater starb, war das Schützenfest ein fester Bestandteil des Lebens meiner Eltern, und ich musste als Kind auch immer mit, verweigerte mich aber beharrlich der Mitgliedschaft im Schützenverein. Nun, da ich wieder mit dem Bogenschießen anfangen möchte, komme ich nicht umhin.
Ich habe allerdings so viel vor in der alt-neuen Heimat, dass ich erstmal schauen muss, was ich mir überhaupt zumuten kann. Bogenschießen und Aqua-Cycling sind quasi gesetzt, dann sind da noch die beiden alten Freundinnen und andere Bekanntschaften, Kino, Theater, Konzerte, Lesungen, der Tauschring, bei dem ich mitmachen möchte, möchte ich Zeit zum Einfach-nur-dasitzen haben. Ich muss aufpassen, dass mir das nicht zu viel wird. Der Gatte kaufte zudem sämtliche in Frage kommenden Wanderkarten, um die alt-neue Heimat besser kennenzulernen, und das will er natürlich nicht alleine machen ...
Montag traf ich mich nachmittags mit Mudderns ehemaliger Gesellschafterin. Auf dem Weg traf ich die Nachbarin, die wie meine Mutter vor 62 Jahren in die Siedlung zog, und sie fragte, ob ich rein kommen wolle. Ich hatte noch eine Viertelstunde Puffer, und die Gesellschaft tat ihr gut. Ihre beiden Kinder sind nämlich gerade im Urlaub, und sie fühlt sich alleine. Sie zeigte mir ihre Handarbeiten und erzählte, sie habe im Fadenhaus ein Fach gemietet, wo sie ihre Werke verkaufe. Falls du genähte Gänse, Hühner, Herzen, Kissen oder handgestrickte Socken kaufen möchtest, nichts wie hin. Das war spannend, denn das plane ich auch - sofern ich mal wieder zum Basteln komme und die Zweifel besiege, ob mein Bastelkrams gut genug zum Verkauf ist. Die Dame ist fast 90 - Respekt, dass sie in ihrem Alter noch so aktiv ist. Der Nachmittag mit Mudderns Gesellschafterin war auch sehr schön. Wir saßen beim Bäcker, zu dem beide immer gingen, in Mudderns Lieblingsecke in der Sonne. Es war, als wäre Mudderns dabei gewesen, nur entspannter.
Bei Mudderns Lieblingsbäcker in ihrer Lieblingsecke. Früher hätten wir nebeneinander auf dem Sofa gesessen. |
Abends schaffte ich endlich die Erbschaftssteuererklärung samt Anzeige eines Erwerbs von Todes wegen. Amtsdeutsch ist schon schön. Der Gatte blieb auf der Baustelle und freute sich über das Feuerwerk, dass es zum Abschluss des Schützenfestes gab. Mit Feuerwerk verdiente er einst seine Brötchen. Vielleicht können wir uns ja nächstes Jahr das Feuerwerk zusammen ansehen.
Montag meldete sich auch der Tischler wegen der neuen Türen und des Schwingfensters. Es geht voran.
Dienstag war ein intensiver Büro-Tag. Ich wollte pünktlich Feierabend machen, damit die Hecke geschnitten werden kann, aber es gab eine Überstunde und HVV-Verspätungen. Von der Haustür ging's gleich in den Garten. Eine halbe Stunde kämpfte ich mit Hecke, Heckenschere und Gatten. Der wollte die Hecke nämlich partout selbst schneiden, war aber zu wackelig und fiel fast von der Leiter. Wackeliger Gatte und elektrische Heckenschere sind keine gute Kombi, vor allem nicht bei der schwülen Hitze und mit einer Herzerkrankung. In diesem Zustand kann der Gatte noch nicht mal die Leiter festhalten, so dass ich die Hecke von oben schneiden könnte, denn dabei wird ihm schon schwindelig.
Mir tut die Hecke leid, die uns 20 Jahre lang Schutz und Schatten spendete und jetzt so malträtiert wurde. Richtig gut geschnitten ist sie nicht, aber definitiv kürzer als vorher - und kein Vergleich zum Wildwuchs in den Nachbargärten, den der Vermieter nicht bemängelt. Den Wildwuchs müsste er nämlich selbst beseitigen. Wir sind die einzigen, die selbst eine Hecke setzten. Falls die Hecke dem Vermieter jetzt immer noch nicht gut genug geschnitten ist, ist das so. Ich kann es aktuell nicht besser.
Raus aus den durchgeschwitzten Klamotten, Abendessen kochen (das wollte eigentlich der Gatte machen, aber der war dazu nicht mehr fähig, brauchte Ruhe) und endlich auf's Sofa. Während ich überlegte, ob ich es noch schaffe, mir die Doku "Die Wahrheit über die Menopause" anzusehen, klingelte das Taschentelefon: Eine Nachbarin teilte mit, dass morgen früh das Heizöl kommt - passt das? Nein, aber nützt ja nichts. Den Gatten mit Abendessen versorgen und ab ins Auto, auf die Autobahn, 80 Kilometer ins Haus und zurück fahren, damit die Heizung ausgestellt werden kann und die Nachbarin den Schlüssel für den Tankstutzen bekommt. Ich schaffte es immerhin, nicht am Steuer einzuschlafen. Die Fahrt war sogar ganz schön, ich kam in den Sonnenuntergang, aber ich war zu erschöpft, um es zu genießen, und verpasste fast meine Ausfahrt. Wieder zu Hause, warten Hausarbeit und zu sortierende Kopien für die Erbschaftssteuererklärung auf mich.
Mittwoch war ich so verspannt und erschöpft, dass ich mich kaum bewegen konnte. Das wurde auch bis zum Wochenende nicht besser. Freitag überlegte ich, mich krankzumelden, was vernünftig gewesen wäre, aber der Gärtner war da, also hätte ich keine Ruhe gehabt. Ich brauche dringend eine Pause, aber die gibt es nicht. Eine Reha wird es für mich nicht geben. Der Antrag liegt seit Mitte Mai bei der Rentenversicherung, unbeantwortet. Ich müsste mich durch die Rentenversicherung telefonieren, um herauszufinden, ob sich jemand zuständig fühlt. Auch für die ambulante Drei-Tage-Reha gibt es noch keinen Termin. Bevor ich nicht endgültig zusammenklappe, wird sich nichts tun, und nicht zusammenzuklappen, fällt mir immer schwerer. Eine Nacht durchzuschlafen, könnte schon etwas helfen. Aktuell schlafe ich maximal eine Stunde.
Als wir Donnerstag ins Haus kamen, lagen wie besprochen Tankschlüssel und Tankzettel im Briefkasten. Wir waren gespannt, wie viel Öl wir verbrauchten: Es waren weit über 1.000 Liter! Zum Glück entschied ich im letzten Jahr, volltanken zu lassen, so dass wir gut über den Winter kamen. Meine Mutter heizte ja kaum und nutzte kaum heißes Wasser. Eigentlich sollte das heiße Wasser schon seit Herbst über Strom erzeugt werden, aber die Baubrigade, über die wir ja erst so froh waren, verpfuschte auch das. Mal schauen, ob Heizungsbauer IV das richten kann.
Hier gilt seit mittlerweile 174 Wochen: Der Gatte und ich sind weitgehend zu Hause. Es geht uns vergleichsweise gut. Wir halten es gut miteinander aus, wenngleich es momentan mal wieder etwas hakt, weil der Gatte abwechselnd über- und unterfordert ist. Da ich einfach nur überfordert bin, keine Entlastung bekomme, kracht es oft. Es ist schwer, mit dem Gatten Absprachen zu treffen. Er vergisst viel, und oft hat das, was wir morgens besprachen, mittags keine Gültigkeit mehr. Ich bräuchte Verlässlichkeit, aber die gibt es nicht. Im ersten Corona-Jahr wurde der Gatte schwerkrank, im zweiten zeigte sich, dass er nicht mehr gesunden wird. Er ist inzwischen schwerbehindert und berufsunfähig verrentet. Im Moment ist er noch weniger belastbarer als sonst, was mir Sorgen macht. Von dem Schwung, den er durch das Haus-Projekt vor einem Jahr hatte, ist nichts mehr da. Hoffnung macht, dass es ihm in der alt-neuen Heimat besser geht als in der Großstadt. Die aktuelle Situation kostet halt uns beide Kraft.
Unsere Kontakte sind normalerweise auf das Notwendigste beschränkt, heißt: Arbeit, Ärzte, Einkaufen, Schwiegermutter und, seit der Übernahme meines früheren Elternhauses vor einem Jahr, Handwerker. Ich bin dankbar, dass Corona uns bislang verschonte und hoffe sehr, das bleibt so.
Schwiegermutter und Tante geht's gut. Schwiegermutter wird allerdings immer bösartiger und beleidigender und erinnert darin an meine Mutter. Der Gatte kann damit nicht umgehen und mag aktuell noch nicht mal mehr mit seiner Mutter telefonieren, geschweige denn, sich mit ihr treffen.
Als ich Mittwoch den letzten Mallorca-Honig auf das Frühstücksbrot schmierte, ging mir auf, dass der Gatte und ich nie mehr gemeinsam nach Mallorca fliegen können. Aufgrund der tropischen Temperaturen ist das für ihn einfach zu gefährlich, und inzwischen sind wir ja selbst im März oder im Oktober nicht mehr vor 40°C sicher. Wir haben die Insel einfach zu spät für uns entdeckt.
Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! Über's Kochen und Einkaufen berichte ich in der Kombüse.
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