Montags erinnere ich daran, was passiert, wenn es mit der Demokratie bergab geht und wie es anfing, denn die Nazis fielen ja nicht 1933 vom Himmel. Die krochen schon Jahre vorher aus ihren Löchern, wurden nicht rechtzeitig aufgehalten, auch, weil man sie nicht ernst nahm, dachte, es wird schon nicht so schlimm.
Wurde es aber.
In loser Folge gibt's hier also montags Kunst und Denkmäler gegen Faschismus, Nationalismus und Rassismus. Orte, die daran erinnern, gibt es nicht nur in unserer Stadt genug, denn wie gesagt: Wir hatten das schon mal.
Wie es zu dieser Beitragsreihe gekommen ist, kannst Du hier nachlesen. Alle Beiträge aus dieser Reihe findest Du, wenn Du hier klickst.
Aktuell tarnen sich die Demokratiefeinde als Kritiker jeglicher Corona-Maßnahmen und marschieren sonnabends durch die Innenstadt. Aber auch unter der Woche laufen Nazis gerne durch verschiedene Stadtteile. Dabei ignorieren sie ungeahndet jegliche Auflagen bezüglich Abstand und Maskenpflicht. An Intelligenz und Anstand mangelt es ihnen ohnehin, sonst wären sie keine Nazis.
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Die demokratische Mehrheit der Stadt hingegen trifft sich am 15. Januar 2022 um 15:30 Uhr am Ferdinandstor - coronakonform mit Anstand, Abstand und Maske.
Die Schilleroper ist auch eine große Freiluft-Galerie. |
Der markante Rundbau, dessen Stahlkonstruktion unter Denkmalschutz steht, im Oktober 2018. |
Der markante Rundbau der Schilleroper, der nicht zufällig an ein Zirkuszelt erinnert, wird Ende des 19. Jahrhunderts nach Plänen des Architekten Ernst Michaelis für Circus Busch errichtet und fasst über 1.000 Zuschauer. Nur wenige Jahre später zieht Circus Busch allerdings an den Zirkusweg auf St. Pauli um. Das Gebäude wird zum Theater umgebaut, eröffnet 1905 mit Schillers "Wilhelm Tell" und erhält anlässlich des 100. Geburtstags des Dichters den Namen "Schiller-Theater". In den 1920er Jahren werden im Wesentlichen politische Stücke gespielt, treten Laiengruppen der Hamburger Arbeiterbewegung auf. Das Theater ist in finanziellen Schwierigkeiten.
Die Nebengebäude, die nicht unter Denkmalschutz stehen, sind inzwischen abgerissen. |
Ab 1933 passt sich das Theater den Nationalsozialisten an, nimmt zum Beispiel ein Drama von Joseph Goebbels auf den Spielplan. Aufgrund eines fehlenden Luftschutzkellers muss das Theater mit Beginn des Zweiten Weltkriegs den Betrieb einstellen.
Erinnerung an die Zeit zwischen 2003 und 2006, als die Schilleroper zum letzten Mal als Club genutzt wurde. |
Spätestens ab 1943 befindet sich auf dem Gelände der ehemaligen Schilleroper in der damaligen Amselstraße ein Lager für etwa 500 italienische Kriegsgefangene, bewacht von Soldaten. Die Männer werden bei Aufräumarbeiten von Bombenschäden eingesetzt; körperliche Schwerstarbeit, die in der Regel u.a. aufgrund von Blindgängern und einstürzendem Mauerwerk viele Opfer fordert. Das Lager besteht bis Anfang 1945, dann werden die Männer verlegt.
Die denkmalsgeschützte Rotunde mit dem "Laterne" genannten Oberlicht, das an einen Leuchtturm erinnert. |
Außerdem befindet sich auf dem Gelände die Großküche Hönisch, die zahlreiche Lager für Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter mit Essen versorgt, aber auch das Mittagessen für die Wachmannschaften des KZ Neuengamme lieferte. Die Großküche liefert zumindest in einem Falle auf Wunsch eines Betriebes, bei dem Kriegsgefangene eingesetzt sind, auch schon mal doppelte Verpflegungssätze, was aufgrund einer Anzeige allerdings geahndet wird.
Im dichtbebauten Areal Bei der Schilleroper / Lerchenstraße sollen Neubauten mit bis zu 10 Stockwerken entstehen. |
Nach der Befreiung wird das einstige Theatergebäude, das nicht von Bomben zerstört wurde, als Unterkunft für Flüchtlinge und Ausgebombte genutzt, schließlich als Hotel, Unterkunft für Arbeitsmigranten bzw. Flüchtlinge und Obdachlose, aber auch immer wieder für kulturelle Zwecke. Uneinigkeit über die weitere Nutzung und Leerstand setzen dem Gebäude, das unter Denkmalschutz steht, sehr zu. Im letzten Jahr kam es kurzfristig zu Abrissarbeiten einsturzgefährdeter Nebengebäude, sollte das Stahlgerüst der Rotunde endlich gestützt werden, aber kaum begannen die Arbeiten, wurden sie auch schon wieder wegen unsachgemäßer Durchführung gestoppt.
Heute ist die Schilleroper der letzte erhaltene Zirkusbau, der im 19. Jahrhundert in Stahlskelettbauweise errichtet wurde, ein Juwel der Architekturgeschichte. Was die Bombardierungen des Zweiten Weltkriegs nicht schafften, schaffte das Desinteresse der Nachkriegszeit: Seit fast 70 Jahren verfällt das Gebäude. Besitzer und Stadt schieben sich gegenseitig die Schuld dafür zu, so dass sich nichts tut, was den Verfall aufhält. Ein realistisches Konzept fehlt. Aktuell sieht alles nach der typischen Hamburger Lösung im Umgang mit denkmalgeschützten Gebäuden aus: Verfallen lassen, bis ein Abriss unvermeidbar ist, dann lukrativ neu bauen.
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