"Ich habe keinen Bock mehr auf diese *Pieps*-Pandemie!", fluchte der Gatte, als er vom Einkaufsbummel mit seiner Mutter nach Hause kam. Die beiden waren im hiesigen Einkaufszentrum, mussten am Eingang erst anstehen, um ein Bändchen nach erfolgter 2G-Kontrolle zu bekommen, dann in jedem Laden zur Bänchenkontrolle anstehen, zudem war's voll, lieferte Schwiegermutter ihre Maskendramen ab (sie will eine Maskenbefreiung haben, nur sehen weder unser Lungenarzt noch ihr Hausarzt oder die Ärztin in der Seniorenwohnanlage einen Grund dafür) ...
Als wir später beim Glühwein zusammensaßen, fragte ich: "Glaubst du, es wird ein Ende der Pandemie geben?" Der Gatte überlegte lange, bevor er verneinte.
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Das Shirt zur Woche und zur aktuellen Lage. Der Gatte und ich sind inzwischen beide geboostert. |
Am Ende des zweiten Corona-Jahres mögen wir beide nicht mehr, und uns geht es insgesamt noch gut. Der Gatte ist durch schwere Krankheit verrentet, muss sich keine Sorgen mehr um seinen Arbeitsplatz machen. Mein Arbeitsplatz ist sicher, auch wenn Projekte von Corona betroffen sind. Wir müssen uns finanziell kaum einschränken, trotz Kurzarbeit und jetzt Rente des Gatten. Wir halten es gut miteinander aus. Den Müttern und Tante geht's den Umständen entsprechend gut. Dennoch gibt es vieles aus der Zeit vor Corona, das wir vermissen.
Hier gilt seit mittlerweile 91 Wochen: Der Gatte und ich sind weitgehend zu Hause. Unsere Kontakte sind auf das Notwendigste beschränkt, heißt: Arbeit, Ärzte, Einkaufen, Mütter. Nachdem wir alle geimpft waren, fuhren wir die sozialen Kontakte kurzzeitig wieder hoch. Angesichts der aktuellen Zahlen fuhren wir sie aber wieder runter.
Seit einer Woche gilt im Einzelhandel die 2G-Regelung, und ich hatte das Vergnügen, den ersten Tag damit bei uns im Laden mitzumachen. Wir teilen uns den Laden mit einer anderen Abteilung, und bei uns wird seit Corona jeden Tag jemand anderes für den Laden eingesetzt, um das Corona-Risiko für die Kollegin, die eigentlich für den Laden zuständig ist, zu verringern.
Ich war sehr gespannt, wie's mit der 2G-Regelung läuft, denn ein Teil der Kunden ist querdenkeraffin, aber es war dann erstaunlich entspannt. Die Kolleginnen, die am Freitag Dienst hatten, hatten sich doch noch vor Veröffentlichung der Rechtsverordnung Gedanken gemacht, wie die Regelungen umgesetzt werden, so dass wir das nicht erst Montag machen mussten. Es gab Schilder an Ladentür und Schaufenster, einen Rolltisch mit QR-Code oder Erfassungsbögen und Desinfektionsmittel.
Wir sind gehalten, die Ladentür geschlossen zu halten, erst auf Klopfen zu öffnen und die Kunden sozusagen handverlesen einzulassen. Heißt: Ich musste nicht sechs Stunden in der Kälte vor der Tür stehen. Dabei war ich bestens vorbereitet: Mit Wollpulli, Wollmantel, Mütze, Handschuhen, Beinstulpen und Schal sah ich aus wie ein wollig-buntes Michelin-Männchen. Und einen Liter heißen Tee hatte ich für alle Fälle auch dabei.
Die Kollegin, mit der ich Dienst hatte, befürchtete wie ich Diskussionen und Auseinandersetzungen, aber letztlich blieb's am ersten Tag ruhig. Die Kundenzahl brach drastisch ein. Wir sind zum Glück kein klassischer Einzelhandel, aber wenn's da auch so ist, gute Nacht, Marie. Der erste Kunde drehte schon Freitag bei, als die 2G-Schilder angebracht wurden ... Ich hoffe, die meisten Kunden bleiben bis zur anstehenden Weihnachtspause gelassen. Ein paar waren es im Laufe der Woche nicht. Wir beraten ungeimpfte Kunden ggf. vorm Laden, bringen ihnen das Gewünschte vor die Tür, aber diese Solidaritätsverweigerer haben ja ein Verhalten wie ein trotzphasiger Dreijähriger, so dass wir so weit gar nicht kamen. Die wollen keine Lösung, die wollen nur "Diskriminierung!" pöbeln.
Der Gatte war diese Woche zum dritten Mal beim Rehasport, und wie erhofft, tut ihm das gut. Er ist jetzt auch offiziell Vereinsmitglied, mit Vertrag und allem. Ihm gefallen die Mitturner und der Verein, der sehr familiär und gemütlich ist. Solange er nach dem Training völlig fertig und noch nicht sicher auf den Beinen ist, fahre ich ihn weiterhin, bis er sich den Weg selbst zutraut, und warte auf ihn. In der Zwischenzeit gehe ich auf Umwegen ganz langsam zum Bäcker und danach noch etwas spazieren, ebenfalls ganz langsam. Heute meinte der Gatte, der Weg zum Bäcker sei aber weit, und da merkte ich, wie gut es mir körperlich wieder geht, wenn ich schmerzfrei bin - und wie schlecht es dem Gatten geht. Zum Bäcker sind's nämlich gerade mal 850 m einfach. Das wäre früher nicht weiter erwähnenswert gewesen.
Aber es wird besser: Ein paar Tage war der Gatte diese Woche ohne Auto und dadurch reichlich zu Fuß unterwegs, entschied sich bewusste dagegen, mich zu fragen, ob ich ihn fahre oder er mein Auto nutzen darf. Auch das tat ihm gut, wenngleich mehr als ein Kilometer mit Pausen nicht schaffbar ist. Kein Vergleich mit den früheren Wanderungen, aber wir sind dankbar. Wir müssten unsere täglichen Spaziergänge mal wieder aufnehmen, aber bei diesem Wetter ist das schwer, und es gibt hier auch keine wirklich schönen Spazierwege für eine kurze Distanz von einem Kilometer. Da sind wir dann gerade mal im Grünen.
Wir haben inzwischen beide die Auffrisch-Impfung, was eine Erleichterung ist. Wir gehen auch immer noch davon aus, Weihnachten zur bayerischen Tante zu fahren, sofern die Hotels für Privatreisende geöffnet bleiben und kein 2Gplus verlangt wird (wobei das okay wäre, wenn es bei dahin bei Tante ein Testzentrum gibt, das über Weihnachten geöffnet ist). Unabhängig von Corona wird Weihnachten stressiger als gedacht. Eigentlich wollten wir ja nur Zeit mit Tante verbringen, beisammen sein, ohne Baum, Geschenke, in der Küche stehen ...
Nun besorgte Tante einen Weihnachtsbaum und Geschenke, besteht Schwiegermutter darauf, an allen Tagen zu kochen, weil Restaurants nicht sicher sind, verbot uns den München-Tag, weil man sich ihrer Meinung nach in Bayer Corona einfängt, sobald man die Nase vor die Tür steckt. Das wird kein erholsames Beisammensein. Wir werden Scrabble und Rummikub mitnehmen und hoffen, dass wir uns so gut die Zeit vertreiben können. Außerdem freuen wir uns auf den Fitnessraum im Hotel - und die Bar. Nüchtern lässt sich das nicht ertragen ... Immerhin: Letztes Jahr musste ich noch befürchten, Weihnachten ohne den Gatten zu feiern. Da ist der aktuelle Zustand ein Fortschritt.
Mudderns geht's gut. Sie kann wieder beim Bäcker Kaffee trinken. Da für dreifach Geimpfte 2Gplus nicht mehr gilt, ist der Sitzbereich wieder geöffnet. So können wir kommendes Wochenende auch ohne Test-Drama essen gehen. Die Gottesdienste finden auch weiterhin statt, allerdings mit Maskenpflicht am Platz. Ich dachte, das war schon länger so, aber das scheint neu zu sein. Immerhin: Anders als bei Schwiegermutter gibt's bei Mudderns keine Maskendramen. Ich bin gespannt, wie sie Weihnachten übersteht, denn nicht nur ihre Gesellschafterin, sondern auch wir sind in Urlaub. Hoffen wir das Beste.
Natürlich verfolgten wir diese Woche auch den Regierungswechsel. Freude über den neuen Gesundheitsminister und den Expertenrat, Enttäuschung über den "Kanzler der Umgeimpften", darüber, dass sich die Regierung weiterhin von einer unsolidarischen Minderheit terrorisieren lässt, notwendige Maßnahmen wie eine allgemeine Impfpflicht unterlässt. Und dass kein Bundesland, selbst Hamburg nicht, entschlossen gegen die wöchentlichen Nazi-Versammlungen vorgeht, ist auch ein Unding. Mal schauen, ob die neue Innenministerin mehr schafft, als im Rechtsextremismus eine Gefahr zu sehen. Zugegeben, das ist im Vergleich zu ihren Vorgängern schon viel, aber es reicht dennoch nicht.
Ach ja, das Ferienhaus für den Urlaub über unseren Hochzeitstag ist gebucht, und wir sind optimistisch, dass es klappt, dass Dänemark nicht die Grenzen schließt, der Gatte gesundheitlich stabil bleibt. Es geht wieder nach Als.
Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! Über's Kochen und Einkaufen berichte ich in der Kombüse.