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Samstag, 30. September 2023

Samstagsplausch KW 39/23: Leben und Arbeiten in Corona-Zeiten CLXXXV

Sonnabend begann das Yarncamp, endlich wieder live, in Farbe, mit Anfassen und Knuddeln. Das war schön! Ich schaffte es auch, mir immer mal Pausen zu nehmen und war froh, dass das Hotel nur ein paar Meter entfernt war. Mehr zum ersten Yarncamp-Tag kannst du hier lesen.

Der Himmel über der Schirn.

Als ich abends mit dem Gatten telefonierte, meinte er, er käme zu gar nichts, wäre den ganzen Tag nur mit dem Haushalt beschäftigt gewesen, das sei ja so anstrengend usw. Ich sagte nur trocken, das wäre meine Situation seit vier Jahren, seit letztem Jahr getoppt durch zwei Haushalte neben Job, Baustelle und Care-Arbeit. Der Gatte realisierte auch erst Sonnabend, dass wir zehn Tage getrennt sein würden und dass er das nicht will. Ich bin mir nicht sicher, ob ich ihm fehle oder meine Arbeitskraft ... Jedenfalls graut ihm jetzt davor, während der Reha fünf Wochen getrennt zu sein. Ich hoffe, wir finden bis dahin eine Putzfrau, denn sonst sehe ich mich jedes Wochenende nach Hause fahren, um den Haushalt zu machen, etwas, was ich ganz bestimmt nicht will, was mir nicht gut täte. 

Vor der Schirn steht gerade die Installation "Luv Birds in toten Winkeln" von Maruša Sagadin.

Mir tat die jetzige Trennung ganz gut. Ich genoss es, mich mal nur im mich kümmern zu müssen, ins Kaffeehaus gehen zu können, wenn mir danach ist, dort solange zu sitzen, wie ich mag, durch Geschäfte zu bummeln und mal nur auf mich zu achten, den Tag in meinem Tempo zu verbringen. Das konnte ich seit Jahren nicht mehr. Ich schaffte es sogar in die Plastic World-Ausstellung in der Schirn! Besonders beeindruckte mich neben einem Leviathan aus Plastikstreifen, von dem ich mir leider nicht den Namen der Künstlerin merkte, die Installation „Anemo­nes: An Air Aqua­rium“ von Otto Piene, eine begehbare Unterwasserwelt - magisch. 

Sonntag war der zweite Yarncamp-Tag, über den du hier mehr lesen kannst. Als der Zug auf der Rückfahrt überraschend in Harburg hielt, überlegte ich kurz, umzusteigen und den Gatten zu überraschen, fuhr dann aber doch nach Altona und in die Wohnung. Das war bequemer.

Reisen in Zeiten von Corona: Der tägliche Test ... 

Montag hatte ich zum Ausruhen frei. Der Gatte kam von der Baustelle und betonte mehrfach, wie sehr ich ihm fehlte. Das ist schon schön. Er fehlte mir auch, auch wenn ich die Zeit alleine genoss. Wir können gut ohne einander sein, aber die letzten vier Jahre schweißten uns noch mehr zusammen als vorher schon. Wir waren ja mehrfach kurz davor, einander zu verlieren und sind dankbar für jeden gemeinsamen Tag. 

Dienstag erwischte mich die Maladie mit Schmerzen und Schüttelfrost. Das war so nicht geplant. Ich vermute, das ist eine Auswirkung des abgesetzten Diabetesmedikaments, das ich drei Jahre lang off label bekam. Mal gucken, was die internistische Endokrinologin in zwei Wochen dazu sagt. Vermutlich, dass ich mir das alles nur einbilde, einfach nur weniger essen und abnehmen soll. Seit Dienstag habe ich zudem latente Migräne. Doof das. Das anhaltende Sommerwetter, viel zu warm für die Jahreszeit und die Region, ist nichts für mich. Meine Schlafstörungen änderten sich auch. Ich wache jetzt immer gegen ein Uhr auf und liege ein paar Stunden wach. Nicht schön, zumal ich aktuell erst gegen Mitternacht müde werde. Wäre ich wie in den letzten Wochen weit vor 22 Uhr müde, hätte ich wenigstens knapp vier Stunden Schlaf bis zum Wachliegen. Übrigens ändern weder frische Luft noch Bewegung etwas an diesen Wachphasen.

Dienstag kam die Stromabrechnung für die Wohnung. Wir waren gespannt, denn dass wir den Abschlag um ein Vielfaches erhöhen sollten, machte uns nervös. Wir bekommen allerdings eine hübsche Rückzahlung. "Wir sind ja auch kaum hier", stellte der Gatte lakonisch fest. Das stimmt zwar, aber der werte Herr Gemahl neigt trotzdem dazu, das Licht brennen zu lassen, und wenn ich vor ihm fahre, merke ich das erst, wenn ich Tage später wiederkomme. Die "Strompreisbremse" machte übrigens gerade mal 30 Euro aus. Für das alt-neue Haus werden wir bei Strom und Wasser reichlich nachzahlen müssen, denn da übernahmen wir den Abschlag meiner Mutter, weil man uns unseren veranschlagten Verbrauch nicht glauben wollte. Im kommenden Jahr haben wir dann hoffentlich einen realistischen Abschlag. 

Hier gilt seit mittlerweile 185 Wochen: Der Gatte und ich sind weitgehend zu Hause. Es geht uns vergleichsweise gut. Wir halten es gut miteinander aus. Im ersten Corona-Jahr wurde der Gatte schwerkrank, im zweiten zeigte sich, dass er nicht mehr gesunden wird, im vierten hatte er einen Schlaganfall. Er ist schwerbehindert und berufsunfähig verrentet. 

Unsere Kontakte sind normalerweise auf das Notwendigste beschränkt, heißt: Arbeit, Ärzte, Einkaufen, Schwiegermutter und Handwerker. Ich bin dankbar, dass Corona uns bislang verschonte und hoffe sehr, das bleibt so. Weiterhin gibt es im Umfeld reichlich Infektionen. Ich testete mich diese Woche sicherheitshalber jeden Tag, weil Husten, Halsschmerzen, Niesen und Schüttelfrost mal wieder mein Normalzustand ist und ich viel unter Menschen war, nicht immer Maske tragen konnte (es isst und trinkt sich damit so schlecht). Auf dem Yarncamp lernte ich einen mobilen Luftfilter kennen, den ich diese Woche kaufte. Ich bin aktuell so oft verabredet, dass mir das Gerät sinnvoll erscheint. 

Zwei Kolleginnen meldeten sich Montag mit Erkältung krank, und Donnerstag kam die erste mit einem positiven Corona-Test (die zweite binnen einer Woche). Aktuell dauert es anscheinend, bis die Tests eine Infektion anzeigen. Generell sind die Infektionszahlen im Gesamt-Betrieb schon jetzt so hoch, dass überlegt wird, wieder allen Mitarbeitenden Tests zur Verfügung zu stellen. Eine Maskenpflicht, einfach und effektiv, wird natürlich nicht erwogen. Seit dieser Woche sitze ich wieder mit Maske in Besprechungen, als einzige. Letzte Woche saß ich einige Stunden neben einer infizierten Kollegin und hatte Glück, aber das will ich nicht zu oft herausfordern. 

Erfreulicherweise tragen in Bus und Bahn immer mehr Menschen Maske. Es gibt also noch ein paar Vernünftige. Die Kollegin, die sich diese Woche infizierte, meinte vor zwei Wochen noch, sie wolle jetzt bald wieder öfter Maske tragen, fühle sich ohne in vollen Bussen zunehmen unwohler. Momentan rotzt und hustet es hübsch im ÖPNV, und es ist noch nicht mal Winter.

Donnerstag kam die monatliche Information über den Gasverbrauch der Heizung in der Hamburger Wohnung vom Vermieter. Demnach haben wir geschmeidige 2.000% mehr Gas verbraucht als im August 2022, und das, obwohl wir nur neun Tage in der Wohnung waren! Im Vergleich zu den Nachbarn haben wir im August 2023 immerhin noch 600% mehr Gas verbraucht. Das ist indiskutabel! Wenn wir nach dem Umzug die Jahresabrechnung erhalten, muss da mal jemand von Fach drauf gucken. Vorsorglich habe ich schon mal Widerspruch eingelegt. Der Vermieter meinte nur, das könne ja mal  vorkommen, man realisiere ja seinen Verbrauch nicht immer, z.B. bei plötzlichem Frosteinbruch ... Frosteinbruch. In Hamburg. Im August. In einem August, dessen Temperaturen zwei Grad über dem Mittel lagen. Ja, nee, is klaa. 

Donnerstag wechselten wir auch wieder "ins andere Zuhause". Angesichts des Zustandes des Hauses war sofort klar: Bevor ich in die Reha gehe, brauchen wir eine Putzfrau - oder nach der Reha eine erneute Kernsanierung. Früher war der Gatte die bessere Hausfrau, aber spätestens seit seinem Schlaganfall kann er Hausarbeit einfach nicht mehr, so viel Mühe er sich auch gibt (und ich bin bei Hausarbeit wirklich nicht mäkelig, kann viel übersehen). Er tut mir so leid! 

Im Briefkasten war die Auftragsbestätigung des Tischlers. Sie liest sich so, als sollten wir besser erst einziehen, wenn er mit dem Austausch von zwei Haustüren und einem Fenster fertig ist, weil sonst die frisch gereinigten Teppiche leiden. Das wird sich aber nicht machen lassen. Auch der Ofenbauer kommt erst nach dem Einzug. Vermutlich sollten die Teppiche danach gleich wieder in die Reinigung. 

Freitag ruckelten sich wieder ein paar Dinge zurecht. Morgens kam erstmal Mudderns Apfelbaumfreundin, um sich Äpfel abzuholen - im Tausch gegen Schokolade. Ein gutes Geschäft. Sie kam gerade von der Wassergymnastik in einem nahegelegenen Hotel und lud mich ein, mich der Viergruppe von Ü80-Damen anzuschließen. Dazu hätte ich wirklich Lust. Mal gucken. Sie erzählte auch von meiner Mutter und war voller Mitgefühl ob meiner Situation angesichts der Entscheidungen, die ich treffen musste. Es tut immer gut, wenn Außenstehende meine Mutter so wahrnahmen wie ich, denn zu oft war ich die Böse, die sich nicht genügend anstrengte, weswegen es Mudderns schlecht ging. 

Freitag meldete sich auch der Fliesenleger. Es scheint, er komme in zwei Wochen. In der Woche kommt auch ein Mitarbeiter vom Umzugsunternehmen zur Vorbesprechung. Es ist das gleiche, das Schwiegermutters Umzug in die Seniorenwohnanlage machte. Das klappte gut, was mich für unseren Umzug positiv stimmt. Ich rief auf Wunsch des Gatten auch noch bei einem anderen Unternehmen an, an das er sich aus seiner Kindheit erinnerte, landete dort aber nur in einem desinteressierten Call Center. Dort wollte man nur meine Kontaktdaten per Mail, um sich zurückzumelden, konnten mir aber noch nicht mal die Mailadresse nennen. Das andere Unternehmen nahm gleich alles auf - alte Adresse, neue Adresse, Quadratmeterzahl, Kubikmeterzahl, Sonderwünsche - und dann rief jemand zurück, um den Besichtigungstermin zu vereinbaren. Das ist doch gleich ein anderer Schnack! Sie wissen auch schon, dass wir das Komplettpaket brauchen inkl. Küchen- und Möbelmontage. "Ich will nur wimmernd in der Ecke sitzen und zugucken", erklärte ich dem Mitarbeiter, der unsere Wünsche aufnahm.

Gärtner III holte sein Geraffel natürlich nicht ab. Bis Mittwoch hat er noch Zeit. Dann übernimmt Gärtner IV und entsorgt alles. Da sich Gärtner III nicht mehr meldet, geht das jetzt zum Anwalt. Ich könnte darauf verzichten, aber er will es ja anscheinend nicht anders. Beim Dachdecker muss ich nachhaken, wo der Kostenvoranschlag bleibt, und beim Heizungsbauer muss ich nachfragen, ob es noch vor dem Winter mit neuen Heizungsventilen klappt. Das wäre schon ganz arg praktisch, denn in einer Handvoll Räumen haben wir sonst keine Heizung. 

Schwiegermutter und Tante geht's gut. Schwiegermutter kann sich über Tante aufregen. Das macht sie am Liebsten. Tante überstand die Schulter-OP gut und ist jetzt in der Reha. Da von Schwiegermutter nicht wirklich zu erfahren war, wie es Tante geht, besorgte der Gatte ihre Mobilnummer, so dass wir direkt mit ihr reden können. Sie hört sich wirklich gut an - eine Erleichterung!

Die liebe ELFi buk meine Apfel-Streusel-Muffins nach und bloggte dazu - was für eine Freude! Vielen Dank!

Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! Über's Kochen und Einkaufen berichte ich in der Kombüse.

Freitag, 29. September 2023

Das Yarncamp 2023: Tag 2 - Der Qualitätssonntag

Am zweiten Yarncamp-Tag ist Zeit, alle Sessions anzufragen oder anzubieten, die einer am Vortag fehlten. Deswegen die interne Bezeichnung "Qualitätssonntag". Der Session-Plan füllte sich zügig, und ich hatte Probleme, mich zu entscheiden, da viel Interessantes parallel lief. 

Am zweiten Yarncamp-Tag durfte auch das Schlafschaf mit, und natürlich musste es nicht in den Koffer, sondern durfte mit in die Sessions.

Ich entschied mich für die Session von Tanja Steinbach, in der sie den "Socktober", verschiedene Lana Grossa-Garne, das aktuelle ARD Buffet-Modell und ihr neues Buch* vorstellte. Die Aktion Socktober kommt aus den USA. Es werden Socken und andere warme Kleidungsstücke gestrickt und an Obdachlose gespendet. Tanja Steinbach widmet ihre "Socktober"-Socken der Aktion Grüne Socke, einer Initiative gegen Eierstockkrebs. Anfang Oktober wird es wieder Lana Grossa-Wolle und ein Steinach-Muster geben, aber du kannst natürlich das ganze Jahr über grüne Socken aus jedweder Sockenwolle in jedwedem Muster stricken und an die Initiative spenden. Die Socken müssen auch nicht vollständig grün sein, sondern nur einen Grünanteil haben.

Tanja Steinbach zeigt die Wolle für den diesjährigen Socktober.

Als ich von einem Raum in den anderen wechselte, fielen mir Snoopy und Woodstock auf, die an einer Tasche baumelten. "Die sind ja süß! Gibt es dafür eine Anleitung?" frug ich die Taschenträgerin. "Ja, in meinem Buch*, das gerade erschien", lautete die Antwort. Ich stand Yvonne Rapp gegenüber, und die Dorf-Buchhandlung erhielt prompt eine weitere Bestellung.  

Schäfchen trifft Little Richard, das myboshi-Alpaka. Die Anleitung von Susanne Evers ist ab Oktober erhältlich. 

Bei "Elkestrickt" lernte ich den "Magic Knot" zum Verbinden auch winzigster Wollreste. Zu meiner Überraschung kannte ich den Knoten schon: Im Schmuckbasteln ist es der "Brezelknoten". Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich dem Knoten traue, denn es gibt einen dänischen Wollhersteller, der Farbverlaufsgarn damit verknotet, und seitdem mir mal ein Schal während des Strickens aufging, weiß ich, dass der Knoten mitnichten unlösbar ist. Aber gerade für Mini-Reste ist er praktisch, und bei Sockenwolle hält er sicher besser als bei Baumwolle. Begeistert war ich von Elkes Idee, Taschen so zu häkeln, dass sich ein fertiger Stoffbeutel als Inlay einsetzen lässt - ideal für alle, die wie ich nicht wirklich nähen können!

Ein Teil der Gruppe "Politisches Handarbeiten".

Erfreulicherweise gibt es beim Yarncamp eine große Zahl anständiger, intelligenter Frauen (Männer sind mitgemeint), und die sind ganz in der Definition Gerhard Bronners natürlich gegen AfD und sonstige Nazis. So gründete sich auf dem Yarncamp die Gruppe "Politisches Handarbeiten", inspiriert durch "Rude Embroidery", #wutsticken,  #abschaffungderproblemzonen und #afdnee. Ich finde Stricke gegen Nazis effektiver als Stricken gegen Nazis, aber es schadet nichts, hilft vielleicht, und Knüpfen ist letztlich auch Handarbeit.

#rosesagainstviolence ist eine Initiative, die Handarbeiten politisch einsetzt.

Die Rückfahrt vom Yarncamp war das übliche Wirrwarr. Meine Reisebegleitung wusste schon Wochen vorher, dass ihr Anschlusszug ausfällt, sie eine Stunde warten muss. Schließlich wurde am Reisetag der Zug von Frankfurt nach Altona gestrichen und durch einen verspäteten Ersatzzug ersetzt. Erfreulicherweise wurden die Reservierungen übernommen, nur war die Sitzplatzverteilung anders als im ursprünglichen Zug, waren unsere Plätze nicht wie gebucht gegenüber. Das bekamen wir aber hin. Schließlich wurde der Halt in Harburg gestrichen, hielt der Zug dann aber doch. Ich entschied mich trotzdem, weiter nach Altona in die Wohnung zu fahren und bekam sogar einen Bus, konnte das Geld für's Taxi sparen.

Schäfchen fährt nach Hause. 

Und wer mit mir fährt, muss auch damit klar kommen, dass ich beim Halt in Hanau aus dem Zugfenster blicke und sage: "Ach guck', vom Gleis nebenan fuhren die Deportationszüge ab ..."

Schade ist, dass unklar ist, ob es ein elftes Yarncamp geben wird. Dieses Jahr war es extrem schwer, Sponsoren zu gewinnen und das Barcamp kostendeckend zu organisieren, außerdem sind die Organisatorinnen extrem eingespannt (das Leben neben dem Internet kann gelegentlich extrem lästig sein). Ich wünsche ihnen und uns, dass sich vieles zum Guten wendet und es weiterhin unseren Safe Space geben wird.

Im Rückblick auf das Yarncamp fand ich es schade, dass es dieses Jahr kaum Session zum Inhalt der Goodie-Bag gab, Anleitungen für die enthaltene Wolle fehlten. Natürlich hätte ich spätestens am Qualitätssonntag danach fragen können, aber es fiel mir halt erst nach der Rückkehr auf. Natürlich kann ich mir selber Anleitungen suchen. Es ist mehr so ein Früher-war-mehr-Lametta-Gefühl. 

Dieser Beitrag geht rüber zum Freutag. Vielen Dank für's Sammeln! / *Affiliate links

Mittwoch, 27. September 2023

Das Yarncamp 2023: Tag eins - endlich wieder Yarncamp mit Anfassen!

Nach drei Jahren coronabedingter Pause, die mit Online-Yarncamps gefüllt wurde, fand das 10. Yarncamp wieder in Präsenz statt - mit Knuddeln, Anfassen und Wollegrabbeln. Es war ein Fest!

Endlich wieder Yarncamp live und in Farbe!

Veranstaltungsort war wieder das Haus des Buches, und ich hatte Glück, ein Zimmer im Spenerhaus zu bekommen. So waren der Veranstaltungsort, aber auch die Kleinmarkthalle, die Schirn, interessante Geschäfte und verschiedene Lokale in Laufnähe, konnte ich mich ins Hotel zurückziehen, wenn es mir zu viele Leute waren. 

Diesmal gab's zwei Goodie-Bags statt einer, und noch eine Tasche von Katia.

Fester Bestandteil des Yarncamps ist die Goodie-Bag, die auch in diesem Jahr wieder üppig ausfiel und mir wieder Wollhersteller bescherte, die ich noch nicht kannte. Besonders gefreut habe ich mich, dass mit Gründl ein alter Bekannter zum ersten Mal als Sponsor dabei war. Die Wolle verstricke ich gerne, wie ein Klick in die Suchfunktion des Blogs zeigt. Sie ist zudem leicht für mich zu bekommen, während ich für andere Garne weit laufen muss oder sie nur online bekomme (das ändert sich mit dem Umzug, denn dann habe ich zwei Wollgeschäfte in Laufnähe). In der Session, in der sich das Unternehmen, das auf dem Yarncamp durch die vierte Generation vertreten war, war ich zwar nicht, hörte aber anschließend begeisterte Berichte von Teilnehmerinnen.

Endlich wieder Yarncamp! Schäfchen kann's kaum erwarten und freut sich besonders, dass wir ab Hannover eine wunderbare Reisegefährtin haben.

Zu den Sponsoren gehörten auch Addi, Dortex, Lana Grossa, Katia, Pascuali, Prym, Woolly Hugs, Gedifra, Schachenmayr und Eddna (vermutlich habe ich jemanden vergessen) sowie viele Privatpersonen. 

Sobald etwas Ruhe einkehrt, werde ich Mosaikhäkeln ausprobieren (also realistisch gesehen, nie, weil Ruhe, was ist das?). Die Effekte begeisterten mich sofort. 

Mosaikgehäkeltes von links ... 

... und von rechts.

Nachdem alle Teilnehmerinnen (Männer sind mitgemeint) eintrudelten, gab's eine Vorstellungsrunde, und dann begann die Sessionplanung. Ich muss ja aktuell sehr darauf achten, mich nicht zu überfordern und sorgte dafür, dass ich immer wieder Pausen hatte, obwohl es so viele spannende Themen gab.

Da sieht es noch ganz harmlos aus ... 

So hatte ich denn dann auch die Muße, den Büchertisch vom Stiebner-Verlag zu studieren und die Titel, die mir gefielen, in der Buchhandlung des Vertrauens zu bestellen. Dieses Internetz im Taschentelefon ist schon toll.

Der Anfang ist geschafft und war auch gar nicht schwer. Aber was dann folgt, hat es in sich. 

Toll war auch das Körbehäkeln mit Caros Fummeley von Addi, die natürlich ein eigenes Yarncamp-Modell auflegten - inkl. lasergravierter Häkelnadel! Beim Häkeln ist allerdings jede Masche schwer erkämpft, und manche strickte unter vollem Körpereinsatz - Zunge inklusive. Wir wussten sehr schnell, warum die Häkelnadel eine Spitze hat. Mir gefallen die Körbe sehr gut. Ich könnte mir vorstellen, zwei für's Fensterbrett im alt-neuen Badezimmer zu häkeln, muss dafür aber noch sehr an meiner Technik feilen. Aktuell kämpfe ich noch immer mit dem Yarncamp-Korb. Ursprünglich wollte ich es Sonnabendabend im Hotel zu Ende häkeln, musste dann aber aufhören, weil mir die Hände zu weh taten, ich die Häkelnadel nicht mehr halten konnte. Generell hätte ich Lust, Upcycling-Körbe zu häkeln mit Garn aus Videofilmen, Plastiktüten oder alten T-Shirts. Irgendwann. Wenn's ruhiger ist. Die Göttinnen fallen gerade lachend um.  

Der Büchertisch vom Stiebner-Verlag mit vielen spannenden Titeln.

Erstmals machte ich auch das "Bembel-Yoga" mit - die Übungen waren auch dringend notwendig nach dem Körbehäkeln. Die Session wurde auch in den Vorjahren angeboten, aber ich konnte mir nichts darunter vorstellen, Yoga ist nicht so meins, nahm deswegen nicht teil. Es ist aber kein Yoga, wenngleich es eine Yoga-Übung gab, und Marco, der Yarncamp-Fotograf, prompt uns alle bei "Katze und Kuh" einfangen musste. Es sind vielmehr Entspannungsübungen, die alle gut gebrauchen können, die viel im Sitzen arbeiten. Das tat gut! Einiges werde ich übernehmen - ja, auch und besonders die "Bembel"-Übung.   

Nein, das ist nicht gestrickt oder gehäkelt: Ossobuco vom Kalb mit Gremolata und frischen Tagliatelle.

Nach dem ersten Tag ging's in guter Gesellschaft zum Essen ins Metropol. Das war wesentlich schöner als das ursprünglich geplante Fischbrötchen auf dem Hotelzimmer.

Samstag, 23. September 2023

Samstagsplausch KW 38/23: Leben und Arbeiten in Corona-Zeiten CLXXXIV

"Ich genieße diese letzten warmen Tage so sehr", sagte der Gatte oft in dieser Woche. Also genossen wir am Wochenende die Sonne auf der Terrasse, bis sie unterging und es zu kalt wurde, wenngleich der Gatte ein schlechtes Gewissen hatte, weil er so viel zu tun hat. Das kann er jedoch auch noch tun, wenn es regnet. Außerdem muss wirklich dringend nur das erledigt werden, was nach dem Umzug nicht mehr gemacht werden kann: Das Streichen der Holz-Paneele im Wohnzimmer und das Anbringen des Fliesenspiegels in der Küche. Ansonsten sind Wände und Böden soweit gemacht, kann alles andere auch noch erledigt werden, wenn wir eingezogen sind. Das sage ich dem Gatten immer wieder, wenn er sich zu sehr stresst. 

Am Wochenende war Rosh haShana, da wird u.a. ein Apfel in Honig getunkt. Bei uns kam der Apfel natürlich aus unserem Garten.

Sonnabend sichteten wir die Müllhaufen, die der ehemalige Gärtner hinterließ: Verschimmelte belegte Brötchen, jede Menge Pfand, halbleere Flaschen, Kippen, eine halbe Schachtel Zigaretten, kaputtes Werkzeug... Wie fertig kann man sein?! Ansonsten war es ein ruhiger Tag. Ich war trotz neun Stunden Schlaf erschöpft von der Woche, hätte gerne Mittagsschlaf gehabt, aber wir waren so spät einkaufen, da passte das dann irgendwie nicht mehr. 

Den Sonntag nutzte ich zum Aufräumen, zum Dokumentieren des Zustands des Gartens (die letzten Fotos sind zehn Tage alt, und da unter Umständen alles zum Anwalt geht, wollte ich nochmal festhalten, wie es aussieht, bevor der neue Gärtner loslegt), zum Lesen* und Schlafen und für den Vorgarten. Letzten Mittwoch stellte ich erfreut fest, dass die Magnolie nach dem Rückschnitt austreibt. Mal gucken, wie sie sich entwickelt. Sie und der Schneeball bleiben ohnehin stehen, bis wir wissen, wie wir den Vorgarten gestalten, und das kann dauern. Die Neugestaltung des Vorgartens hängt von der Einführung der gelben Tonne ab, denn die muss dann zusätzlich zu drei anderen Tonnen untergebracht werden. 

Als ich abends zur Biotonne im Vorgarten ging, hüpfte mir eine Kröte vor die Füße. Schön, dass es die auch in der alt-neuen Heimat gibt.

Montag fuhr ich mit dem Zug vom alt-neuen Haus ins Büro und wieder zurück. Normalerweise arbeite ich aktuell montags im Heimbüro, aber wir mussten 140 Päckchen packen, und das wollte ich nicht den Kolleginnen überlassen, zumal es um mein Projekt geht (wobei die Kolleginnen am Dienstag kurzerhand den ganzen Rest packten ...). Die Zugverbindung klappte gut. Auf der Hinfahrt plante ich so, dass ich im Idealfall eine Stunde früher im Büro bin und im nicht so idealen Fall noch drei Züge als Puffer habe, falls es wieder Ausfälle gibt. Der Metronom dünnte zwar den Fahrplan aus, um zuverlässiger zu sein, aber auch das klappt nicht immer. Auf der Rückfahrt guckte ich in der App, welche Züge ausfallen, arbeitete entsprechend länger und erwischte dann tatsächlich einen Zug, der fuhr. Er wäre sogar pünktlich gewesen, hätte der Zug im vorderen Gleisabschnitt keinen Defekt gehabt. 

Es war schön, aus der Großstadt wieder in die Kleinstadt in die Ruhe des alt-neuen Hauses zurückzukommen und mit dem Gatten auf der Terrasse in der Herbstsonne zu sitzen.

Montag meldete sich auch der Ex-Gärtner und teilte mit, er sei zwar noch coronapositiv, wolle aber schon mal den Müll wegschaffen. Seine E-Mails hatte er anscheinend noch nicht gelesen. Über die Auftragsstornierung war er nicht erfreut - aus seiner Sicht verständlich. Nur sollten die Arbeiten ja schon seit Anfang August abgeschlossen sein, und jetzt haben wir Mitte September. Er meinte Montag, er könne es bis Ende September schaffen, aber das Vertrauen haben wir nicht mehr. Zum Ausrichten der Zäune bräuchte er zudem einen zweiten Mann, den er nicht hat. Jetzt will er im Laufe der Woche sein Geraffel kontaktfrei abholen, das wir im Gartenhaus zusammenstellen sollen. Das tat ich ja schon am Wochenende. Ich bin gespannt, ob wir alles fanden, denn zum Teil ist sein Werkzeug auch im Haus verteilt, weil er es anfangs dort regensicher lagerte, zum Teil ist es eingewachsen oder unter Eimern mit Erde und anderen Abfällen verschüttet. Vermutlich weiß er selbst nicht mehr, was hier lagert. Mal schauen, wie es sich mit ihm entwickelt. Wir diskutieren ja noch über sein Honorar.

Montag kam auch Post vom neuen Gärtner: Der Vertrag für den Winterdienst samt Freiumschlag, damit wir ein Exemplar zurückschicken können. Das macht alles einen sehr strukturierten Eindruck. Hoffentlich bleibt es so. 

Dienstag hatte ich frei. Vormittags fuhren wir über Land nach Harsefeld zum Ofenbauer. Wir fanden in Rekordzeit einen passenden Ofen - nach knapp 60 Jahren Dänemark-Urlauben wissen wissen wir halt, was uns gefällt - und da wir noch Zeit hatten, bummelten wir durch das malerische Örtchen. Dieses Über-Land-fahren ist noch immer eine große Umstellung für uns. Letztlich sind es knapp 40 km, aber das hieß bisher, dass wir noch immer in Hamburg waren. Dadurch nahmen wir Entfernungen nicht so wahr. 

Nachmittags kam der Dachdecker, leider mit nicht so optimalem Ergebnis. Die Trittstufen zum Schornstein werden kompliziert (und vermutlich teurer als der Einbau des Ofens). Das Fallrohr im Garten wäre möglich, da könnte das Wasser im Garten ablaufen. Im Vorgarten müssten wir aber eine Sickergrube graben lassen, und dafür habe ich momentan keine Kapazitäten. Ich würde auch gerne klären, ob wir die Kosten alleine tragen müssen, denn die Nachbarn profitierten ja auch davon. Beim Bau des Hauses vor 62 Jahren wurden schlichtweg zu wenig Fallrohre angebracht, was immer wieder zu Wasserkaskaden führt, auch, weil Starkregen ja inzwischen mehr Normalität als Ausnahme ist. Leider bietet der Dachdecker keine Reinigung der Regenrinne an, so dass ich da weitersuchen muss. 

Abends fuhr ich nach Hamburg zurück, ausnahmsweise mal ohne Stau. Der Gatte blieb auf der Baustelle. Für die kommenden zehn Tage sind wir getrennt. Bis vor drei Jahren wäre das kein Thema gewesen. Dann kamen Herzerkrankung und Schlaganfall. Könnte der Gatte seinen mobilen Notruf nutzen, wäre mir wohler. Aber das Teil funktioniert ja nur, wenn es in Hamburg auf der Basisstation steht und hilft daher nicht. Nützt ja nichts, ich muss lernen, mit der Ungewissheit zu leben. Ich kann mich ja nicht an den Gatten ketten.

Mittwoch früh wurde Tante operiert. Aktuell wissen wir noch nicht, wie es ihr geht, hoffen, dass keine Nachrichten gute Nachrichten sind, denn andernfalls hätte sich das Krankenhaus bei Schwiegermutter gemeldet. Ansonsten war's ein arbeitsreicher Tag mit reichlich Überstunden - nichts, was mir in meinem momentanen Zustand gut tut, aber: Nützt ja nichts. Mein Mammutprojekt hat im kommenden Jahr ein Jubiläum, das groß gefeiert werden will, und das will organisiert werden. Da muss ich durch - zum Glück nicht alleine, sondern mit Unterstützung der Kolleginnen. 

Auch der Donnerstag war arbeitsreich, aber da ich im Heimbüro arbeiten konnte, sparte ich die Fahrzeit. Nachmittags schaffte ich es noch zum Orthopäden, um vor dem Umzug noch neue Einlagen anfertigen zu lassen - bei den letzten, mit denen ich ohnehin Probleme hatte, brach jetzt auch noch der Federstahl. Die einfachen Einlagen ohne Federstahl waren besser und halten länger. Die Schuhtechnikerin hat so eingeschränkte Öffnungszeiten, dass ich es ausnutzen musste, mal einen ganzen Donnerstag in Hamburg zu sein. Angesichts meiner Maske fragte sie, ob ich krank sei und erzählte, sie habe momentan einige Kundin, die coronapositiv kämen, weil die Infektionszahlen insgesamt gerade einfach steigen. Im Fahrstuhl echauffierte sich eine Frau, dass ich Maske trage. Sie fände das übertrieben. Sie habe Maske getragen, drei Impfungen und sei trotzdem infiziert. Meine Gegenfrage lautet dann: "Warum haben Sie ein Problem damit, dass ich Maske trage?" Dann ist normalerweise Ruhe, zumindest, wenn's keine Quer"denker" sind. Die explodieren dann. 

Nachmittags waren die Klinik-Unterlagen für meine Reha im Briefkasten - samt Termin, der sechs Wochen vor dem bislang prognostizierten liegt. Es sollte sich aber mit Umzug und Wohnungsübergabe ausgehen. Ich hatte mich jetzt schon so auf eine Reha im Frühling eingestellt, dass ich fast enttäuscht war, aber wenn's keine Verlängerung gibt, bin ich zum Hochzeitstag wieder beim Gatten. Das ist auch schön. Außerdem muss sich der Gatte dann nicht alleine um die Übergabe der Wohnung kümmern.

Abends sah ich mich mal eben 80 km fahren, weil ich den Gatten nicht erreichte und deswegen mild panisch wurde. Das ging ihm genauso, denn er erreichte mich nicht, kam aber auf die Idee, mich über's Taschentelefon zu erreichen. Irgendwas stimmte mit dem Festnetzt nicht. Den Gatten über's Taschentelefon zu erreichen, ist müßig, denn es ist entweder leer, ausgeschaltet oder irgendwo, wo er es nicht hört.

Freitag fuhr ich vor Tau und Tag nach Frankfurt zum Strickliesel-Treffen, wie der Gatte das Yarncamp liebevoll nennt. Vor einem Vierteljahr war ich noch überzeugt, dass wir im September umgezogen sein würden und buchte einen Zug ab Harburg, der zudem nicht über Altona fährt. Da wir aber noch im Hamburger Westen wohnen, musste ich vor sieben Uhr los, um den Zug zu erreichen. Aktuell keine Zeit, zu der ich gut funktioniere. Die Nacht war zudem fürchterlich. Ich schlafe mal wieder nur ohne Panikattacken, wenn Radio oder Fernseher laufen, und beides war gerade nicht verfügbar. Der Fernseher im Schlafzimmer ist seit Monaten kaputt, das Radio hatte Empfangsstörungen.

Irgendwie schaffte ich es in den Zug. Zum Glück begleitete mich auf einem Großteil der Strecke eine liebe Strickfreundin. Mit ihrer Hilfe sollte ich es morgen schaffen, in den richtigen Zug zurück zu steigen, und der fährt dann bis Altona durch. Die vielen Menschen und Eindrücke während der Yarncamp-Tage sind für mich sehr stressig. Es wäre vernünftig gewesen, abzusagen, aber es gab so viel, worauf ich mich freute, das ich nicht aufgeben wollte. Und ich hoffe. dass ich vom Yarncamp kein Souvenir in Form von Corona mitbringe. Masken und Tests sind jedenfalls im Gepäck, und Maske trage ich auch strikt, wenn ich unter Menschen bin.  

Hier gilt seit mittlerweile 184 Wochen: Der Gatte und ich sind weitgehend zu Hause. Es geht uns vergleichsweise gut. Wir halten es gut miteinander aus. Im ersten Corona-Jahr wurde der Gatte schwerkrank, im zweiten zeigte sich, dass er nicht mehr gesunden wird, im vierten hatte er einen Schlaganfall. Er ist schwerbehindert und berufsunfähig verrentet. 

Unsere Kontakte sind normalerweise auf das Notwendigste beschränkt, heißt: Arbeit, Ärzte, Einkaufen, Schwiegermutter und Handwerker. Ich bin dankbar, dass Corona uns bislang verschonte und hoffe sehr, das bleibt so. Weiterhin gibt es im Umfeld reichlich Infektionen. Donnerstag meldete sich die Kollegin, neben der ich am Mittwoch einige Stunden lang im stickigen Raum saß, coronapositiv ab. Ich hoffe, ich habe mich nicht angesteckt, denn wieder besseres Wissen trug ich keine Maske. Gott sei Dank sehe ich den Gatten aktuell nicht, so dass er nicht gefährdet ist. Früher war die Kollegin die erste, die beim kleinsten Schniefer auf eine Maske bestand, aber nun ist sie auch in der Normalitätssimulation angekommen. Immerhin testet sie sich bei Symptomen. Ich ärgere mich, dass ich nicht auf mein Bauchgefühl hörte, als ich registrierte, dass sie erkältet ist. Und ich ärgere mich, dass ich im Büro bei Besprechungen seit dem Sommer keine Maske mehr trage, mich davon mitreißen ließ, dass dort niemand mehr Maske trägt. Das muss ich wieder ändern. 

Ich muss mich wohl oder über daran gewöhnen, wieder häufiger Maske zu tragen, um weder den Gatten noch Schwiegermutter oder Tante zu gefährden. Deutschland setzt ja weiterhin auf Eugenik, wenn's um vulnerable Gruppen geht, während in den Nachbarländern wieder Masken und Impfungen propagiert werden.

Inzwischen nehme ich seit zehn Tagen nicht mehr das Diabetes-Medikament, das ich drei Jahre off label bekam, ohne zu wissen, warum, weil die Horror-Hormon-Tante ja hartnäckig eine saubere Diagnose verweigerte. Immerhin nahm ich seitdem nicht zu. Das war meine größte Sorge. Nachdem ich das Medikament bekam, nahm ich ja sehr schnell 35 Kilo ab. Am Essen kann's nicht gelegen haben - ich aß über drei Jahrzehnte weniger als 2.000 Kalorien pro Tag und nahm trotzdem 80 Kilo zu. Erst durch die Hormon-Ersatztherapie, die im Herbst 2020 begann, wurde das gestoppt. Ein paar andere Beschwerden treten jetzt wieder auf oder nehmen zu, aber das kann auch andere Gründe haben. Mal gucken, was die internistische Endokrinologin sagt. In zwei Wochen ist der Termin. 

Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! Über's Kochen und Einkaufen berichte ich in der Kombüse. / *Affiliate link 

Samstag, 16. September 2023

Samstagsplausch KW 37/23: Leben und Arbeiten in Corona-Zeiten CLXXXIII

Wie der Schlafhase genießen auch aktuell
so oft wie möglich den Spätsommer
auf der Terrasse.
Sonnabend fuhren wir von der Baustelle nach Hamburg zurück, denn der Gatte hatte zu wenig Medikamente mit. So kamen wir mal wieder zu einem Wohnungswochenende. Ruhig war es nicht, ich musste einiges im Haushalt schaffen, nutzte das heiße Wetter zum Wäschetrocknen.

Sonntag waren wir mit Schwiegermutter Eis essen. Der Gatte hat sich so sehr daran gewöhnt, in der lindgrünen Hölle Eis statt Tee und Kuchen zu essen, dass er dachte, dass machen wir jetzt auch mal mit Schwiegermutter. Die Idee war gut, die Umsetzung ein Flop. Mir hätte der Quer"denker"-Aufkleber an der Ladentür des einzigen Eiscafés in der Nachbarschaft Warnung sein sollen (die Coronazis sind stark im "Dorf"). Jedenfalls: Die beiden Mädels am Tresen waren komplett überfordert. Keine Ahnung, wie das Eis schmeckt, ich bekam keines. Ich weiß allerdings, dass es sehr weich war, denn ich trug zwei Waffeln mit Eis vom Tresen zum etwa drei Meter entfernten Tisch, und dort angekommen, konnte man das Eis trinken, war mein Shirt voller Eisflecken. Vermutlich stimmte die Kühlung nicht. Da lob ich mir die vier (!) Eiscafés in Laufnähe im zukünftigen Wohnort, die wir regelmäßig frequentieren. Die haben zwar auch immer höllisch viel zu tun, wissen aber wenigstens, was sie tun - und servieren keinen Amarena-Becher ohne Amarena-Eis. Stattdessen gab's Karamell-Eis. Da verzichtete ich. Ich muss ja ohnehin noch 70 Kilo abnehmen. Immerhin: Schwiegermutter hatte einen schönen Nachmittag, und ich wurde mit einem Stück Marzipantorte im Restaurant ihrer Seniorenwohnanlage mehr als entschädigt. Dorthin ging's nach dem Eiscafé-Besuch, denn schön sitzen konnte man dort nicht, und es reizte uns nach dem Eis-Reinfall nicht, dort den Kaffee zu probieren. 

Sonntagabend teilte der Gärtner mit, er habe Corona und käme vorerst nicht. Das war der Punkt, an dem es uns reichte mit dem Kerl. Ich mailte ein halbes Dutzend Hausmeister- und Gartenbaufirmen an, alle die auch Winterdienst anbieten, und, weil wir ja den Müll aus dem Garten loswerden müssen, auch den Entrümpler, der uns letztes Jahr beim Haus half. Damit kontaktierte ich in der Woche dann ein Dutzend Gartenbau- und Hausmeisterfirmen. Ich bekam vier Antworten: Zwei sind interessiert, einer hat keine Kapazitäten, einer bietet keinen Winterdienst an. Die anderen antworteten erst gar nicht, weder auf Anrufe noch auf Mails. Der Entrümpler schrieb fast umgehend nordisch-knapp: "Wir gucken uns das an!" 

Montag fuhr der Gatte wieder auf die Baustelle. Ich fuhr nach drei Wochen Abwesenheit wieder ins Büro und merkte schnell, dass es noch zu früh ist. Ich versuche aber, durchzuhalten. Ich bin total gerührt von meinen Kolleginnen. Damit z.B. der Betriebsausflug für mich nicht zu anstrengend wird, wollten sie mich auf der Terrasse platzieren mit Essen & Trinken und sich alle 15 Minuten zu meiner Unterhaltung abwechseln, damit mir nicht langweilig wird. Mir war aber schnell klar, dass ich den ganzen Betriebsausflug nicht durchhalte. Stattdessen fuhr ich nur zum abendlichen Grillen. Die Kollegin, die mich vertritt, hatte den Laden gut im Griff. Das habe ich auch nicht anders erwartet. Sie wirbelt fleißig weiter, um mich weiter zu entlasten, damit mir die Arbeit ja nicht zu anstrengend wird. Dabei ist es ja nicht die Arbeit, die mich aus der Bahn warf. Kommende Woche packen alle Kolleginnen mit an - bzw. ein. Bei meinem Mammutprojekt gab es eine Verlosungsaktion, und die Rückmeldungen waren so viele, dass wir fast untergehen. Weil sich alle Einsender so viel Mühe gaben, haben wir entschieden, dass jeder einen Preis bekommt, und müssen nun eine dreistellige Anzahl von Paketen packen. Dabei helfen viele Kolleginnen. Der Zusammenhalt im Team ist wirklich toll. Großartig ist auch die Wandlung des Ansehens meines Mammutprojektes im Team. Ich bekomme immer wieder zu hören, dass es ohne mein Mammutprojekt die Abteilung gar nicht mehr gäbe. Bis vor vier Jahren war das Projekt eher ein lästiges Übel.

Dienstag war der Kammerjäger wegen des Wespennests vorm Schlafzimmer da. Während der Gatte mit ihm auf dem Balkon stand, um das Nest zu zeigen, sah er die Entrümpler-Crew durch den Garten stapfen - ich hatte ihnen vorgeschlagen, einfach vorbeizuschauen, wenn sie in der Nähe sind. Der Chef kam zu dem Ergebnis, dass sie alles abfahren außer den Gartenabfällen. Was für eine Erleichterung! Er machte uns auch gleich auf handwerkliche Fehler des Gärtners aufmerksam. Mal gucken, ob der nächste Gärtner das beheben kann. Und er fragte nach dem Namen des Gärtners - "damit wir wissen, wen wir nicht empfehlen!" Ich ahne, der Gärtner wird im Landkreis so schnell keine Aufträge mehr bekommen. 

Dienstag nahm ich zum letzten Mal das Diabetes-Medikament, das ich seit drei Jahren off label verschrieben bekommen habe, ohne dass es eine klare Diagnose dafür gibt. Nachdem ich von der Horror-Hormon-Tante zu einer anderen gynäkologischen Endokrinologin wechselte, sah ebenso wenig eine medizinische Indikation wie meine Hausärztin oder die Gynäkologin, verschrieb es mir aber noch einmal. In vier Wochen habe ich einen Termin bei einer internistischen Endokrinologin, die mir vielleicht sagen kann, ob ich das Medikament weiterhin nehmen muss - und warum ich es überhaupt bekomme. Bis dahin bin ich gespannt, ob ich das Absetzen des Medikaments merke. Seit zwei Nächten habe ich wieder Schüttelfrost und Nachtschweiß, aber das kann auch andere Gründe haben. Ich habe zudem Angst, wieder zuzunehmen, weil der Hormonhaushalt wieder durcheinander gerät.

Mittwoch früh kam Gärtner IV. Der Regen schreckte ihn nicht, nur den angebotenen Kaffee lehnte er ab, weil "Wir arbeiten wegen des Wetters heute im Lager. Da gibt es zu viel Kaffee." Gärtner IV hat einen kleinen Betrieb hier in der Nachbarschaft und macht einen guten, pfiffigen Eindruck. Er bietet auch Winterdienst an. Sein Angebot sagte uns zu. Er war entsetzt, dass die Geräte von Gärtner III seit nunmehr einem Vierteljahr Wind und Wetter ausgesetzt sind - ich sah, dass es ihn fast schon körperlich schmerzt. "Das geht doch alles kaputt!", meinte er verärgert. Abends sagte ich Gärtner III ab und setzte ihm eine Frist zur Rückzahlung der Material- und Entsorgungskosten sowie zur Abholung seines Geraffels. Wir vermuten, dass er die Frist wie die beiden vorherigen verstreichen lassen wird. Der Gatte freut sich daher schon über eine Motorsäge (das einzige Werkzeug, das der Gärtner in unserer Küche lagerte), Leiter und Schubkare und hofft, dass er in dem Müllhaufen im Garten noch den Kreuzlinienlaser findet, von dem der Koffer ebenfalls in der Küche steht. In zwei Wochen legt Gärtner IV los. Über die Anzeige gegen Gärtner III denken wir aktuell noch nach. Ich weiß nicht, ob ich die Nerven dafür habe.

Anschließend ging's zum Amtsgericht, da zwei Lebensversicherungen ja auf einem Erbschein bestehen entgegen der geltenden Rechtsprechung, dass ein notariell eröffnetes Testament ausreiche. Obwohl ich beim Terminieren extra fragte, ob ich Unterlagen mitbringen muss, vergaß man mir zu sagen, dass ich meine Heiratsurkunde benötige sowie die Erbschaftssteuererklärung. Beides kann ich zum Glück nachreichen. Die Ausstellung des Erbscheines wird ein paar Monate dauern und einen vierstelligen Betrag kosten - ich bin gespannt, ob die Summe durch den Erlös der einen Lebensversicherung überhaupt gedeckt wird, denn da ist unklar, ob ich die Einlage, die meine Mutter leistete, überhaupt ausbezahlt bekomme. Das Ding ist ziemlich halbseiden. Die zweite Lebensversicherung ist ohnehin meine, die von meiner Mutter auf mich überschrieben werden muss, was auch nur mit Erbschein geht. 

Donnerstag hatte der Gatte seinen vierteljährlichen Termin beim Diabetologen und kam ziemlich irritiert nach Hause: Während seine Hausärztin sagte, der HbA1c-Wert habe sich drastisch verschlechtert, war der Diabetologe begeistert davon, wie sich der Wert verbesserte! Sein Wert war ein anderer als der der Hausärztin, obwohl beide den gleichen Laborbefund vorliegen hatten. Wir fragen uns jetzt, ob womöglich Patienten verwechselt wurden, auch, weil der Gatte mit dem Rezept für eine Mitpatientin nach Hause kam ... Andererseits kann es natürlich sein, dass sich der HbA1c-Wert des Gatten verbesserte, denn durch das Haus hat er ja sehr viel mehr Bewegung: Die vielen Treppen, die Spaziergänge ins Dorf ... Der Gatte denkt immer öfter über eine Reha nach - endlich! Nach der letzten Reha war er ja wieder so fit, dass er acht Kilometer am Stück laufen konnte, während wir jetzt froh wäre, wenn achthundert Meter gingen. Besser werden seine Einschränkungen nicht, an eine Heilung ist erst recht nicht zu denken, aber der Erhalt des Status Quo wäre schon viel. 

Freitag war ich beim Zahnarzt wegen der Entzündung. Die Vertretung befand, es müsse nichts beprobt werden, alles sei gut abgeheilt. Scheint also doch nicht der bösartige Tumor zu sein, nachdem vor zwei Jahren gesucht wurde ... Ganz so gut abgeheilt ist die Entzündung noch nicht; es war Zufall, dass beim Zahnarzt gerade nichts zu sehen war. Mal gucken, wie es sich entwickelt.

"Ich merke erst jetzt, wie dunkel unsere Wohnung ist", sagte der Gatte gestern, als wir uns im Haus trafen, denn wir verbringen das Wochenende natürlich auf der Baustelle. Früher erschien uns die Wohnung nie wirklich dunkel, zumal wir die Bäume vorm Balkon mögen, mir im Haus sogar der Schatten fehlt, weil von Nachbarn alte Bäume gefällt wurden. Aber seitdem die Holzpaneele geweißt sind (okay, bis auf die im Wohnzimmer, da muss ich noch ran) und die Treppenhäuser, die Teakmöbel weg sind und der Kirschlorbeer vorm Esszimmerfenster, seitdem die Schichten von Gardinen und Teppichen weg sind, ist das Haus wirklich unglaublich licht und hell. In meinem Arbeitszimmer ist es mir schon zu hell, denn dort habe ich noch keine Plissees, funktioniert der Rollladen gerade nicht, weil sich im Schalter ein Kabel lockerte. Eine Kleinigkeit, die ich selbst reparieren kann, nur muss ich es tun.

Ich bin froh, dass ich diese Woche überstand, denn ich merkte ja Montag schon, dass ich zu früh anfing, wieder zu arbeiten. Selbst die kleinste Belastung verursacht noch immer Schwindel und Panik. Ich mag aber einfach nicht mehr krank sein ... Ich achte mehr als sonst auf Pausen, merke aber, dass ich sehr wirr bin, massive Wortfindungsstörungen habe. Zum Glück stehen momentan keine Interviews, Vorträge oder andere öffentliche Auftritte an.

Hier gilt seit mittlerweile 183 Wochen: Der Gatte und ich sind weitgehend zu Hause. Es geht uns vergleichsweise gut. Wir halten es gut miteinander aus. Im ersten Corona-Jahr wurde der Gatte schwerkrank, im zweiten zeigte sich, dass er nicht mehr gesunden wird, im vierten hatte er einen Schlaganfall. Er ist schwerbehindert und berufsunfähig verrentet. 

Unsere Kontakte sind normalerweise auf das Notwendigste beschränkt, heißt: Arbeit, Ärzte, Einkaufen, Schwiegermutter und Handwerker. Ich bin dankbar, dass Corona uns bislang verschonte und hoffe sehr, das bleibt so. Weiterhin gibt es im Umfeld reichlich Infektionen. Ich muss mich wohl oder über daran gewöhnen, wieder häufiger Maske zu tragen, um weder den Gatten noch Schwiegermutter oder Tante zu gefährden. Deutschland setzt ja weiterhin auf Eugenik, wenn's um vulnerable Gruppen geht, während in den Nachbarländern wieder Masken und Impfungen propagiert werden. Immerhin: Der Gatte wurde von seiner Hausärztin schon auf die Corona-Impfung angesprochen, Er wird sich aber nicht impfen lassen. Jede Impfung setzt ihn eine Woche außer Gefecht mit hohem Fieber und neurologischen Ausfallerscheinungen (Corona ist ja keine reine Atemwegserkrankung). Heißt für mich, wieder mehr Maske, weniger Kontakte und selbstverständlich die inzwischen sechste Impfung, um damit auch den Gatten zu schützen. 

Schwiegermutter und Tante geht's gut. Tante rief Sonntag an, um sich für Fotos vom Heide-Ausflug samt Karte zu bedanken. Sie freut sich immer so sehr über Post von uns, sagt, das täte ihr so gut, und ich freue mich, dass sie sich freut. Eigentlich sollte sie heute wieder Post bekommen, aber das schaffte ich nicht. Tante bereitet sich weiterhin auf die OP vor, hatte gestern wieder einen Termin im Krankenhaus, ist irritiert, weil das Krankenhaus auf einen Corona-Test besteht. Zum einen irritiert sie, dass sie getestet werden soll, weil Corona doch vorbei ist (ein Hoch auf die erfolgreiche Normalitätssimulation, in der wir seit April leben), zum anderen weiß sie nicht, wo sie einen Corona-Test bekommen soll. Morgen werde ich erfahren, wie sie das Problem löste. Schwiegermutter realisiert langsam, dass Corona nicht vorbei ist, erwägt, wieder Maske zu tragen und wurde durch ein Rundschreiben der Ärztin in ihrer Wohnanlage daran erinnert, dass die sechste Impfung ansteht. Da sie ihre Letzte Impfung erst im März bekam, kann sie aber noch zuwarten. Ansonsten besteht Schwiegermutter vehement darauf, uns beim Streichen von Gartenzäunen und Gartenhaus zu helfen. Wir sind weiterhin unsicher, ob wir das wirklich wollen. Schwiegermutter ist davon überzeugt, dass Tante sie Weihnachten und Silvester besuchen wird. Das wäre schön. Mal schauen, wie's kommt.

Die aktuellen Ereignisse in Thüringen entsetzen. Es ist unglaublich, dass CDU und FDP so offen mit der AfD zusammenarbeiten. Die Ereignisse vor 90 Jahren sind quasi eine Blaupause für das, was uns bevorsteht. 

Dieses Wochenende ist Rosch ha-Schana. Ich werde einen Apfel von unserem Apfelbaum pflücken, ihn in Honig tunken, ein Gebet sprechen und auf ein gutes, süßes neues Jahr hoffen - wider besseres Wissen.  

Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! Über's Kochen und Einkaufen berichte ich in der Kombüse

Freitag, 15. September 2023

#12von12 im September 2023

Caro von "Draußen nur Kännchen" sammelt jeden Monat am 12. des Monats 12 Impressionen des Tages - vielen Dank dafür! 

#1: Balkonblick. Auch wenn ich die Fensterblicke im alt-neuen Haus sehr mag, werde ich den Balkonblick und vor allem die Eichhörnchen, die fast bis auf den Balkon kommen, vermissen.

#2: Der laszive Kissen-Hase darf liegenbleiben. Leichtfuß-Hase, Schäfchen und Schnuffi II kommen mit.

Heute ist Dienstag, und ich fahre in einer langen Mittagspause aus dem Büro auf die Baustelle. Morgen Vormittag habe ich einen Termin in der lindgrünen Hölle. Da ist es entspannter, vom alt-neuen Haus zu starten als durch den Elbtunnel zu fahren, denn wenn ich einen Termin einhalten muss, brennt garantiert ein Lkw oder bricht aus anderen Gründen der Verkehr zusammen. Ich habe heute Glück und brauche am frühen Nachmittag keine 45 Minuten - die übliche Fahrzeit, komplett staufrei. Das ist selten.

#3: Heute mal mit der S-Bahn ins Büro. Die Bahn bleibt natürlich nicht so leer.

#4: Warten auf die Kollegin, die zur Besprechung den Kaffee mitbringt.

#5: Das wird sich auch nicht mehr ändern.
#6: Da versteckt sich ein Hase.

#7: Der Gatte kämpft mit dem Treppenpodest, das nicht richtig auf die Kellertreppe passt.

#8: Das Treppenpodest braucht er, um Lampen zu montieren, damit auch die Kellertreppe ausgeleuchtet ist. Aktuell ist es sehr funzelig.

#9: Vorbereitungen für's Abendessen. Es gibt Bangers and mash with onion gravy.

#10: Ich lese gerade "Gefilte Fisch*" von Max Fürst über seine Jugend in Königsberg und kann mir zwei Begriffe nicht herleiten. Google hilft leider nicht. 

#11: Der tägliche Kampf gegen die Kohlenhydrate.

#12: Vor dem Einschlafen noch etwas lesen*.

Das Rezept zum Tag ist verlinkt. Der Blick zurück in die ersten beiden Corona-Jahre: Am 12. September 2020 war unser Dänemark-Urlaub zu Ende, war der Gatte noch gesund. Am 12. September 2021 machten wir den ersten Urlaub seit Erkrankung des Gatten und waren im gleichen Ferienhaus wie im Vorjahr. Am 12. September 2022 waren wir zum letzten Mal auf Mallorca. Weitere Urlaube dort wird es nicht geben; der Gatte verträgt das Klima nicht mehr. / *Affiliate link

Samstag, 9. September 2023

Samstagsplausch KW 36/23: Leben und Arbeiten in Corona-Zeiten CLXXXII

Auf der Baustelle geht's langsam vorwärts. Sorgen macht uns weiterhin der Gärtner, der seit vier Wochen fertig sein sollte und ausgesprochen unverlässlich ist (Dienstag schrieb ich mehr dazu). Vorgestern versetzte er uns, gestern war er aber tatsächlich da und stellte das Häuschen fertig - rechtzeitig, bevor es kommende Woche regnet. "Am Wochenende können Sie es einräumen", sagte er. Schön wäre es. Zum einen muss ich es erst streichen, zum anderen liegen diverse Müllhaufen im Weg. Montag will er angeblich den Müll entsorgen und dann bis zum kommenden Montag alle Arbeiten beendet haben. Wir sind gespannt, zumal es ab Dienstag wieder regnen soll, und der Gärtner bei Regen nicht arbeitet.  

Das Streichen des Hauses und der Zaunelemente steht also bald an und wird ein Problem: Die Teile hätten gestrichen werden müssen, bevor sie verbaut wurden. So können wir jetzt nur noch die Seiten streichen, die zu uns zeigen, nicht die Rückseiten. Dazu müsste ich in den Nachbargarten. Lässt sich nicht ändern. Hätte geändert werden können, wenn der Gärtner alle Zaunelemente auf einmal geliefert hätte. Natürlich hätten wir ihn auch mit dem Streichen beauftragen können, aber er ist jetzt schon Wochen im Verzug (bei der Erfahrung, die er angeblich im Aufbau von Gartenhäusern hat, hätte er auch selbst darauf kommen können, dass die Elemente vorher gestrichen werden müssen). Jetzt wollen wir das Projekt nur noch vorm Winter irgendwie zu Ende bringen, haben den Auftrag auch schon verkleinert. 

Dadurch, dass der Gärtner keine weiteren Aufträge bekommen wird und weil wir einen Winterdienst brauchen, telefoniere ich mich gerade quer durch Gartenbaubetriebe und Hausmeisterservices im Landkreis. Das ist mühsam. Bislang erreichte ich nur Anrufbeantworter und bekam keinen Rückruf. In den kommenden beiden Wochen habe ich dafür eigentlich keine Zeit, aber nützt ja nichts. 

Wir haben einen Termin mit dem Dachdecker wegen ein paar Kleinigkeiten (hoffentlich bleibt es bei Kleinigkeiten) und der Fliesenleger-Termin ist avisiert. Der Kaminbauer, den der Heizungsbauer empfahl, war da und gab sein Okay zum Kamineinbau. Ich muss nur ein Holzpaneel entfernen. Kommende Woche suchen wir uns einen Kamin aus, und dann habe ich den Spaß, Heizungsbauer (Abbau des Kohleofens) und Kaminbauer (Einbau des Kaminofens) zu koordinieren. Yeah. Oder so. Beide Firmen sind sich nämlich noch nicht einig, wer für den Abbau des alten Kohleofens zuständig ist. 

Der neue Brenner arbeitet. Wir hatten die ganze Woche heißes Wasser. 

Kommende Woche kommt ein Kammerjäger wegen eines Wespennests vor dem Schlafzimmerfenster. Wenn das entfernt ist, kann ich die Holzfliesen auf dem Balkon verlegen. Ich habe mich erst jetzt um das Nest gekümmert, weil sich die Wespen und ich bislang arrangierten. Nur seit letztem Wochenende kommen sie ins Schlafzimmer. Die Biester sind außerdem nachtaktiv. Meine Schlafstörungen sind hilfreich: Ich kann nachts auf Wespenjagd gehen ...    

Auch wir kamen im Haus weiter: Im Gäste-WC hängt endlich ein Spiegelschrank. Der Gatte ist glücklich, weil er sich rasieren kann. Für das Badezimmer baute der Gatte zwei Unterschränke zusammen. Das Bad gefällt uns immer mehr. Die Schränke müssen noch angepasst werden, um den Pfusch der Baubrigade auszugleichen. Die Montage der Oberschränke wird schwieriger. Sie sind einerseits sehr schwer, und andererseits muss der Gatte erst die Elektroinstallationen vornehmen. 

Ich habe versucht, das Apfelbaum- und das Vorgartenbeet freizulegen, bin aber noch nicht fertig, weil das geeignete Werkzeug fehlt. Es ist in dem Haufen, der eigentlich schon seit vier Wochen im Gartenhaus eingeräumt sein sollte. Ich weiß jetzt aber, dass die Grünabfall-Abholung mit Schnüren funktioniert. Das sind teuer bezahlte Bindfäden, die man um Äste und alles, was nicht in Papiersäcke passt, wickelt. Wir waren skeptisch, dass das klappt, aber drei Bündel Äste wurden mitgenommen.

Ich habe die PVC-Fliesen im Keller verlegt und bin bis auf eine paar Frickel-Ecken fertig. Vielleicht schaffe ich die heute, bevor es ungeplant wieder nach Hamburg zurückgeht, weil der Gatte sich bei seinen Medikamenten verschätzte, Nachschub braucht. Einiges muss ich auch mit Montagekleber nacharbeiten, denn die PVC-Fliesen kleben schlecht. Durch die viele Zeit, die ich im Keller verbrachte, fiel mir einiges auf. Ich fürchte, das Abwasser-Fallrohr rostet. Darauf sollte mal ein Klempner einen Blick werfen, bevor wir in dem Kellerteil den Vorratskeller einrichten. Andererseits sieht das rostige Teil schon seit Jahren so aus ... Ich sprach meine Mutter öfter darauf an, aber es kam nur ihre Standardantwort: "Das interessiert mich nicht. Das könnt ihr alles von meinem Erbe reparieren lassen." Nun denn.  

Ich habe geprüft, ob ausreichend Fliesen für den Spiegel in der Küche geliefert wurden - erfreulicherweise habe ich mich nicht vermessen. Durch die Neugestaltung der Küche brauchen wir auch nicht mehr die ganze Fläche, die der alle Fliesenspiegel einnahm, lassen aber dennoch die gesamte Fläche fliesen, falls wir die Planung ändern müssen.

Ansonsten war ich hauptsächlich mit Aufräumen und Putzen beschäftigt, versuchte, das allgegenwärtige Baustellen-Chaos etwas zu bändigen.   

Vor dem Rathaus der lindgrünen Hölle steht ein Backenzahn, und er sprüht Wasser ... 

Hier gilt seit mittlerweile 182 Wochen: Der Gatte und ich sind weitgehend zu Hause. Es geht uns vergleichsweise gut. Wir halten es gut miteinander aus. Im ersten Corona-Jahr wurde der Gatte schwerkrank, im zweiten zeigte sich, dass er nicht mehr gesunden wird, im vierten hatte er einen Schlaganfall. Er ist schwerbehindert und berufsunfähig verrentet. 

Unsere Kontakte sind normalerweise auf das Notwendigste beschränkt, heißt: Arbeit, Ärzte, Einkaufen, Schwiegermutter und Handwerker. Ich bin dankbar, dass Corona uns bislang verschonte und hoffe sehr, das bleibt so. Weiterhin gibt es im Umfeld reichlich Infektionen. Ich muss mich wohl oder über daran gewöhnen, wieder häufiger Maske zu tragen, um weder den Gatten noch Schwiegermutter oder Tante zu gefährden. Deutschland setzt ja weiterhin auf Eugenik, wenn's um vulnerable Gruppen geht, während in den Nachbarländern wieder Masken und Impfungen propagiert werden. Immerhin: Der Gatte wurde von seiner Hausärztin schon auf die Corona-Impfung angesprochen, Er wird sich aber nicht impfen lassen. Jede Impfung setzt ihn eine Woche außer Gefecht mit hohem Fieber und neurologischen Ausfallerscheinungen (Corona ist ja keine reine Atemwegserkrankung). Heißt für mich, wieder mehr Maske, weniger Kontakte und selbstverständlich die inzwischen sechste Impfung, um damit auch den Gatten zu schützen. 

Ab Montag werde ich wieder arbeiten, bin aber unsicher, ob das eine gute Idee ist. Immerhin hatte ich zwei Tage ohne Schwindel oder Panik, fallen mir nicht mehr ständig die Augen zu, sind die Herzschmerzen seltener geworden. Die Nächte sind aber weiterhin schlaflos. Meine Hausärztin würde mich ja gnadenlos bis zum Reha-Beginn Mitte / Ende Februar krankschreiben, aber das halte ich für keine gute Idee. Ich möchte mein Projekt nicht verlieren, die Struktur und die Kolleginnen fehlen mir. Sollte ich aber keinen ganzen Arbeitstag durchstehen, muss ich weiterhin kürzertreten. Die kommenden beiden Wochen werden zudem hektisch mit ständigem Pendeln. Das strengt zusätzlich an. 

Da wir in dieser Woche fast komplett auf der Baustelle waren, saß ich abends oft lange auf der Terrasse und guckte in den sternenklaren Himmel. Ich mag diese Tage, an denen noch die Hitze des Sommers spürbar, der Herbst aber schon ahnbar ist (davon abgesehen, dass es viel zu warm für September ist). Eigentlich wollten wir im Büsenbachtal spazieren gehen, der Gatte nahm sogar extra seine Wanderschuhe mit, aber dafür war's zu heiß. Er schaffte es aber schon wieder, zu Fuß ins Dorf zu laufen, wenngleich der Rückweg manches Mal zu lang wurde. Mir fiel der Weg diese Woche manches Mal auch schwer, weswegen ich mich automatisch fragte, ob meine Herzbeschwerden wirklich psychosomatisch sind. Nun, die Zeit wird es zeigen.

Als ich unlängst mit Mudderns Apfelbaum-Freundin wegen der Abholung der Äpfel sprach, sagte sie, das Haus wäre licht und hell geworden (sie war da, um eine Postkarte mit ihrer Telefonnummer vorbeizubringen, und man kann uns in die Fenster gucken). Wenn wir in der Wohnung sind, fällt uns seit einiger Zeit auch immer wieder auf, wie dunkel unsere Wohnung im Vergleich zum Haus ist. Früher war das Haus dunkler: Teakmöbel, dunkle Holzpaneele, dunkle Teppiche, Gardinenschichten - es kam kaum Licht rein. Eine der besten Entscheidungen war es, das Treppenhaus weiß zu streichen. Das macht so viel aus! 

Wir haben eine Umzugswoche festgelegt, um ein Ziel zu haben, auf das wir hinarbeiten. Ich bezweifle allerdings, dass wir es schaffen werden ... Aber das Pendeln zwischen zwei Wohnsitzen übersteigt nach einem Jahr einfach unsere Kräfte. Wir brauchen eine Perspektive, dass sich das irgendwann mal ändert. 

Ansonsten habe ich weiterhin Spaß mit Mudderns zweiter Bank, der Bank, die gesetzeswidrig auf einen Erbschein besteht. Die Bank will jetzt außerdem monatlich eine Unterschriftenprobe und schafft die Umstellung auf's Online-Banking nicht. Außerdem ist die Bank der Ansicht, ich wäre meine Mutter und hätte meinen Namen geändert. Dafür soll ich jetzt auch Nachweise vorlegen. Einmal mit Profis ... Aber im Gebührenkassieren ist die Bank ganz groß.

Schwiegermutter geht's gut. Der Gatte, der ja vor einem Jahr Eiscafés für sich entdeckte, lud sie für morgen zum Eisessen ein. In Hamburg ist das zwar schwieriger als in der lindgrünen Hölle, wo wir vier Eisdielen in Laufnähe haben, aber er beschloss, dass sie sich notfalls mit einer Eistüte auf irgendein Mäuerchen setzen - sofern eines frei ist ... Ansonsten ist Schwiegermutter aufgeregt, weil sie als Probandin für eine klinische Studie zu ihrer Augenerkrankung ausgewählt wurde und dafür kommende Woche zum ersten Mal in die Klinik muss. Leider kann sie niemand von uns begleiten. Ziel der Behandlung ist es, ihre fortschreitende Erblindung zu stoppen. Bislang wird diese Erkrankung in Deutschland nicht behandelt, schon gar nicht bei alten Menschen. In der Studie wird eine amerikanische Behandlungsform getestet.  

Tante war aufgrund ihrer Schmerzen im Krankenhaus. Eigentlich hat sie kommende Woche ihren OP-Termin, aber gerade habe ich den Eindruck, sie wird ihn nicht wahrnehmen. Ich habe ihr diese Woche Fotos vom Gatten-Geburtstag geschickt und hoffe, sie freut sich darüber. Es ist so schade, dass die Zeiten, in denen sie dabei sein konnte, vorbei sind! Nun, machen wir das Beste aus der jetzigen Zeit. Nützt ja nix. 

Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! Über's Kochen und Einkaufen berichte ich in der Kombüse

Dienstag, 5. September 2023

#WMDEDGT 09/23: Herbst-Veilchen

Heute ist wieder der fünfte Tag des Monats, und Frau Brüllen fragt "Was machst Du eigentlich den ganzen Tag?Was machst Du eigentlich den ganzen Tag?", kurz WMDEDGT? Vielen Dank für's Sammeln!

Die Nacht ist unruhig. Eigentlich sollte es mir langsam besser gehen, aber die Schlafstörungen sind hartnäckig. So werde ich weit vorm Radiowecker wach, döse und höre Radio. Kurz denke ich, die Müllabfuhr zu hören, aber das wird sich als Irrtum herausstellen. Aufstehen und vor lauter Verspannungen kaum in den aufrechten Gang kommen.

Um halb acht wecke ich den Gatten und setze Kaffee auf. Beim Kaffeetrinken sinnieren wir darüber, was wir mit dem Garten machen. Der Gärtner ist nicht mehr erreichbar. Gestern haben wir ihm eine Frist gesetzt, die angefangenen Arbeiten zu beenden, aber darauf reagiert er nicht. Zum Arbeiten kam er seit zwei Tagen nicht mehr, und auch heute, den dritten Tag, wird er nicht kommen. Der Garten ist eine Müllhalde. Die Müllhaufen hätten schon seit gut acht Wochen weg sein sollen. Mittlerweile sind sie mit Gras überwuchert. Das Gartenhaus ist halb fertig, aber wir haben keinen Überblick, ob der Gärtner überhaupt alle Teile lieferte. Sein Werkzeug steht und liegt herum, ebenso sein Müll (Kippen, Pfandflaschen, Brottüten), bunt gemischt mit unserem Werkzeug, das er einfach nutzte (und zum Teil zerbrach). Der Blick in den Garten macht depressiv und wütend. Wir überlegen, ob wir jetzt schon einen neuen Gärtner suchen, um wenigstens das Gartenhaus winterfest zu bekommen, aber der Gatte schlägt vor, noch eine Woche zuzuwarten. Bis dahin haben wir mit Glück in dem Chaos den Bauplan gefunden (oder einen vom Hersteller bekommen) und einen Überblick, ob alle Teile für den Bau des Gartenhauses da sind, wir es selbst fertigstellen können. Und dann müssen wir uns um die Rückzahlung der Anzahlung kümmern, denn es sind ja nicht alle vorausbezahlten Materialien geliefert worden bzw. Dienstleistungen erfolgt. Das wird ein Spaß!

Der Gatte trabt zum Brötchenholen. Bei der Rückkehr stellt er fest: "Früher hätte ich auf dem Weg mindestens zwei Zigaretten geraucht!" Er ist jetzt in der fünften Woche zigarettenfrei und zurecht stolz darauf. Aber es fällt ihm noch oft schwer. Er ist überzeugt, dass er es diesmal schafft. Ich wünsche es ihm.

Während des Frühstücks meldet sich das Büro des Dachdeckers, bei dem ich gestern anfragte. Man ist nicht grundsätzlich abgeneigt, einen kleinen Auftrag zu übernehmen. Das ist erfreulich, denn wie bei allen Gewerken gilt auch hier: Am liebsten nur Neubau / Großaufträge. Wir brauchen aber nur gereinigte Dachrinnen, ein neues Fallrohr und Trittstufen für den Kaminkehrer. Ich soll Fotos mailen, weil: "Dann können die Jungs sich das schon vorher angucken und vielleicht schnell erledigen, wenn sie vor Ort sind." Sicherheitshalber setzt die Telefondame hinzu, ich müsse nicht aufs Dach klettern: "Es reicht, wenn Sie den Schornstein von unten fotografieren." Soll sein. 

Nach dem Frühstück wasche ich ab, zum ersten Mal heute. Als ich das Handtuch weghänge, zucke ich kurz zusammen: Es riecht nach meiner Mutter. 

Der Gatte geht in den ersten Stock, um sich um die Badezimmerschränke zu kümmern, während ich in den Keller gehe, um alles für die Verlegung der PVC-Fliesen vorzubereiten. Nachdem der Boden so gut wie möglich gesäubert und die Grundierung aufgetragen ist, geht's in den Garten. Morgen werden Grünabfälle abgeholt, und da will ich schauen, dass ich das Apfelbaumbeet und den Vorgarten Gierschfrei bekomme. Außerdem gingen ja leider Schneeball und Magnolie ein, und da will ich so viel wie möglich zurückschneiden. Eigentlich sollte sie der Gärtner ausgraben, das wird ja aber nun nichts, und bis ein neuer Gärtner gefunden ist, soll's einigermaßen ordentlich aussehen. Im Oktober will ich außerdem Hasenglöckchen setzen, und auch dafür muss die Fläche frei sein. Ich komme gut voran und bin entgeistert, wie trocken die Erde ist. Das war unter dem ganzen Giersch und Gestrüpp nicht zu sehen. Ich freue mich, als ich zwischen Giersch und Gestrüpp ein Herbst-Veilchen entdecke. Das muss meine Mutter noch gesetzt haben, vor Jahren, als sie Zimmerpflanzen noch in den Garten setzte, nicht einfach nur die Töpfe in die Beete warf.  

Ein Herbst-Veilchen, das meine Mutter pflanzte.

Pause mit dem Gatten, der auch gut vorankommt, aber flucht, weil jeder Unterschrank angepasst werden muss. Die Waschbecken scheinen keine EU-Norm zu haben ...

Wir gucken in den Garten und denken daran, dass es im letzten Jahre ein permanentes "Plopp" als Hintergrundgeräusch gab: Der Apfelbaum trug so stark und warf quasi im Minutentakt Äpfel ab. In diesem Jahr trägt er nach kräftigem Rückschnitt nicht so viel, dafür können wir jetzt die ersten großen Früchte ernten - könnten, denn dafür müssten wir über die Müllberge klettern. 

Wir reden wieder über den Gärtner, beschließen eine Anzeige, wenn er sich nicht meldet und die Arbeiten nicht beendet. Ich schicke ihm eine weitere Nachricht, und diesmal reagiert er, schreibt, wann er die Arbeiten beenden will. Wir sind gespannt. Das wäre ja nicht der erste Zeitplan, den er nicht einhält. Ich morse den Bekannten an, der den Gärtner empfahl, ein ehemaliger Mitarbeiter ist. Er ist entsetzt über meine Schilderung. Vor zwei Jahren hatte der Gärtner noch vier Mitarbeiter, jetzt arbeitet er alleine. Inzwischen weiß ich: Alle Angaben auf seiner Homepage stimmen nicht mehr, und die letzten Referenzbilder stammen aus 2021. Dann muss er irgendwie falsch abgebogen sein. Wir beschließen, eine Firma für den Winterdienst zu beauftragen. Das wollten wir letzten Winter schon machen, vergaßen es aber. Morgen kümmere ich mich darum. Zum Glück weiß ich schon, welche Firma es werden wird - sofern die Firma will.

Wieder zurück zum Heimwerken: Ich gucke, ob die Grundierung trocken ist. Ist sie, also verlege ich den ersten Quadratmeter. Mit Blick auf die Uhr beschließe ich, im Vorgarten weiterzumachen, damit bis zum Abend alle Grünabfälle an der Straße stehen. Eine Nachbarin brachte die geleerte Biotonne mit, die ekelhaft stinkt und gesäubert werden muss. Normalerweise würde ich das im Garten mit dem Schlauch machen, aber der ist unter dem Müll verborgen. An die Nachteile der Biotonne wie Gestank und Maden muss ich mich erst gewöhnen.

Der Gatte erinnert daran, dass wir noch einkaufen müssen. Also kurz umziehen und zum Auto, denn angesichts der Temperaturen und der Aktivitäten, die der Gatte heute schon leistete, möchte ich ihm den Fußweg ersparen, um ihn nicht zu überanstrengen. Der Gatte besteht auf den Besuch im Eiscafé, also gibt es Banana Split statt Tee und Kuchen. Im Eiscafé sprechen wir wieder über den plötzlichen Tod unseres Zahnarztes, von dem ich am Freitag erfuhr. Wir sind beide noch immer fassungslos. 

Wieder zu Hause, arbeite ich weiter im Vorgarten, unterbrochen vom Anruf des Kammerjägers, der ein Wespennest entfernen soll. Laut Versicherung soll das binnen 24 Stunden geschehen. Der Kammerjäger kommt nächsten Dienstag. Bis dahin muss ich mich mit den Wespen im Schlafzimmer arrangieren, aber da ich nachts eh nicht schlafe, kann ich auch Wespen erlegen.

Kurz vor 18 Uhr beschließen wir, dass es für heute reicht und lassen den Abend auf der Terrasse ausklingen. Zwischendrin bestelle ich noch das Essen für Donnerstag und Freitag beim Schlachter und schicke die gewünschten Fotos samt Aufgabebeschreibung an den Dachdecker. 

Zum Abendessen grillt der Gatte Rumpsteaks. Ich steure Ofen-Kartoffeln bei. Bis nach Einbruch der Dunkelheit auf der Terrasse sitzen, Ruhe, Abendhimmel und Sternenhimmel genießen, dann früh ins Bett. Vorm Einschlafen lese* ich noch etwas. Bewegung und fehlender Tagesschlaf sollten mir zu Nachtschlaf verhelfen, aber das wird vermutlich wieder nichts. Der Gatte überlegte heute, wann ich das letzte Mal nicht müde oder erschöpft aussah. Er kam auf den letzten Dänemark-Urlaub. Der war vor zwei Jahren.

Der Blick zurück in die ersten beiden Corona-Jahre: Am 5. September 2020 urlaubten wir in Dänemark, waren auf der Suche nach Kreuzkümmel, war der Gatte noch gesund. Am 5. September 2021 waren der inzwischen kranke Gatte und ich zum ersten Mal seit seiner Erkrankung im Urlaub und ruhten uns am ersten Urlaubstag nach einer anstrengenden Anreise aus. Am 5. September 2022 bereiteten wir uns auf die juristische Übernahme des alt-neuen Hauses vor. / *Affiliate link