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Samstag, 24. Februar 2024

Samstagsplausch KW 08/24: Leben und Arbeiten in Corona-Zeiten CCVI

Nach fünf Wochen Reha bin ich wieder zu Hause. Zwar hätten sich die Ärzte gefreut, wenn ich ihren Vorschlag um Verlängerung zugestimmt hätte und noch ein, zwei weitere Wochen geblieben wäre, aber ich war unruhig, weil wir bis Ende März ja unsere Wohnung geräumt haben müssen, der Vermieter sie sogar schon in der ersten März übergeben haben möchte, um sie zu sanieren, während wir noch Miete zahlen. Da setzt er mich ja seit Anfang Januar sehr unter Druck. Ich muss also bis Ende März jede Menge Termine wahrnehmen, zumal es jetzt auch langsam im Büro in die heiße Phase geht. Da wäre ich in der Reha nicht wirklich entspannt.

Hinzu kam, dass ich in der Reha noch schlechter schlief als zu Hause, wo ich zumindest im Zwei-Stunden-Rhythmus schlafe. In der Klinik sorgte nächtliches Knacken und Knallen in den Wänden dafür, dass ich trotz Ruhe und Entspannung nachts ständig aufwachte. Ich dachte in den ersten Nächten, jemand klopft an meine Tür, dann, jetzt bin ich endgültig durchgedreht. Schließlich fragte ich Mit-Rehabilitanden, ob's bei ihnen in den Wänden auch knackt und knallt. Beruhigenderweise hörten sie das Knacken und Knallen auch, wurden dadurch aber nicht so am Schlafen gehindert wie ich. Vermutlich gibt's im Gebäude ein Problem mit den Heizungsrohren. Ich hätte mir Schlaftabletten geben lassen können, die richtig heftige Sorte, aber das wollte ich nicht.

Trotz der unruhigen Nächte konnte ich nach langer Zeit mal wieder zur Ruhe kommen und entspannen, war auch phasenweise schmerzfrei. Gerne hätte ich längere Spaziergänge unternommen, aber meistens regnete es ohne Unterlass. So genoss ich den Ausblick auf den Wald in meinem Zimmer, las, sah fernsehen und strickte viel. Am Schluss strickte ich ein Paar Socken in zwei Tagen ... Ich lernte nette Mit-Rehabilitanden kennen, hatte Glück mit meinen Therapie-Gruppen, blieb aber trotzdem meistens für mich, genoss es, mich mal nur um mich kümmern zu können.

Wieder zu Hause, hatte ich noch zwei Urlaubstage, von denen wir einen für die Küchenplanung nutzten. Darum werde ich mich dann ab April kümmern, denn momentan habe ich dafür noch keinen Kopf. Außerdem setzte der Kaminbauer einen Termin. Er wollte schon im Januar kommen, aber weil ich ohnehin mehr als genug Termine vor der Reha wahrnehmen musste, hakte ich da nicht nach. Jetzt hätte ich es schöner gefunden, wenn der Kaminbauer erst kommt, wenn wir die Küche schon haben, denn das Küchengeraffel steht im Wohn- und Esszimmer, wohin der Kamin soll, aber ich will den Einbau auch nicht schieben, sonst haben wir zum kommenden Winter immer noch keinen Kamin. Der Schornsteinfeger muss ihn ja noch abnehmen, wofür wir Trittstufen zum Kamin brauchen, die wir noch nicht haben, weil wir keinen Dachdecker finden ... Außerdem muss ich vermutlich aus Bandschutzgründen noch ein Regal versetzen und Holzpaneele entfernen, aber dazu gibt es widersprüchliche Infos, so dass ich das erstmal aufschiebe, bis der Schornsteinfeger da war. 

Und weil mir anscheinend Handwerkertermine fehlten, muss zeitnah wieder der Klempner kommen. Wir haben eine Leckage in der Zuleitung von Wasserkasten zur Toilette ... Nichts dramatisches, kann aber nicht so bleiben. Außerdem muss der Elektriker wieder kommen. Die Umzugsleute haben bei der Montage eines Deckenventilators Murks gemacht. Als der Gatte ihn anschaltete, flogen sämtliche Sicherungen raus. Zum Glück haben wir inzwischen einen modernen und sauber beschrifteten  Sicherungskasten, so dass der Gatte schnell wieder Strom hatte.

Insgesamt hätte ich in den beiden Tagen nach der Reha gerne mehr geschafft ... Ich hoffe, dass es ab April ruhiger wird. 

Ach ja, unser 22. Hochzeitstag war auch ein Grund, warum ich die Reha nicht verlängern wollte. So konnte ich an diesem Tag mit dem Gatten zusammen sein. Ich bin sehr glücklich, dass er tatsächlich fünf Wochen ohne mich meisterte. In den letzten beiden Tagen war aber auch deutlich zu merken, wie viel Kraft ihn das kostete. 

Hier gilt seit mittlerweile 206 Wochen: Der Gatte und ich sind weitgehend zu Hause. Im ersten Corona-Jahr wurde der Gatte schwerkrank, im zweiten zeigte sich, dass er nicht mehr gesunden wird, im vierten hatte er einen Schlaganfall. Er ist schwerbehindert und berufsunfähig verrentet. Es geht uns dennoch  vergleichsweise gut. Wir halten es gut miteinander aus, wenngleich die Erkrankungen und der Schlaganfall des Gatten zu Wesensveränderungen führten, die ein Zusammenleben manchmal sehr schwer machen. 

Unsere Kontakte sind normalerweise auf das Notwendigste beschränkt, heißt: Arbeit, Ärzte, Einkaufen, Schwiegermutter und Handwerker. Ich bin dankbar, dass Corona bislang Gatten, Schwiegermutter und Tante verschonte und hoffe sehr, das bleibt so. 

Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! Über's Kochen und Einkaufen berichte ich in der Kombüse

Montag, 19. Februar 2024

Ausgelesen: Bücher im Januar 2024

In den ersten Tagen des neuen Jahres las ich die "Pech und Schwäfel"-Reihe* vom Autorenkollektiv "Robin Fuchs*" zu Ende. Mitte des Monats erschien der sechste Band, "Tod im Eis*", aber ich mache gerade eine Kindle-Pause, weil ich einen ganzen Stapel analoger Bücher hier liegen habe. Beim Pendeln ist der Kindle sehr praktisch, weil ich ein Buch nach dem anderen lesen kann, nicht Nachschub mitschleppen muss, wenn ich weiß, dass ein Buch ausgelesen ist, bevor ich an das nächste komme. Seit Monatsmitte bin ich ja in der Reha, bin also nie weit vom nächsten Buch entfernt (hier gibt es außerdem eine Bibliothek und eine Büchertauschecke, im Dorf ist ein Büchertauschhaus - ein Paradies!). Außerdem will der Tolino mal wieder genutzt werden. Der schmollt sonst. 

Die bislang zweibändige Reihe um den Kieler Hauptkommissar Frank Reuter, geschrieben von Harald Jacobsen*, spielt ausschließlich während der Kieler Woche, so dass zwischen den einzelnen Bänden immer ein Jahr vergeht. Erschreckend ist, wie schlampig das Korrektorat ausfiel. Das bin ich vom Gmeiner-Verlag nicht gewohnt! Im ersten Band, "Mordsregatta*", fehlen bei einigen Sätze Wörter, gibt es doppelte Verneinungen, so dass Aussagen ins Gegenteil verkehrt werden. Im zweiten Band, "Kielbruch*", werden die Namen der Ermittler kräftig durcheinander gewirbelt. So heißt Florian Koller plötzlich Keller mit Nachnamen, während Jens Vogt auf einmal den Vornamen Sven trägt und einmal auch noch das Geschlecht wechselt. Das Mordopfer wurde zudem als Kind nicht adoptiert, sondern adaptiert. Muss solche Schlampigkeit sein?! 

Die Reihe "Tee? Kaffee? Mord!" von Ellen Barksdale* ist nett, und so las ich auch den 25. Bad mit Vergnügen. In "Tod im Morgengrauen*" geht's um den Esoterik-Guru Jason Abrahams. Er lädt seine Anhänger nach Earlsraven ein, weil dort ein übernatürliches Ereignis von besonderer Bedeutung stattfinden soll. Das "Black Feather" ist komplett ausgebucht. Doch kurz vor dem großen Tag wird eine Journalistin tot aufgefunden - war es wirklich Selbstmord? Nathalie und Louise fangen an zu ermitteln, denn möglicherweise hat ihr Tod viel irdischere Gründe, als es zunächst den Anschein hat. 

Anspruchsvoller ist "Landgericht*" von Ursula Krechel*. Auf das Buch wurde ich durch den gleichnamigen zweiteiligen Film aufmerksam. Den ersten Teil sahen wir am Freitag vor meiner Abreise in die Reha, und da ich nicht wusste, welche Fernsehsender ich in der Klinik empfangen kann, lieh ich mir das Buch aus. Hinter der fiktiven Gestalt des Juristen Richard Kornitzer und seiner Familie verbergen sich Robert Michaelis und seine Familie. Kornitzer wird als Jude aufgrund der NS-Rassegesetze 1933 aus dem Staatsdienst entlassen. Seiner nichtjüdischen Frau Claire und ihm gelingt es 1938, die beiden Kinder nach England bringen zu lassen. Die geplante gemeinsame Auswanderung von Kornitzer und seiner Frau scheitert, ebenso wie der Plan, die Kinder nachzuholen. Kornitzer kann nach Kuba emigrieren, verliebt sich dort und wird erneut Vater. Der Kontakt zu Frau und Kindern bricht ab. Die Kinder glauben gar, die Eltern wären tot. Claire Kornitzer überlebt am Bodensee, wohin auch ihr Mann nach Kriegsende kommt. Der Versuch, die beiden Kinder zu sich zu holen und wieder eine Familie zu werden, scheitert. Kornitzer wird wieder Jurist, muss aber erleben, wie Alt-Nazis protegiert werden, während ihm mit Misstrauen begegnet wird. Sein Kampf um Entschädigung, sogenannten Wiedergutmachung, scheitert. Das Buch ist sehr eindrücklich, poetisch-lakonisch geschrieben und bestimmt nicht das letzte, das ich von Krechel las.  

Zur Erholung las ich Band 27 der Reihe "Tee? Kaffee? Mord!" von Ellen Barksdale*. Da die Bände aufeinander aufbauen, merkte ich, dass ich Band 26 verpasste. Den bekomme ich aber erst im März über die Onleihe. In "Waidmannstod*" quartierte sich eine Gruppe Jäger im "Black Feather" ein. Sie wollen den weißen Hirsch jagen, der angeblich rund um Earlsraven gesichtet worden ist. Nathalie und ihre Freunde sind entschlossen, es nicht so weit kommen zu lassen und folgen den Männern in den Wald. Doch schnell wird klar, dass es bei dieser Jagd nicht mit rechten Dingen zugeht - und die Jäger in Wahrheit die Gejagten sind.

Sehr gerne hätte ich "Der blaue Koffer der Familie Samosch*" von David Dambitsch* zu Ende gelesen, aber auf Seite 78 entschied sich der Tolino, nur noch zehn Seiten weise umzublättern. Ich muss mal schauen, ob ich in der Bücherei die Druckfassung bekomme. Dambitsch zeichnet die Geschichte seiner jüdischen Familie von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Ende der 1970er Jahre nach, die Geschichte moderner Europäer, die aufgrund von Antisemitismus und nationalsozialistischer Herrschaft aus ihren Lebensentwürfen gedrängt, ihrer Habe, ihrer Heimat und teilweise ihres Lebens beraubt wurden. Das Unrecht, das ihnen widerfahren ist, wurde im Nachhinein relativiert und infrage gestellt. Während des NS-Regimes teilten sich die drei Cousins Fritz, Walter und Hans die Besitzrechte an der Familienbuchhandlung im damaligen Breslau. Walter lebte zu der Zeit schon im damaligen Palästina, Fritz floh in die Niederlande, wurde im KZ inhaftiert, aber dank des Mutes seiner österreichischen Frau gerettet. Hans wurde zum Verkauf der Buchhandlung gezwungen, floh mit seiner Ehefrau ebenfalls in die Niederlande, beide wurden von dort deportiert und schließlich für tot erklärt. Nach dem Krieg entsteht ein Briefwechsel zwischen Walter und Fritz. Es geht darin um das Überleben und um Lastenausgleich für das verlorene Geschäft. Doch auch der Käufer der Buchhandlung unter dem NS-Regime hat Ansprüche auf Lastenausgleich gestellt. Dieser Streit währt bis Ende der 1970er Jahre, als Walter längst gestorben ist und Fritz schon aufgegeben hat. Vertreter der Täter und der Opfer kommen in Briefen zu Wort.

Seelenfutter.

Also wandte ich mich den mitgebrachten analogen Büchern zu und las als erstes das Nikolaus-Geschenk des Gatten, "Steckerlfischfiasko*" von Rita Falk*. Wir mögen beide die Eberhofer-Reihe sehr. Im mittlerweile 12. Band liegt auch noch Steckerlfischkönig höchstselbst und mausetot in der clubeigenen Spa-Landschaft des Golfclubs. Eberhofer ermittelt unter dubiosen Volksfestclans und golfenden Schickimicki-Typen, während seine Lebensgefährtin Susi Gmeinwieser ganz andere Pläne hat: Sie kandidiert als Bürgermeisterin, was beim aktuellen Dorfoberhaupt hochgradig nervöse Zuckungen auslöst. Leider ist der Wahlausgang ein fieser Cliffhanger.

Die Sörensen-Reihe von Sven Stricker* gehört zu den Büchern, die ich auch gedruckt haben möchte, nachdem ich sie in der Onleihe las. Die ersten drei Bände schenkte mir der Gatte zum Geburtstag, und der dritte Band "Sörensen am Ende der Welt*" durfte mit in die Reha. Kommissar Sörensen, gerade erst endgültig von Hamburg in das nordfriesische Katenbüll umgezogen, gibt die Hoffnung auf, in der Provinz Ruhe zu finden. Im Koog wird eine Leiche gefunden – erstochen mit einem Schraubenzieher. Und der letzte Mensch, der den Toten lebend gesehen hat, ist spurlos verschwunden: der junge Ole Kellinghusen, werdender Vater und ein guter Freund von Sörensen. Der immer noch unter seiner Angststörung leidende Ermittler stellt fest: Die Angst kennt viele Gesichter. Und der Tote hat sich jahrelang auf das Ende der Welt vorbereitet – nur nicht auf sein eigenes.

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Sonntag, 18. Februar 2024

Samstagsplausch KW 07/24: Leben und Arbeiten in Corona-Zeiten CCV

Die letzte Woche meiner psychosomatischen Reha liegt hinter mir. Im Laufe der kommenden Woche geht's wieder nach Hause - endlich. Die Zeit in der Reha-Klinik war schön und sehr hilfreich, wirklich, aber ich schlafe hier noch schlechter als zu Hause, und der März hält viele Herausforderungen bereit, die sich langsam zu einer Riesenwelle auftürmen. Damit ich die Welle einigermaßen brechen kann, entschied ich mich gegen eine Reha-Verlängerung, was ich im Laufe der Woche kurz bedauerte. Aber angesichts der Aufgaben, die mich zu Hause erwarten, habe ich ich keine Ruhe mehr für ein oder zwei weitere Reha-Wochen. Im März werden wir noch zwischen Haus und Wohnung pendeln. Im April können wir hoffentlich endlich im Haus und in der alt-neuen Heimat ankommen, und da ist ja auch noch reichlich zu tun. Ich möchte endlich wieder das Gefühl haben, zu Hause zu sein. Und ich möchte den Hochzeitstag mit dem Gatten verbringen. Der wäre zwar auch in die Klinik gekommen, damit wir zusammen sein können, aber nochmal möchte ich ihm die für ihn lange Fahrt nicht zumuten.

Auf dem Klinikgelände gibt es einen "Monsterfriedhof". Manche Monster bekommen Rosen und Lilien.

Ich werde für ein halbes Jahr die Reha-Nachsorge in Anspruch nehmen, bekam sogar eine Verordnung für Reha-Sport. Ich hätte nicht gedacht, dass das bei einer psychosomatischen Reha geht. Ich hoffe, dass es mit der psychologischen Nachsorge in einer arbeitsnahen Einrichtung in Hamburg klappt. In der lindgrünen Hölle gibt es leider kein entsprechendes Programm, obwohl das Kreiskrankenhaus eine psychiatrische Tagesklinik hat. Die kümmert sich aber nur um Akut-Fälle. Den Reha-Sport kann ich hoffentlich in der alt-neuen Heimat machen. Dann muss ich nur noch meine Arbeitstage entsprechen legen und alle anderen Termine um die Reha-Nachsorge herum organisieren, aber es wird noch einige Wochen dauern, bis die Nachsorge anläuft. Außerdem soll es die Möglichkeit geben, einmal jährlich am vorbeugenden Programm "RV-Fit" teilzunehmen, und das werde ich nach Möglichkeit machen. 

Hier gilt seit mittlerweile 205 Wochen: Der Gatte und ich sind weitgehend zu Hause. Im ersten Corona-Jahr wurde der Gatte schwerkrank, im zweiten zeigte sich, dass er nicht mehr gesunden wird, im vierten hatte er einen Schlaganfall. Er ist schwerbehindert und berufsunfähig verrentet. Es geht uns dennoch  vergleichsweise gut. Wir halten es gut miteinander aus, wenngleich die Erkrankungen und der Schlaganfall des Gatten zu Wesensveränderungen führten, die ein Zusammenleben manchmal sehr schwer machen. 

Unsere Kontakte sind normalerweise auf das Notwendigste beschränkt, heißt: Arbeit, Ärzte, Einkaufen, Schwiegermutter und Handwerker. Ich bin dankbar, dass Corona bislang Gatten, Schwiegermutter und Tante verschonte und hoffe sehr, das bleibt so.  

Der Gatte war wieder zwei Tage in der Wohnung, um unsere Einbauten zurückzubauen, denn die Wohnung muss ja im Originalzustand übergeben werden. Er schaffte nicht so viel, wie er gerne geschafft hätte. Ich muss mir kommendes Wochenende einen Überblick verschaffen, was noch zu tun ist, denn der Vermieter will ja partout schon in der ersten Märzwoche in die Wohnung, um sie zu sanieren, während wir noch Miete zahlen. Ich bezweifle, dass wir das schaffen, tue aber mein Möglichstes. Bei den abendlichen Telefonaten erzählt der Gatte stolz, was er alles schaffte, und ich lobe ihn nach Kräften. Wir hätten vor fünf Wochen ja beide nicht gedacht, dass er schon wieder so gut auf eigenen Beinen stehen kann!

Schwiegermutter und Tante geht's gut. Schwiegermutter freute sich, dass der Gatte den Valentinstag mit ihr verbrachte. Der Gatte schafft es sogar, gelassen zu bleiben - eine große Leistung für ihn. Er ist so erzogen, dass ihm solche Tage etwas bedeuten, im Gegensatz zu mir, und so fiel es ihm schwer, dass wir nicht zusammen sein konnten. Ein bisschen war ich überrascht, keinen Blumengruß vom Gatten bekommen zu haben, aber er weiß inzwischen, wie ich über solche Ausgaben denke und dass ich mir in der Reha ohnehin jede Woche einen Blumenstrauß holte. Aktuell steht hier eine Schale mit Hyazinthen, denn die lässt sich leichter nach Hause transportieren. Tante rief mich diese Woche an, um sich für Karten und Fotos zu bedanken. Ich habe mich sehr über ihren Anruf gefreut. Tante schwächelte am Wochenende etwas, hatte den Notarzt da, der aber sagte, es sein nichts ernstes, sie müsse daran denken, genug zu trinken. Ich hoffe, sie tut's. 

Von den Kolleginnen kam eine "Gute-Laune-Karte" in die Reha, was ich sehr lieb fand. Meine Vertretung meldete sich zudem, um Termine Ende März abzustimmen und besetzte sich gleich doppelt, für den Fall, dass ich keine Zeit habe. Das fand ich großartig! Das Team weiß ja um meine private Situation. Neben dem Gatten, der Begleitung bei Arztbesuchen braucht, was meine Terminplanung beeinflusst, muss ja noch die Wohnung bis Ende März übergeben werden. Dafür muss auch noch der Sperrmüll terminiert werden. Außerdem muss der Gärtner noch Hochbeete und große Pflanzkübel transportieren. Das muss ich alles terminieren und wahrnehmen - und eigentlich müsste ich auch für mich noch Arzttermine machen ... 

Diese Woche hatte ich tatsächlich auch mal Muße, mein Bankkonto zu prüfen. Es gab eine freudige Überraschung: Mudderns ominöse Lebensversicherung zahlte ohne weiteres Gezicke aus. Der Betrag deckt zumindest die Kosten für den Erbschein, auf den die Versicherung rechtswidrig bestand. 

Ein Vorteil der Reha ist, dass ich es schaffe, ungestört fernzusehen und Radio zu hören. Das genieße ich sehr, und so verbringe ich viel Zeit auf meinem Zimmer. Andere Rehabilitanden klagen über Langeweile, weil es wohl vergleichsweise wenig Freizeitangebote in der Klinik gibt, man ohne Auto quasi festsitzt, aber ich kann mich nicht beschweren, finde die Abgeschiedenheit ebenso himmlisch wie den Dauerregen, der willkommene Ausrede ist, keine Spaziergänge machen zu müssen. Natürlich könnte ich mich anderen Patienten anschließen, aber ich genieße es wirklich, für mich zu sein. Jedenfalls konnte ich durch die Ruhe u.a. die Monitor-Sendung mit einem möglichen Szenario zur Machtübernahme der AfD sehen. Es ist erschreckend, was uns mit drei AfD-regierten Bundesländern ab Herbst blüht. Mittlerweile demonstrierten zwar über 4 Millionen Menschen in über 1.000 Demonstrationen gegen die AfD, aber Schritte aus Politik und Justiz unterbleiben weiterhin. Wir rennen sehenden Auges in einen faschistischen Staat. 

Immerhin wird es morgens schon wieder früher hell und abends später dunkel, zwitschern die Vögel schon wieder.

Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! In der Kombüse ist gerade Blog-Pause.

Samstag, 17. Februar 2024

#12von12 im Februar 2024

Caro von "Draußen nur Kännchen" sammelt wie jeden Monat am 12. des Monats 12 Impressionen des Tages - vielen Dank dafür! Hier kommen meine Februar-Bilder.

#1: Das Kuschel-Rudel freut sich auf den Tag.

#2: Gegen das Regengrau draußen.

Ich bin aktuell in einer Reha-Klinik. Es ist meine letzte Woche. Eindrücke von der Klinik habe ich schon beim Januar-PMDD gebloggt. Heute habe ich viele Therapien (Bewegungsgruppe, wo Ball über die Schnur gespielt wird, Nordic Walking, Krafttraining, Wassergymnastik und Ergotherapie) und Anwendungen (Elektrotherapie, Hydrojet).

#3: Wo muss ich hin? Das Klinikgebäude kann verwirrend sein, wenn man ohnehin schon verpeilt ist. Letztens dachte eine Patientin, sie wäre im zweiten Stock, während sie durch den Keller irrte.

#4: Jedes Schild hat eine Geschichte, und hier gibt es ausgesprochen merkwürdige Schilder. Das hier ist noch eines der normalsten, auch bezüglich Orthographie und Interpunktion. 

#5: Die Ostsee-Tante bekommt einen Brief.

#6: Mittagessen mit Buch*. Es gibt Maccaroni-Auflauf mit Tomatensauce, und beim Dessert werden die Weihnachtsüberbleibsel aufgebraucht. Im Laufe der Woche hab's auch noch Schoko-Deko in Form eines Nikolausstiefels.

Der obligatorische Rückblick in die ersten vier Corona-Jahre: Am 12. Februar 2020 beschäftigen mich meine Wechseljahrsprobleme, stand eine OP an. Drei Jahre später bin ich immer noch mit den Wechseljahren beschäftigt, aber es gibt einen kleinen Hoffnungsschimmer, dass ich keine neue OP brauche. Am 12. Februar 2021 machte ich meinen ersten Corona-Test. Am 12. Februar 2022 waren die Tests schon Routine ... Dabei hoffte ich so sehr, spätestens mit der Impfung würden wir diese Moppelkotze los. Am 12. Februar 2023 war ich vom Pendeln erschöpft, arbeitete noch an der Nesteldecke für meine inzwischen verstorbene Mutter. Inzwischen bin ich mir sicher, dass ich die Decke aufribbeln werde, um Socken daraus zu stricken. 

#7: In der Ergotherapie sollten wir unsere "Monster" formen, um sie bei Bedarf auf dem klinikeigenen "Monsterfriedhof" "beizusetzen". Heute bekam ich mein glasiertes und gebranntes Monster. Pragmatisch wie ich bin, kann meins auch als Kerzenständer, für Nüsschen oder als Vogeltränke genutzt werden. Es bleibt also nicht auf dem Monsterfriedhof, sondern kommt mit nach Hause.

#8: In der Ergotherapie mussten wir heute füreinander 20 gute Wünsche für die ersten 20 Tage nach der Reha aufschreiben. Alle Zettel kamen in eine Kiste, und jede/r zog 20 Zettelchen. Wenn's hilft ... 

#9: Nein, das ist nicht, wonach es aussieht. Die Gurte werden für die Stromtherapie gebraucht.

#10: Auf zur Wassergymnastik.

#11: Endlich Füße hochlegen und stricken.

#12: Vor dem Einschlafen noch etwas lesen*.

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Samstag, 10. Februar 2024

Samstagsplausch KW 06/24: Leben und Arbeiten in Corona-Zeiten CCIV

"Hättest du vor vier Wochen gedacht, dass du das alles alleine schaffst?", frug ich vorgestern den Gatten. "Nein", lautete seine Antwort. Es ist wirklich erfreulich und unwahrscheinlich erleichternd, wie gut der Gatte alleine zurecht kommt! Er schafft jetzt Dinge, die er seit Schlaganfall und seit Herzerkrankung nicht mehr schaffte wie Termine absprechen und einhalten, Behördengänge oder sich ein frisches Abendessen zu kochen. Er traut sich wieder mehr zu und ist zurecht unwahrscheinlich stolz darauf, was er alles schafft!

Das gemeinsame Wochenende war sehr schön. Am Sonnabend liefen wir zehn Kilometer, ohne es zu merken, und als ich es dem Gatten abends sagte, platzte er fast vor Stolz und Freude. Sonst kämpft er ja um jeden Meter. Mal schauen, wie es sich weiter entwickelt. Jedenfalls bekommt dem Gatten meine Reha. 

Das Kuschel-Rudel darf einen seltenen Sonnentag auf der Fensterbank verbringen und hat gerade wieder ein Achtsamtkeits-Entchen zu Besuch.

Mir bekommt die Reha auch, wenngleich ein diese Woche eine Verlängerung ablehnte. So gut mir die Anwendungen, Therapien und Ruhe tun, so sehr brennt mir auch das, was zu Hause zu tun ist, unter den Nägeln. Ich möchte die Wohnung übergeben und endlich im Haus ankommen, die Küche einrichten, die Umzugskartons auspacken ... Erst das alles erledigen und dann in die Reha zu gehen, war ja keine Option, denn dann wäre die Reha frühestens im April möglich gewesen, und das wäre beruflich schwierig geworden (ja, ich weiß, die Reha geht vor). Und für meine Hausärztin bin ich ja schon seit spätestens August letzten Jahres nicht mehr arbeitsfähig. Ich hätte ansonsten keine Probleme, mich dauerhaft in der Reha-Klinik einzurichten, in dieser wohligen Blase des Umsorgtwerdens ...

Diese Woche gab's viel Therapie-Ausfälle, viel Leerlauf. Für mich war das nicht weiter schlimm, bedeutet es doch mehr Zeit zum Lesen und Stricken. Ich fuhr tatsächlich ins Dorf, um Bücher nachzubestellen! Wolle habe ich zum Glück mehr als genug mit. Ich schaffte es zudem, mein "Monster" zu glasieren, wonach es Montag nicht aussah. Ich bin gespannt, wie es aussieht, wenn es gebrannt ist. Ansonsten verabschiedete ich mich gestern von einer netten Mit-Rehabilitandin, die ich am ersten Reha-Wochenende kennenlernte. Ansonsten bin ich in der Klinik sehr für mich, genieße es, dass niemand etwas von mir will, dass ich meine Ruhe habe. Die Menschenmassen samt Geräuschkulisse im Speisesaal sind schon anstrengend genug.

Schwiegermutter und Tante geht's gut. Beide freuten sich über die Postkarten, die der Gatte und ich am Wochenende schrieben. Diese Woche telefonierte ich auch mit meiner anderen Tante, der Schwester meiner Mutter. Die Idee war, sie während der Reha zu besuchen, weil sie in der Nähe wohnt. Sie kam allerdings zu dem Ergebnis, dass bei der aktuellen Wetterlage "dem Kind" die lange Fahrt nicht zuzumuten war, und ich war nicht böse, denn ich habe selbst keine Lust auf lange Autofahrten. Deswegen sind meine Aktivitäten am Wochenende auch sehr beschränkt. Es war unglaublich, welche Wärme mir meine Tante entgegenbrachte, im Gegensatz zu meiner Mutter. Wir wollen sie über ein Wochenende besuchen, wenn das Wetter wieder besser ist. 

Hier gilt seit mittlerweile 204 Wochen: Der Gatte und ich sind weitgehend zu Hause. Im ersten Corona-Jahr wurde der Gatte schwerkrank, im zweiten zeigte sich, dass er nicht mehr gesunden wird, im vierten hatte er einen Schlaganfall. Er ist schwerbehindert und berufsunfähig verrentet. Es geht uns dennoch  vergleichsweise gut. Wir halten es gut miteinander aus, wenngleich die Erkrankungen und der Schlaganfall des Gatten zu Wesensveränderungen führten, die ein Zusammenleben manchmal sehr schwer machen. 

Unsere Kontakte sind normalerweise auf das Notwendigste beschränkt, heißt: Arbeit, Ärzte, Einkaufen, Schwiegermutter und Handwerker. Ich bin dankbar, dass Corona bislang Gatten, Schwiegermutter und Tante verschonte und hoffe sehr, das bleibt so.  

Am Mittwoch war das Simchat-Tora-Massaker vier Monate her. Der 7. Februar war zudem der 23. Geburtstag von Shani Louk, einer Deutsch-Israelin, die zu den Opfern des Massakers gehört. Im Gutman-Museum in Jaffa wurde eine Ausstellung mit Kunstwerken der jungen Frau eröffnet. In dieser Woche wurde auch bekannt, dass 32 Männer, Frauen und Kinder der 136 Hamas-Geiseln inzwischen tot sind. Wann sie geborgen bzw. befreit werden, ist weiterhin unklar. Bekannt wurde auch, dass die AfD-Jugend Deportationen von Juden in Arbeitslager plant. Schon schön. Das Pack nutzt die Ereignisse der 1920er Jahre wirklich als Blaupause, und weder Politik noch Justiz gebieten ihm Einhalt. Es ist schön, dass mittlerweile über 3,5 Millionen Menschen für die Demokratie auf die Straße gingen, aber da die Unterstützung aus Politik und Justiz ausbleibt, bleibt es wirkungslos. Es ist zum Verzweifeln. 

Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! In der Kombüse ist gerade Blog-Pause.

Dienstag, 6. Februar 2024

#WMDEDGT 2/24: Denn der Wind treibt Regen über's Land

Heute ist wieder der fünfte Tag des Monats, und Frau Brüllen fragt "Was machst Du eigentlich den ganzen Tag?", kurz WMDEDGT? Vielen Dank für's Sammeln! 

Ich bin mittlerweile die dritte Woche in der Reha im schleswig-holsteinischen Nirgendwo. Die Klinik liegt seht ruhig. Was manchen Mit-Rehabilitanden zu schaffen macht, ist für mich gerade richtig, wenngleich der Dauerregen nervt. Andererseits bietet er eine willkommene Ausrede, mich vor Waldspaziergängen zu drücken.

Im Vergleich zum letzten Jahr ist die Nacht paradiesisch, schlafe ich einigermaßen durch. Am Wochenende war der Gatte zu Besuch, unterhielten wir uns auch darüber. welche Erleichterung es ist, dass sein Diabetes langsam besser eingestellt ist. Dextrose-Beutel brauchte er schon lange nicht mehr, und wenn, dann allenfalls mal einen, aber nicht mehr diese Massen wie vor einem Jahr. 

Die Tage in der Reha-Klinik beginnen früh: Frühstück gibt's ab 7 Uhr, und da ich um 8 Uhr schon eine Sportgruppe habe, muss ich auch schon so früh essen, ob ich will oder nicht (Sport auf nüchternen Magen ist bei mir keine gute Idee, und die nächste Mahlzeit gibt es erst ab 11:30 Uhr). Ich entscheide mich für einen Tisch mit drei netten Mit-Rehabilitanden, die leider alle demnächst entlassen werden. Wir reden über das Wochenende. Wir waren alle zum Waffelessen im hiesigen Museumskroog. Davon ab merke ich wieder mal, wie vieles mir entgeht, weil ich meistens ganz für mich bin. So hätte ich gestern zum Beispiel Lach-Yoga machen können, am Vortag mit kegeln können, könnte heute Abend Bing spielen. Mit den dreien wird's bestimmt lustig, aber ich weiß schon morgens, dass ich abends lieber alleine sein möchte. Ich genieße es einfach, ungestört für mich zu sein, nicht in Alarmbereitschaft sein zu müssen. Wer weiß, wann ich das nach der Reha wieder kann. 

Sportgruppe mit der Lieblingstrainerin. Wir müssen Tennisbälle mit Plastikbechern werfen und fangen, um die Koordination zu schulen. Mit meiner Koordination ist alles in Ordnung, solange ich nicht Tennisbälle mit Plastikbechern werfen oder fangen muss, aber egal, es macht Spaß. 

Dreißig Minuten Pause, dann fünf Minuten Ultraschall für das linke Knie, das arg unter meinen Verspannungen leidet. Nach drei Wochen unterschiedlicher Therapien komme ich immerhin schon wieder ohne Hüpfen die Treppen rauf und runter, bin immer öfter schmerzfrei. Schon schön.

Fünfzig Minuten Pause, die ich nutze, um im sechsten Takeda-Band* zu lesen und um aus dem Fenster zu gucken, wo der Wind den Regen vor sich her treibt. Ich bin heilfroh über das Zimmer im Altbau, denn es bietet freie Sicht auf den Wald. Die Zimmer im Neubau gehen oft zum Innenhof, wo man wahlweise auf Mauer oder Baustelle guckt. Sie sind Privatpatienten vorbehalten - Kassenpatientin zu sein, kann von Vorteil sein. 

Auf zum Krafttraining, das mich nachhaltig nervt. Vierzig Jahre lang war das mein Sport, nun plötzlich nicht mehr. Ich weiß noch nicht, ob das an den Geräten in der Klinik liegt, mit denen ich einfach nicht zurecht komme, oder ob die Zeit einfach vorbei ist. In einer Gruppe sind knapp 10 Personen, die alle auf die gleichen Geräte warten, und dass man abwechselnd an einem Gerät trainieren kann, setzt sich nicht durch. Ich flüchte irgendwann auf ein Ergometer, das einzige, bei dem ich es schaffe, den Sattel auf meine Größe zu stellen, noch so ein Unding bei den Klinik-Geräten, die lassen sich nicht richtig einstellen bzw. ich bin zu blöd dazu, darf dann aber auf dem Gerät nicht weiter trainieren, weil es gesperrt ist, warum auch immer. Nach dreißig Minuten reicht's mir. 

Endlich raus aus dem Trainingsanzug und duschen. Kaum bin ich fertig, kommen die Reinigungskräfte, um die Handtücher zu tauschen und eine "Sichtreinigung" vorzunehmen. Ich vermute, das heißt, sichtbare Flecken werden entfernt. Jedenfalls hat die Zimmerreinigung durchaus Potenzial nach oben, aber ich bin eine faule Hausfrau, ich kann damit um.

Lesen* und Fenstergucken, bis es um halb zwölf Zeit zum Mittagessen ist. Es gibt Gemüsestrudel mit Rosenkohl und Petersiliensauce. Das Klinik-Essen ist gut, wenngleich ich mich frage, wieso ein Gemüsestrudel eine Gemüse-Beilage braucht, aber gut, Gemüse ist gesund, und ich mag Rosenkohl. Saucen kann die Klinik-Küche genau so gut wie ich: Die Bindung ist Glückssache. Heute ist die Sauce zu dünn, und überhaupt ist eine Becher-Mehl mit getrockneter Petersilie keine Petersiliensauce, aber egal, ich jammere auf hohem Niveau. Das Essen ist gut und abwechslungsreich - in drei Wochen gab's bislang kein Mittagessen zwei Mal. Das ist eine respektable Leistung!

Vom Mittagessen geht's direkt zur Ergotherapie. Diesmal machen wir Collagen, natürlich zu einem vorgegebenen Thema, was mich überfordert, aber egal, da muss ich durch. Wir sehen die "Monster", die wir in der letzten Woche in Ton formten und die jetzt zum ersten Mal gebrannt wurden. Ich entscheide mich, meines zu glasieren, muss aber erfahren, dass das nicht klappt, denn parallel zum einzigen Glasur-Termin ist das Seminar "Angstbewältigung", und das darf ich weder ausfallen lassen noch verschieben. Der Glasurtermin lässt sich auch nicht verschieben. Psycho- und Ergotherapie zoffen sich eine Weile, Ergotherapie unterliegt. Ich muss nun überlegen, ob ich mein "Monster" unglasiert brenne und mitnehme oder ob ich versuche, es in der lindgrünen Hölle in einem Keramik-selbst-bemalen-Laden zu glasieren oder ob ich es mit nur einem Brand im "Monster-Teich" der Klinik versenke. Irgendwie alles doof. Ich möchte mein "Monster" gerne glasiert mitnehmen, denn pragmatisch, wie ich bin, gäbe es eine hübsche Vogeltränke im Garten ab. 

Nun habe ich dreieinhalb Stunden Pause. Der Gatte meldet sich: Er kam gut in der Wohnung an, wo er einen Zwischenstopp macht, weil er am kommenden Tag einen Termin in Hamburg hat. Parallel ruft unser Vermieter an und setzt uns einen Termin zur Wohnungsübergabe. Ich dachte, das Thema hätten wir vom Tisch, als ich Anfang Januar klar machte, dass ich mich Anfang März melde, wenn ich aus dem Krankenhaus zurück bin, aber der Vermieter versucht es weiter, ziemlich dreist, will von dem Gespräch im Januar nichts wissen. Ich werde deutlich, was unser Verhältnis nicht entspannt, aber egal: Vor März tut sich gar nichts. Der Vermieter ist verärgert, will die Wohnung unbedingt sanieren, während unser Vertrag noch läuft, damit er sie ab 1. April gleich weiter vermieten kann. Verständlich, aber für mich nicht machbar. Ich kann mich jetzt einfach nicht darum kümmern, egal, wie sehr er nervt.

Ich lege mich hin und schlafe tatsächlich anderthalb Stunden wie ein Stein, wache rechtzeitig zur Hydrojet-Anwendung auf. Von da geht's direkt zum Abendessen. Wieder im Zimmer, kümmere ich mich um die am Vortag gewaschene Wäsche, die inzwischen trocken ist und weggeräumt werden möchte. Dann Vorabendkrimi und Strickzeug, parallel dazu Hornhautsocken anziehen - putzigerweise tat ich das vor genau einem Jahr auch. Nach der Tagesschau das tägliche Telefonat mit dem Gatten, der in der leeren Wohnung ist, dann fernsehen und stricken, zwischendrin die Hornhautsocken anziehen. Während des heute journals ins Bett und vor dem Einschlafen noch etwas lesen*.

Der Blick zurück in die ersten vier Corona-Jahre: Am 5. Februar 2020 erfasste uns langsam die Coronahysterie in Form von vergriffenen Desinfektionsmittel, ging ich noch davon aus, dass mein Mammutprojekt noch ein paar Monate analog bleibt. Am 5. Februar 2021 gab's schon einen Impfstoff gegen Corona, hatten wir noch die Hoffnung, dass der Gatte gesund wird. Am 5. Februar 2022 wussten wir schon, dass der Gatte nicht mehr gesund wird, waren noch immer mit der Schlafzimmerrenovierung beschäftigt. Am 5. Februar 2023 lebte meine Mutter schon ein halbes Jahr im Pflegeheim, versank immer mehr in Aggression und Wut und nahm langsam vom Leben Abschied. 

 



 



Samstag, 3. Februar 2024

Samstagsplausch KW 05/24: Leben und Arbeiten in Corona-Zeiten CCIII

"Wer sind Sie? Und was haben Sie mit meinem Mann gemacht?", hätte ich gestern fast gefragt, als der Gatte gut gelaunt und erholt wirkend wie schon lange nicht mehr vor mir stand. Die Zeit ohne mich tut ihm anscheinend sehr gut, und das ist erfreulich. Aktuell hat er sich an das Wagnis gemacht, mich in der Reha zu besuchen, so dass wir ein gemeinsames Wochenende verbringen können. Das ist ausgesprochen schön, denn so lange wie jetzt waren wir seit 12 Jahren nicht mehr getrennt. Der Freitag begann allerdings mit meiner Horror-Vorstellung: Die Putzfrau rief aufgelöst an, weil der Gatte ihr nicht öffnete und das Haus dunkel war. Eigentlich soll sie in solchem Fall den Schlüssel aus dem Tresor nehmen und ins Haus gehen, aber sie traute sich nicht, hatte Angst, vor dem, was sie finden könnte ... Ich hatte den Gatten wie üblich geweckt, aber das war mittlerweile zwei Stunden her, und da hätte viel passieren können. Gott sei Dank war nichts passiert! Entweder, der Gatte schlief nochmal tief und fest ein und hörte das Klingeln nicht, oder die Klingel hatte einen Aussetzer, was auch immer. 

Im Hydrojet-Verlies wartete ein Achtsamkeits-Entchen auf mich.

Die Wochentage in der Reha sind gut gefüllt. Die Therapien wirken. Manchmal kann ich schon wieder ganz normal die Treppe runtergehen, weil das Knie nicht mehr zickt, denn die Verspannungen werden weniger. Es gibt auch Nächte, in denen ich sechs Stunden Schlaf am Stück bekomme. Die, in denen ich im Zwei-Stunden-Takt aufwache, sind allerdings noch immer in der Mehrheit, und der Therapieplan ist so gefüllt, dass kein Mittagsschlaf möglich ist. Zwei Mal war ich schon so weit, mich abzumelden, um Schlaf nachzuholen, aber dann ging's auch so.

Das Entchen darf eine Nacht beim Kuschelrudel verbringen.

Ich bin weiterhin gerne für mich, genieße es, meine Ruhe zu haben. Letzten Sonnabend allerdings unternahm ich einen Ausflug mit einer Mit-Rehabilitandin. Wir essen gerne zusammen und unterhalten uns gut, so dass ich sie spontan fragte, ob sie Lust hat, mit zu einem kleinen Museum in der Nähe zu kommen. Das war ein netter Nachmittag! Insgesamt strengen mich Menschen aber weiterhin an, und so verbringe ich meine freie Zeit am liebsten auf meinem Zimmer. Als ich gestern kurz vor Zapfenstreich aus dem Hotel des Gatten wieder zurück in die Klinik kam, war ich dementsprechend überrascht darüber, was hier abends los ist, dass sich Klön- und Spielerunden fanden usw. Eine andere nette Mit--Rehabilitandin rief eine Strickgruppe ins Leben, der ich mich anschließen könnte, wenn mir nach Gesellschaft ist. Ansonsten gibt's abends Kreativ-Workshops, Konzert-Lesungen, Dia-Vorträge, Bingo ... Mal eben irgendwo auf ein nicht-alkoholisches Kaltgetränk hingehen, ist hier nicht. Dafür ist es sehr idyllisch (zumindest, wenn es gelingt, den auf dem Klinik-Gelände lebenden Reichsbürger, der meint, er habe Schießbefehl, ebenso zu ignorieren wie den dörflichen AfD-Treffpunkt - die Ecke hier ist seit jeher dunkelbraun).

Das Entchen freundet sich mit Schnuffi an.

Achtsamkeitstraining ist ja eine beliebte Therapie in der Psychosomatik. Eine Übung ist es, eine Stunde auf eine Rosine zu starren. Diese Übung ging wie das ganze Achtsamkeitstraining bislang an mir vorbei, zum Glück. Es gab wohl noch andere Patienten, die die Rosinen-Übung doof fanden. Sie besorgten kurzer Hand ein paar etwa fingernagelgroße Plastiktierchen und setzten sie in der Klinik aus. Die Tierchen wandern nun durch die Klinik, und bislang machten sie allen, die ich traf, Freude. Nach gut einer Woche sind sie quasi auch offizielles Therapieprogramm, mit Hinweis auf die Aktion in der Lobby. 

Das Entchen wandert weiter.

Hier gilt seit mittlerweile 203 Wochen: Der Gatte und ich sind weitgehend zu Hause. Im ersten Corona-Jahr wurde der Gatte schwerkrank, im zweiten zeigte sich, dass er nicht mehr gesunden wird, im vierten hatte er einen Schlaganfall. Er ist schwerbehindert und berufsunfähig verrentet. Es geht uns dennoch  vergleichsweise gut. Wir halten es gut miteinander aus, wenngleich die Erkrankungen und der Schlaganfall des Gatten zu Wesensveränderungen führten, die ein Zusammenleben manchmal sehr schwer machen. 

Unsere Kontakte sind normalerweise auf das Notwendigste beschränkt, heißt: Arbeit, Ärzte, Einkaufen, Schwiegermutter und Handwerker. Ich bin dankbar, dass Corona bislang Gatten, Schwiegermutter und Tante verschonte und hoffe sehr, das bleibt so.  

Diese Woche ging mir auf, dass ich schon fast drei Wochen in der Reha bin und noch nichts von meiner Vertretung hörte. Das freut mich sehr! Ich hoffe, meine Interpretation, dass sie im Büro alles im Griff hat und die versprochene Unterstützung der Chefin bekommt, trifft zu. Sie weiß zwar, dass sie mich im Notfall erreichen kann, möchte das aber löblicherweise möglichst nicht machen. 

Schwiegermutter und Tante geht's gut. Sie freuten sich über die Briefe mit den Neujahrs-Fotos. Schwiegermutter schrieb mir sogar zurück! Hände und Augen wollen nicht mehr, weswegen ich die Mühe des Briefes umso mehr schätze. 

Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! In der Kombüse ist gerade Blog-Pause.