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Samstag, 27. Juli 2024

Samstagsplausch KW 30/24: Leben und Arbeiten in Corona-Zeiten CCXXVIII

Bis Donnerstag früh dachte ich, die Woche wäre für unsere Verhältnisse entspannt. Am Vortag trabte der Gatte mit den vierteljährlichen Labor-Ergebnissen der Nephrologin zum Hausarzt, um sie durchzusprechen und neue Medikation festzulegen. Der Hausarzt war wieder sehr, sehr gründlich, telefonierte wegen unklarer Werte mit der Nephrologin und machte mit ihr aus, dass der Gatte am kommenden Tag nach Hamburg solle zur Blutgas-Analyse. Diese Info kam nur beim Gatten nicht an, warum auch immer. Bei ihm kam an, er solle demnächst mal deswegen einen Termin machen. So war dann Donnerstag Alarm, weil der Gatte nicht in der Praxis war. Gleichzeitig stellte sich heraus, dass der Gatte seit Monaten falsche Medikamente nimmt. 

Als im Juni klar war, dass der Gatte mit der Zusammenstellung seiner Tabletten schon länger überfordert war, die Einnahme überwacht werden muss, ich das übernahm, hatte ich einen Medikamentenplan aus März 2023. Der aktuelle Plan aus April 2024 war verschwunden. Zum Glück hatte ich ihn fotografiert und trug die Änderungen auf dem anderen ein, notierte auch die Änderungen aus Juni, an die sich der Gatte erinnerte. Allerdings erinnerte sich der Gatte nicht mehr daran, dass viele Medikamente reduziert, zwei abgesetzt wurden ... Donnerstag trabte er also zum Hausarzt und holte sich einen aktuellen Medikamentenplan ab, den ich gleich sicherte. In der nächsten Stunde hatte ich viel Spaß, die Tablettenboxen für drei Wochen zu aktualisieren. 

Freitag fuhren wir dann vor Tau und Tag zur Nephrologin, denn sie war so nett, den Gatten zwischenzuschieben, und nun warten wir auf Montag, wenn das Ergebnis der Blutgas-Analyse vorliegt. Der Gatte wird vorerst keinen Arzttermin alleine wahrnehmen, um solche Missverständnisse zukünftig zu vermeiden. Heißt für mich einmal mehr, meine Planungen vom Gatten abhängig zu machen, aber es nützt ja nichts. 

Kurz war ich so fertig, dass ich überlegte, aufzuhören zu arbeiten, weil ich nicht mehr weiß, wie ich alles unter einen Hut bekommen soll (und dass ich auf der Strecke bleibe, ist eh klar). Davon ab, dass mir die Arbeit gut tut und Spaß macht, wüsste ich ohne nicht, wovon ich leben sollte. Drei Jahre würde ich gerne noch arbeiten, ehe ich ans Aufhören denke (was ohnehin nur geht, wenn ich weiß, wovon ich lebe). Sollte der Gatte tatsächlich eine Pflegestufe bekommen, könnte ich mich unter bestimmten Umständen von der Arbeit freistellen lassen. Das könnte Erleichterung bringen. Bislang nehme ich mir für die Termine Urlaub, der aber quasi aufgebraucht ist, oder bummle Überstunden ab.

Ich machte aufgrund der Labor-Ergebnisse für den Gatten einen Termin beim Diabetologen, und auch hier stellte sich heraus, dass man ihn vermisste, denn die Info, dass er sich dort vierteljährlich vorstellen sollte, kam nicht bei ihm an. Er verstand, er müsse gar nicht mehr kommen, außer, er brauche Rezepte. Auch beim Diabetologen war ich über die Sorgfalt sehr überrascht: Erste Frage war, ob er Probleme mit den Füßen bzw. Wunden habe, denn dann könne er sofort kommen! Den bisherigen Diabetologen kümmerte so etwas nicht.   

Dass der Gatte seit zwei Tagen weniger Medikamente nimmt, scheint sich prompt auf die Gastroparese, unter der er seit Jahren leidet, auszuwirken. Der Hausarzt bat zudem den Diabetologen zu prüfen, ob noch ein weiteres Medikament, das ebenfalls Gastroparese auslösen kann, abgesetzt werden kann. So viel Sorgfalt legten die früheren Ärzte des Gatten nicht an den Tag! 

Hier gilt seit mittlerweile 228 Wochen: Der Gatte und ich sind weitgehend zu Hause. Im ersten Corona-Jahr wurde der Gatte schwerkrank, im zweiten zeigte sich, dass er nicht mehr gesunden wird, im vierten hatte er einen Schlaganfall. Er ist schwerbehindert und berufsunfähig verrentet. Es geht uns dennoch vergleichsweise gut. Wir halten es gut miteinander aus, wenngleich die Erkrankungen und der Schlaganfall des Gatten zu Wesensveränderungen führten, die ein Zusammenleben manchmal sehr schwer machen. 

Unsere Kontakte sind normalerweise auf das Notwendigste beschränkt, heißt: Arbeit, Ärzte, Einkaufen, Schwiegermutter und Handwerker. Ich bin dankbar, dass Corona bislang Gatten, Schwiegermutter und Tante verschonte und hoffe sehr, das bleibt so. 

Im Büro ist es einigermaßen ruhig, so dass ich dazu komme, einige Sachen aufzuarbeiten. In den kommenden beiden Wochen ist meine Vertretung im Urlaub, und ich hoffe, es bleibt ruhig. 

Das Pendeln wird zukünftig erschwert: Es fährt nur noch ein Zug pro Stunde, weil Lokführer fehlen. Als wir uns vor zwei Jahren zum Umzug entschlossen, waren es noch drei pro Stunde! Ich vermute, die Anzahl der Züge entspricht der vor 63 Jahren, als meine Eltern in die lindgrüne Hölle zogen. Ich muss direkt mal schauen, ob ich noch ein altes Kursbuch finde. Damals versprach man ihnen den baldigen S-Bahn-Anschluss. Der fehlt bis heute. Das, was fährt, ist überfüllt und verspätet. Nach den Sommerferien wird es noch schlimmer werden. Wie der Bahnsteig in Hamburg üblicherweise aussieht, kannst du auf diesem Foto sehen. Weil das der Normalzustand ist, habe ich Angst um den Gatten, denn geh- und sehbehindert kann er leicht ins Gleis stürzen. Außerdem kann er nicht lange stehen. Sitzgelegenheiten gibt es auf dem Bahnsteig kaum, und im Zug macht auch kaum jemand Platz. 

Ich überlege, ob ich zumindest an dem Tag, an dem ich abends nicht zur Therapiegruppe muss, meine Arbeitszeit so lege, dass ich einigermaßen staufrei mit dem Auto fahren kann. Dann müsste ich nochmal eine Stunde früher los als jetzt, müsste mich aber nicht mit überfüllten und verspäteten Zügen herumplagen. Staus sind zudem berechenbarer als Zugausfälle und Verspätungen. Eigentlich ein Unding!

Die Krankenkasse des Gatten rief an wegen des Antrags auf Pflegestufe, und erst, als der Brief kam, in dem angekündigt wurde, dass der Medizinische Dienst sich melden wird, begriffen wir, dass dieses Telefonat die großartig beworbene Pflegeberatung war! Im Antrag wies die Krankenkasse extra darauf hin, dass sie dazu verpflichtet wäre, so eine Pflegeberatung anzubieten, die sehr detailliert wäre usw. Nun, das Telefonat dauerte keine fünf Minuten, und der Gatte befand, das hätte er sich auch schenken können. Mal schauen, wann sich der Medizinische Dienst meldet und ob es dieselbe Mitarbeiterin ist wie bei meiner Mutter.  

Gestern erfuhr ich, dass Kinky Friedman vor einem Monat starb (hier ein Nachruf). Ich hatte das Glück, ihn live in der "Fabrik" erleben zu dürfen. Es war eines der ersten Konzerte, das ich zusammen mit dem Gatten besuchte, und auch ihm gefiel der Kinkster. Hier eines meiner Lieblingslieder von ihm:


Schwiegermutter ruft nicht mehr den Gatten an, sondern mich, und das bevorzugt auf dem Taschentelefon. Mal schauen, wie sich das entwickelt. Sie kann nicht damit umgehen, dass sie der Gatte nicht mehr jeden Sonntag besucht, sie kann nicht damit umgehen, dass er sie nicht alle paar Tage anruft. Die beiden kriegen sich ja bei jedem Telefonat in Rekordzeit in die Haare. Davon ab, geht's Schwiegermutter und Tante gut.

Ich überlege schon länger, wie wir einen der Arzttermine des Gatten mit einem Besuch bei Schwiegermutter verbinden können, aber entweder bin ich selbst malad (die Kehlkopfentzündung geht jetzt in die vierte Woche) oder muss die Arzttermine irgendwie mit meiner Arbeitszeit vereinbaren, möglichst schnell wieder am Schreibtisch sein. Dazu kommt, dass der Gatte nach den Arztbesuchen auch erschöpft ist, weil es anstrengend ist, und ein Treffen mit seiner Mutter nun mal alles andere als aufbauend oder erholsam ist. Aktuell plant sie den Geburtstag des Gatten, und das ist wieder mit so vielen Erwartungen verbunden, wird so überhöht, dass schon jetzt klar ist, die beiden werden sich in die Haare bekommen, beide werden enttäuscht und traurig sein.

Über Instagram habe ich Kontakt zur örtlichen Strickgruppe gefunden, die sich unregelmäßig trifft. Jetzt gibt es einen weiteren Termin, der sogar bei mir passen könnte. Ich bin gespannt, ob ich es schaffe.

Der Gatte übernahm den Termin mit dem Heizöl-Lieferanten - ich bin immer froh, wenn er sich solche Termine zutraut. Er nutzte die Chance, ein paar Fragen zur Ölheizung zu stellen, denn vieles ist uns noch immer unklar. Es zeigte sich, dass wir uns zu Unrecht Sorgen machten, ob wir mit dem Öl auskommen, denn der Tank fasst 6.000 Liter! Meine Mutter tankte immer 1.000 Liter; wir ließen die letzten beiden Male voltanken, weil wir im Gegensatz zu ihr nicht die Heizung im Sommer abstellen, weil wir heißes Wasser haben möchten, und verbrauchten etwas mehr. Google sagt, dass wir damit weit unter dem Durchschnitt liegen, zumal das Haus eine schlechte Energieeffizienz hat. Jedenfalls dachten wir bislang, dass maximal 2.000 Liter in den Tank passen, und können nun entspannter in den kommenden Winter gehen. 

Sonntag, 21. Juli 2024

Samstagsplausch KW 29/24: Leben und Arbeiten in Corona-Zeiten CCXXVII

Für unsere Verhältnisse war es eine ruhige Woche. Ich war drei Tage im Echtbüro und noch deutlich angeschlagen von der Kehlkopfentzündung. Dass die mich drei Wochen außer Gefecht setzt, hätte ich nicht gedacht. Meine Stimme ist immer noch nicht ganz wieder da. Ich spreche möglichst wenig. Es wird aber langsam besser: Ich hatte schon zwei Nächte ohne Hustenkrämpfe.

Die Büro-Woche war anstrengend: Ich war Montag kaum am Schreibtisch, als meine Kollegin kam, um mit mir die 10 Tage, die sie mich vertrat, durchzugehen. Ich hatte so ziemlich die schlechteste Zeit für einen Ausfall erwischt. Es war höllisch viel zu tun, und so musste einige aus dem Team mit einspringen. Sie meisterten es sehr gut, aber einiges musste dennoch gerade gezogen werden, und so waren die Tage im Echtbüro lang und arbeitsintensiv. Hinzu kamen Zugausfälle durch Baustellen und Personalmangel (Corona und Urlaubszeit sind eine schlechte Kombi). Phasenweise fahren die Züge nur alle zwei Stunden, sind dann auch noch verspätet und natürlich übervoll. Ich denke jedes Mal, das möchte ich dem geh- und sehbehinderten Gatten nun wirklich nicht zumuten, weswegen ich ihn ja auch zu den Arztterminen fahre. 

Ende November muss ich dienstlich nach Brandenburg - wäre es nicht dienstlich, führe ich nicht. So bin ich gespannt, ob sich die zu erwartende AfD-BSW-CDU-Regierung schon auf die Arbeit der Kolleginnen vor Ort auswirkt. Zu der Tagung fahre ich auf jeden Fall nicht so unbeschwert wie zu denen in den Vorjahren in Schleswig-Holstein oder Hessen. 

Letztes Wochenende schaffte ich es ein bisschen, die Küche einzuräumen. Dieses Wochenende wollte ich eigentlich weitermachen, aber seit gestern führte die Hitze zu heftigen Kreislaufproblemen, konnte ich mich kaum auf den Beinen halten. Mehr als unter Deckenventilator zu liegen, ist einfach nicht drin. Die Ruhe war sicher notwendig und tat gut, aber so komme ich natürlich im Haus nicht weiter. Ich hätte gerne mal wieder einen Esstisch ...

Aber trotz des Gefühls, nichts getan zu haben: Ich habe die Waschküche so weit aufgeräumt, dass ich endlich den Wäschesammler* aufbauen konnte. Er ist eine große Erleichterung, denn endlich muss ich nicht mehr mit Curvern hantieren, sondern habe die Wäsche an einem Platz. Ich wusch auch fünf Maschinen Wäsche, die draußen bei den aktuellen Temperaturen in Rekordzeit trockneten, und sortierte sie weg. Außerdem befestigte ich endlich die Handtuchhalter*. Mal gucken, wie sie halten. Handtücher im Bad unterzubringen, ist hier ein schwieriges Unterfangen.

Abendlicher Heißluftballon zwischen Flieder und Apfelbaum.

Generell aber ließ ich es nach der Arbeit ruhig angehen, saß abends lange im Garten, worunter die Beiträge in der Kombüse leiden, las*, guckte ins Blaue und Grüne, freute mich über die zutraulichen Amseln und versuchte einmal mehr, die letzten vier Jahre zu verarbeiten. 

Hier gilt seit mittlerweile 227 Wochen: Der Gatte und ich sind weitgehend zu Hause. Im ersten Corona-Jahr wurde der Gatte schwerkrank, im zweiten zeigte sich, dass er nicht mehr gesunden wird, im vierten hatte er einen Schlaganfall. Er ist schwerbehindert und berufsunfähig verrentet. Es geht uns dennoch vergleichsweise gut. Wir halten es gut miteinander aus, wenngleich die Erkrankungen und der Schlaganfall des Gatten zu Wesensveränderungen führten, die ein Zusammenleben manchmal sehr schwer machen. 

Unsere Kontakte sind normalerweise auf das Notwendigste beschränkt, heißt: Arbeit, Ärzte, Einkaufen, Schwiegermutter und Handwerker. Ich bin dankbar, dass Corona bislang Gatten, Schwiegermutter und Tante verschonte und hoffe sehr, das bleibt so. 

Der Gatte bekam den aktuellen vierteljährlichen Befund der Nephrologin, der einmal mehr einen Krebsverdacht nahelegt. Der Verdacht kommt regelmäßig auf, weil ein Wert auffällig ist. Der Gatte beschloss nach zwei Tagen Schockstarre, dem nicht weiter nach zugehen, weil: "Wenn denen nichts mehr einfällt, ist es Krebs." Der Krebsverdacht ist ähnlich obskur wie der bei mir. Lange, bevor wir uns kennenlernten, hatte der Gatte deswegen schon einmal eine schmerzhafte, ergebnislose Untersuchung mit einwöchigem Krankenhausaufenthalt, und er weigert sich, das nochmal mitzumachen. Er erholt sich von solchen Untersuchungen immer schlechter, und die Wunden heilen nicht mehr so gut. Der Gatte will auch partout nicht mehr ins Krankenhaus, hat zudem die Arzttermine satt - es gibt ja kaum eine Woche ohne. Wir haben einmal mehr beschlossen, die Zeit zu genießen, die wir gemeinsam haben. Der Gatte geht aber dennoch mit dem Befund zu seinem Hausarzt, denn dem vertraut er. 

Während ich es schaffe, mich um die Arzttermine des Gatten zu kümmern, schaffe ich es bei meinen schon lange nicht mehr. Schon vor sechs Wochen hätte ich mal nachhaken müssen, wie der aktuelle Befund der Endokrinologin ist. Jetzt kann es auch warten bis zur nächsten Blutabnahme in sechs Wochen. Ich wollte mir schon seit Monaten eine Gynäkologin in der lindgrünen Hölle suchen. Ich müsste eine neue Aufbissschiene haben und zur Zahnreinigung, endlich den wegen der Augengeschichte des Gatten verschobenen Lungenarzttermin wegen einer Protrusionsschiene nachholen ... Immerhin schaffte ich es, einen Termin zur Tumorkontrolle zu machen. Die muss alle drei Jahre erfolgen, und jetzt ist es wieder so weit. In der Praxis der Kardiologin des Gatten ist auch ein Gastroenterologe, und während das Herz des Gatten untersucht wird, wird nach meinen Tumoren geschaut. Zwei Fliegen, eine Klappe.

Kommende Woche wird der Öltank wieder befüllt. Wir sind sehr froh, dass wir mit dem Öl auskamen, fehlt uns doch die Erfahrung, wie viel wir brauchen. Der Ölstandsanzeiger überfordert uns immer noch, denn wir verstehen ihn nicht. Zum Tanken muss die Ölheizung abgeschaltet und nach ein paar Stunden wieder angeschaltet werden - das wird wieder aufregend. 

Unser ehemaliger Vermieter könnte langsam mal die Nebenkostenabrechnung schicken, überlegt aber vermutlich noch, wie er die gestiegenen Heizkosten begründen soll. Letztes Jahr eskalierte ich ja ob der plötzlichen Nachtfröste, die für eine Steigerung von 600 % gesorgt haben sollten - im wärmsten August aller Zeiten. Und auch, wenn wir die Kaution abgeschrieben haben, wäre es hübsch, etwas dazu von ihm zu hören. Von einer ehemaligen Nachbarin erfuhr ich, dass die Wohnung noch immer nicht neu bezogen ist. Da war wohl doch mehr zu machen, als die Mitarbeiterin des Vermieters dachte - sie wollte ja nicht auf uns hören, als wir sagten, die Wohnung müsse komplett modernisiert werden. Sie war bis auf die Änderungen, die wir auf eigene Kosten vornahmen, technisch auf dem Stand von 1972.  

Schwiegermutter und Tante geht's gut. Wir haben uns jetzt doch entschieden, die beiden für ein Wochenende zu besuchen, wenn sie im September zwei Wochen in Travemünde sind. Eigentlich wollte der Gatte an seinem Geburtstag mit Schwiegermutter und Tante ins Theater, aber trotz Behinderten-Ermäßigung für die drei wären das fast 300 € für vier Karten. Das sorgte für Schnappatmung, und das will der Gatte nicht ausgeben. So werden wir je nach Tagesform des Gatten entweder essen gehen (selbst das vom Guide Michelin ausgezeichnete Lieblingslokal des Gatten ist mit allen Zipp und Zapp günstiger als der Theaterbesuch) oder bei Schwiegermutter essen. 

Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! Über's Kochen und Einkaufen sowie den aktuellen Stand beim Einbau unserer neuen Küche berichte ich in der Kombüse

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Donnerstag, 18. Juli 2024

#12von12 im Juli 2024

Meine Güte, wir sind schon in der zweiten Jahreshälfte! Die Zeit geht viel zu schnell vorbei. Auch diesen Monat gibt's die Bildersammlung bei Caro von "Draußen nur Kännchen". Sie sammelt wie jeden Monat am 12. des Monats 12 Impressionen des Tages - vielen Dank dafür! Hier kommen meine Juli-Bilder.

#1: Lange Frühstücken auf dem Lieblingsplatz und dabei den aktuellen Kluftinger* zu Ende lesen.

#2: Ein bisschen gegen die Verwilderung des Gartens ankämpfen. Es wird noch ewig dauern, bis da wieder Grund drin ist, denn über 25 Jahre wurde nichts im Garten gemacht.

#3: Die im April gepflanzte schwarze Johannisbeere trug tatsächlich schon Früchte!

Ich bin seit zehn Tagen malad, kuriere eine Kehlkopfentzündung aus. Langsam kann ich schon wieder etwas sprechen, werde aber schnell heiser. Da unsere Putzfrau im Urlaub ist, kann ich ausschlafen und langsam in den Tag starten. Bis auf den Wocheneinkauf steht heute nichts auf dem Plan. Eigentlich wollten wir abends zum Zapfenstreich des Schützenvereins, aber es sieht nach Regen und Gewitter aus, und ich bin auch noch sehr schlapp.

#4: Einkaufszettel und Wochenplan schreiben. 

#5: Der Rittersporn musste unbedingt mit.

#6: Der Wochenplan an die Tafel schreiben, bevor wieder etwas dazwischen kommt.

Der Blick in die ersten vier Corona-Jahre: Am 12. Juli 2020 waren wir mit Schwiegermutters Umzug beschäftigt, war der Gatte noch gesund. Am 12. Juni 2021 war der Gatte schon krank, der Antrag auf Berufsunfähigkeitsrente gestellt, lebte er sich gerade im neuen Status Quo ein. An diesem 12. Juli stellten wir einen Antrag auf Pflegestufe. Am 12. Juli 2022 lebte meine Mutter seit einer Woche im Pflegeheim und war guter Dinge, während wir uns darauf einrichteten, ihr Haus zu unserem zu machen. Als wir morgens auf dem Weg ins Haus an ihrem Pflegeheim vorbeikamen, war sie gerade mit ihrer Gesellschafterin auf dem Weg in die Stadt. Es sollte eines der letzten Male sein, dass sie den kompletten Weg schaffte. Am 12. Juli 2023 pendelten wir seit einem Jahr, stolperten von einer Handwerkerpleite in die nächste und hofften auf ein baldiges Baustellen-Ende. Wieder ein Jahr später ist noch immer kein Ende abzusehen. 

#7: Nach langem Überlegen einen Antrag auf Pflegegrad für den Gatten stellen.

#8: Teezeit mit Zeitung. Der Gatte befand, er würde komisch angeguckt, als er die Zeitung kaufte. Das nehme ich schon nicht mehr wahr. Im Gegensatz zu ihm falte ich die Zeitung beim Verlassen des Ladens aber so, dass der Titel nicht zu sehen ist.

#9: Eigentlich wollten wir heute fremdessen, aber es sah nach Gewitter aus, und deswegen blieben wir zu Hause. Im Tiefkühler waren noch Frühlingsrollen aus dem letzten Dänemark-Urlaub, den wir nun doch bei trockenem Wetter auf der Terrasse essen können.

#10: Die abendliche Zwiesprache mit dem Nachbarskater, der auf dem Balkon lebt. 

#11: Die Spülmaschine ist fertig, wird aber erst am kommenden Tag ausgeräumt.

#12: Das Rudel beginnt mit "Die Unerhörten*" ein neues Buch.

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Samstag, 13. Juli 2024

Samstagsplausch KW 28/24: Leben und Arbeiten in Corona-Zeiten CCXXVI

Montag fuhr ich vor Tau und Tag statt ins Büro in die Akutsprechstunde meiner Hausarztpraxis. Ich wurde tatsächlich die komplette Woche krankgeschrieben, hielt das erst für übertrieben, aber es zeigte sich schnell, dass ich bis vorgestern tatsächlich die meiste Zeit verschlief. So erschöpft war ich noch nicht mal vor der Reha! Ich schlief zehn Stunden am Stück, das hatte ich ewig nicht mehr. Als dann vorgestern wieder die üblichen Schlafstörungen einsetzten, wusste ich, ich bin über dem Berg. 

Ich kann mich an den Sonnenuntergängen vorm Schlafzimmerfenster einfach nicht sattsehen. 

Bei der Ärztin erfuhr ich auch, warum die HNO-Abteilung im hiesigen Krankenhaus schließt: Ihr Mann ist dort Chefarzt und bewarb sich auf eine Stelle in Hamburg. Daraufhin befand das Krankenhaus, die Abteilung könne gleich ganz geschlossen werden. das nächste Krankenhaus mit HNO-Abteilung ist ja nur 28 km entfernt ... 

Ich mag es, den Wolken zuzusehen. 

Wieder zu Hause, fiel ich sofort ins Bett und schlief, bis mich Sirenen weckten. Nachdem auch nach einer Stunde noch immer Sirenen zu hören waren, inzwischen ergänzt durch Hubschrauber, überlegte ich, ob ich wieder in Hamburg bin, wo diese Geräuschkulisse Alltag für uns war, und guckte in der örtlichen FB-Gruppe, wo man üblicherweise gut informiert ist: Es gab eine Explosion in einem Geflüchtetenheim am anderen Ende der Kleinstadt! Verursacher war ein Bewohner, der durch die Explosion getötet wurde. Es gibt einen Schwerverletzten und 20 Verletzte, über 30 Container sind unbewohnbar. Es wurden Rettungskräfte aus Hamburg und mehreren Landkreisen zusammengezogen, es gab über Stunden Straßensperrungen. In der örtlichen FB-Gruppe tobte natürlich der braune Mob - die lindgrüne Hölle ist seit jeher ein Nazi-Nest. Zudem war der Ort drei Tage lang überregional in den Medien. 

Sonnenuntergangsdrama.

Ob ich krank bin oder nicht, der Gatte musste zu Arztterminen gefahren werden - einen Transportschein gibt es nicht, der ÖPNV überfordert ihn, da er nichts sieht, und Taxifahrten kosten pro Arztbesuch 300 Euro. Es wäre auch keine Alternative, nach dem Umzug den Arzt zu wechseln, denn die nächste Augenklinik in Niedersachsen wäre 45 km entfernt - 7 km mehr als die Fahrt nach Hamburg. Davon ab müssten wir auch erstmal einen Augenarzt finden, der noch Kassenpatienten nimmt. Hier im Ort gibt es keinen. Deswegen entschieden wir uns, den Hamburger Augenarzt, bei dem wir beide Patienten sind, zu behalten. 

Der Himmel kann hier wirklich Drama.

In der Augenklinik kam nichts Konkretes heraus, jedenfalls gibt es keinen akuten Handlungsbedarf. Das ist wohl ein gutes Zeichen. Es gibt Momente, in denen er gut sieht, dann wiederum ist er fast blind. Der Gatte wird bis auf Weiteres engmaschig überwacht. Die Ärztin war irritiert, dass der Gatte erst jetzt kommt, wo er doch mindestens alle Vierteljahr kommen sollte. Die Info kam beim Gatten nicht an. Es ist wohl ganz gut, dass der Gatte seit einiger Zeit darauf besteht, dass ich, wann immer möglich, mit zu den Arztgesprächen komme, seine Arzttermine koordiniere. Inzwischen kümmere ich mich auch darum, dass er seine Medikamente regelmäßig nimmt. 

Die Ärztin war völlig entgeistert, als sie feststellte, dass wir nicht gleich nach dem ersten Arztbesuch vor drei Wochen in die Klinik kamen, wo wir doch nicht mehr in Hamburg wohnen - die Augenarztpraxis des Gatten und die Klinik gehören mittlerweile zusammen. Zukünftig sollen wir in solchen Situationen fragen, ob wir noch am gleichen Tag in die Klinik kommen können, damit wir nicht zwei Mal 80 km fahren müssen. Das fand ich sehr nett. Der Gatte stimmt zudem zu, sich vorerst nur in der Klinik behandeln zu lassen, so dass ich nicht mit zwei Ärzten Termine machen muss. 

Der Antrag auf Pflegegrad läuft. Mal schauen, ob der Medizinische Dienst die Einschätzung meiner Ärztin teilt, dass es Pflegegrad zwei ist. Wir haben lange gezögert, den Antrag zu stellen, auch, weil ich Angst habe, dass der Gatte das Gefühl bekommt, kränker zu sein, als er ist. Außerdem ist Pflegebedürftigkeit für mich immer mit Bettlägerigkeit verknüpft. Ich weiß selbst, dass das Blödsinn ist, kenne ich doch genug Menschen mit Pflegegrad zwei, hatte meine Mutter ihn zuletzt ja auch. Letztlich gab der Gatte den Ausschlag mit dem Argument, dass es gut für mich ist, wenn ich seine Pflege auf meine Rente anrechnen lassen kann. Ich habe dennoch Probleme, den Gatten als Pflegefall zu sehen, aber wenn alles aufgelistet wird, wobei er Unterstützung braucht, ist es Pflegegrad zwei, fast schon drei, und es gibt ja keine Aussicht, dass es besser wird. Selbst die Hoffnung, wenigstens den Status quo zu erhalten, gibt es nicht mehr. Und dabei ist der Gatte noch so jung!

Der Gatte muss viele Freiheiten aufgeben, viel an Selbstständigkeit, was ihm sehr schwer fällt. Mir nimmt es natürlich auch Freiheit und Selbstständigkeit, denn ich muss meinen Tagesablauf noch stärker auf seine Bedürfnisse ausrichten. Das Zusammenstellen seiner Medikamente ist viel Verantwortung, und wenn ich vergesse, den Gatten an die Einnahme zu erinnern, vergisst er sie leider auch prompt. Das führte ja zur kritischen Situation im Mai.    

Hier gilt seit mittlerweile 226 Wochen: Der Gatte und ich sind weitgehend zu Hause. Im ersten Corona-Jahr wurde der Gatte schwerkrank, im zweiten zeigte sich, dass er nicht mehr gesunden wird, im vierten hatte er einen Schlaganfall. Er ist schwerbehindert und berufsunfähig verrentet. Es geht uns dennoch vergleichsweise gut. Wir halten es gut miteinander aus, wenngleich die Erkrankungen und der Schlaganfall des Gatten zu Wesensveränderungen führten, die ein Zusammenleben manchmal sehr schwer machen. 

Unsere Kontakte sind normalerweise auf das Notwendigste beschränkt, heißt: Arbeit, Ärzte, Einkaufen, Schwiegermutter und Handwerker. Ich bin dankbar, dass Corona bislang Gatten, Schwiegermutter und Tante verschonte und hoffe sehr, das bleibt so. 

Ich hatte ärztliche Order, mich viel auszuruhen, und das tat ich auch. Ich verbrachte viel Zeit lesend im Garten, denn das Wetter war ja meistens trocken. Ich kam auf einige Gestaltungsideen für den Garten. Das war schön, denn dafür hatte ich bislang keinen Kopf. Mal schauen, was ich selbst umsetzen kann und wofür ich den Gärtner brauche. So kam ich natürlich nicht weiter mit den Umzugskartons, aber dazu hatte ich ohnehin keine Kraft. Immerhin schafften wir es, fünf von den sechs Kartons, die auf der Terrasse lagerten, auszupacken. Die Baustellen-Kaffeemaschine wurde erfolgreich verschenkt, und mit Glück geht Montag ein weiterer Schwung leerer Umzugskartons weg. Dann ist wieder Platz im Gartenhäuschen.

Seit zwei, drei Wochen macht es mir zu schaffen, dass die Tage wieder kürzer werden. Die Zeit vergeht viel zu schnell. Ich kann mich immer noch nicht satt sehen an den abendlichen Sonnenuntergängen, und jedes Mal, wenn ich auf unserem Lieblingsplatz unterm Flieder sitze, frage ich mich, warum meine Mutter das nie machte, obwohl sich meine Eltern dort die kleine Terrasse anlegen ließen. Sie sagte in ihren letzten Monaten immer wieder, sie wolle nicht, dass es ihr gut geht, und das ist ein Gedanke, der sich wohl durch ihr ganzes Leben zog, der mir total fremd ist. Damit schadete sie sich im Wesentlichen selbst. 

Der Gatte schaffte ein Telefonat mit seiner Mutter, ohne dass sich beide an die Gurgel gingen. Schwiegermutter und Tante geht's gut. Tante freut sich narrisch auf zwei Wochen Travemünde im September - die Damen überlegten ja lange, ob sie sich diesen Luxusurlaub gönnen sollten. Ich überlege immer noch, ob wir sie an einem Wochenende überraschen sollten, aber der Gatte mag nicht - Tante sähe er gerne, seine Mutter hingegen weniger ... 

Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! Über's Kochen und Einkaufen sowie den aktuellen Stand beim Einbau unserer neuen Küche berichte ich in der Kombüse

Freitag, 12. Juli 2024

#pmdd2024: Der 28. Juni 2024

An jedem 28. eines Monats ist Picture my Day-Day, kurz pmdd. Ich finde, das ist ein schönes Tagebilderbuch. Mitmachen ist einfach: Fotos vom Tag machen, bloggen oder mit #pmdd2024 auf Twitter oder Instagram einstellen. Gesammelt wird alles auf dieser Seite.

Ich habe mal wieder vergessen, das Plissee nach oben zu ziehen und komme so in den Genuss des Sonnenaufgangs.

Heute ist Freitag, was heißt, dass ich früh aufstehe, weil unsere Putzfrau kommt und ich vorher ein wenig aufräume: In der Küche sollte möglichst kein schmutziges Geschirr auf der Arbeitsplatte rumstehen, im Wohnzimmer sollte nichts auf dem Boden liegen, alle Mülleimer werden geleert, die Matte aus dem Badezimmer wandert schon mal auf den Balkon, der Handtuchständer ins Schlafzimmer ... Ein halbwegs aufgeräumter Haushalt putzt sich leichter - und den Umzugskisten sei Dank ist unser Haushalt selbst von halbwegs aufgeräumt noch sehr weit entfernt. Unsere Putzfrau ist zwar sehr gelassen, was unser Chaos betrifft, aber ich habe selbst lange genug bei anderen geputzt, weiß, dass das schwere Arbeit ist und möchte es ihr nicht noch schwerer machen.

Erstmal Kaffee kochen.

Wo wir schon in der Küche sind, hier der aktuelle Stand des Einbaus: Hier fehlen noch zwei Auszüge. Die Teile dafür wurden nicht mitgeliefert.

Hier wurde ein zu breiter Schrank geplant bzw. die Küche ist 10 cm zu kurz für die geplante Küche ... Die Arbeitsplatte muss ausgetauscht werden, und dann muss ich einen Fliesenleger finden. Wir hatten dort erst einen anderen Schrank geplant.

Der Schrank, der zu breit für die Küche war, steht doof im Esszimmer rum.

Der alte Herd muss abgeholt werden und steht solange im Vorgarten. Unangemeldet wird er dann plötzlich heute abgeholt.

Laut Küchenplaner sitzt die Arbeitsplatte direkt auf der Spülmaschine ... Hierfehlt eine Blende, und da die Maschine nicht mehr direkt an der Wand steht, kann die auch noch gefliest werden, wenn ich einen Fliesenleger finde.

Dann wird mit hoher Schlagzahl gearbeitet. In der kommenden Woche ist das Jubiläumsfest meines Mammutprojekts, da ist viel zu tun.

Ich habe seit gestern Halsschmerzen und Niesanfälle und den Verdacht, es ist keine Allergie. Aber der Corona-Test ist negativ (und die in den folgenden Tagen bleiben es Gott sei Dank auch).

Dennoch pünktlicher Feierabend, denn ich habe einen Termin und muss in die Stadt. Der Gatte begleitet mich. 

Der Gatte braucht regelmäßige Pausen. Die Kirchenbänke sind alle besetzt, also sitzen wir beim Gemeindezentrum.

Während ich im Termin war, wartete der Gatte im Eiscafé und verputzte ein Banana Split. Jetzt will ich auch noch ein Eis.

Wieder auf dem Rückweg, ist eine Bank unter der Kirche frei.

Ich lasse den Gatten auf der Kirchenbank sitzen und hole eine Vorbestellung ab. 

Die Ausstellung "Verbrannte Orte" zur Bücherverbrennung läuft heute den letzten Tag. Als ich gerade einen Blick drauf werfen möchte, steht der Gatte vor mir. Er wurde ungeduldig, will nach Hause - sofort. Gnarf. 

Meine Vorbestellung. Ich fand "Als Großmutter im Regen tanzte*" ganz großartig und freue mich auf dieses Buch*.

Die obligatorische Pause auf Mudderns Bank.

Wieder zu Hause.

Wieder zu Hause, arbeite ich noch ein paar Stündchen weiter, während der Gatte den Garten genießt. Der Abend ist kurz und ruhig.

Dass ich Freitagabend noch arbeite, kommt zum Glück nur im Sommer vor, ebenso wie Wochenendarbeit.

Feierabend!

Das Beste am Heimbüro: Ich kann vom Schreibtisch direkt in den Gin Tonic fallen. In diesem Falle ist es Gin Pomada, denn im Garten wächst seit dem Frühjahr Meerfenchel.

Mit dem Abendessen mache wir es uns heute einfach. Der Gatte grillt Würstchen für sich und Käse für mich, Dazu gibt's Antipasti-Reste. Durch das Eis am Nachmittag haben wir kaum Hunger.

An manchen Ecken ist der Garten nicht verwildert, sondern verwunschen.

Da kamen heute doch ein paar Schritte zusammen. Wie immer, wenn ich mit dem Gatten unterwegs bin, gibt es kaum Kardiopunkte.

Wir sind mit Wochenplan und Einkaufszettel im Rückstand. Normalerweise kaufen wir freitags ein, aber da ich einen Termin hatte, müssen wir morgen los.

Ich bin mal wieder froh, dass ich mir ein TENS-Gerät* gönnte. Verspannungen und Schmerzen wurden deutlich weniger. Der Gatte kam inzwischen auch auf den Geschmack. 

Ich liebe den Blick in den Abendhimmel.

Die Szenen-einer-Ehe-Lichterkette.

Vor dem Einschlafen noch etwas lesen*.

Der Rückblick in die ersten vier Corona-Jahre: Am 28. Juni 2020 stand Schwiegermutter kurz vor ihrem Umzug in die Seniorenwohnanlage, verbrachte der Gatte zum vorletzten Mal einen Sonntag bei ihr (und er war noch gesund), trugen wir seit zwei Monaten Alltagsmasken. Am 28. Juni 2021 war besiegelt, dass der Gatte berufsunfähig erkrankt ist, wurde der Rentenantrag gestellt. Am 28. Juni 2022 war meine Mutter seit drei Tagen im Krankenhaus, hatte ich noch die Hoffnung, dass sie sich berappelt und wieder in ihr Haus zurückkehren könnte. Am 28. Juni 2023 hatten wir seit fast einem Jahr ein Haus und pendelten zwischen Hamburg und der lindgrünen Hölle. / *Affiliate links

Sonntag, 7. Juli 2024

Samstagsplausch KW 27/24: Leben und Arbeiten in Corona-Zeiten CCXXV

Es geht doch nichts über einen
ruhigen Schreibtisch-Job ...
Wäre ich nicht mit dem Auto
gefahren, wären es noch 5 km
mehr gewesen.
In dieser Woche fand die Jubiläumsfeier meines Mammutprojektes statt, die ich seit einem dreiviertel Jahr vorbereite, und am Tag danach verlor ich komplett meine Stimme. In der Vorwoche war ich ein bisschen erkältet, aber am Tag davor und am Tag des Festes selbst fühlte ich mich fit, sonst wäre ich zu Hause geblieben. 

Ich bin ja ein Fan von Team-Arbeit, und daher wusste meine Vertretung genauso gut wie ich über alles Bescheid, läuft es auch ohne mich, aber ich fühlte mich ja fit. Meine Vertretung hatte dennoch Angst, dass ich schlapp mache, und da ich den Schlüssel für einen der vielen Veranstaltungsorte hatte, war ihr Mann schon instruiert, notfalls vor Tau und Tag "mal eben" 80 Kilometer zu fahren, um den Schlüssel abzuholen. Das wäre blödsinnig gewesen - im Zweifelsfall wäre ich nur kurz gekommen, um den Schlüssel weiterzugeben, und dann wieder zu fahren.

Am Ende der Veranstaltung sagte die Chefin, ich solle am kommenden Tag zu Hause bleiben, aber auch am Ende der Veranstaltung fühlte ich mich noch fit. Dennoch gab ich den wichtigen Schlüssel meiner Vertretung - sicher ist sicher.

 Am nächsten Tag war ich dann komplett verstummt, so sehr, dass die telefonische Krankschreibung fast daran gescheitert wäre, dass die MFA nicht verstand, wer anrief ... Da ich nach fünf Tagen noch immer keine Stimme habe, muss ich morgen doch nach Hamburg zur Hausärztin fahren. Ich tippe auf eine weitere Krankschreibung und eine gehörige Portion Antibiotika. Mit Corona war ich schneller durch. Okay, da weiß ich nicht, welche Überraschungen dieses Virus noch für mich bereithält, wo es sich ggf. einnistete, um später wie ein Schachtelteufel wieder aufzutauchen. Dann doch lieber eine Erkältung.

Der Gatte, normalerweise alles andere als redselig, plappert wie ein Wasserfall, seitdem ich verstummte. Dusseligerweise erwartet er, dass ich ihm antworte ... Ich bin froh, dass wir auf allen Etagen Telefon haben, denn ihn zum Essen zu rufen, geht aktuell nur per Telefon. Selbst, wenn ich schreie, kommt nur ein Flüstern heraus.

So gesehen, war es eine ruhige Woche. Auf der Jubiläumsfeier hatten alle Spaß, es gab mehrfach die Frage, ob wir das jetzt jährlich machen. Das Team war großartig, und soweit ich das mitbekam, lief nichts großartig schief. Allerdings war ich bei der Auswertung der Veranstaltung ja auch krank. Mal gucken, wie kommende Woche die Rückmeldungen sind. Schade war, dass die Chefs sich nicht so wirklich einbrachten, sondern die meiste Zeit in irgendeinem Lokal saßen. Wertschätzender wäre es gewesen, sie wären mitten im Getümmel gewesen wie der Rest des Teams. Aber da der angekündigte Besuch der Blaumännin ausfiel, es nur einen Presserundgang gab, war alles nach dem Presserundgang uninteressant, kann man sich doch mit Basisarbeit beim Fußvolk nicht profilieren. 

Andererseits machen die Chefs dann auch wieder brav, was ich ihnen sage - so räumte Chef mit einem Kollegen einen der Veranstaltungsorte auf. Da kommt dann wieder meine Autorität durch - ich arbeitete mal für einen Reiseveranstalter, bei dem die Ausbilderin der Reiseleiter sagte, wir führen durch natürliche Autorität, nicht durch Regenschirme. Meine natürliche Autorität bringt schon mal einen Staatsrat dazu, Stühle für eine Veranstaltung zu schleppen - alle um mich herum bekamen Schnappatmung, als ich ihn darum bat, aber er wollte wissen, was noch zu tun wäre, und er bekam was zu tun. Diese Anzugsträger in ihren Blaumännern sehen für mich alle gleich aus - ich wusste schlichtweg nicht, wer das war, der da fragte. Andererseits: Hätte ich es gewusst, hätte ich genauso gehandelt. Ein guter Chef packt mit an. 

Lustig war, dass die Chefs plötzlich auf die Idee kamen, die Pressearbeit übernehmen zu wollen, sie dann aber doch wieder mir überließen. Ich war erst befremdet, weil die Pressearbeit zu meinem Projekt immer in meinen Händen lag, aber gut, unser Institut wurde neu strukturiert, Aufgaben wurden neu verteilt, und mit Pressearbeit kann man sich ja prima profilieren, da überlässt man das lieber nicht mehr dem Fußvolk. Und ich bin ohnehin nicht so scharf, mein ponem vor jede Kamera, mein moyl vor jedes Mikro zu halten. Als die Kamerateams dann aber da waren, hieß es, ich müsse die Interviews geben, denn inhaltlich könne man zu meinem Projekt ja gar nichts sagen. Ja, nee, is klaa. Also stand ich ungeschminkt mit Schlabberpulli da und tat kompetent - natürliche Autorität kann damit um.     

Hier gilt seit mittlerweile 225 Wochen: Der Gatte und ich sind weitgehend zu Hause. Im ersten Corona-Jahr wurde der Gatte schwerkrank, im zweiten zeigte sich, dass er nicht mehr gesunden wird, im vierten hatte er einen Schlaganfall. Er ist schwerbehindert und berufsunfähig verrentet. Es geht uns dennoch vergleichsweise gut. Wir halten es gut miteinander aus, wenngleich die Erkrankungen und der Schlaganfall des Gatten zu Wesensveränderungen führten, die ein Zusammenleben manchmal sehr schwer machen. 

Unsere Kontakte sind normalerweise auf das Notwendigste beschränkt, heißt: Arbeit, Ärzte, Einkaufen, Schwiegermutter und Handwerker. Ich bin dankbar, dass Corona bislang Gatten, Schwiegermutter und Tante verschonte und hoffe sehr, das bleibt so. 

Der Gatte geht aktuell sehr viel zu Fuß, was sehr gut ist, bestes Kardiotraining. Er will üben und Kondition bekommen, denn der Einzug eines Hundes ist anscheinend weiterhin eines seiner Ziele. Was mit seinen Augen los ist, wissen wir immer noch nicht. Die Klinik verlegte den Untersuchungstermin, was ärgerlich ist, denn damit der Gatte den Termin wahrnehmen kann, musste ich einen meiner Arzttermine verlegen, und das hätte nun nicht not getan. Außerdem bedeutet es für den Gatten noch längere Ungewissheit, was denn nun mit seinen Augen los ist. Immerhin gibt es inzwischen schon wieder Momente, in denen er ganz gut sieht. Das macht Mut.

Heute ist das Simchat-Tora-Pogrom neun Monate her. Neun Monate! Noch immer sind 120 Männer, Frauen und Kindern Geiseln der Hamas. Durch welche Hölle ihre Angehörigen gehen! Bring them home now gilt unvermindert. 

Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! Über's Kochen und Einkaufen sowie den aktuellen Stand beim Einbau unserer neuen Küche berichte ich in der Kombüse

Samstag, 6. Juli 2024

#WMDEDGT 07/24: Verstummt

Heute ist wieder der fünfte Tag des Monats, und Frau Brüllen fragt "Was machst Du eigentlich den ganzen Tag?", kurz WMDEDGT? Vielen Dank für's Sammeln! 

Ich bin krankgeschrieben und könnte ausschlafen, zumal die Putzfrau nicht wie üblich Freitag kommt, sondern schon gestern da war, habe aber vergessen, das Plissee hochzuziehen und werde gegen 5 Uhr wach. Lesen*, dösen, Radio hören ... Viel mehr wird heute nicht passieren. 

Irgendwann rapple ich mich auf, koche Kaffee und tippsle am aktuellen Ausgelesen-Beitrag. Frühstücken, auf's Sofa wechseln und weiterhin abwechselnd lesen und dösen, unterbrochen vom Inhalieren. Nicht, dass ich nichts zu tun hätte, aber ich bin total schlapp. Seit zwei Tagen habe ich keine Stimme mehr. Also, so richtig. Ich bin komplett verstummt. Die Stimme weigert sich auch hartnäckig, wiederzukommen. Ich hatte vor Jahrenden schon mal gelegentlich Kehlkopfentzündungen, aber so hartnäckig war keine, zumal diese auch wie ein Blitz aus heiterem Himmel kam. Wenn es am Wochenende nicht besser wird, muss ich Montag in die Akutsprechstunde, reicht keine telefonische Krankschreibung. 

Irgendwann klingelt das Telefon. Ich sollte die Telefonnummer aus der eMail-Signatur wieder herausnehmen, denn die Menschen hier im Umkreis sind einfach zu kommunikativ ... Ich hatte eine Initiative angeschrieben, weil ich auf der Suche nach einer Selbsthilfegruppe für pflegende Angehörige bin. Jetzt ist eine nette Dame am Telefon, die darüber mit mir sprechen möchte. Als sie meine Situation erkennt, meint sie fröhlich "Ach, denn texte ich Sie einfach zu!", entschied sich dann aber doch, mir eine eMail zu schicken ... Das macht alles einen sympathischen, wertschätzenden Eindruck. Leider gibt es vor Ort keine Selbsthilfegruppe, müsste ich entweder 60 km fahren oder auf Online-Gruppe / App zurückgreifen. Mal schauen. Momentan werde ich ja bis Ende des Jahres durch die Therapiegruppe aufgefangen.

Ich beende "Die Silberkammer in der Chancery Lane*", brauche eine Fantasy-Pause und fange "Steirerwald*" an. Auch das Buch werde ich im Laufe des Tages ausgelesen haben und mit "Mörderische Masche*" anfangen.

Normalerweise kaufen wir freitags ein, heute allerdings etwas später als sonst, denn wir gehen davon aus, dass kurz vor dem EM-Deutschland-Spiel die Läden leer sein werden. Das klappt gut - in nicht mal einer Stunde sind wir mit einem Großeinkauf fertig, ist ein Großteil der Einkäufe verräumt. 

Auf dem Weg zum Auto stellen wir fest, dass die Altpapier noch nicht abgeholt wurde - wieder mal. Die Müllabfuhr ist hier ausgesprochen kapriziös, kein Vergleich zur Hamburger Stadtreinigung. Normalerweise sind Wetter oder Personalmangel Schuld an ausfallender Abfuhr. Normalerweise wir die Abholung auch nicht nachgeholt. Mal schauen, wie es heute ist. 

Ich bin wieder mal erstaunt, wie wenig fußballbegeistert die hiesige Nachbarschaft ist. Das war in Hamburg anders. Als Deutschland ein Tor schießt, böllert jemand in den Aschpurwis-Häusern, bläst der überrechte Nachbar die Tuba, aber das war's. Mag sein, dass es beim Rudelgucken in der Innenstadt anders ist. 

Ausruhen, zum xten Mal inhalieren, viel mehr kann ich nicht machen. Ich freue mich, dass ich es endlich schaffe, "Im Griff der Upper Class" ungestört zu sehen. Das Abendessen zubereiten. Eigentlich soll es Fischstäbchen mit Kartoffelbrei und Erbsen geben, aber ich merke zu spät, dass die Sahne für den Kartoffelbrei sauer ist. Immerhin: Geruchs- und Geschmackssinn funktionieren ... Zum Glück haben wir noch ein Töpfen Nudelsalat im Kühlschrank, und der Gatte beschließt, am kommenden Tag zu Fuß zum Supermarkt zu laufen, um neuen zu kaufen. Er geht gerade gerne spazieren. Das ist gut. 

Wir verbringen den Abend auf dem Sofa und gehen früh schlafen - ich in der Hoffnung, dass meine Stimme am kommenden Tag wieder da ist, ich mich gesund schlafe.

Der Blick in die ersten vier Corona-Jahre: Am 5. Juli 2020 war ich mit Steuern beschäftigt, verbrachten wir den letzten Sonntag in Schwiegermutters Haus und ihrem traumhaften Garten, nahm der noch gesunde Gatte Abschied von seinem Elternhaus. Am 5. Juli 2021 findet sich der inzwischen kranke Gatte in sein neues Leben ein, während Mudderns mit den Folgen eines Sturzes kämpfte. Sie behauptete immer wieder hartnäckig, sie stürze nicht, aber sie stürzte in den letzten Jahren so oft, dass ich ein Jahr später froh darüber war, ich sie im Pflegeheim zu wissen. Am 5. Juli 2022 dämmerte uns, dass wir ein Haus haben und auf's Land ziehen. Damals rechnete ich anderthalb Jahre bis zum Umzug. Das könnte knapp klappen. Damals war ich auch noch sicher, dass meine Mutter unseren Umzug noch erleben würde, ließ sich die erste Zeit im Pflegeheim doch ausgesprochen gut an. Am 5. Juli 2023 pendelten wir seit einem Jahr. Ich wünschte, ich könnte sagen, wir sind inzwischen angekommen, aber wir leben immernoch zwischen Umzugskartons.

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Freitag, 5. Juli 2024

Ausgelesen: Bücher im Juni 2024

Im Urlaub wird im Wechsel gehäkelt
und gelesen.
Den Monat begann ich mit den ersten beiden Bänden der dreibändigen Hannah-Bloch-Reihe von Volker Dützer*

"Die Unwerten*" beginnt in Frankfurt am Main im Jahr 1939, als die vierzehnjährige Hannah vor ihren Mitschülern in einem Krampfanfall zusammen bricht. Bisher war es dem jüdischen Mädchen gelungen, ihre Epilepsie zu verheimlichen, doch jetzt meldet ihr linientreuer Lehrer sie bei der Obrigkeit. Hannah gerät ins Visier des NS-Terrorapparates, denn die Nazis haben sich zum Ziel gesetzt, alles „lebensunwerte Leben“ zu vernichten. Hannahs Schicksal liegt nun in den Händen des Gutachterarztes Joachim Lubeck, einem gewissenlosen Opportunisten, der für seine Karriere über Leichen geht.

Hannah überlebt und kehrt nach Frankfurt zurück. In "Die Ungerächten*" fandet die 22jährige 1947 in den Trümmern der Stadt im Auftrag der Amerikaner nach Kriegsverbrechern. Ihre Aufgabe führt sie nach England, wo sie dem Mörder ihres Geliebten auf die Spur kommt. Sie verfolgt ihn quer durch Europa. Auf ihrem Weg lernt sie den ehemaligen KZ-Häftling Pawel kennen, der nur einen Gedanken kennt: Rache. In ihm findet sie einen Gleichgesinnten, doch Pawel hütet ein dunkles Geheimnis. Sein Hass droht nicht nur ihn zu vergiften, sondern auch Hannah. 

Der dritte Band "Die Unerhörten*" warten in der Onleihe auf mich - das ist einer der Vorteile der hiesigen Onleihe: Wenn's nicht passt, kann ich Vormerkungen verschieben. Da ich aktuell so viele digitale und analoge Bücher finde, die ich gerne lesen möchte, habe ich richtigen Lesestress und schiebe einiges auf.   

Auch die Reihe um die junge Polizistin Ida Rabe von Lea Stein* spielt im Nachkriegsdeutschland, in Hamburg. In "Altes Leid*" beginnt die junge Frau ihren Dienst in der neu gegründeten Weiblichen Polizei in der Davidwache, misstrauisch beäugt und gelegentlich auch behindert und schikaniert von den männlichen Kollegen. Und schon bald bekommt sie viel zu tun: Im nachkriegszerbombten Hamburg trifft man das Elend an jeder Ecke – in Form von Bettlern, Prostituierten und stehlenden Kindern. Als eine Frau im Umland tot aufgefunden wird, grausam verstümmelt und mit aufgeschnittenem Unterleib, scheint sich niemand besonders für den Fall zu interessieren. Doch Ida, deren eigene dunkle Vergangenheit mit der Unterwelt Hamburgs verschlungen ist, macht sich auf die Suche nach dem Täter. Bald ist klar: In Hamburg geht ein Monster um. Und um es zu fassen, muss Ida ihm gefährlich nahe kommen ... Die Reihe* umfasst bislang zwei Bände, ein dritter erscheint im Januar.  

"Das Leben ist ein vorübergehender Zustand*" von Gabriele von Arnim* hat mich unwahrscheinlich beeindruckt. Es stand schon länger auf meiner Leseliste, und zufällig sah ich, das es in der Onleihe verfügbar war. Durch einen Schlaganfall ihres Mannes wird aus von Arnim "die Frau des Kranken". In ihrem Text beschreibt sie die Balance, in der Krankheit zu sein und im Leben zu bleiben, den schmal Grat zwischen Fürsorge und Übergriffigkeit, Zuwendung und Herrschsucht, wie leicht Rettungsversuche in demütigender Herabwürdigung enden oder Aufopferung erbarmungslos wird. Ich fand den Gatten und mich in Vielem wieder, bekam viel zum Nachdenken. Der Gatte schenkte mir die Druckausgabe. Ich möchte ganz altmodisch Passagen unterstreichen, möchte es öfter lesen.

Nicht so mein Fall war "Schuld und Unschuld*" von Ralf Schmidt*. Als der pensionierte Hauptkommissar Horst Krämer ermordet wird, übernimmt Jan Schröder die Ermittlungen. Schnell findet er heraus, dass das Opfer an alten ungelösten Kriminalfällen gearbeitet hat. Schröder glaubt an einen Zusammenhang zwischen Krämers Nachforschungen und seiner Ermordung. Er beginnt, die alten ungelösten Verbrechen aufzuarbeiten und stößt dabei auf einen Fall. Der bereits vor vielen Jahren aufgeklärt wurde: Vom Opfer Horst Krämer selbst. 

Die Krimis von Trude Teige* lese ich gerne, und so war ich gespannt, wie mir ihr Roman "Als Großmutter im Regen tanzte*" gefallen würde. Ich war tief beeindruckt und bestellte mir gleich "Und Großvater atmete mit den Wellen*" in der Bücherei vor. Das ist übrigens ein weiterer Unterschied zur Hamburger Bücherhalle: In der örtlichen Bücherei kann ich kostenpflichtige Vorbestellungen machen, ohne das gleich mein komplettes Konto wegen ausstehender Gebühren gesperrt wird. Die Gebühr für die Vormerkung zahlte ich erst, als ich das Buch abholte. Im Gegensatz zu den digitalen Vormerkungen kann ich analoge allerdings nicht verschieben.

Zur Handlung: Als Juni ins Haus ihrer verstorbenen Großeltern auf der kleinen norwegischen Insel zurückkehrt, entdeckt sie ein Foto. Es zeigt ihre Großmutter Tekla als junge Frau mit einem deutschen Soldaten. Wer ist der unbekannte Mann? Ihre Mutter Lilla kann Juni nicht mehr fragen. Das Verhältnis zwischen ihrer Mutter und ihrer Großmutter war immer von etwas Unausgesprochenem überschattet. Die Suche nach der Wahrheit führt Juni nach Berlin und in die kleine Stadt Demmin im Osten Deutschlands, die nach der Kapitulation von der russischen Armee überrannt wurde, wodurch es zu einem Massensuizid kam. Juni begreift, dass es um viel mehr geht als um eine verheimlichte Liebe. Und dass ihre Entdeckungen Konsequenzen haben für ihr eigenes Glück.

"Und Großvater atmete mit den Wellen*" erzählt die Geschichte von Junis Großvater Konrad bis zum Kennenlernen ihrer Großmutter und ihrer Tochter Lilla. Ihr Großvater war immer der Fels in der Brandung für die junge Juni. Doch nie hat er von dem Ort gesprochen, der ihn am meisten geprägt hat. Erst jetzt erfährt Juni, wo ihr liebevoller Großvater gelernt hat, mit den Wellen zu atmen. Im Jahr 1943 wird das norwegische Handelsschiff, auf dem die Brüder Konrad und Sverre, arbeiten, im Indischen Ozean angegriffen. Im Krankenhaus auf Java verliebt sich Konrad in die Krankenschwester Sigrid. Doch ihr Glück ist bedroht: Getrennt geraten sie in Gefangenschaft. Welche Zukunft wartet auf sie hinter dem Meer?

Für beide Bücher gilt: Absolute Lese-Empfehlung!

In "Wo wir zu Hause sind: Die Geschichte meiner verschwundenen Familie*" macht sich der Berliner Autor Maxim Leo* auf, um seine in  England, Israel und Frankreich lebenden Verwandten zu besuchen, und erzählt die unglaublichen Geschichten seiner drei Großtanten: Die von Hilde, der Schauspielerin, die in London zur Millionärin wurde. Die von Irmgard, der Jura-Studentin, die einen Kibbuz auf den Golanhöhen gründete. Die von Ilse, der Gymnasiastin, die im französischen Untergrund überlebte. Und die ihrer Kinder und Enkelkinder, die jetzt nach Berlin zurückkehren, in die verlorene Heimat ihrer Vorfahren. Auf der Suche nach der Vergangenheit seiner Familie findet Maxim Leo eine Zusammengehörigkeit, die keine Grenzen kennt. 

Spannend fand ich die Überlegung, Juden könnten beruhigt nach Deutschland zurückkehren, denn der Faschismus werde nicht zwei Mal in einer Stadt anfangen. Da ist was dran. Diesmal beginnt die Machtübernahme nicht in Berlin, sondern in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt ... 

Die dänische Autorin Anna Grue ist vielen sicherlich durch die Dan Sommerdahl-Krimis im ZDF bekannt. Grue schreibt aber auch eine bislang dreibändige Reihe um die Rentnerin Anne-Maj Mortensen aus der kleinen Stadt Odsherred, die in einem der typisch dänischen Trödelläden, genbrugsen, arbeitet. Dort gibt es eine Reihe mysteriöser Todesfälle. Die Polizei geht von natürlichen Ursachen aus, aber das will die resolute Rentnerin beim besten Willen nicht glauben. Hartnäckig macht sie sich daran, den Fall selbst aufzuklären. Dabei arbeitet die selbsternannte Detektivin unter erschwerten Bedingungen: Ihr Alltag ist mit Gartenarbeit, Hundeerziehung und immer neuen Diätversuchen schon stressig genug. Aber mit Nachdruck und dem richtigen Riecher findet sie schließlich eine heiße Spur. Trotz gelegentlicher Längen gefiel mir "Tod im Trödelladen*" ausgesprochen gut. Ich freue mich auf die beiden Fortsetzungen, die leider noch nicht in der Onleihe sind. 

Leider war mein Hirn zu matschig, um mich auf "Gott spricht Jiddisch: Mein Jahr unter Ultraorthodoxen*" von Tuvia Tenenbom* zu konzentrieren und verschob die Lektüre auf einen besseren Zeitraum - einen Urlaub, zum Beispiel. Das Buch ist so aktuell, dass Tenenbom auch auf das Simchat-Tora-Pogrom eingeht, aber da mir mein matschiges Hirn einen Strich durch die Rechnung machte, kam ich gar nicht erst so weit. Mir fehlt aktuell einfach die Konzentration.

Ärgerlich fand ich "Einer muss den Job ja machen: Hammersteins erster Fall*", den ersten Band einer bislang dreibändigen Reihe um den Hamburger Journalisten Lukas Hammerstein, geschrieben vom Hamburger Journalisten Lars Haider*. Normalerweise gebe ich einem Buch eine Chance von 50 Seiten, bis ich es aufgebe, aber hier war es schon auf Seite 34 so weit (eigentlich war ich schon weit eher total genervt, aber meine 50-Seiten-Regel ...). Der Klappentext liest sich einigermaßen spannend: Hamburg, 2017: Die Elbphilharmonie ist eröffnet, die Rolling Stones spielen im Stadtpark, beim G20-Treffen brennt das Schanzenviertel – und Lukas Hammerstein kann nicht mehr. Der Reporter hat das ganze Jahr durchgearbeitet und freut sich auf ein Sabbatical. Wenn nur Dackeldame Finchen nicht wäre, die Lukas aufgenommen hat, ohne zu ahnen, dass der Hund einen kleinen Schaden hat … Und es kommt noch schlimmer: Ein Journalist wird ermordet, die Polizei ist ratlos. Lukas bleibt keine Wahl, denn: "Einer muss den Job ja machen" – wie es in einem Song seines guten Freundes Udo heißt. 

Der letzte Halbsatz hätte Warnung sein müssen. Das Buch (na ja, die ersten 34 Seiten) besteht aus endlosem Name Droping, man nimmt sich wichtig, umgibt sich mit sich wichtig nehmenden Personen aus der "Haute Volaute", definiert sich über vermeintlichen Luxus - es ist einfach nur ermüdend. Dackel Finchen könnte ein Lichtblick sein, aber ihr begegnete ich nur kurz, weil ich entnervt aufgab.  

Solide Kost und eine sichere Bank hingegen ist "Funkenmord*", der elfte Band der Kluftinger-Reihe von Volker Klüpfel und Michael Kobr. Kluftinger steht vor einem Rätsel: Wie um Himmels Willen funktioniert eine Waschmaschine? Wieso gibt es verschiedene Sorten Waschmittel? Und wie überlebt man eine Verkaufsparty für Küchenmaschinen bei Doktor Langhammer? Weil seine Frau Erika krank ist und zu Hause ausfällt, muss sich Kluftinger mit derartig ungewohnten Fragen herumschlagen. Die Aufgaben im Präsidium sind nicht weniger anspruchsvoll: Der Kommissar will nach über dreißig Jahren endlich den grausamen Mord an einer Lehrerin aufklären. Die junge Frau wurde am Funkensonntag an einem Kreuz verbrannt. Doch das Team des Kommissars zeigt wenig Interesse am Fall "Funkenmord". Nur die neue Kollegin Lucy Beer steht dem Kommissar mit ihren unkonventionellen Methoden zur Seite. Der letzte Brief des Mordopfers bringt die beiden auf eine heiße Spur.

Ich freue mich auf den aktuellen Band "Affenhitze*", den ich bald per Onleihe bekomme, und Ende September erscheint dann auch Band dreizehn*

In den Juli gehe ich mit dem achten Band der Flüsse-von-London-Reihe* von Ben Aaronovitch*. Ich hatte beim Lesen von "Ein weißer Schwan in Tabernacle Street*" mehrfach das Gefühl, dass mir ein Band fehlt, aber es ist einfach zu lange her, dass ich "Die Glocke von Whitechapel*" las - im Juli 2019, damals, als unser Leben noch so ganz anders war ... 

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