Freitag, 5. Juli 2024

Ausgelesen: Bücher im Juni 2024

Im Urlaub wird im Wechsel gehäkelt
und gelesen.
Den Monat begann ich mit den ersten beiden Bänden der dreibändigen Hannah-Bloch-Reihe von Volker Dützer*

"Die Unwerten*" beginnt in Frankfurt am Main im Jahr 1939, als die vierzehnjährige Hannah vor ihren Mitschülern in einem Krampfanfall zusammen bricht. Bisher war es dem jüdischen Mädchen gelungen, ihre Epilepsie zu verheimlichen, doch jetzt meldet ihr linientreuer Lehrer sie bei der Obrigkeit. Hannah gerät ins Visier des NS-Terrorapparates, denn die Nazis haben sich zum Ziel gesetzt, alles „lebensunwerte Leben“ zu vernichten. Hannahs Schicksal liegt nun in den Händen des Gutachterarztes Joachim Lubeck, einem gewissenlosen Opportunisten, der für seine Karriere über Leichen geht.

Hannah überlebt und kehrt nach Frankfurt zurück. In "Die Ungerächten*" fandet die 22jährige 1947 in den Trümmern der Stadt im Auftrag der Amerikaner nach Kriegsverbrechern. Ihre Aufgabe führt sie nach England, wo sie dem Mörder ihres Geliebten auf die Spur kommt. Sie verfolgt ihn quer durch Europa. Auf ihrem Weg lernt sie den ehemaligen KZ-Häftling Pawel kennen, der nur einen Gedanken kennt: Rache. In ihm findet sie einen Gleichgesinnten, doch Pawel hütet ein dunkles Geheimnis. Sein Hass droht nicht nur ihn zu vergiften, sondern auch Hannah. 

Der dritte Band "Die Unerhörten*" warten in der Onleihe auf mich - das ist einer der Vorteile der hiesigen Onleihe: Wenn's nicht passt, kann ich Vormerkungen verschieben. Da ich aktuell so viele digitale und analoge Bücher finde, die ich gerne lesen möchte, habe ich richtigen Lesestress und schiebe einiges auf.   

Auch die Reihe um die junge Polizistin Ida Rabe von Lea Stein* spielt im Nachkriegsdeutschland, in Hamburg. In "Altes Leid*" beginnt die junge Frau ihren Dienst in der neu gegründeten Weiblichen Polizei in der Davidwache, misstrauisch beäugt und gelegentlich auch behindert und schikaniert von den männlichen Kollegen. Und schon bald bekommt sie viel zu tun: Im nachkriegszerbombten Hamburg trifft man das Elend an jeder Ecke – in Form von Bettlern, Prostituierten und stehlenden Kindern. Als eine Frau im Umland tot aufgefunden wird, grausam verstümmelt und mit aufgeschnittenem Unterleib, scheint sich niemand besonders für den Fall zu interessieren. Doch Ida, deren eigene dunkle Vergangenheit mit der Unterwelt Hamburgs verschlungen ist, macht sich auf die Suche nach dem Täter. Bald ist klar: In Hamburg geht ein Monster um. Und um es zu fassen, muss Ida ihm gefährlich nahe kommen ... Die Reihe* umfasst bislang zwei Bände, ein dritter erscheint im Januar.  

"Das Leben ist ein vorübergehender Zustand*" von Gabriele von Arnim* hat mich unwahrscheinlich beeindruckt. Es stand schon länger auf meiner Leseliste, und zufällig sah ich, das es in der Onleihe verfügbar war. Durch einen Schlaganfall ihres Mannes wird aus von Arnim "die Frau des Kranken". In ihrem Text beschreibt sie die Balance, in der Krankheit zu sein und im Leben zu bleiben, den schmal Grat zwischen Fürsorge und Übergriffigkeit, Zuwendung und Herrschsucht, wie leicht Rettungsversuche in demütigender Herabwürdigung enden oder Aufopferung erbarmungslos wird. Ich fand den Gatten und mich in Vielem wieder, bekam viel zum Nachdenken. Der Gatte schenkte mir die Druckausgabe. Ich möchte ganz altmodisch Passagen unterstreichen, möchte es öfter lesen.

Nicht so mein Fall war "Schuld und Unschuld*" von Ralf Schmidt*. Als der pensionierte Hauptkommissar Horst Krämer ermordet wird, übernimmt Jan Schröder die Ermittlungen. Schnell findet er heraus, dass das Opfer an alten ungelösten Kriminalfällen gearbeitet hat. Schröder glaubt an einen Zusammenhang zwischen Krämers Nachforschungen und seiner Ermordung. Er beginnt, die alten ungelösten Verbrechen aufzuarbeiten und stößt dabei auf einen Fall. Der bereits vor vielen Jahren aufgeklärt wurde: Vom Opfer Horst Krämer selbst. 

Die Krimis von Trude Teige* lese ich gerne, und so war ich gespannt, wie mir ihr Roman "Als Großmutter im Regen tanzte*" gefallen würde. Ich war tief beeindruckt und bestellte mir gleich "Und Großvater atmete mit den Wellen*" in der Bücherei vor. Das ist übrigens ein weiterer Unterschied zur Hamburger Bücherhalle: In der örtlichen Bücherei kann ich kostenpflichtige Vorbestellungen machen, ohne das gleich mein komplettes Konto wegen ausstehender Gebühren gesperrt wird. Die Gebühr für die Vormerkung zahlte ich erst, als ich das Buch abholte. Im Gegensatz zu den digitalen Vormerkungen kann ich analoge allerdings nicht verschieben.

Zur Handlung: Als Juni ins Haus ihrer verstorbenen Großeltern auf der kleinen norwegischen Insel zurückkehrt, entdeckt sie ein Foto. Es zeigt ihre Großmutter Tekla als junge Frau mit einem deutschen Soldaten. Wer ist der unbekannte Mann? Ihre Mutter Lilla kann Juni nicht mehr fragen. Das Verhältnis zwischen ihrer Mutter und ihrer Großmutter war immer von etwas Unausgesprochenem überschattet. Die Suche nach der Wahrheit führt Juni nach Berlin und in die kleine Stadt Demmin im Osten Deutschlands, die nach der Kapitulation von der russischen Armee überrannt wurde, wodurch es zu einem Massensuizid kam. Juni begreift, dass es um viel mehr geht als um eine verheimlichte Liebe. Und dass ihre Entdeckungen Konsequenzen haben für ihr eigenes Glück.

"Und Großvater atmete mit den Wellen*" erzählt die Geschichte von Junis Großvater Konrad bis zum Kennenlernen ihrer Großmutter und ihrer Tochter Lilla. Ihr Großvater war immer der Fels in der Brandung für die junge Juni. Doch nie hat er von dem Ort gesprochen, der ihn am meisten geprägt hat. Erst jetzt erfährt Juni, wo ihr liebevoller Großvater gelernt hat, mit den Wellen zu atmen. Im Jahr 1943 wird das norwegische Handelsschiff, auf dem die Brüder Konrad und Sverre, arbeiten, im Indischen Ozean angegriffen. Im Krankenhaus auf Java verliebt sich Konrad in die Krankenschwester Sigrid. Doch ihr Glück ist bedroht: Getrennt geraten sie in Gefangenschaft. Welche Zukunft wartet auf sie hinter dem Meer?

Für beide Bücher gilt: Absolute Lese-Empfehlung!

In "Wo wir zu Hause sind: Die Geschichte meiner verschwundenen Familie*" macht sich der Berliner Autor Maxim Leo* auf, um seine in  England, Israel und Frankreich lebenden Verwandten zu besuchen, und erzählt die unglaublichen Geschichten seiner drei Großtanten: Die von Hilde, der Schauspielerin, die in London zur Millionärin wurde. Die von Irmgard, der Jura-Studentin, die einen Kibbuz auf den Golanhöhen gründete. Die von Ilse, der Gymnasiastin, die im französischen Untergrund überlebte. Und die ihrer Kinder und Enkelkinder, die jetzt nach Berlin zurückkehren, in die verlorene Heimat ihrer Vorfahren. Auf der Suche nach der Vergangenheit seiner Familie findet Maxim Leo eine Zusammengehörigkeit, die keine Grenzen kennt. 

Spannend fand ich die Überlegung, Juden könnten beruhigt nach Deutschland zurückkehren, denn der Faschismus werde nicht zwei Mal in einer Stadt anfangen. Da ist was dran. Diesmal beginnt die Machtübernahme nicht in Berlin, sondern in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt ... 

Die dänische Autorin Anna Grue ist vielen sicherlich durch die Dan Sommerdahl-Krimis im ZDF bekannt. Grue schreibt aber auch eine bislang dreibändige Reihe um die Rentnerin Anne-Maj Mortensen aus der kleinen Stadt Odsherred, die in einem der typisch dänischen Trödelläden, genbrugsen, arbeitet. Dort gibt es eine Reihe mysteriöser Todesfälle. Die Polizei geht von natürlichen Ursachen aus, aber das will die resolute Rentnerin beim besten Willen nicht glauben. Hartnäckig macht sie sich daran, den Fall selbst aufzuklären. Dabei arbeitet die selbsternannte Detektivin unter erschwerten Bedingungen: Ihr Alltag ist mit Gartenarbeit, Hundeerziehung und immer neuen Diätversuchen schon stressig genug. Aber mit Nachdruck und dem richtigen Riecher findet sie schließlich eine heiße Spur. Trotz gelegentlicher Längen gefiel mir "Tod im Trödelladen*" ausgesprochen gut. Ich freue mich auf die beiden Fortsetzungen, die leider noch nicht in der Onleihe sind. 

Leider war mein Hirn zu matschig, um mich auf "Gott spricht Jiddisch: Mein Jahr unter Ultraorthodoxen*" von Tuvia Tenenbom* zu konzentrieren und verschob die Lektüre auf einen besseren Zeitraum - einen Urlaub, zum Beispiel. Das Buch ist so aktuell, dass Tenenbom auch auf das Simchat-Tora-Pogrom eingeht, aber da mir mein matschiges Hirn einen Strich durch die Rechnung machte, kam ich gar nicht erst so weit. Mir fehlt aktuell einfach die Konzentration.

Ärgerlich fand ich "Einer muss den Job ja machen: Hammersteins erster Fall*", den ersten Band einer bislang dreibändigen Reihe um den Hamburger Journalisten Lukas Hammerstein, geschrieben vom Hamburger Journalisten Lars Haider*. Normalerweise gebe ich einem Buch eine Chance von 50 Seiten, bis ich es aufgebe, aber hier war es schon auf Seite 34 so weit (eigentlich war ich schon weit eher total genervt, aber meine 50-Seiten-Regel ...). Der Klappentext liest sich einigermaßen spannend: Hamburg, 2017: Die Elbphilharmonie ist eröffnet, die Rolling Stones spielen im Stadtpark, beim G20-Treffen brennt das Schanzenviertel – und Lukas Hammerstein kann nicht mehr. Der Reporter hat das ganze Jahr durchgearbeitet und freut sich auf ein Sabbatical. Wenn nur Dackeldame Finchen nicht wäre, die Lukas aufgenommen hat, ohne zu ahnen, dass der Hund einen kleinen Schaden hat … Und es kommt noch schlimmer: Ein Journalist wird ermordet, die Polizei ist ratlos. Lukas bleibt keine Wahl, denn: "Einer muss den Job ja machen" – wie es in einem Song seines guten Freundes Udo heißt. 

Der letzte Halbsatz hätte Warnung sein müssen. Das Buch (na ja, die ersten 34 Seiten) besteht aus endlosem Name Droping, man nimmt sich wichtig, umgibt sich mit sich wichtig nehmenden Personen aus der "Haute Volaute", definiert sich über vermeintlichen Luxus - es ist einfach nur ermüdend. Dackel Finchen könnte ein Lichtblick sein, aber ihr begegnete ich nur kurz, weil ich entnervt aufgab.  

Solide Kost und eine sichere Bank hingegen ist "Funkenmord*", der elfte Band der Kluftinger-Reihe von Volker Klüpfel und Michael Kobr. Kluftinger steht vor einem Rätsel: Wie um Himmels Willen funktioniert eine Waschmaschine? Wieso gibt es verschiedene Sorten Waschmittel? Und wie überlebt man eine Verkaufsparty für Küchenmaschinen bei Doktor Langhammer? Weil seine Frau Erika krank ist und zu Hause ausfällt, muss sich Kluftinger mit derartig ungewohnten Fragen herumschlagen. Die Aufgaben im Präsidium sind nicht weniger anspruchsvoll: Der Kommissar will nach über dreißig Jahren endlich den grausamen Mord an einer Lehrerin aufklären. Die junge Frau wurde am Funkensonntag an einem Kreuz verbrannt. Doch das Team des Kommissars zeigt wenig Interesse am Fall "Funkenmord". Nur die neue Kollegin Lucy Beer steht dem Kommissar mit ihren unkonventionellen Methoden zur Seite. Der letzte Brief des Mordopfers bringt die beiden auf eine heiße Spur.

Ich freue mich auf den aktuellen Band "Affenhitze*", den ich bald per Onleihe bekomme, und Ende September erscheint dann auch Band dreizehn*

In den Juli gehe ich mit dem achten Band der Flüsse-von-London-Reihe* von Ben Aaronovitch*. Ich hatte beim Lesen von "Ein weißer Schwan in Tabernacle Street*" mehrfach das Gefühl, dass mir ein Band fehlt, aber es ist einfach zu lange her, dass ich "Die Glocke von Whitechapel*" las - im Juli 2019, damals, als unser Leben noch so ganz anders war ... 

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