Mittwoch, 6. Juli 2022

#WMDEDGT 07/22: Pflegeheim

Heute ist wieder der fünfte Tag des Monats, und Frau Brüllen fragt "Was machst Du eigentlich den ganzen Tag?", kurz WMDEDGT? Vielen Dank für's Sammeln!

In den letzten Tagen wache ich automatisch kurz vor sechs auf - sehr praktisch, weil ich dann vor der Arbeit noch einiges erledigen kann. Heute wache ich zwar auf, mag aber noch nicht aufstehen, höre Radio und schlafe nochmal für eine halbe Stunde ein.

Aufstehen, nach dem Gatten sehen, die Kaffeemaschine füttern und ab unter die Dusche. Als ich mit dem Duschen fertig bin, füllt der Gatte schon den Kaffee in die Thermoskanne um. Einen Schluck Kaffee trinken, dann Mudderns im Krankenhaus anrufen. Sie ist schon ganz aufgeregt, weil sie heute in die Kurzzeitpflege umzieht, und fragt, ob sie den Krankenhaus-Rollator mitnehmen kann, weil ihrer ja noch bei ihr zu Hause steht und ich erst morgen zu ihr fahre. Ich bin überfragt, versuche sie mit der Option Rollstuhl zu beruhigen, was misslingt. Es hilft, dass ihre Gesellschafterin den Transport übernehmen wird. So hat sie einen vertrauten Menschen um sich, wird nicht einfach nur abgeliefert, muss nicht alleine in der fremden Umgebung zurecht kommen. 

Den Kaffee auf dem Balkon zu Ende trinken, kurz durchatmen, dann bürofertig machen. Der Gatte ist heute so nett, ein Rezept von meinem Arzt abzuholen, also reden wir kurz darüber, wie er dorthin findet. Im Prinzip kennt er den Weg, aber mit Bus und Krücke ist alles ungewohnt. 

Der Bus ist voller als sonst, aber der Umstieg zur S-Bahn klappt, weil die mal wieder Verspätung hat. Sie ist ebenfalls voll. Wie meistens klappt der Umstieg in Altona nicht, also den langen Weg durch den Tunnel. Am Jungfernstieg geht mir auf, dass ich noch nicht frühstückte, also Zwischenstopp für den Kauf eines belegten Brötchens. Zwei Ochsenaugen wollen auch mit, denn ich will zum Tee zu Hause sein. Kurz frage ich mich, ob es normal ist, für ein belegtes Brötchen und zwei Gebäckstücke umgerechnet 16 Mark zu bezahlen. Wir leben in verrückten Zeiten.

Im Büro bin ich alleine mit Chef II. Chef I hat Corona, ein Kollege hat Symptome, aber negative Tests, ist deswegen zu Hause, der Rest arbeitet zu Hause oder hat Urlaub. Da ich gestern malad war, ist heute einiges aufzuarbeiten.

Zwischendurch informiere ich Mudderns Gesellschafterin, dass sie den Krankenhaus-Rollator wenn möglich einpacken soll; ich brächte ihn dann morgen zurück, muss ja eh ins Krankenhaus, um Mudderns Telefon abzumelden. Sie hat die Idee, Mudderns Nachbarin zu fragen, ob sie nicht Mudderns Rollator vor die Tür stellen kann. Das klappt, und bis zum Mittag bekomme ich Fotos von Mudderns Umzug (Mudderns Rollator, Mudderns Rollator mit Lieblingszeitschriften, Mudderns am Rollator beim Verlassen des Krankenhauses) und bei der Ankunft im Pflegeheim. Auf dem Mittagessenfoto im Speisesaal sieht Mudderns richtig glücklich aus. Seit langem strahlen ihre Augen wieder! Sie findet auch prompt Anschluss an einen alleinstehenden Herren ... Dann kommen erste Bestellungen: Mudderns will ihre Stehlampe, ihr Kopfkissen, Straßenkleidung und Schuhe. Das hört sich verdammt nach Angekommen an und wäre ein Segen! Leider kommen auch Infos über Mudderns schlechten körperlichen Zustand. Sie verweigert nach wie vor einige Behandlungen. Mal gucken, wie wir da weiterkommen. 

Da ich ohnehin noch für Mudderns etwas im Einkaufszentrum besorgen muss, bestelle ich über Too good to go Luxus-Schnobkram und beschließe, in dem Laden auch gleich Pralinen für Mudderns und ihre Gesellschafterin mitzunehmen.    

Da viel zu tun ist, arbeite ich länger, und weil ich noch ins Einkaufszentrum muss, die S-Bahn wegen Polizeieinsätzen mal wieder unregelmäßig fährt, bin ich eine Stunde später als geplant zu Hause. 

Der Gatte kam auch auf die Idee, Kuchen zu kaufen, aber für die Teezeit ist es jetzt zu spät, also setzen wir uns auf den Balkon und reden über den Tag. Der Gatte ist entgeistert, dass zwei Stücke Erdbeerkuchen vom Blech inzwischen acht Euro kosten - kann ich verstehen. Und er freut sich wieder mal über den Wassersprudler. Ich wollte schon länger einen, aber der Gatte lehnte ab. Im April zog dann endlich einer ein, und gestern ging der letzte Wasserkasten zurück ins Pfand. Tatsächlich nutzt der Gatte den Wassersprudler wesentlich öfter als ich, experimentiert gerade mit Sirup. Ich packe unterdessen die Too good to go-Tasche aus, die diesmal ein Volltreffer ist: Marzipanbrot, Pralinen, Kekse - kein Wunder, dass sie so schwer war. 

Wir reden über die Übernahme des Hauses und den dann bevorstehenden Umzug und schieben wie so oft Panik angesichts dessen, was in den kommenden anderthalb Jahren auf uns zu kommen mag. Ich versuche, einen Schritt nach dem anderen zu gehen, denn Mudderns kann sich entgegen jeder Vernunft entscheiden, ins Haus zurückzukehren. Der Gatte hingegen sieht das große Ganze und wird darüber doppelt panisch.

Das Abendtelefonat mit Mudderns fällt aus, denn ich habe ihre Telefonnummer im Pflegeheim noch nicht. 

Hausarbeit, wobei der Gatte die Spülmaschine übernimmt, damit ich kurz in den eMails gucken kann, ob's Neuigkeiten vom Pflegeheim gibt, denn ich mailte heute Vormittag dorthin alle Unterlagen für Mudderns und hatte noch ein paar Fragen. Es meldet sich aber nur der Steuerberater wegen der bevorstehenden Übernahme von Mudderns Haus. Kurz antworten, dann stehen wir beide in der Küche, um das Abendessen zuzubereiten: Der Gatte macht einen Tomatensalat und ich eine neue "Bechermehl", denn für Mac 'n' Cheese ist diesmal zu wenig Sauce da.

Auch beim Abendessen ist der Umzug Thema. Dem Gatten fällt jeden Tag etwas anderes ein, dass er vermissen wird. Heute ist es der Getränkehöker. Wir werden vieles vermissen außer den Bolz- und Brüll-Blagen, und ich weise immer wieder darauf hin, dass wir das Haus nicht selbst bewohnen müssen, auch nicht, obwohl es seit unserer Hochzeit vor zwei Jahrzehnten so geplant war, wenn Mudderns dort nicht mehr leben kann. Aber wir kommen immer wieder zum Ergebnis, dass die Vorteile des Umzugs überwiegen und sich alles andere schon finden wird. 

Kurz in der Küche klar Schiff machen.

Der Dienstag gehört dem Doctor - diesmal im doppelten Sinne, denn der Gatte händigt mir während des Fernsehens neben meinem Rezept, das er abholte, auch einen Brief meines Arztes aus. Der geht in Rente! Und ich wunderte mich schon, warum plötzlich eine weitere Ärztin in der bisher aus zwei Ärzten bestehenden Gemeinschaftspraxis praktiziert. Jetzt macht es Sinn, sie ist seine Nachfolgerin.  

Ich halte es mit Mühe bis zum Ende des heute journals durch. Noch kurz in die eMails gucken. Der Steuerberater ist mit dem geplanten Vorgehen einverstanden, und die Fluggesellschaft bestätigt die Einbuchung meines CPAP-Geräts - sowie den Rollstuhltransport des Gatten. Öhm, okay ... Eigentlich hatte ich nur seine Krücken angemeldet. Ich gucke noch kurz auf die einschlägigen Nachrichtenseiten und stelle fest, dass ich einen TV-Bericht über mein Mammutprojekt verpasste, dann da aßen wir gerade zu Abend. Der Link wird für den nächsten Bürotag gespeichert. 

Ab ins Bett und vor dem Einschlafen noch etwas lesen*.

Der Blick in die ersten beiden Corona-Jahre: Am 5. Juli 2020 war ich auch mit Steuern beschäftigt, verbrachten wir den letzten Sonntag in Schwiegermutters Haus und ihrem traumhaften Garten, nahm der noch gesunde Gatte Abschied von seinem Elternhaus. Der Garten ist inzwischen nicht wiederzuerkennen, eine neumodische Stein- und Schotterwüste. Am 5. Juli 2021 findet sich der inzwischen kranke Gatte in sein neues Leben ein, während Mudderns mit den Folgen eines Sturzes kämpft. Sie behauptet hartnäckig, sie stürze nicht, aber sie stürzte in den letzten Jahren so oft, dass ich froh darüber bin, dass ich sie im Pflegeheim weiß. 

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2 Kommentare:

  1. Liebe Sabine,
    deine Toogoodtogo- Einkäufe hören sich immer zu lecker an. Wo holst du die, was ist da drin und was kosten diese? Ich habe schon im Netz geschaut, bin da aber nicht fündig geworden. Gerne will ich auch Lebensmittel retten, und noch etwas sparen dabei.
    Liebe Grüße
    Angelika

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    1. Liebe Angelika,
      Toogoodtogo ist eine App und kann nur so genutzt werden - über die Website kommt man da leider nicht weiter.
      Liebe Grüße
      Sabine

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Kommentare von Corona-Leugner, Quer- und anderen Nicht-Denkern, Wahnwichteln, Das-ist-doch-nur-ne-Grippe-Schwurblern, Wir-haben-genug-freie-Intensivbetten-Rufern und ähnlichen Düffeldaffeln werden gelöscht.