Die kleine Auszeit auf der Nordseeinsel Fanø tat gut. Zum Strickfestival auf der Insel wollte ich schon länger, aber es ging sich nicht aus. Letztes Jahr fand das Festival zum letzten Mal als "Nordby Wooldays" statt, dann beschlossen, die bisherigen Veranstalter, die "Wooldays" zukünftig in Hurup zu veranstalten. Nun kenne ich die Gegend dort gut, hätte auch nichts gegen zwei Wochen Thy im Herbst einzuwenden gehabt, aber für ein langes Wochenende war's mir einfach zu weit. Fanø liegt für uns gut für einen Kurzurlaub - die Strickgruppe, in der ich seit letztem Monat bin, befand sogar, frau könne die Strecke an einem Tag schaffen ... Wie auch immer, es ist schön, dass es mit Fanø Strik weiterhin ein Strickfestival auf der Insel gibt.
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Wir stricken Kunst: In der Fanø Standgalleri hängt eine riesige gestrickte Spinne aus T-Shirt-Garn von der Decke, für die ein Netz gehäkelt wird. |
Früher waren die Veranstaltungen anscheinend auf Nordby konzentriert, während sie jetzt in allen vier Inselorten stattfanden. Das bedeutete viel Fahrerei, entweder mit dem Inselbus, dem Fahrrad oder mit dem Auto. Die Entfernungen sind allerdings kurz, und ein Bus-Pendelverkehr war organisiert.
Ich fragte die Veranstalterinnen im Vorfeld, ob es Sinn macht, als nicht Dänischsprachige teilzunehmen und bekam zur Antwort, das wäre okay, es käme viele, die kein Dänisch sprechen, frau könne sich auf Deutsch oder Englisch verständigen. In der Praxis war's aber nicht so einfach. Vor allem bei den Workshops wurde nicht oder nur ganz selten übersetzt. Da ich früher selbst Dozentin war, dachte ich es mir schon. Übersetzen hält auf und verkompliziert alles. Dementsprechend suchte ich mir keine Workshops aus, bei denen es auf die Sprache ankommt (und mit dem Indigo-Workshop klappte es ja nicht, weil die Dozentin auf die Online-Buchung bestand, die mit meiner Kreditkarte nicht kompatibel war).
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Freitag und Sonnabend präsentierte sich etwa 40 Ausstellerinnen in der Mehrzweckhalle in Nordby auf dem Faserfestival. |
Das Programm war vielfältig, aber was wo stattfand, ob überhaupt etwas stattfand, war nicht immer leicht herauszufinden. Als ich Sonntag zum Abschiednehmen am Strand in Fanø Bad war, stellte ich fest, dass es sich durchaus gelohnt hätte, dort vorbei zu schauen, weil es dort auch viele Austeller und Angebote gab. Auf der Website war davon nichts ersichtlich. Gleiches gilt für das Versammlungshaus in Rindby, auf das wir auch nur zufällig aufmerksam wurden, weil es dort Fanø Chokolade zu kaufen gab. Auf der Website war dazu nichts zu finden. Ich hätte auch gerne Fanø Gin gekauft, wurde aber beim Tasting hartnäckig ignoriert. Dann halt nicht. Ich kurbelte auch so die lokale Wirtschaft kräftig an ...
Für's nächste Strickfestival auf Fanø wäre es schön, wenn die Website so gestaltet wird, dass sich das Programm auf einen Blick sehen lässt, dass frau sich nicht von Ort zu Ort durchklicken muss und wenn alle Programmpunkte und Veranstaltungsorte spätestens zu Festivalbeginn auf der Website veröffentlicht wären.
Ansonsten war es einfach zauberhaft, wie viele von der Insel beim Strickfestival mitmachten: Die freiwillige Feuerwehr kochte Chili zum Auftaktabend, viele öffneten ihre Gärten, schmückten die Dörfer mit Wimpeln, sorgten für Smørrebrød, machten Musik ... Kurz: Ich genoss den Aufenthalt. Es war auch nett, sich an einen gedeckten Frühstückstisch zu setzen, weil die Begleitung dafür sorgte, und ich schlief zwei Nächte mehr als neun Stunden durch. Das war eine angenehme Abwechslung zu dem Zwei-Stunden-Rhythmus, in dem ich normalerweise schlafe.
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Ausbeute vom Fasterfestival, der Ausstellung in Nordby: Wundervolles handgefärbtes Sockengarn von Apmezga aus Litauen; Guldsalve, eine intensive Handcreme mit wilder dänischer Schafsgarbe und Johanniskraut, wunderbar für meine trockenen Hände und Fingerspitzen, und 2,75er Zing- Stricknadeln, die ich schon länger kaufen wollte. |
Der Gatte hielt sich tapfer, außer am Rückreisetag, wo ich nicht verstand, dass ich ihn auch morgens anrufen sollte - er bat darum, zwei Mal täglich zu telefonieren, was für uns untypisch ist. Er fing sich aber wieder, als ich abends wohlbehalten zu Hause war. Ansonsten hatte er Tabletteneinnahme, Diabetes und Selbstversorgung sehr gut im Griff. Davon war vorher nur bedingt auszugehen, denn die Tabletteneinnahme klappte meistens nur, wenn ich danebenstand. Jetzt denkt der Gatte von selbst daran, scheint begriffen zu haben, dass ihm die Medikamente helfen. Die neue Medikation scheint ihm auch gut zu bekommen. Der neue Hausarzt reduzierte ja eine Reihe von Medikamenten.
Leider erledigte der Gatte keines der Projekte, die er sich vornahm, denn er wollte eigentlich endlich den Fernseher im Wohnzimmer anschließen. Stattdessen beschloss er, sich einen neuen PC zu kaufen und sich um dessen Verkabelung zu kümmern. Schön ... Heißt: Ich muss mich um einen Fernsehtechniker kümmern, denn ich möchte nach einem Jahr endlich wieder im Wohn- und Schlafzimmer fernsehen. Angesichts der Schwierigkeit, Handwerker zu finden, wird sicher noch ein Jahr ins Land ziehen, bis das möglich ist. Egal, es ist, wie es ist.
Hier gilt seit mittlerweile 236 Wochen: Der Gatte und ich sind weitgehend zu Hause. Im ersten Corona-Jahr wurde der Gatte schwerkrank, im zweiten zeigte sich, dass er nicht mehr gesunden wird, im vierten hatte er einen Schlaganfall. Er ist schwerbehindert und berufsunfähig verrentet. Es geht uns dennoch vergleichsweise gut. Wir halten es gut miteinander aus, wenngleich die Erkrankungen und der Schlaganfall des Gatten zu Wesensveränderungen führten, die ein Zusammenleben manchmal sehr schwer machen.
Unsere Kontakte sind normalerweise auf das Notwendigste beschränkt, heißt: Arbeit, Ärzte, Einkaufen, Schwiegermutter und Handwerker. Ich bin dankbar, dass Corona bislang Gatten, Schwiegermutter und Tante verschonte und hoffe sehr, das bleibt so.
Wieder zu Hause, hatte mich schnell der Alltag wieder. Mich freute, dass meine Kollegin endlich mal einen ruhigen Vertretungsdienst hatte. Da ich in zwei Wochen wieder in den Urlaub gehe, ist viel zu tun, denn ich will möglichst viel für meine Kollegin vorbereiten - desto näher die Herbstferien rücken, umso unruhiger wird es.
In der Nachbarabteilung ist gerade eine Schülerpraktikantin, die sich an einem meiner Echtbüro-Tage langweilte, ohne Anleitung war und bei mir strandete, als ich gerade 200 Päckchen packte. Mit ihrer Hilfe war das im Handumdrehen fertig. Es stellte sich heraus, dass sie hier in der lindgrünen Hölle im Nachbardorf lebt, immerhin das Dorf mit Bahnanschluss. Sie erzählte frisch von der Leber weg. Jugend auf dem Dorf ist noch genauso bescheiden wie vor 42 Jahren, als ich in ihrem Alter war. Es gibt keine vernünftige Infrastruktur, und die meisten ihrer Mitschüler unterstützen die AfD. Ich hoffe, sie macht ihren Weg, und erzählte ihr von den Veränderungen, die ich wahrnahm, die Mut machen. Aber es ist schon schwer, als junge Frau in einem konservativen Nest zu leben. Da hilft nur eins: Beine in die Hand nehmen und weg, wenigstens für 40 Jahre.
Nach anfänglichem Zögern war der Gatte damit einverstanden, dass ich vorgestern zum monatlichen Stricktreffen gehe. Ich sorgte dafür, dass er während meiner Abwesenheit alles hat, was er braucht. Der Termin passte auch mir nicht so wirklich, aber ich wollte den Kontakt nicht gleich wieder abreißen lassen. Es gab eine Überraschung: Die Gastgeberin lebt in einem kleinen dänisch gestalteten Paradies! Das war wie ein kleiner Kurzurlaub nach dem Kurzurlaub. Außerdem gab's viele neue Strickideen, und unerklärlicherweise war ich am Ende des Abends um ein paar durchsichtige UGG-Gummistiefel und einen Häkel-Adventskalender reicher ...
So nett der Abend war, war ich doch vier Stunden weg, und die musste ich wieder einholen. Mein Tag ist ja von 6 Uhr früh bis 22 Uhr abends durchstrukturiert, und da ist keine Zeit für Vergnügungen. Ich hänge immer meinem Aufgabenplan hinterher, egal, wie schnell ich bin, und wenn ich dann auch noch vier Stunden auf dem Swutsch bin, muss ich noch mehr aufholen. Aber ich brauche die soziale Interaktion mit anderen Menschen. Dem Gatten würde das auch gut tun.
Als ich wieder zu Hause war und die Post sichtete - der Gatte leerte den Briefkasten, öffnete aber nichts - waren auch die Einstufung durch den Medizinischen Dienst und die Unterlagen für mich als Pflegeperson dabei. Das eigentliche Gutachten wurde putzigerweise vergessen, musste ich anmahnen, aber aus den Unterlagen ging hervor, dass der Gatte Pflegegrad 2 hat und der Medizinische Dienst eine Reha veranlasst! Der Gatte muss nichts weiter machen, als seine Ärzte von der Schweigepflicht zu entbinden. Das tat er, wenn auch zähneknirschend, denn nach anfänglicher Freude über die Reha überwiegt nun wieder das Gefühl, ich wolle ihn abschieben. Dass ich ihn selbstverständlich in die Reha fahren werde, die ersten Tage zur Eingewöhnung bei ihm bleibe und ihn jedes Wochenende besuche, ändert daran nichts. Das Gefühl hat er seit seinen häufigen Krankenhausaufenthalten ab Dezember 2020. Ich hoffe, die Reha-Klinik liegt so, dass es mit den Besuchen auch wirklich klappt, sonst wird es hart für den Gatten.
Ansonsten wurden dem Gatten Physio- und Ergotherapie sowie Funktionstherapie und Sturzprophylaxe verordnet - alles, was er spätestens nach dem Schlaganfall hätte bekommen sollen, aber nicht bekam, weil es hieß, er wäre ja nicht mehr berufstätig und hätte deswegen keinen Anspruch darauf. Nach unserem Urlaub werde ich mich darum kümmern müssen. Erstmal beginnt er kommende Woche mit medizinischer Fußpflege. Das verschafft ihm hoffentlich auch Erleichterung.
Schwiegermutter und Tante geht es gut. Ich hatte gehofft, ihnen diese Woche schon die Fotos aus Travemünde zusenden zu können, aber die Abzüge verspäten sich um eine Woche. So muss ich es kommende Woche vor unserem Urlaub schaffen.
Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! Über's Kochen und Einkaufen berichte ich in der Kombüse.