Montag, 23. September 2019

Die Kirche Sant Miquel in Son Carrió (Mallorca / Spanien)

Montags gegen Nazis.
Montags erinnere ich daran, was passiert, wenn es mit der Demokratie bergab geht und wie es anfing, denn die Nazis fielen ja nicht 1933 vom Himmel. Die krochen schon Jahre vorher aus ihren Löchern, wurden nicht rechtzeitig aufgehalten, auch, weil man sie nicht ernst nahm, dachte, es wird schon nicht so schlimm.

Wurde es aber.

In loser Folge gibt's hier also montags Kunst und Denkmäler gegen Faschismus, Nationalismus und Rassismus. Orte, die daran erinnern, gibt es nicht nur in unserer Stadt genug, denn wie gesagt: Wir hatten das schon mal.

Aktuell will das blaubraune Pack am 29. September eine Demo auf dem Rödingsmarkt. Da gibt es zwar keine wirkliche Versammlungsfläche, aber für das Häuflein reicht eine der Bushaltebuchten - und die demokratische Mehrheit schafft sich schon Platz. Sie trifft sich um 11.30 Uhr an der Ecke Stadthausbrücke / Neuer Wall an historischem Ort: Dem ehemaligen Gestapo-Hauptquartier.

Wie es zu dieser Beitragsreihe gekommen ist, kannst Du hier nachlesenAlle Beiträge aus dieser Reihe findest Du, wenn Du hier klickst. Mehr Mallorca-Impressionen gibt es hier.

Die Kirche von Son Carrió, von 1899 bis 1907 u.a. nach Plänen von Gaudí erbaut.
Son Carrió ist ein kleiner Ort mit etwas über 1.000 Einwohnern im Osten Mallorcas. Wenn man wie wir über die Mittagszeit kommt, wirkt er wie ausgestorben, ist die Kirche, die Hauptattraktion des Ortes, verschlossen. Touristen zieht es nur selten hierher.

Wir machten uns auf den Weg in das Dorf, weil es im Spanischen Bürgerkrieg während der Schlacht um Mallorca der einzige Ort der Insel war, der von den republikanischen Truppen vollständig eingenommen und über eine Woche lang gehalten werden konnte.

Das Rundkreuz zeigt noch sichtbare Beschädigungen, die von Schießübungen der Republikaner stammen sollen.
Löcher in der Fassade, die laut gatten von Einschüssen stammen.
Fällt das schon unter Street Art?
Der Spanische Bürgerkrieg erreicht die Insel am 16. August 1936, als die republikanischen Truppen um Alberto Bayo in Porto Cristo an Land gehen. Sie können nur einen kleinen Teil der Stadt unter ihre Kontrolle bringen, dringen aber weiter ins Hinterland vor.

Nach der Bombardierungen durch Flugzeuge und Schiffsgeschütze am 26. August 1936 räumen die Franquisten ihre Stellungen im Ortskern, in den angrenzenden Hügeln und den östlich gelegenen Windmühlen. Viele Dorfbewohner flüchten nach Son Servera, Sant Llorenç oder Manacor.

Sant Miquel in Son Carrió.
Son Carrió wird von drei Seiten aus eingenommen, aus östlicher Richtung durch einen Verband der anarchosyndikalistischen Gewerkschaft CNT über die Finca Sa Torre Nova, die später den Republikanern als Feldlazarett dient, von weiteren Militärs auf dem südlichen Landweg aus Porto Cristo und durch etwa 500 Milizionäre auf dem südöstlichen Pfad aus Richtung S’Illot.

Nach der Besetzung werden die Häuser nach Lebensmitteln und Wertgegenständen durchsucht und geplündert - die Versorgung der republikanischen Truppen ist prekär. In der Kirche reißen die anarchistischen Milizionäre die Heiligenfiguren vom Hauptaltar und aus den Seitenkapellen und zerstören sie - der Hass auf die katholische Kirche ist groß.

Sant Miquel in Son Carrió.
Die Republikaner ziehen sich in der Nacht zum 4. September 1936 auf ihre Kriegsschiffe zurück. Kurz darauf rückten die Franquisten wieder ein. Die wenigen Einwohner des Ortes, die nicht vor den Republikanern geflohen sind, werden der Kollaboration verdächtigt und drangsaliert. Die Kirche wird am 13. September neu geweiht. Pfarrer Martín Rosselló hatte auf seiner Flucht Monstranz, Hostienkelch, Pfarrsiegel, Pfarrbücher samt Archiv sowie die Kollekte mitgenommen.

Heute erinnert kaum noch etwas an den Spanischen Bürgerkrieg in Son Carrió, sieht man von Einschusslöchern an einigen Häusern ab und von dem Umstand das Bauern in den Jahrzehnten nach dem Bürgerkrieg Skelette auf ihren Feldern fanden, Kinder kistenweise verrostete Patronen und Granatenhülsen sammelten.

Sant Miquel in Son Carrió.
Am Rundkreuz auf dem Dach der Kirche sind Beschädigungen zu sehen, die von Schießübungen der Republikaner stammen sollen. Vom Loch, das eine Bombe ins Mauerwerk hinter dem Hauptaltar riss, ist nichts mehr zu erkennen, aber der Gatte identifizierte Einschusslöcher.

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