Montag, 30. Oktober 2017

Wie man im Barock tinderte: Zu Besuch bei den Ausgrabungen auf der Cremon-Insel

Das Archäologische Museum Hamburg veranstaltet ganz wunderbare Social-Media-Events. Im September hatte ich das Glück, bei einer Begehung der Ausgrabungen auf der Cremon-Insel dabei zu sein. Cremon ist der Name einer Marscheninsel in der Hamburger Altstadt.

Die Scherbe einer Ofenkachel fest im Fokus.
Der einstige Oberbaurat Wilhelm Melhop weiß: "Über die Entstehung dieses noch nicht geklärten Namens gibt es viele Ansichten"*. Namensgeber könnte der Grundeigentümer „Fredhericum de Crimun“ sein, vermuten die Archäologen heute.

Bis 1946 verlief hier das Katharinenfleet.
Mir gefällt immer noch die Deutung des Schriftstellers Jonas Ludwig von Heß am Besten, wonach sich der Name von der Mondsichel ableitet. Der Verlauf der Straße Cremon ist bis heute sichelförmig.

Fachsimpeln vor historischen Karten.
Bis November werden auf dem Areal Bei den Mühren 2 - 5 Spuren gesichert, bevor das Areal neu bebaut wird. Die Wissenschaftler erhoffen sich Erkenntnisse über Siedlungsgeschichte, aber auch über den Kolonialismus zwischen dem Mittelalter und der Neuzeit.

Blick auf das Grabungsgelände.
Die Zeit für die Grabung ist kurz, insgesamt ein halbes Jahr, und der verregnet Sommer sorgte dafür, dass die Arbeiten immer wieder unterbrochen werden mussten, denn die Ausgrabungsstätte konnte aus statischen Gründen nicht mit einem Zelt überbaut werden.

Scherbenhaufen.
Überhaupt sorgt das Wasser für Probleme, wie Ausgrabungsleiter Kay-Peter Suchowa weiß: Die mittelalterlichen Abwasserleitungen funktionieren nach wie vor. Früher das Wasser in das Katharinenfleet abgeleitet, aber das wurde 1946 mit Trümmern des Hamburger Feuersturms zugeschüttet.

Wenn Archäologen spielen ...
Oft beginnt der Arbeitstag also erstmal mit dem Auspumpen der Grabungsstätte. Die Baugrube liegt fünf Meter unter Straßenniveau. Noch etwa anderthalb Meter tiefer wollen die Archäologen in den nächsten zwei Wochen graben, in der Hoffnung.dort Spuren aus der Zeit vor der Besiedlung zu finden.

Pfeifenstiele.
Bisher wird angenommen, dass die Besiedlung der Cremon-Insel mit einem Ringdeich geschützt wurde. Dies gilt es, mittels der Ausgrabungen zu überprüfen. Ein Ergebnis ist bislang, dass die Hinterhöfe nicht besiedelt waren, sondern u.a. als Viehweiden genutzt wurden. Die Höfe waren zudem offen, mit einem Zugang zum Fleet.

Blick in einen Zuckerhut.
Spannend ist natürlich auch, wer hier siedelte. Wenig überraschend ist, dass es einst Kaufleute und Schiffszimmerer waren - nicht ganz reich, aber auch nicht ganz arm, wie die Überreste der bemalten Fliesen von Kachelöfen belegen.

Ein kleiner Fayence-Schuh war im Barock ein Zeichen erotischen Interesses. 
Im 18. und 19. Jahrhundert kamen die Zuckersieder, auch das wenig überraschend, denn Hamburg war zu dieser Zeit des Zentrum der europäischen Zuckerraffination. Praktisch, wie der Hamburger nun mal ist, siedelten sich Destillen in der Nachbarschaft an: Zur Branntweinherstellung wird Zucker benötigt.

Eine der mittelalterlichen Wasserleitungen, die ins Katharinenfleet führten.
Ende des 19. Jahrhunderts verfiel die Bebauung zusehends: Immer wieder gibt es Beschwerden über Schutt, der aus den Fassaden in das Fleet fiel und die Schifffahrt gefährdete. Vergnügung wurde sich trotzdem: Ein direkt an der Straße gelegenes Lokal ersuchte 1894 für seinen Keller um Baugenehmigung für zwei Kegelbahnen und einen Ofen.

Was vom Hamburger Feuersturm übrig blieb.
Wie so oft, verbergen Müllgruben die erstaunlichsten Funde. In diesem Falle waren es eine Bernsteinperle, einst vielleicht ein Liebesbeweis, ein Spielzeughahn und ein Fayence-Damenschuh. Mit letzterem zeigten die Männer der Barockzeit ihre amourösen Interessen - Tinder lag noch in weiter Ferne.       

Ein kleiner Hahn.
Herzlichen Dank an Kay-Peter Suchowa und das Team des Archäologischen Museums Hamburg für den spannenden, einzigartigen Abend!

Glasscherbe.
* Wilhelm Melhop, Historische Topographie der Freien und Hansestadt Hamburg von 1895-1920, Mit Nachträgen bis 1923. Unter Benutzung amtlicher Quellen. I. Band. Verlag Otto Meißer, Hamburg 1923, S. 35

Samstag, 28. Oktober 2017

Samstagsplausch KW 43/17: Strick-Hafenrundfahrt mit dem Maschenwunder

Auf der Suche nach einem Geschäft, in dem ich evtl. Sandes-Garn nachkaufen könnte, falls das in Dänemark gekaufte nicht reicht, stieß ich auf Maschenwunder, ein Geschäft in Bramfeld. Manja Vogelsang organisiert an jedem zweiten Mittwoch im Monat ein Stricknick, an dem ich seit dem Sommer teilnehmen möchte. Ob ich es noch schaffe, solange ich noch mit dem Auto zur Arbeit komme?! Mit dem ÖPNV bin ich sonst für die Strecke Bramfeld - Iserbrook ewig unterwegs.

Vor der Kaffeefahrt erstmal einen Kaffee trinken.
"Da ist das Kamera-Team." - Manja Vogelsang erklärt den Ablauf der Fahrt. Auch im Bild: Ein fantastisches Kuchenbüfett.
Ähm, wo war ich? Ach ja: Neben den monatlichen Stricknicks organisiert Manja zwei Mal im Jahr eine Strick-Hafenrundfahrt auf der Barkasse "Alex". Letzten Sonntag war's wieder so weit.

Die Kamerafrau bei der Arbeit.
Ich fuhr sicherheitshalber 'n büschen früher los, falls die S-Bahn mal wieder Probleme hat und weil ich nicht wusste, von welcher Brücke mit welchem Barkassenunternehmen es los geht, denn diese Info fehlte online. Es heißt schließlich nicht umsonst "Landungsbrücken" - davon gibt's nämlich 10, von denen an Überseebrücke und Baumwall ganz zu schweigen.

Kamerafrau und Tonmann bei der Arbeit.
Ich fand die Barkasse aber schnell, und so hatte ich dann noch Zeit für einen Kaffee in einer der Touriklitschen auf den Brücken. Dort wurde mein Strickzeug so entsetzt gemustert, dass ich seitdem überlege, in dem Lokal ein Knit-In zu organisieren.

So lasse ich mir "Schafscheiße" schmecken: Selbstgemachte Kekse.
Zum Glück kaufe ich Wolle nur für konkrete Projekte, sonst wäre ich glatt schwach geworden.
An der Barkasse wartete schon ein Grüppchen - samt Fernsehteam, denn über die Fahrt wird es nächsten Monat einen Beitrag in der Sendung "Rund um den Michel" geben (ich sage noch Bescheid, wann genau). Auf der Barkasse war's muckelig warm, und bei angeregter Unterhaltung in netter Gesellschaft gingen die zwei Stunden viel zu schnell vorbei. Vom Hafen habe ich keine Fotos gemacht, denn meistens hat leider geregnet.

Sonnenuntergang am Hafen.
Als wir dann wieder an den Landungsbrücken ankamen, begrüßte uns ein wunderbarer Sonnenuntergang. Die S-Bahn brachte mich schnell nach Hause, und mit Sushi ließ ich einen perfekten Sonntag ausklingen.

Sonntagssushi.
Ich wünsche Dir ein schönes Wochenende und eine gute Woche! Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea.

Freitag, 27. Oktober 2017

H54F - High 5 for Friday #43/2017

Momentan rast die Zeit noch schneller als sonst. Da ist es gut, mal innezuhalten und sich auf fünf Freugründe zu besinnen, die Pünktchen und Viktoria auch diese Woche wieder sammelt:
  1. Freitag Abend waren der Gatte und ich essen. Der Gatte ist momentan mehr als erschöpft, denn in seinem Büro haben sich mal wieder zwei Kollegen parallel krankgemeldet, er muss sie vertreten, und das mitten in der Hauptgeschäftszeit. Es ist sicher reiner Zufall, dass der eine Kranke die Mitfahrgelegenheit der anderen Kranken ist, die ohne Auto nur schlecht ins Büro kommt ... Wir konnten darüber sprechen, was sich durch die neue Stelle ändert, und seine Zusicherung, mit bei allem, was evtl. Verkäufe auf Kunsthandwerkermärkten betrifft, zu unterstützen, ließ mir das Herz aufgehen. Aber bis es soweit ist, dass ich mir darüber ernsthaft Gedanken manchen kann, wird sicher noch ein Jahr ins Land gehen.
  2. In der Nacht zu Sonnabend schlief ich 12 Stunden und wachte ohne Schmerzen / Verspannungen auf. Das kommt selten vor. Entzückend war die Antwort des Gatten auf meine Frage, warum er mich nicht weckte (das macht er nämlich normalerweise): "Ich hab's drei, vier Mal versucht, aber du hast jedes Mal so süß ausgesehen, da brachte ich das nicht über's Herz."
  3. Von der Chefin gab's Blumen zum Einzug ins renovierte Büro. 
  4. Ich durfte das Team offiziell über meinen Wechsel in eine andere Abteilung informieren. Ich hatte zwar gehofft, dass die Chefin das in einer Teamsitzung macht, aber die nächste ist erst in zwei Wochen, und da sollten dann schon langsam die Auswahlgespräche für meine Nachfolgerin stattfinden - zumindest war's so geplant, aber gestern zeigte sich, dass es sich noch ziehen wird. Dennoch: Für Anfang Dezember ist mein Wechsel terminiert, egal, ob ich eine Nachfolgerin habe oder nicht. Ich atme erst auf, wenn's tatsächlich sicher ist, dass ich ohne Nachfolgerin gehen kann. Und dass ich die Aussage, in diesem Team keine Zukunft mehr für mich zu sehen, tatsächlich ernst meine und gehe, hat auch einige überrascht.

    Die Kollegen freuten sich für mich, betonten immer wieder, wie gut die neue Stelle zu mir passe, und bedauern brav meinen Weggang. Einzig Kollegin II guckte sparsam, als sie realisierte, dass ich auch dann gehe, wenn es für mich keine Nachfolgerin gibt. Sie plant nämlich einen vierwöchigen Urlaub von Mitte Dezember bis Mitte Januar, und ich wäre ihre Vertretung gewesen. Mein Weggang könnte ihr da einen Strich durch die Rechnung machen ...
  5. Mein Strickkleid ist fertig. Für den Kragen brauchte ich drei Anläufe, deswegen zog sich das Projekt etwas. Wie's aussieht, zeige ich Dir demnächst mal in der RUMS-Rubrik.  
Ansonsten lebe ich mich langsam wieder im neuen alten Büro ein. Das ist noch immer eine Baustelle mit Lärm und Staub. Wir waren sieben Tage ohne Heizung. Die Handwerker hatten beim Erneuern der Leitung vergessen, die neue bis in unser Stockwerk zu ziehen. Die Schließanlagen funktionieren noch nicht, weil niemand eine Bedienungsanleitung dafür hat. Beim Chef kamen ein paar Umzugskartons abhanden, gelegentlich fehlen noch Möbel, und die Bewegungsmelder führen ein Eigenleben ... Aber wir haben jetzt einen Pförtner, und darüber freue ich mich jeden Morgen.

Der Arbeitsweg ist beschwerlich, denn mittlerweile wird auf allen Straßen, die ich nehmen könnte, gebaut. Mal gucken, wie die Situation nächste Woche ist, vielleicht steige ich noch im November auf den ÖPNV um. Jedenfalls macht es mir die mangelnde Baustellenkoordination leicht, das Auto stehen zu lassen.

Ich hoffe, Du hattest ebenfalls mindestens fünf Freugründe in dieser Woche und wünsche Dir ein schönes Wochenende.

Donnerstag, 26. Oktober 2017

RUMS 43/17: Socken mit Biesen nach Charles D. Gandy [Plus Size]

Von diesen Holy-Moly-Socken und von diesen Holy-Moly-Socken hatte ich noch Garn übrig, ebenso von diesen Ringelreihen-Socken, und petrolfarbene Sockenwolle vermehrt sich immer völlig unkontrolliert. Aus den Resten entstanden diese Socken, inspiriert durch die Ring Sock von Charles D. Gandy. Ich habe sie wieder meinem Wadenumfang angepasst, damit sie kommod sitzen.



Den Wollverbrauch habe ich leider nicht festgehalten. Ich hatte noch knapp 50 g Regia Color Cotton Candy, knapp 100 g Regia Classic in Rot*, je einen winzigen Rest von ONline Linie 3 Supersocke 0051* und ONline Linie 3 Supersocke 0045* sowie knapp 100 g eines No-Name-Sockengarns in Petrol. Gestrickt habe ich mit einem 2,5er Nadelspiel.

Um die Farbe Cotton Candy möglichst in beiden Socken in gleichen Anteilen zu haben, habe ich das Knäuel nach Augenmaß geteilt.

Los ging's mit 96 M in Petrol. 15 Rd re stricken, dann 1 Rd links. Ich entschied mich für ein Rollrandbündchen, weil ich das bequemer finde als eine Biese, vor allem, wenn sie mit Watte gefüllt und dadurch starr ist.

Es folgen 10 Rd rechts in Candy, dann 15 Rd links in Petrol und wieder 15 Rd rechts in Candy. Dabei wird der Petrol-Teil in der ersten Candy-Rd zu einer Biese gebogen und mit Füllwatte ausgestopft. Nun folgen wieder eine Biese, 15 Rd. in Candy und eine Biese.

Nach der letzten Biese strickte ich 35 Rd. in Candy, und als das Garn aus war, in Rot. Dabei strickte ich ab der dritten Rd jeweils pro Nadel zwei M zusammen, bis auf jeder Nadel 16 M waren. In der Folge strickte ich dann über 64 M weiter.

Die Ferse arbeitete ich in Dunkellila und Hebemaschen, das Käppchen in Helllila, den Fuß in Petrol.

Dieser Beitrag geht rüber zu RUMS, zu Stricklust, zu den Liebsten Maschen und zur Häkeline.

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Dienstag, 24. Oktober 2017

Socken mit angestrickten Dreiecken und Dreiecksmuster in Größe 37 [Tutorial]

Von diesen Scales-Socken hatte ich zum Einen noch Wolle übrig, zum anderen aber auch Dreiecke (Scales), denn die sollte ja nur weinrot sein, wie der Rest der Socke.

Beide Socken auf einen Blick.
Detailblick auf das Muster.
Aus dem Wollrest wurden Stulpen für terschies, aus den Dreiecken und den Resten von diesem Projekt ein Paar Socken für sie. Da ich aber nicht genug von den kleinen Dreiecken hatte, improvisierte ich etwas und entwickelte ein Strickmuster mit Dreiecken. Immer dort, wo ich kein Dreieck anstricken konnte, strickte ich eines in den entsprechenden Farbstreifen.

Erst mal das Material sichten und sortieren.
Die Anleitung für die Dreiecke gibt es im Regia Journal 008*.

Der Anfang ist 'n büschen fummelig ...
... aber dann geht's doch recht flott voran.
Dieser Beitrag geht rüber zu Creadienstag, DienstagsDinge, Handmade on Tuesday, Liebste Masche und Stricklust sowie zur Häkelline.

Interpretation der Scales-Socken von Charles D. Gandy in Größe 37

Ich habe die Socken vor dem Weitergeben nicht gewogen, vermute aber, dass ich knapp 80 g Wolle in drei verschiedenen Lila-Tönen verstrickte. Ich schlug 4 x 16 M (064 M insgesamt) mit Nadelstärke 2,5 an und strickte für das Bündchen 16 Rd 1 M re / 1 M li im Wechsel.

Dann begann ich mit dem Muster, das über 16 M und 16 R läuft. Wenn Du auf das Foto klickst, solltest Du den Mustersatz groß sehen und nacharbeiten können.

Strickschrift zu den Scales / Dreiecken (Bild vergrößert sich beim Anklicken).

Zu jedem Mustersatz gehören 4 Dreiecke. Wenn ich nicht genug in einer Farbe hatte, habe ich sie mit dem Muster ergänzt. Die die Dreiecke angestrickt werden, erklärt Charles D. Gandy in diesem Video:



Ich strickte 4 Mustersätze à 16 Rd. Nach dem letzten Mustersatz strickte ich noch 3 Rd re, dann begann ich mit der Ferse (inkl. Bündchen sind das insgesamt 75 Rd). Ich arbeite am Liebsten eine Käppchenferse mit Hebemaschen.

Den Fuß strickte ich über 80 Rd, was 5 Mustersätzen entspricht. In Rd 81 begann ich mit der Abnahme für die Spitze.

Die zweite Socke arbeitete ich gegengleich.

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