Dienstag, 31. Mai 2022

Spendensocken aus Qitura Rose "Frühlingswiese" by Rock'n Woll

Rock'n Woll begann im März mit zwei Spendenaktionen zugunsten der Ukraine-Hilfe von Unicef: Neben gestrickten und gehäkelten Decken werden Stricksocken gesammelt, die über Insta als Bündel verlost werden. Ein Los kostet 5 Euro. Die Wolle stellt Rock'n Woll zur Verfügung. 

Socken aus Qitura Rose (unten) und aus grüner Sockenwolle mit Dreiecken aus Qitura Rose.
Socken aus Qitura Rose "Frühlingswiese" im Amazonas-Muster.

Ich bekam Qitura Rose in der Färbung "Frühlingswiese". Daraus entstand ein Paar Socken in Größe 40/41 mit dem Muster "Amazonas" von Schachenmayr. Das Muster hat Potential, eines meiner Lieblingsmuster zu werden. Es strickt sich sehr schnell und quasi mindless, was für grundverpeilte Frettchen wie mich immer gut ist. 

Das Muster Amazonas und die Färbung Frühlingswiese im Detail. 

Danach hatte ich noch etwas Garn übrig, das ich zu Dreiecken verstrickte wie für die Scales-Socken nach Gandy. Die Anzahl der Dreiecke, die ich herausbekam, passte für ein Sockenpaar in Größe 38/39, und die flaschengrüne Wolle kaufte ich dazu - Sockenwolle kann frau ja nie genug haben. 

Das Scales-Muster im Detail.

Die Scales-Socken.

Dieser Beitrag geht rüber zu Dings vom Dienstag, Creativsalat und Handmade on Tuesday. Vielen Dank für's Sammeln!

Montag, 30. Mai 2022

#pmdd2022: Der 28. Mai 2022

An jedem 28. eines Monats ist Picture my Day-Day, kurz pmdd. Ich finde, das ist ein schönes Tagebilderbuch. Mitmachen ist einfach: Fotos vom Tag machen, bloggen oder mit #pmdd2022 auf Twitter oder Instagram einstellen. Gesammelt wird alles auf dieser Seite.

Zum ersten Mal diese Woche mit dem Auto unterwegs. 

Wie an jedem Sonnabend, ist mir heute nach Ausschlafen, um so mehr, weil ich gestern zwölf Stunden mit einer Blog-Freundin durch die Stadt butscherte. Durch die viele Bewegung habe ich Muskelkater, und die vielen Menschen und Eindrücke erschöpften mich. 

Den Gatten beim Sport absetzen. 

Nur nützt ja nichts. Der Gatte muss zum Rehasport, und da auch Leergut weggebracht werden muss, schlug ich vor, ihn zu fahren, damit wir nicht mit zwei Auto los müssen. Das war ganz gut, denn der Gatte schwindelt, muss die Sportstunde abbrechen, hätte nur mit Mühe selbst zurückfahren können. Davon, mit dem Bus zum Sport zu fahren, ist er noch weit entfernt. 

Leergut wegbringen. 

Die Auswahl der ausgesetzten Bücher im Supermarkt ist schon sehr speziell. 

Damit ist es amtlich: Wir müssen ein Jahr auf unseren Stamm-Supermarkt verzichten. Die Angestellten sollen weiterbeschäftigt werden, aber für die kleinen Läden und Dienstleister im Eingangsbereich ist es das sichere Aus. 

Getränkemarkt und Bäcker sind schnell geschafft, nur die Packstation bereitet Probleme. Später stellt sich heraus: Trotz der Mitteilung, meine Ware sei in der Packstation, kam sie als Unzustellbar in ein Kundenzentrum und verscholl dort. Ich musste nämlich bei der Bestellung zusätzlich zu Postidentnummer und Packstation Straße und Hausnummer der Packstation angeben, was laut DHL nicht erlaubt ist, und deswegen kann die Sendung nicht zugestellt werden. Ja, nee, is klaa. Ich bestelle also die Ware neu und hoffe, DHL kann an meine Hausanschrift zustellen. An die Büroanschrift kann DHL nicht zustellen, denn laut DHL existiert das Gebäude nicht. Einmal mehr bedauere ich, dass ich die Ware nicht im stationären Handel bekomme, aber in diesem Falle verkauft der italienische Hersteller nach Deutschland nur online (und liefert nur per DHL).   

Jedes Mal, wenn ich die Werbung sehe, denke ich, bei den Müllcontainern vorm Haus wäre doch noch Platz für eine kleine Packstation ... 

Den Gatten einsammeln, nach Hause fahren, den Gatten ins Haus bringen, denn er ist so wackelig, dass er es alleine nicht schafft, dann den Wagen in die Garage bringen, die Sportsachen des Gatten in die Wohnung tragen, kurz gucken, ob der Gatte gerade etwas außer Ruhe braucht, dann endlich frühstücken. 

Lesend* auf den Gatten warten.
Hände waschen. 

Ich mag die psychedelischen Farben der aktuellen Seife.


Endlich Frühstück.

Nach dem Frühstück, dem täglichen Telefonat mit Mudderns und der Klärung des DHL-Problems stellen wir beide fest, dass wir einfach nur erschöpft sind und nur noch schlafen möchten. Es wird also ein sehr ruhiger Tag. 

Das werden Erdbeertörtchen.

Die (fast) tägliche Spülmaschine. Der Gatte ist inzwischen wieder so fit, beim Ausräumen zu helfen.

Der Esstisch musste endlich mal wieder neu eingedeckt werden. 

Nachmittags steht bei mir Hausarbeit auf dem Plan. Außerdem sorge ich für Erdbeer-Törtchen für den Tee und habe Zeit, ein paar Blog-Artikel vorzubereiten. 

Teezeit mit Erdbeer-Törtchen.

Mal eben kurz was mit der Hand abwaschen. 

Die gestern gemachte Wollbeute sichten und mit Projektzettel in den Stash sortieren.

Sonnabends müssen die Tablettendosen aufgefüllt werden. 

Abends wollten wir eigentlich zum Griechen essen gehen, aber der Gatte vergaß, einen Tisch zu bestellen, und ohne Reservierung gibt es kaum eine Chance auf einen Platz. Der Gatte fühlt sich zudem nicht fit genug, um nochmal wegzugehen, was mir sehr entgegen kommt. Ansonsten wären wir ins Dorf gefahren (gehen kann der Gatte heute nicht mehr) und hätten geguckt, ob beim Griechen ein Tisch frei wäre - andernfalls hätten wir unser Glück beim Chinesen versucht. Das Lokal ist größer, da klappt es normalerweise auch ohne Reservierung. So haben wir die Wahl zwischen Lieferdienst und TK-Pizza.

Der Wochenplan muss aktualisiert werden. 

Der Keller-Tiefkühler muss im ersten Leben Tardis gewesen sein, so viel, wie darin untergebracht werden konnte. 

Da der Vorrat im Keller-Tiefkühler aufgebraucht werden soll, habe ich flugs schon den Wochenplan für die übernächste Woche fertig. Er wird aber bestimmt noch geändert. 

Wir entscheiden uns für TK-Pizza - der Tiefkühler soll schließlich leerer werden. Also stapft der Gatte in den Keller und denkt auch daran, Block und Stift mitzunehmen, um endlich aufzuschreiben, was da alles im Tiefkühler schlummert. 

Abendessen. 

Den Abend verbringen wir auf dem Sofa. Der Gatte hat keine Lust auf Fußball, und so entscheiden wir uns für die beiden Eberhofer-Krimis. Ich kann die Dialoge bei Dampfnudelblues* und Winterkartoffelknödel* zwar schon mitsprechen, aber der Gatte meint, beide Folgen noch nicht zu kennen. 

Fernsehen.

Stricken.

Ich gehe zu spät ins Bett, aber dafür ist das aktuelle Strickstück fertig. 

Das aktuelle Strickstück: Eine Mütze aus Wollresten für die Spendenkiste.

Hier der übliche Rückblick in die ersten beiden Corona-Jahre: Am 28. Mai 2020 war der Gatte noch gesund und arbeitete, lebte Schwiegermutter noch in ihrem Haus. Am 28. Mai 2021 war der Gatte schon ein halbes Jahr krank, und wir ahnten nicht, dass er vier Tage später in Lebensgefahr ins Krankenhaus kommen würde. 

Noch etwas lesen* vor dem Schlafen - jetzt ist eigentlich schon Sonntag. 

*Affliate links

Samstag, 28. Mai 2022

Samstagsplausch KW 21/22: Leben und Arbeiten in Corona-Zeiten CXV

Hier gilt seit mittlerweile 115 Wochen: Der Gatte und ich sind weitgehend zu Hause. Der Gatte wurde im ersten Corona-Jahr schwerkrank, ist inzwischen berufsunfähig verrentet und schwerbehindert. Es geht uns vergleichsweise gut. Wir halten es gut miteinander aus.

Unsere Kontakte sind normalerweise auf das Notwendigste beschränkt, heißt: Arbeit, Ärzte, Einkaufen, Mütter. Ich bin dankbar, dass Corona uns bislang verschonte. Wir sind natürlich geimpft, aber angesichts unserer Vorerkrankungen ist trotz Impfung eine Corona-Infektion wenig ratsam.

Damit die Bärin meiner Begleitung nicht so alleine ist, kam Hoppie Hase mit - natürlich mit Maske. 

Gestern allerdings war ich den ganzen Tag unter Menschen, hatte Besuch von einer Blog-Freundin, und wir butscherten durch die Stadt. Das war schön, aber ungeheuer anstrengend. Heute konnte ich mich kaum bewegen, brauchte direkt nach dem Frühstück schon wieder ein Schläfchen (ausschlafen ging leider nicht, der Gatte musste zum Rehasport). In den Lokalen, die wir besuchten, standen die Tische dichter als dicht, war an irgendwelche Corona-Schutzmaßnahmen nicht zu denken - das war mehr als befremdlich, und ich hoffe, das ging gut. 

Beim Rumbutschern haben wir nicht nur lecker gegessen, sondern ich entdeckte auch ein mir bislang unbekanntes Wollgeschäft. Prompt musste ich die Wolldiät unterbrechen. Online hätte ich mir das Garn sicher nicht gekauft, aber wie es da so bunt und glänzend vor mir lag, konnte ich einfach nicht anders. Die Wolle für den nächsten Mallorca-Schal ist also gesichert.  

So ein unbeschwerter Tag war eine schöne Abwechslung, die ich zuletzt mit einer Schweizer Kochfreundin im September 2021 in Dänemark hatte - ansonsten richtet sich ja jeder Tag danach, wie's dem Gatten geht. Nun, es ist ja, wie es ist, und so, wie es ist, ist es gut. 

Dem Gatten geht's anscheinend ein ganz klein bisschen besser seit der Medikamentenumstellung, wenngleich er immer noch unter Schwindelattacken und Kreislaufproblemen leidet, oft motorisch eingeschränkt ist. Dass ich ihn heute zufällig zum Sport fuhr, war ganz gut, denn er hielt die Stunde nicht bis zu Ende durch, hätte nur schwerlich selbst zurückfahren können. Mal gucken, was die Ärztin kommende Woche sagt. 

Einmal die Alster kreuzen.

Diese Woche verbrachte der Gatte einen entspannten Tag mit seiner Mutter in der Innenstadt. Im Gegensatz zu mir bummelt und shoppt er ja wirklich gerne. Auch wenn er diesen Sonntag wieder zu seiner Mutter zum Tee geht, will er perspektivisch lieber an anderen Tagen etwas mit ihr unternehmen - bei gemeinsamen Aktivitäten ist die Wahrscheinlichkeit einfach geringer, dass sie sich in die Haare geraten, denn bei der gemeinsamen Teezeit monologisiert Schwiegermutter zwei Stunden darüber, was der Gatte alles falsch macht, wie unfähig er ist und was für eine fürchterliche Schwiegertochter ich bin. Widerworte des Gatten führen unweigerlich zum Rauswurf. Spannend wird's allerdings, Aktivitäten zu finden, die Schwiegermutters Ansprüchen genügen ... Ihre Seniorenwohnanlage bietet zwar einiges, aber Schwiegermutter hat sich ja leider entschlossen, alles, was da angeboten wird, abzulehnen, weil's in ihren Augen viel zu primitiv ist.  

Neben dem Massaker in Ulvade, das einfach nur fassungslos und wütend macht, machte mich die Nachricht über den Tod Hans Scheibners traurig. Ich durfte Mitte der 1980er Jahre mal eine Radiosendung mit ihm bestreiten, eine schöne Erinnerung an einen sehr netten Menschen. Möge ihm die Erde leicht sein. 

Street Art in der Marktstraße - Brain Fog sei Dank, fällt mir der Name des Künstlerkollektivs gerade nicht ein. 

Mudderns freute sich, dass der Zores mit ihrer Krankenkasse beigelegt ist, aber, typisch Mudderns, die Freude währte nur kurz. Sie fand sofort wieder etwas, worüber sie sich Sorgen machen, wovor sie Angst haben kann. Ich habe gerade den Eindruck, dass sich ihre Winterdepression in den Sommer verschiebt und versuche, mich nicht davon runterziehen zu lassen. Sie ist von dem, was Pflegestufe zwei nach sich zieht, gerade völlig überfordert. Ich erkläre ihr zwar alles mehrfach, aber sie macht es dann doch anders, was für Chaos sorgt, das ich dann wieder geradebiegen darf. Da ist es hilfreich, dass ihre Gesellschafterin zwei Mal in der Woche da ist, denn auf sie hört Mudderns.  

Tante bekam diese Woche einen dicken Brief mit Urlaubsfotos, und ich hoffe, sie freute sich. Wir halten unverändert am Plan fest, im kommenden Jahr ihren 90. Geburtstag mit ihr zu feiern, und eigentlich wollen wir auch gerne Weihnachten zu ihr, aber während es für uns eine finanzielle Frage ist, stellt sich für Tante die Frage, ob es nicht zu anstrengend für sie wird, ob wir ihr mit dem Besuch wirklich etwas Gutes tun (wobei wir weniger anstrengend sind als Schwiegermutter, die unweigerlich mitkäme). Dass sie 800 Kilometer weit weg ist, ist einfach doof. 

Diese Woche kam endlich die lang erwartete Wasserrechnung, und wir trauten unseren Augen kaum, denn es gibt eine hohe Rückzahlung. So ganz glauben wir es erst, wenn das Geld auf dem Konto ist (und wir haben keine Ahnung, wie wir es schafften, so viel Wasser zu sparen). Angesichts der Höhe könnten wir dem vervielfachten Gaspreis und der hohen Nachzahlung im kommenden Jahr fast gelassen entgegen sehen, wären da nicht noch die anstehende Stromrechnung und die möglichen Nachzahlungen für die Steuer. Trotzdem: Das kleine finanzielle Polster ist sehr willkommen und beruhigt.

Nachdem der Zores mit Mudderns Krankenkasse beigelegt ist, haben wir Zores mit der Lebensversicherung des Gatten, denn die verweigert die Auszahlung. Wir hatten das schon befürchtet, nachdem wir einen entsprechenden TV-Bericht sahen, aber es hätte ja auch glatt gehen können. So geht's zum Anwalt und wird sich hinziehen.  

Im Büro war's eine ruhige Woche, denn in Hamburg waren Ferien. Mein Mammutprojekt gerät das dritte Jahr in Folge in den Fokus der Nachbarbehörde. Das machte in den letzten beiden Jahren die Sommer sehr arbeitsreich - normalerweise ist spätestens mit dem Beginn der Sommerferien in diesem Projekt Ruhe. Dieses Jahr taten beide Chefs alles, um das zu verhindern. So legten sie bereits vor über drei Wochen gemeinsam mit der Nachbarbehörde die Parameter einer Zusammenarbeit fest. Allerdings scheint es dort keine Kommunikation in den Abteilungen zu geben, die sich für mein Projekt interessieren, und wenn dann noch die Anordnung einer Blaumännin kommt und in mein Projekt eingreift, ist es ohnehin aus. Allerdings ist das, was die Blaumännin und ihre Behörde wollen, nicht umsetzbar. Meine Chefs verstehen das und tragen meine Entscheidung - mal schauen, ob sie das auch rüberbringen können oder ob wir aus politischen Gründen Blödsinn umsetzen müssen. 

Mein Mammutprojekt könnte im Sommer ohnehin in den Fokus der politischen Öffentlichkeit geraten, da brauche ich keine weitere Unruhe wegen einer kurzsichtigen Fehlentscheidung aufgrund des Ukrainekriegs, die dazu beiträgt, Geflüchtete in zwei Gruppen zu teilen. Nun, wir werden sehen. Ich wappne mich jedenfalls schon dafür, dass ich dienstlich nicht nur eine Entscheidung verkaufen muss, die ich nicht mittrage, sondern zwei. Solche Art der Kommunikation liegt mir nicht. Ich kann nichts verkaufen, hinter dem ich nicht stehe, aber nun ja. Wenn's mir zu doof wird, berufe ich mich darauf, dass ich aufgrund meiner Gehaltsklasse diese Entscheidungen nicht nach außen kommunizieren muss, sondern meine beiden Chefs oder die Presseabteilung und somit mein Ex-Chef, der ja leider weiß, was ich kann ... 

Den beiden coronakranken Kindern des Kollegen ging es zum Glück nach hohem Fieber rasch besser, und weder seine Frau noch er steckten sich an. Es schaut auch so als, als käme die Kollegin, die Corona vor vier Wochen schwer erwischte, kommende Woche wieder ins Büro. Das wäre schön!

Die drei Bürotage sind nach wie vor sehr anstrengend für mich. Ich bin zwar gerne im Büro und freue mich, meine Kolleginnen wiederzusehen oder einiges in der Innenstadt erledigen zu können, aber mit zehn bis zwölf Stunden sind die Tage auch sehr lang. Vor allem die sehr lange Fahrzeit im proppenvollen ÖPNV macht mir zu schaffen. In solchen Momenten fällt mir dann auf, dass ich auch chronisch krank und behindert bin, mich aus gutem Grund für Teilzeit entschied.

Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! Über's Kochen und Einkaufen berichte ich in der Kombüse.

Sonntag, 22. Mai 2022

Samstagsplausch KW 20/22: Leben und Arbeiten in Corona-Zeiten CXIV

"Haben wir etwa noch Corona?!", pöbelte gestern die alte Frau vor der Apotheke, vor der wir mit drei, vier anderen mit Abstand und Maske in der Schlange standen. "Ja!", scholl es ihr entgegen. Weder war jemand bereit, zu akzeptieren, dass sie sich vordrängelt, noch wollte jemand das Schild an der Tür ignorieren, wonach maximal vier Kunden in die Apotheke durften. Genau so viele waren gerade drinnen, also warteten die anderen draußen, bis sie an die Reihe kamen, was die Frau partout nicht verstehen wollte. In der Apotheke herrscht zudem noch Maskenpflicht, auch bei den Angestellten, gilt weiterhin die Einbahnstraßenregelung.

Dass wir noch Corona haben, kann man aber gut ignorieren. Weil kaum noch PCR-Tests möglich sind, sinken die Infektionszahlen - Schnell- oder Selbsttests fließen ja nicht in die Statistik ein, die Maskenpflicht ist wie alle anderen Einschränkungen weitgehend aufgehoben oder wird dort, wo sie noch gilt, gerne folgenlos ignoriert. 

Eine infizierte Kollegin meldete sich gerade für die dritte und vierte Woche krank, schrieb, sie käme einfach nicht wieder auf die Beine. Sie ist sportlich, fit und durchtrainiert, arbeitet in der Touristik - so jemand fällt nicht einfach aus. Ein Kollege separierte sich spontan in ein Einzelbüro, als ihm seine Frau vor Beginn eines ganztägigen Präsenztermins mitteilte, sein kleiner Sohn seit gerade positiv auf Corona getestet worden. Rechtlich hätte er teilnehmen können (oder wie eine Kollegin sagte: "Hä? Corona ist doch nicht mehr ansteckend!"), aber der Verstand sagt etwas anderes, also nahm er Rücksicht. Wir schalteten ihn per Skype zu. Seinem Sohn geht's ziemlich schlecht (aber Corona trifft ja Kinder angeblich nicht so hart). 

Hier gilt seit mittlerweile 114 Wochen: Der Gatte und ich sind weitgehend zu Hause. Der Gatte wurde im ersten Corona-Jahr schwerkrank, ist inzwischen berufsunfähig verrentet und schwerbehindert. Es geht uns vergleichsweise gut. Wir halten es gut miteinander aus.

Unsere Kontakte sind normalerweise auf das Notwendigste beschränkt, heißt: Arbeit, Ärzte, Einkaufen, Mütter. Ich bin dankbar, dass Corona uns bislang verschonte. Mal schauen, wie lange noch. Wir sind natürlich geimpft, aber angesichts unserer Vorerkrankungen ist trotz Impfung eine Corona-Infektion wenig ratsam. 

"Diese Woche habe ich viel geschafft!", sagte der Gatte stolz, als wir Mittwoch nach Feierabend zusammensaßen. In der Tat, er meisterte Arzttermine, war auf dem Wochenmarkt und butscherte sogar durch die Innenstadt. Die drei Tage ohne mich taten ihm gut. Donnerstag und Freitag ließen wir es aber langsamer angehen, zumal ihm auch das Wetter zu schaffen machte. Nach seinem Unfall in der ersten Maiwoche kämpft er sich langsam zurück, und die Hausärztin versucht, die Ursache für seine häufigen Stürze zu finden. Heißt: Es wird kräftig am Medikamentenplan geschraubt, es gibt viele Untersuchungen, weil es einen konkreten Verdacht auf eine weitere Erkrankung gibt. Mal schauen, wie sich das entwickelt. Gestern konnte er nach zwei Wochen unfallbedingter Pause endlich wieder zum Reha-Sport, wenngleich mit Fahrservice durch mich, denn er war recht wackelig. Aber es wird, und die Sportstunde samt Klönen mit der Altherrenriege tut ihm einfach gut.

Im Büro laufen viele schon länger angedachte Projekte plötzlich rund, seitdem Chef II als Mutterschutzvertretung für die Chefin da ist - ich erwischte mich schon bei dem Gedanken, dass es gut wäre, wenn er länger als das geplante Jahr bliebe. Für meine Probleme mit der zickigen neuen elektronischen Zeiterfassung haben wir eine Lösung gefunden, und es stellte sich heraus, dass nicht nur ich die Probleme habe. Was bleibt, ist, dass bei mir nach sechs Stunden eine halbe Stunde Pause abgezogen wird, bei den anderen Teilzeitkräften nicht. Selbst, wenn ich mich für 20 Minuten Pause ausstemple, werden mir nicht nur die 20 Minuten angerechnet, sondern noch 10 Minuten obendrauf. Warum das so ist, weiß keiner, denn es soll nicht so sein. Wenn es kurz vor Arbeitsschluss hektisch wird, kann ich also entweder sehr pünktlich gehen und die Arbeit auf den kommenden Tag verschieben oder erstmal eine halbe Stunde Pause machen, wenn ich nicht dafür bestraft werden will, dass ich länger arbeite ... 

Diese Woche konnte ich ohne schlechtes Gewissen sehr pünktlich Feierabend machen, und in den kommenden Wochen schauen wir mal, wie es sich entwickelt. Bei den Pausen muss ich halt schauen, dass ich tatsächlich 30 Minuten weg bin, was selten vorkommt. Entweder, ich bin kurz zur Bank, dann sind das keine fünf Minuten (für die mir aber 30 abgezogen werden), oder ich bin länger als 30 Minuten weg, aber so was erledige ich normalerweise auf dem Heimweg. Wenn sich die Pausenabrechnung in den kommenden Wochen nicht zurechtruckelt, müssen die zuständigen Kolleginnen da noch mal ran. 

Ansonsten sehe ich momentan an vielen Orten in der Stadt die Früchte meiner Arbeit, was ganz schön ist - und immer noch unrealistisch, weil ich immer noch nicht realisieren kann, dass ich für so ein tolles Projekt verantwortlich bin. In einem Monat ist die Pressekonferenz, dann ist das Projekt richtig groß präsent. Es verspricht, ein fröhlicher, lebhafter Termin zu werden, keine Pflichtveranstaltung wie früher, als das Projekt mehr Verwaltung als Spaß war. 

Nervig sind nach wie vor die HVV-Verspätungen, und da für die kommenden Wochen weitere Baustellen angekündigt sind, wird das so bleiben. Ich fahre inzwischen eine Stunde früher los, brauche aber dennoch morgens zwei Stunden (normal wären 41 Minuten Fahrzeit plus maximal 10 Minuten Fußweg). Die S-Bahn ist auch keine Alternative, denn da gibt es täglich Fahrtunterbrechungen - in dieser Woche einmal bis zu 440 Minuten (bevor du rechnest: Das sind mehr als 7 Stunden). Immerhin: Morgen kann ich zu Hause arbeiten, muss mich nicht mit grölenden Germanen-Gangs, die auf dem Weg zum Fußballspiel im Volkspark sind, in den ÖPNV quetschen. Und ich ergatterte 9-Euro-Tickets für Juni bis August. Laut eines Zeitungsberichts ist die Stückzahl bundesweit auf 30 Millionen beschränkt, und da wollte ich sie so schnell wie möglich kaufen, denn ich brauche sie ja. 

Mudderns geht's gut. Dass ihre Gesellschafterin jetzt zwei Mal in der Woche kommt, tut ihr wirklich gut. Ich habe zurzeit Zores mit ihrer Krankenkasse, die anscheinend den angeblichen Papiermangel dadurch bekämpfen will, dass ich ihr Unterlagen xfach vorlege. So hat sie alle erforderlichen Angaben zur Erstattung des Entlastungsbetrags schon vorliegen, möchte jetzt aber zusätzlich 76 Wochen rückwirkend Einzel-Rechnungen oder -Quittungen haben. Okay, ich arbeite in der Verwaltung, ich kann mit Papierbergen umgehen, aber das kann unmöglich deren Ernst sein. Kommende Woche darf ich also wieder viel telefonieren, weil der für vorgestern zugesagte Rückruf ausblieb.  

Schwiegermutter schmollt. Der Gatte redete ja Tacheles, dass er nicht möchte, dass sie an meinen Bürotagen hier ist und ihn überwacht, und jetzt sagte er auch noch, dass er sonntags lieber mit mir schwimmen gehen will als sie zu besuchen. Ich hatte ihr das schon in Weißenhaus gesagt, und da schnappte sie nur, das sei in Ordnung, es gäbe schließlich genug Leute, die sich freuten, den Sonntag mit ihr verbringen zu dürfen. Der Gatte schlug nun vor, dass sie sich an anderen Tagen treffen und zusammen zum Wochenmarkt oder spazieren gehen, denn sie will ja, dass der Gatte mehr spazieren geht, aber da sie jedes Mal auflegt, wenn er anruft, wird das nichts. Die Verabredung zum Wochenmarkt sagte sie ab, als der Gatte sie daran erinnerte - hätte er nicht angerufen, wäre sie einfach nicht gekommen. Mal schauen, wann sie sich wieder berappelt. Den Gatten besorgt ihr aktuelles Verhalten, aber er ist entschlossen, nicht klein beizugeben, sondern Grenzen zu setzen. 

Tante geht's hoffentlich gut. Es ist gerade ein Brief mit Fotos unserer Weißenhaus-Tage an sie unterwegs, und ich hoffe, sie freut sich darüber. Dadurch, dass Schwiegermutter nicht mit dem Gatten spricht, wissen wir auch gerade nicht, wie's Tante geht - und dass Tante nun die Urlaubsfotos vor Schwiegermutter bekommt, macht die Sache nicht besser ... 

Kommende Woche bin ich zu einem Sightseeing-Tag inkl. Fremdessen verabredet und bin gespannt, wie es mir bekommt, den ganzen Tag unterwegs zu sein. Das habe ich ewig nicht mehr gemacht. 

Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! Über's Kochen und Einkaufen berichte ich in der Kombüse. Diese Woche schaffte ich es endlich mal wieder, Gekörnte Brühe zu machen - mit Kräutern aus dem Garten!

Freitag, 20. Mai 2022

Friday-Flowerday: Ein Rosenstrauß vom Wochenmarkt

Als ich letzten Sonnabend bei Mudderns war, wollte sie nicht nur zu Fuß ins Dorf gehen, sondern auch über den Wochenmarkt. Beides macht sie normalerweise jeden Sonnabend, aber wenn ich da bin, besteht sie seit einiger Zeit darauf, dass sie zu schwach zum Gehen ist, wir mit dem Auto fahren müssen. Dass ihre Gesellschafterin neuerdings zwei Mal in der Woche kommt, tut Mudderns augenscheinlich psychisch sehr gut.

Ein Strauß aus gelben Rosen.

Auf dem Wochenmarkt kauft Mudderns jeden Sonnabend Blumen für sich, und, wenn sie sonntags zum Friedhof möchte, auch Blumen für Vadderns. Diesmal schenkte sie mir einen Blumenstrauß - das kommt sehr selten vor!

Die Blumen mussten vier Stunden im heißen Auto ausharren, denn vorm Elbtunnel stand der Verkehr (normalerweise brauche ich maximal 45 Minuten von Tür zu Tür). Zu Hause kamen sie in meine "Rosenvase". Die heißt so, weil auf ihr Rosen sind und weil meine Nenn-Omi sie mir mal mit einem Strauß aus ihren Wildrosen mitgab. Sie hatte einen über zwei Hektar großen Garten mit Seerosenteich, Enten, Bienenstöcken, ganz vielen Rhododendren, zwei Eseln, ganz vielen Wildrosen, Apfel- und anderen Obstbäumen, Zaubernuss und vielen wilden Ecken. 

Im Laufe der Jahre verwilderte der Garten immer mehr, weil die alte Dame es nicht mehr schaffte, alles zu versorgen. Die Esel und Enten bekamen eine neue Heimat. Einzig die Bienen behielt sie bis kurz vor die Übersiedlung ins Pflegeheim, und so bekam ich im Sommer oft morgens um sechs Uhr Anrufe von ihr. Zu der Zeit war sie schon seit Sonnenaufgang im Garten unterwegs gewesen, um die Bienen zu versorgen. 

Wenn ich bei ihr zu Besuch war, bekam ich immer etwas mit:  Selbstgemachte Ringelblumensalbe für unsere Neurodermitis-Hände (die Salbe war auf Schweineschmalzbasis - sehr gewöhnungsbedürftig), Zaubernusszweige im Winter (die in eine der hier vorgestellten Vasen kamen), Äpfel und Honig im Herbst, Rosen im Sommer - und damit die heil bei mir ankamen, gab sie mir beim ersten Mal die Rosenvase mit (ich vermute, es ist eigentlich ein Zahnputzbecher).

Meine Nenn-Omi versuchte auch immer, mir die Natur nahezubringen, aber obwohl ich gerne gärtnere, kann ich mir vieles einfach nicht merken. Ihr Wissen war einfach einzigartig! Ich bin sehr dankbar, dass wir uns kennenlernten und lernte abseits des Gartens viel von ihr, vor allem Großherzigkeit, Großzügigkeit und Menschlichkeit. 

Die NS-Zeit überlebte sie sehr abenteuerlich, gehörte zum Umfeld der Roten Kapelle, entkam durch Zufälle, Glück und solidarischer Kameradschaft allen Verhaftungswellen. Nach der Befreiung schloss sie rasch das Studium ab, arbeitete als Privatlehrerin für eine Fürsten-Familie und heiratete schließlich einen viel älteren Buchhändler. Die Ehe war alles andere als glücklich; erst nach dem Tod ihres Mann begann sie, wieder zu leben. In ihrem kleinen Hexenhäuschen inmitten des riesigen Grundstücks führte sie ein Leben voller Musik, Literatur, Kunst - und Orchideen, für die sie eigens ein riesiges Fenster einbauen ließ. 

Das Haus war immer offen, gerade auch für Menschen in Not - so zum Beispiel für einen jungen Mann, der, kaum 20 Jahre alt, zum Mörder wurde, und einen anderen jungen Mann, der in ein Bürgerkriegsland abgeschoben werden sollte. Beide wurden kurzerhand adoptiert, um ihnen mit neuem Nachnamen ein anderes Leben zu ermöglichen. Dafür wählte sie ihren Geburtsnamen, denn gegen alles andere hätte die Familie ihres Mannes rebelliert (eine andere oder Kinder hatte sie nicht; der Kontakt zu ihren Geschwistern und deren Familien war abgerissen). 

Der Familie ihres Mann missfiel nicht nur das. Die alte Dame hatte zwar lebenslanges Wohnrecht in ihrem Hexenhäuschen, war finanziell durch eigene Arbeit gut abgesichert, aber die Familie machte kein Hehl daraus, dass das Grundstück lieber heute als morgen zu Geld gemacht werden sollte. Kaum kam die alte Dame in ein Pflegeheim, weil sie sich nicht mehr alleine versorgen konnte, wurde das Grundstück verkauft. Heute stehen dort teure 08/15-Reihenhäuser mit 08/15-Gärten. Ich war seit dem Ausräumen des Hauses nicht mehr dort - es würde zu sehr schmerzen. 

Zu unseren Treffen gehörte auch immer ein Essen, für das sie sorgte: Sie fuhr gerne zum Forellenhof, weil sie in der Nähe gut mit den Pudeln laufen konnte, also gab's regelmäßig Räucher-Forellen mit Pellkartoffeln (oder Forelle blau an Silvester). Im Winter gab's Grünkohl - lohnt sich ja nicht für eine alleine, genug, dass ich etwas mitnehmen musste, war also immer da. Zum Grünkohl gehörten natürlich kleine zuuckerbraune Kartoffeln! Jetzt um diese Jahreszeit gab's selbstverständlich Spargel mit Schinken. Die alte Dame war außerdem der Meinung, Schinken und Milch seien das Heilmittel gegen Kummer jeglicher Art - dass ich eine Zeitlang koscher lebte, war da egal: Bei Kummer gibt's Schinkenbrot mit Milch, basta!   

Dieser Beitrag geht rüber zur Freutag-Linkparty und zum Friday Flowerday. Vielen Dank für's Sammeln!

Montag, 16. Mai 2022

Das ehemalige Ernst-Drucker-Theater

Wir haben uns da was eingetreten. Es ist braun. Es riecht nach Faschismus, Nationalismus, Antisemitismus und Rassismus. Wir hatten schon mal Faschismus in Deutschland. Mein Bedarf daran ist hinreichend gedeckt. Ich muss keinen faschistischen Staat erleben. Mir reichen die Erinnerungen an den, den es zwischen 1933 und 1945 gab.

Montags erinnere ich daran, was passiert, wenn es mit der Demokratie bergab geht und wie es anfing, denn die Nazis fielen ja nicht 1933 vom Himmel. Die krochen schon Jahre vorher aus ihren Löchern, wurden nicht rechtzeitig aufgehalten, auch, weil man sie nicht ernst nahm, dachte, es wird schon nicht so schlimm.

Wurde es aber.

In loser Folge gibt's hier also montags Kunst und Denkmäler gegen Faschismus, Nationalismus und Rassismus. Orte, die daran erinnern, gibt es in unserer Stadt genug, denn wie gesagt: Wir hatten das schon mal.


Im Winter traf sich das braune Pack täglich in vielen Stadtteilen, um gegen die Corona-Maßnahmen zu demonstrieren. Letztlich wollen die Demonstranten aber nichts anderes als einen faschistischen Staat, marschieren inzwischen nicht mehr nur von der AfD begleitet, sondern offen der NDP und anderen rechtsradikalen Parteien und Organisationen hinterher. 

Das heutige St. Pauli Theater hieß bis 1941 Ernst Drucker Theater.

Seit 2011 steht unter dem Schriftzug "St. Pauli Theater" wieder der ursprüngliche Name des Hauses am Spielbudenplatz: "Ernst Drucker Theater". Ich finde ja, man hätte das Theater gleich ganz umbenennen können, aber nun ja. 

Das Theater wird 1841 als "Urania-Theater" eröffnet. Es ist das älteste Privattheater Hamburgs und eines der ältesten Theater Deutschlands. Nach wechselvoller Geschichte kauft der erst 29jährige Ernst Drucker das Haus 1884 und baut es sehr erfolgreich zu einem Volkstheater aus. Auf dem Spielplan stehen überwiegend niederdeutsche Lustspiele mit Lokalkolorit und Sittenstücke, moralisierende Dramen. Die Zuschauer kennen die Orte, an denen die Stücke spielen, und können sich mit den Protagonisten identifizieren. Gleichzeitig setzt Drucker auch auf zeitgenössische Autoren wie Gerhart Hauptmann und Henrik Ibsen. Seine Mischung hat Erfolg, wenngleich "das Drucker" mehr für Amüsemang als für Anspruch steht. 

Über Ernst Drucker ist wenig bekannt. Er wird am 23. Oktober 1855 als Nathan Drucker in eine jüdische Hamburger Kaufmannsfamilie geboren. Er heiratet die Opernsängerin Anna Dombrowska, eine Protestantin. Die Ehe ist kurz; Anna Drucker stirbt 1882 im Alter von 27 Jahren. Drucker heiratet erneut.

Kurz vor seinem 27. Geburtstag im Oktober 1882 konvertiert Nathan Drucker zum Protestantismus und gibt sich den Vornamen Ernst. 1908 gibt Drucker die Theaterleitung ab, übernimmt sie dann aber im Ersten Weltkrieg wieder. Jetzt stehen Sonderaufführungen für verletzte Soldaten auf dem Spielplan. Ernst Drucker stirbt am 19. Mai 1918 in Hamburg. Seine Frau Else führt das Theater weiter, verkauft es drei Jahre später an Siegfried Simon, der u.a. das Flora-Theater am Schulterblatt betreibt. Nach dessen Tod übernimmt es seine Frau Anna. Sie bleibt bis zu ihrem Tode 1964 die Intendantin.

Anlässlich des 100. Jubiläums des Ernst Drucker Theaters am 24. Mai 1914 wird eine Festschrift erstellt - samt Grußwort von Emmy Göring. Die Festschrift wird schnell wieder eingestampft, denn es stellt sich heraus, dass Ernst Drucker als Jude geboren wurde. Auch sein Nachfolger Siegfried Simon ist Jude. Seine Kinder Kurt und Edith, die ihre Mutter bei der Theaterleitung unterstützen, gelten nach den NS-Gesetzen als Juden. Kurt Simon erhält Berufsverbot als Regisseur. Das Theater wird in St. Pauli Theater umbenannt und trägt diesen Namen bis heute. Nach der Befreiung ist das St. Pauli Theater eines der ersten, dass am 29. August 1945 den Spielbetrieb wieder aufnimmt.

Ernst Drucker und seine Frau haben drei Töchter, Wally, Gerda und Helga, die ebenfalls den NS-Rassengesetzen unterliegen. Wally Drucker, verheiratete Boothby, später Valerie Boothby-Colonna, kann nach Frankreich emigrieren, kam über New York und Ägypten schließlich 1970 nach Hamburg zurück. Die Schauspielerin und Autorin verstarb hier 1982. Generell ist die Geschichte der Familie Ernst Drucker noch zu wenig erforscht.  

Sonntag, 15. Mai 2022

Samstagsplausch KW 19/22: Leben und Arbeiten in Corona-Zeiten CXIII

Im Büro haben wir seit diesem Monat die elektronische Zeiterfassung, die es im Haupthaus schon länger gibt. Ich nutzte sie wegen des Urlaubs diese Woche zum ersten Mal, und seitdem fühle ich mich wie ein Hamster im Laufrad: Ich kann arbeiten, so viel ich will, es gibt nur Minusstunden. 

Eigentlich arbeite ich Teilzeit, habe einen entsprechenden Vertrag, werde entsprechend entlohnt, aber das System lässt bei mir nur Vollzeit zu, was jede Woche alleine schon 11 Minusstunden sind. In dieser Woche machte ich sogar über 38 Minusstunden! Keine Ahnung, wie ich das schaffte, denn letzte Woche hatte ich Urlaub, also arbeitsfrei, und als ich feststellte, dass mir Arbeitszeit abgezogen statt angerechnet wird, arbeitete ich diese Woche Vollzeit, um das aufzufangen. Momentan ist ohnehin mehr als genug zu tun. 

Als ich darauf hinwies, dass das System bei mir Vollzeit statt Teilzeit rechnet, außerdem nur Minusstunden gebucht werden, hieß es, da könne man nichts machen. Ähm, ja, nee, is klaa. Bei den Teilzeit-Kolleginnen funktioniert das System, nur bei mir nicht, und das kann nicht geändert werden?! 

Aber selbst, wenn meine Arbeitszeit irgendwann mal korrekt erfasst werden sollte, besteht das System darauf, dass auch Teilzeitkräfte eine Mittagspause machen. Heißt: Ich sitze entweder mit der Stoppuhr am Schreibtisch, um mich nach exakt 5:59 Stunden auszuloggen, oder ich muss mindestens eine halbe Stunde länger arbeiten, um die nicht gemachte, aber gebuchte Mittagspause einzufangen. Bislang machte ich bei Bedarf einfach ein paar Minuten länger, denn oft geht's erst kurz vor Feierabend rund, aber jetzt bleibt das, was spät kommt, einfach liegen.

Dass die Arbeitszeit erst zählt, wenn der PC hochfuhr, ist auch doof, denn bei Updates / Computerproblemen kann das dauern. Da geht dann schon mal 'ne Stunde oder mehr drauf, in der halt analog gearbeitet wird. Nur analoge Arbeit wird nicht erfasst. Da sind die Kolleginnen im Haupthaus besser dran, denn sie haben am Eingang ein Terminal, an dem sie sich mittels Transponder ein- bzw. ausstempeln, und dann gilt die Arbeitszeit ab / bis Betreten / Verlassen des Gebäudes. Terminals und Transponder sind an den Außenstellen aber nicht vorgesehen. 

Neben der originellen Arbeitszeiterfassung nervt der HVV. Wäre ich nicht so geizig, stiege ich wieder auf's Auto um, denn da beträgt die Fahrzeit zuverlässig 60 Minuten, trotz Staus und Baustellen. Mit dem HVV bin ich für die gleiche Kilometerzahl aktuell mal wieder bis zu drei Stunden unterwegs (normalerweise 90 Minuten). Ich muss kommende Woche mal schauen, dass ich früher los komme, denn wenn ich vor 8 Uhr unterwegs bin, nach 19 Uhr zurückfahre, umgehe ich die Baustellenstaus, bekomme einen Sitzplatz und kann an zwei Tagen die Füße hochlegen, weil dann in drei Tagen mein Stundenkontingent abgearbeitet wäre, zumindest, wenn das Zeiterfassungssystem richtig funktioniert. Eigentlich ging ich in Teilzeit, weil ich keine 12-Stunden-Tage mehr wollte. Theoretisch könnte ich auch mit der S-Bahn ins Büro fahren - wenn sie denn mal fährt, was nur bedingt der Fall ist. Straße ist planbarer als Schiene, ist es zu fassen?!  

Hier gilt seit mittlerweile 113 Wochen: Der Gatte und ich sind weitgehend zu Hause. Der Gatte wurde im ersten Corona-Jahr schwerkrank, ist inzwischen berufsunfähig verrentet und schwerbehindert. Es geht uns vergleichsweise gut. Wir halten es gut miteinander aus.

Unsere Kontakte sind normalerweise auf das Notwendigste beschränkt, heißt: Arbeit, Ärzte, Einkaufen, Mütter. Ich bin dankbar, dass Corona uns bislang verschonte. Mal schauen, wie lange noch. Wir sind natürlich geimpft, aber angesichts unserer Vorerkrankungen ist trotz Impfung eine Corona-Infektion wenig ratsam. Ich trage weiterhin FFP2-Maske, wann immer ich unter Menschen bin - okay, beim Schwimmen nicht (gäbe es Schwimm-Masken, trüge ich auch die). Der Gatte nutzt die Maske zunehmend als Kinnwärmer.

Der Gatte wurde durch den Unfall in der letzten Woche um Monate zurückgeworfen. Mir machen die damit einhergehenden Wesensveränderungen sehr zu schaffen. Die hatte er in den letzten Monaten ganz gut im Griff. Aktuell gibt es also wieder mal viel Streit. Er redete aber Tacheles mit seiner Mutter, so dass sie nicht an meinen Bürotagen hierher kam, um ihn zu überwachen. Der Gatte kam auch alleine ganz gut zurecht, beruhigenderweise. Er testet jetzt wieder seine Grenzen aus, guck, was er sich zutraut, wie weit die Kraft reicht. Er kämpft sich langsam wieder zurück, und ich freue mich über Kleinigkeiten wie eine ausgeräumte Spülmaschine, weiß ich doch, dass ihm die Koordination dieser Bewegungen sehr schwer fällt.

Tante feierte diese Woche Geburtstag, und es ist auch im dritten Corona-Jahr noch ungewohnt, dass sie an diesem Tag nicht bei uns ist. Sie freute sich aber sehr über unser Päckchen samt handgeschriebener Karte des Gatten, und wurde von ihrer Sportgruppe mit einer Feier überrascht. Das hört sich nach einem schönen Tag an! 

Mudderns tut es gut, dass ihre Gesellschafterin jetzt zwei Mal in der Woche kommt. Sonst war sie immer sehr wehleidig, wenn ich sonnabends zu ihr fuhr, bestand auf die Autofahrt in die Stadt, anstatt zu Fuß zu gehen. Gestern wollte sie partout laufen! Dusseligerweise war ich wie sonst auf Autofahren eingestellt, wollte Getränke, Brot und Kuchen  einkaufen ... Wir gingen also zu Fuß in die Stadt, und später fuhr ich dann nochmal mit dem Auto zum Supermarkt samt Bäcker. Mit Mudderns durch die Stadt zu gehen war eine schöne Abwechslung. Sie schenkte mir sogar einen Blumenstrauß!  

Diese Woche hatte auch viele schöne Momente: Donnerstag, als ich auf dem Balkon frühstückte, leistete mir ein Gimpel Gesellschaft! Er sang sogar! Es regnete nach vier Wochen endlich mal wieder ein bisschen. Die Pflanzen rund ums Haus dankten es. Die Kräuter wuchern üppig, besonders der Liebstöckel. Bei Zitronenmelisse und Waldmeister muss ich unbedingt ausdünnen - die Pflanzen gehen dann zum Fairteiler. Im Landtag in Schleswig-Holstein sind nur noch demokratische Parteien (leider setze sich das heute in NRW nicht fort, aber nun ja). Ich sah endlich mal wieder einen Maikäfer. Mein Gewicht sinkt nach Monaten des Stillstands wieder - ich will ja noch weitere 30 Kilo abnehmen, müsste noch 70 Kilo abnehmen, um auf einen BMI von 18 zu kommen, der laut Klinik der einzig akzeptable, gesunde ist.  

Sonntag konnte ich zum Schwimmen, während der Gatte bei seiner Mutter war. Richtig lange konnte ich zwar nicht schwimmen, weil ich den Gatten fuhr und wieder abholen musste, aber das Bad war total leer - eine Wohltat! Seitdem steht die Schwimmtasche hier gepackt, für den Fall, dass ich mich an den Heimbürotagen vor der Arbeit aufraffe, aber da genoss ich es, einfach eine Stunde länger schlafen zu können. Und heute war im verein Tag der offenen Tür, heißt viele Menschen. Da blieb ich leider zu Hause und puzzelte im Garten. 

Letztes Wochenende merkte ich, wie sehr es mir fehlt, zwei Tage ausschlafen zu können. Durch den Rehasport des Gatten geht das nicht, aber letzte Woche konnte er wegen seines Unfalls nicht teilnehmen (gestern auch nicht, aber da war ich mit Mudderns verabredet, konnte das nicht verschieben, musste also früh aufstehen).

Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! Über's Kochen und Einkaufen berichte ich in der Kombüse.

Samstag, 14. Mai 2022

#12von12 im Mai 2022

Caro von "Draußen nur Kännchen" sammelt wie jeden Monat am 12. des Monats 12 Impressionen des Tages - vielen Dank dafür! Hier kommen meine Mai-Bilder. 

#1: Der Klapprechner fährt Update um Update, also erstmal in Ruhe frühstücken und lesen*.

#2: Gearbeitet wird heute natürlich auch.

Für mich ist heute ein Arbeitstag im Heimbüro. Seit dieser Woche bin ich drei Tage im echten Büro und zwei Tage im Heimbüro. Außerdem arbeite ich aktuell Vollzeit. Zum einen ist viel zu tun, zum anderen haben wir seit diesem Monat ein tolles elektronisches Zeiterfassungssystem, das anscheinend nur Vollzeit kennt und bei mir nur Minusstunden protokolliert. Ich bin gespannt, wie das ausgeht. Ich will nicht Vollzeit arbeiten, aber wenn ich es muss, weil es vom Zeiterfassungssystem her nicht anders geht, hätte ich es auch gerne bezahlt ... Momentan kann ich nur hoffen, dass die Minusstunden korrigiert werden, damit ich Freizeitausgleich bekomme. 

#3: Ein erster Speiseplan für die kommende Woche und Einkaufszettel.

#4: Das geehelichte Krümelmonster ist glücklich. Außerdem gab's endlich wieder Rapsöl - allerdings zu horrendem Preis.

Nach der Arbeit steht 'n büschn Hausarbeit an, dann brechen wir zum ersten Teil des Wocheneinkaufs auf. Ich habe über Too good to go Kekse für das geehelichte Krümelmonster ergattert, und das Geschäft ist in einem kleinen Einkaufszentrum mit Supermarkt. Anschließen geht's in ein weiteres Einkaufszentrum wegen Bücherhalle und Discounter.  Morgen noch in den Stammsupermarkt, dann ist es geschafft. 

#5: Zwei abgeben*, eins mitnehmen*.

#6: Quarkbällchen galore.

Zuhause ist späte Teezeit angesagt - mit Quarkbällchen vom Quarkbällchen-Mann. Da kaufen wir immer gerne. Der Gatte freut sich, dass er erfuhr, dass es gefüllte Quarkbällchen gibt, und aß das erste noch auf dem Weg vom Stand zum Auto. 

#7: Schwimmzeugs für morgen packen.

Der Abend ist ruhig mit Sofasitzen und Stricken. Ich will früh ins Bett, um  ein paar Seiten mehr lesen* zu können, gucke dann aber doch noch heute journal und Tagesthemen.

#8: Ich vermute, es sind Hyazinthen, die vor den Pfingstrosen blühen. Sie wachsen inzwischen an mehreren Stellen im Garten. 

#9: Auch der Waldmeister wuchert üppig, obwohl er seit elf Jahren zu sonnig steht.

Der Blick zurück in die ersten beiden Corona-Jahre: Im Mai 2020 war Tante das letzte Mal zu Besuch in Schwiegermutters Haus, bereiteten wir Schwiegermutters Umzug in die Seniorenwohnanlage vor. Im Mai 2021 war der Gatte schon über ein halbes Jahr schwer krank und zum zweiten Mal im Krankenhaus. 

#10: Abendessen.

#11: Das aktuelle Strickstück.

#12: Vor dem Einschlafen noch etwas lesen*.

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