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Montag, 18. Mai 2015

Bad Nauheim XVII: Das Projekt "Mitten unter uns" in Frankfurt

Es ist schon merkwürdig, wie unterschiedlich der Gatte und ich gelegentlich Städte wahrnehmen: Während der Gatte in Frankfurt mehrfach an den Bäumen mit den blau-grau-gestreiften Stoffstücken vorbei ging, fielen sie mir sofort ins Auge. Zulange hatte ich beruflich mit den Menschen, die in der NS-Zeit so einen Stoff trugen, zu tun.

Zuerst hielt ich die "Pyjama"-Stoffbinden für einen makaberen Werbegang, dann sah ich, dass Namen oder Nummer mit dem Zusatz "KZ Außenlager Adlerwerke" auf ihren stehen.

Stoffbinde mit dem Namen eines der 1.600 KZ-Häftlinge der Adlerwerke an einem Baum auf der Zeil.
An der Paulskirche gab's dann die Auflösung: Die Frankfurter Künstlerin Stefanie Grohs erinnert mit der Aktion "Mitten unter uns" an 1.600 überwiegend polnische Männer im Alter von 11 Jahren bis 65 Jahren, die zwischen August 1944 und März 1945 im KZ Adlerwerke inhaftiert waren.

Das Lager wurde unter dem Decknamen "Katzbach" mitten in der Stadt, in der Weilburger Straße im Gallusviertel, errichtet, nicht etwa am Rande der Stadt. Einmal mehr wird hier die Behauptung widerlegt, niemand habe etwas gewusst. Den Anwohner kann das KZ nicht verborgen geblieben sein.

Stoffbinde mit einer fiktiven Häftlingsnummer.
Die Männer wurden in der Fertigung von Panzer- und Motorenteilen eingesetzt. Im KZ Adlerwerke wurde das Prinzip der "Vernichtung durch Arbeit" praktiziert. Die Sterblichkeitsrate war dementsprechend durch harte körperliche Arbeit bei unzureichender Ernährung, mangelnder Kleidung und körperlich-seelischer Gewalt außerordentlich hoch.

Das Projekt "Mitten unter uns" auf dem Paulsplatz, vor der Paulskirche.
Das Projekt "Mitten unter uns" begann Mitte März 2015 und wird etwa sieben Monate andauern.

Sonntag, 17. Mai 2015

Bad Nauheim XVI: Die beiden letzten Salinengebäude

Wenn man offenen Auges durch Bad Nauheim geht, stößt man überall auf die Spuren der Salzgewinnung. Die Stadt wurde einfach durch die Salinen und Gradierbauten geprägt.

In der Kurstraße 27 und 29 stehen die beiden letzten erhaltenen Salinengebäude aus dem 18. Jahrhundert. Heute werden sie als Wohnhäuser genutzt.

Die beiden letzten Salinengebäude aus dem 18. Jahrhundert.
Früher waren hier das Salinenrentenamt samt Wohnung des leitenden Beamten sowie der Betsaal für die Salinenarbeiter untergebracht. Die Arbeiter versammelten sich hier jeden Morgen zum Gebet und zur Feststellung der Arbeitsfähigkeit sowie zur Arbeitseinteilung.

Samstag, 16. Mai 2015

Bad Nauheim XV: Die Synagoge

Die Bad Nauheimer Synagoge ist ein kleines Juwel: Sie wurde 1929 im Stil der Neuen Sachlichkeit gestaltet, war eine der letzten fertiggestellten Synagogen vor der Shoah, und schon am 27. April 1945, also vor dem offiziellen Kriegsende, fand hier der erste Gottesdienst nach dem Zweiten Weltkrieg statt.

Der Osteingang der Bad Nauheimer Synagoge in der Friedensstraße.
Was mich zudem beeindruckte: Vor der Synagoge fehlen die Polizeiposten, die mir aus Hamburg und anderen Städten so vertraut sind.

Zur Karlstraße hin ist die Fassade schlicht weiß mit einem Flachdach und zwei goldenen, weithin sichtbaren Magen David. Rundbogenfenster greifen Stilelemente bisheriger Synaogogenbauten auf, die häufig maurisch-romanisch gestaltet waren.

Auf der Rückseite hat der Bau ein Flachdach, Rundbogenfenster und einen farbigen Magen David. Hier ging es früher in die Wintersynagoge und in eine Lehrerwohnung. Heute befinden sich hier die Zugänge zur Mikwe und zur Rabbinerwohnung, ein Gemeindesaal und eine Küche.

Der vom Frankfurter Architekten Richard Kaufmann entworfene Bau hebt sich angenehm von den umliegenden schnörkeligen Jugendstilbauten ab und fällt durch seine Schlichtheit auf.

Im Novemberpogrom wurde die erst neun Jahre alte Synagoge innen zerstört und geschändet, aber ein gelegter Brand konnte gelöscht werden, so dass das Gebäude nicht vollständig den Flammen zum Opfer fiel. Bis zur Befreiung wurde das Haus als Lager missbraucht.

Als die amerikanischen Alliierten, unter ihnen auch ein geflohener Nauheimer Jude, der Ort Ende März 1945 erreichten, setzten die Soldaten die Synagoge wieder so weit instand, dass ein Gottesdienst abgehalten werden konnte.

Heute hat die Bad Nauheimer Gemeinde etwa 350 Mitglieder. Hinzu kommen Kurgäste. Mehr zur Geschichte der Bad Nauheimer Synagoge gibt es hier.

Freitag, 15. Mai 2015

Bad Nauheim XIV: Trinkkuranlage, Quellenausschank und Kurbrunnen

Ich mag keine Trinkkuren, also, zumindest keine, bei denen es Heilwasser gibt. Welche mit Hochprozentigem lasse ich mir ja noch gefallen, aber Heilwasser sind nicht so meins. Sie schmecken meistens so gesund ... Trotzdem musste ich natürlich die Bad Nauheimer Heilwässer probieren.

Teil der Trinkkuranlage mit wunderbar symmetrischen Hecken.
Die Orchestermuschel mit Wasserbassin, das Anfang April noch leer war. 
Eingang zum Kurbrunnen.
In Bad Neuheim gibt es neun staatlich anerkannte Heilquellen. Drei davon kann man in der Trinkhalle verkosten, darunter auch den Ludwigsbrunnen aus dem Südpark.

Der Quellenausschank. Wie vor hundert Jahren nehmen entzückend gewandete "Brunnenfräulein" den Ausschank vor. 
Der Quellenausschank. Bei meinem Besuch wurden zwei Quellen ausgeschenkt. Im Glas ist Wasser aus dem Karlsbrunnen.
Im Quellenausschank.
Die Trinkkuranlage ist frisch saniert, so dass der wunderbare Jugendstilbau von Wilhelm Jost aus dem Jahre 1911 in frischem Glanz erstrahlt.

Die beiden Gurgelräume wurden zur Küche für das Restaurant Tafelspitz & Söhne umgebaut. Über der Tür des ehemaligen Gurgelraumes für Herren ist die Inschrift noch erhalten. 
Detail.
Detail.
Als die Trinkkuranlage erbaut wurde, begab man sich morgens zwischen 6 Uhr und 8 Uhr in den Quellenausschank, ließ sich das vom Arzt verordnete Heilwasser ausschenken, promenierte beim Trinken in den Wandelgängen oder der Kastanienallee und lauschte dem Kurorchester. Danach wurde gefrühstückt.

Detail an der Eingangstür zum Kurbrunnen.
Detail an der Eingangstür zum Kurbrunnen.
Detail an der Eingangstür zum Kurbrunnen.
Heute ist die Trinkkurhalle zwischen 14 Uhr und 16 Uhr geöffnet. Flanieren kann man immer noch, wenn man nicht in der Jugendstilhalle sitzen möchte, und um 15 Uhr spielt das Kurorchester. Danach geht's dann halt statt zum Frühstück zum Konditorn.

Eingang zum Kurbrunnen.
Blick auf den Kurbrunnen.
Der Kurbrunnen.
Auf der Seite "Wandern in Bad Nauheim" gibt es detaillierte Informationen zur Trinkkuranlage samt historischer Fotos. In der Kombüse gibt es noch mehr zu Bad Nauheim.

Donnerstag, 14. Mai 2015

Bad Nauheim XIII: Südpark und Gradierbau III

Wie hier und hier schon erwähnt, haben es mir die Gradierbauten in Bad Nauheim echt angetan.

Das alte Rad des Ludwigsbrunnens am Gradierbau III im Südpark.
Auseinander genommen: Das Rad des Ludwigsbrunnens wird gerade restauriert.
Gradierbau III gilt als der schönste der fünf Gradierbauten. Zumindest kann man hier besonders gut die Technik der Gradierbauten sehen, und der umgebende Südpark ist auch ganz hübsch, aber am Gradierbau II gefiel es mir deutlich besser (und das Inhalatorium am Gradierbau I ist eh unschlagbar).

Gradierbau III.
Gradierbau III.
Gradierbau III.
Eigentlich plätschert am Gradierbau III auch das Mitte des 18. Jahrhunderts erbaute Rad des Ludwigsbrunnens, aber der wird gerade saniert - einem Spender sei Dank, denn die Stadt hatte die Gelder für die Reparatur einer gebrochenen Welle nicht.

Im Südpark.
Im Südpark.
Im Südpark.
Das Rad am Ludwigsbrunnen diente ursprünglich zum Antrieb von Pumpen, die die Sole auf die Gradierbauten beförderten. Hier ist gut zu sehen, wie das funktionierte.

Im Südpark.
Im Südpark.
Der Südpark bietet neben einem Wasserspielplatz und einem Brunnen auch viele Wiesen und ein Café.

Dienstag, 12. Mai 2015

Bad Nauheim XII: Der Gesundheitspark beim Gradierbau II (In Heaven #20/2015)

Die Gradierwerke in Bad Nauheim haben es mir echt angetan. So etwas hätte ich auch gerne in Hamburg, zusätzlich zu der Nordseebrise, die manchmal die Stadt erreicht. Eigentlich wäre im Volkspark doch auch genug Platz dafür.

Blick aus einem der Liegestühle am Gradierbau II.
Strandkorbgruppe am Gradierbau II.
Liegestuhlblick.
Im Gesundheitspark beim Gradierbau II verbrachte ich einen entspannten Tag, zuerst im Stadtkorb, dann auf dem Barfußpfad mit Fitnessparcour  mit langer Pause im Liegestuhl.

Gradierbau II.
Gradierbau II.
Gradierbau II.
Gradierbau II.
Zum Abkühlen ging's in Kneippbad, dann durch den Gesundheitsgarten und abschließend nochmal in den Strandkorb.

Der Kneipp-Kräutergarten. Die Wirkungsweise der Pflanzen ist auf Schildern erklärt. Im Hintergrund ist die Dankeskirche zu sehen. 
Löwenzahn.
Dost.
Beifuß und Pimpinelle.
Gänseblümchen.
Muskatellersalbei.
Walderdbeeren.
Im Garten, der nach den Ideen Sebastian Kneipps angelegt wurde, fand ich mache Pflanze, von der ich nicht gedacht hätte, dass ich sie in der Küche verwenden könnte - die Taglilie beispielsweise.

Ich war kneippen.
In die Röhre gucken.
Und weil es sich aus dem Strandkorb so schön in den Himmel blicken lässt, nimmt dieser Beitrag teil an der dieswöchigen "In heaven"-Linkparty. 

Sonntag, 10. Mai 2015

Bad Nauheim XI: Die Judengasse in Friedberg

Hier schlug einst das jüdische Herz Friedbergs. Heute macht die Judengasse einen verlassenen Eindruck, jedenfalls am späten Sonntag Nachmittag. Einzig an der Ecke Judenplacken / Judengasse spielen ein paar Kinder Fußball.

Blick in die Judengasse. Links ist der ehemalige Standort der Synagoge.
Zwischen Judengasse und Judenplacken befand sich über drei Jahrhunderte das jüdische Ghetto. Von der nichtjüdischen Umwelt waren die Bewohner durch zwei Tore abgetrennt.

Blick auf das Mahnmal für die 1938 zerstörte Synagoge Friedbergs. Die Westmauer (links) ist noch erhalten. 
Die ersten Juden kamen um 1240 nach Friedberg. Etwa 100 Jahre später wurden sie durch die Armleder- und Pest-Pogrome vertrieben, durften sich einige Jahre aber wieder ansiedeln. Die Gemeinde wuchs und blühte auf. Bis ins 19. Jahrhundert war Friedberg ein wichtiger Rabbinatssitz.

Blick auf die ehemalige Westwand der Synagoge mit den Namen der in der Shoah ermordeten Friedbergerinnen und Friedberger.
1933 waren knapp drei Prozent der Friedberger Einwohner Juden. Nur wenigen gelang es, sich zu retten. Für die, die in Friedberg blieben, wurde die Judengasse wieder zum Ghetto: Sie mussten in sogenannte Judenhäuser umziehen.

Erinnerungstafel für die Synagoge - wie so oft so gestaltet, dass sie schlecht zu lesen ist.
Die letzten jüdischen Friedberger wurden am 16. September 1942 deportiert - wie überall in NS-Deutschland unter den Augen der Bevölkerung. Sie mussten eine Nacht in der Turnhalle der Augustinerschule verbringen, kamen dann in ein Sammellager in Darmstadt und von dort in die Vernichtungslager.

Seit 1942 gibt es keine jüdische Gemeinde mehr in Friedberg.

Die Synagoge wurde im Novemberpogrom 1938 zerstört. 1996 wurde dort ein Gedenkort eingerichtet, der leider verschlossen war,als wir dort waren - ich vermute, er ist normalerweise verschlossen. Ich konnte also nur durch den Zaun sehen und fotografieren.

Die ehemalige Mikwe, heute eine Außenstelle des Wetterau-Museums. Wegen der spielenden Kinder in der engen Gasse, war leider keine andere Perspektive möglich. 
Sehr gerne hätte ich mir noch die ehemalige Mikwe angesehen, die eine der wenigen erhaltenen mittelalterlichen Groß-Mikwen ist, aber wir waren zu spät dran, das Museum war schon geschlossen.

Dass die Mikwe noch erhalten ist, ist Friedberger Bürgern zu verdanken: Während des Novemberpogroms stellten sich ein Geschichtslehrer des Aufbaugymnasiums und seine Schüler dem Mob entgegen und verhinderten den Sturm des Gebäudes.

Mehr zur Geschichte der Friedberger Synagoge und der Mikwe mit vielen Fotos gibt es hier, hier und hier zu lesen.