Inzwischen sind wir die sechste Woche weitgehend zu Hause. Der Gatte und ich waren je einen Tag im "echten" Büro. Die anderen Tage arbeitete ich von zu Hause aus, während der Gatte auf Abruf ist.
Dadurch haben wir keinen gemeinsamen Tagesablauf mehr, was mir zu schaffen macht. Ich arbeitete bislang ungestört zu Hause, und das ist jetzt nicht mehr möglich. Mal schauen, wie sich das einpendelt.
Im Büro bin ich bis 30. Juni abgemeldet und komme nur zu notwendigen Terminen, während die Kollegen ab Mai langsam wieder ins Büro kommen, zumindest die, die zu keiner Risikogruppe gehören. Der Laden öffnet Montag wieder, mit einem Hygienekonzept, das sich an "
Spiel ohne Grenzen" orientiert. Wenn man den Parkour erfolgreich absolviert, bekommt man sicher den heiß begehrten
Passierschein A38.
Mich strengt die Heimarbeit immer mehr an. Ich jongliere mit einem Dienst-PC und zwei Privat-PCs sowie drei privaten Telefonen, um arbeitsfähig zu sein. Muss ich etwas ausdrucken, muss ich es mir vom Dienst-PC an den privaten PC senden, denn ins Dienstnetzwerk lässt sich kein privater Drucker einbinden.
Muss ich scannen, muss ich ins "echte" Büro - als die Info kam, dass wir auf Antrag bis 30. Juni von Zuhause aus arbeiten können, war ich zum Glück gerade da, konnte den Antrag ausdrucken, unterschreiben, einscannen und dem Chef zur Unterschrift mailen. Ist der wieder im "echten" Büro, leitet er ihn an die Personalabteilung weiter ... Ich könnte am PC des Gatten scannen - dann jonglierte ich mit vier PCs. An meinen PC lässt sich kein Scanner anschließen, und ich hätte auch keinen Platz, ihn zu stellen.
Habe ich eine Videokonferenz, bitte ich den Gatten um sein Laptop, denn der Dienst-PC hat zwar eine Kamera, aber einen so alten Browser, dass die Software für die Videokonferenz nicht geht, und einen neuen Browser können wir nicht installieren. Das kann nur die IT, und die sagt, wir sollen Skype nutzen, nur das bietet nicht die gleichen Funktionen wie die Software für die Videokonferenz und ist so eingestellt, dass es nur intern funktioniert, während die Videokonferenz mit Externen stattfindet. Und da wir zu doof sind, das Mikrofon am Laptop des Gatten einzuschalten, nutze ich parallel das Smartphone.
Das Bürotelefon ist auf ein Prepaid-Handy umgeleitet, die Kosten für Telefonate trage ich selbst. Ich bin gespannt auf unsere Telefonrechnung. Dass wir die Telefonkosten selbst tragen müssen, sorgt bei vielen für Unmut. Vielleicht tut sich da noch was - die Kosten für die nicht genutzte HVV-Karten bekommen wir jetzt ja auch erstattet.
Langsam entgleiten uns die Tage. Wir vermissen es, zum Sport, ins Kino, Theater oder Restaurant zu gehen, "mal eben" spontan etwas zu erledigen, und sei es auch nur die Sperrmüll-Bestellung für Schwiegermutters Haushaltsauflösung, den notwendige Einkauf bei Ikea, den jährlichen Frühjahrsbesuch von Pflanzen- und Kunsthandwerker-Märkten, die zweiwöchentlichen Fahrten zu Mudderns. Wir sind oft schlecht gelaunt, meistens müde und geraten aneinander.
Aber wir jammern trotz finanzieller Einbußen auf hohem Niveau, denn wir haben zu zweit eine große Wohnung samt Balkon und Garten und mein sicheres Einkommen. Da geht es vielen zurzeit schlechter. Dennoch: Die Unsicherheit bezüglich des Arbeitsplatzes des Gatten zermürbt.
Wir haben uns inzwischen angewöhnt, am Wochenende ausgedehnt zu frühstücken, was wir sonst nur im Urlaub machen. Unter der Woche zeigt sich, dass es mich zwar im "echten" Büro nicht stört, am Schreibtisch zu essen, aber jetzt, wo ich zu Hause arbeite, lege ich Wert darauf, am Esstisch oder auf dem Balkon zu essen, und das nicht nur, weil mein Schreibtisch um vieles kleiner ist als der im Büro.
Nachmittags genießen wir die Sonne auf der Terrasse. Das konnten wir lange nicht, hauptsächlich, weil unser kleiner Garten von den Nachbarskindern zum Bolzen genutzt wurde. Und zugegebenermaßen genießen wir auch die Ruhe, denn aktuell spielen kaum Kinder draußen. In unseren beiden Blöcken leben knapp 20 Kinder, die alle sehr aktiv und sehr laut sind und bevorzugt auf der Wiese vor unserer Wohnung spielen. Es gibt zwei Spielweisen. Die zweite ist vor den Balkonen / Terrassen, die die Eltern nutzen - ein Schelm, wer Böses denkt ....
Spielende Kinder sind okay, natürlich, aber es ist für meine alten Ohren halt auch sehr, sehr laut. Haben wir uns damals beim Spielen auch nur schreiend verständigt oder liefen stundenlang kreischend um einen Häuserblock?! Solange uns allerdings keine Bälle um die Ohren fliegen, stöpsle ich den Gehörschutz ein und gut.
Durch die fehlenden Kinder können wir jetzt auch wieder Zaunkönige, Rotkehlchen, Meisen, Grünfinken und Amseln im Garten beobachten - schon schön.
Allerdings frage ich mich immer öfter, was unsere Nachbarn seit nunmehr sechs Wochen mit ihren sehr aktiven, sehr lauten Kindern machen, weil die einfach total ruhig sind. Es ist nicht nur draußen so ruhig, dass man glauben könnte, hier lebten keine Kinder.
Schwiegermutter, die ja letzte Woche gestürzt war und sich die Schulter auskugelte, machte uns weiter Sorgen. In dem fürchterlichen Krankenhaus, in das man in unserem Bezirk routinemäßig eingeliefert wird, übersah man, dass sie eine Gehirnerschütterung hat. Wie soll man auch darauf kommen, wenn die Patientin nach einem schweren Sturz gegen einen massiven Schrank über starke Kopfschmerzen und Schwindel klagt, sich wiederholt erbricht?!
In der Nacht, als Schwiegermutter eingeliefert wurde, war kein Arzt für eine Untersuchung verfügbar, und am nächsten Tag hörte niemand auf ihre Beschwerden, wurde sich nur um die Schulter gekümmert. Wir reden übrigens von einem Krankenhaus, das für die Versorgung von knapp 300.000 Menschen einer Großstadt zuständig ist.
So dauerte es dann bis zum Sonnabend, bis wir selbst darauf kamen, dass sie eine Gehirnerschütterung haben könnte. Der Gatte sorgte dafür, dass sie weitestgehend Bettruhe halten kann und kaufte für sie ein. Montag konnte sie dann endlich zum Arzt, natürlich in Begleitung. Inzwischen scheint es ihr deutlich besser zu gehen, war sie so vernünftig, ihre Haushaltshilfe öfter als einmal die Woche kommen zu lassen.
Mudderns stellt sich langsam auf einen normalen Tagesablauf um - endlich! Seitdem sie letztes Jahr wieder einen psychotischen Schub bekam, steht sie morgens um 4 Uhr auf und geht spätestens um 18 Uhr ins Bett. Jetzt tastet sie sich jede Woche viertelstundenweise vorwärts. Mir fehlt es, mich mit ihr über Vorabendkrimiserien oder das Hamburg Journal zu unterhalten.
Heute feiern ihre Gesellschafterin und sie ihr einjähriges, und eigentlich wollten wir dazu in ein Café, ausgiebig frühstücken, aber das geht ja nun nicht. Dass wir Mudderns besuchen und bei ihr ausgiebig frühstücken, lehnt sie ab, weil sie Angst hat, wir könnten uns anstecken. Sie hat zwar keine Corona-Symptome, Gott sei dank, aber Angst davor, unbewusst dass Virus zu verbreiten. Zumindest kommt ihre Gesellschafterin nach zwei Wochen Pause wieder wöchentlich. Das tut Mudderns sehr gut.
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Der Große Dicke Fette Müffelhase
trägt Schnutendeckel. |
Ab Montag gilt in Hamburg Schnutendeckelpflicht. Ich finde das ja sinnvoll und habe schon lange darauf gewartet. Gut, als Asthmatikerin bekomme ich mit Schnutendeckel noch schlechter Luft als sonst schon, aber irgendwas ist ja immer.
Klar, ich könnte mich von der Schnutendeckelpflicht befreien lassen und "Ich muss keine Maske tragen, ich habe Asthma" auf die Stirn tätowieren lassen, aber da steht schon "Ich darf husten, ich habe Asthma" und "Ich darf niesen, ich habe Heuschnupfen."
Also machte ich mich dran, einen schon länger gehegten Gedanken umzusetzen, nämlich Schnutendeckel mit Tunnelzug aus alten T-Shirts zu nähen. Die Kollegin, die Masken nähen kann, nähte nämlich inzwischen so viele, dass sie nicht mehr mag und auf Änderungsschneidereien verwies, die aktuell die Einnahmen brauchen - zu recht. Nur: Die Änderungsschneidereien in der Nähe sind geschlossen, und quer durch die Stadt will ich nicht fahren.
Davon ab bräuchten wir für eine Woche mindestens 24 Masken, damit ich nicht ständig wegen ein paar Masken die Waschmaschine im 60°C-Programm anwerfen muss, was bedeutet, dass ich angesichts der Gesamtsumme, die die Masken kosten, Schnappatmung bekam. Jetzt hängen an der Wohnungstür frische Masken und im Bad ein Stoffbeutel, in dem die getragenen Stoffmasken gesammelt werden. Sobald Handtücher gewaschen werden, wandert der Maskenbeutel mit in die Maschine.
Meine T-Shirt-Masken sehen zwar bescheuert aus, aber sie haben zwei Vorteile: Ich muss nicht erst nähen lernen, und der Tunnelzug sitzt so, dass keine Brille, egal, wie groß oder klein, beschlägt. Heute trug ich eine Papiermaske mit Drahtbügel. Die Brille beschlug und rutschte, fiel mir von der Nase, wenn ich den Kopf senkte - das alles passiert mit meinen T-Shirt-Masken nicht.
Besser aussehen werden die Masken aus dem wunderbaren Stoff, den ich bei
Elfis Bloggeburtstag gewann. Ich habe mich riesig gefreut! Der Stoff wird nächste Woche eintrudeln, und dann ist hoffentlich auch Tante da. Die kann nähen und freut sich, wenn sie etwas zu tun hat. Gemeinsam mit ihr traue ich mich sicher auch an Schnittmuster und Nähmaschine.
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Wir mussten sehr lachen, als wir sahen, welche Erdbeersorte wir auf dem Wochenmarkt kauften. |
Mittwoch auf dem Wochenmarkt kauften wir nicht nur Spargel und Schinken, sondern auch Erdbeerpflanzen. Zu Hause sahen wir, dass es die Sorte "Korona" ist. Wir mussten sehr lachen und lernten, dass sich diese alte Sorte durch hohen Ertrag und Widerstandsfähigkeit gegen Krankheiten auszeichnet. Passt.
Über's Einkaufen und Kochen in der vergangenen Woche berichte ich in der Kombüse. Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! Bleibt zu Hause, bleibt gesund, passt auf euch und eure Lieben auf.