Der Gatte ist jetzt vier Wochen im Krankenhaus. Es gibt eine vorsichtige Prognose, dass er noch drei weitere Wochen dort bleiben muss. Das hängt u.a. davon ab, wie der gestern gelegte Vakuumverband wirkt, ob wie geplant neue Haut über die Amputationswunde wächst. Dafür müsste auch der Gatte mitspielen, müsste nach einer leichten OP am Donnerstag u.a. Bettruhe halten und das betroffene Bein hochlegen. Ihm das zu vermitteln, ist schwer. Er will einfach nicht einsehen, dass er mitarbeiten muss, dass er andernfalls das ganze Bein verlieren kann, und ist fest davon überzeugt, nicht mehr lebend aus dem Krankenhaus zu kommen. Es ist ein Elend, und mir fehlt langsam die Kraft, gegen ihn an zu arbeiten, um ihn halbwegs in der Spur zu halten. Ich fühle mich immer öfter an die letzten Monate mit meiner Mutter erinnert. Nur: Nützt ja nichts.
Der Gatte wurde diese Woche so oft verlegt, dass ich Mittwoch, nach drei Zimmern in drei Tagen, alle faltete, die mir vor die Füße kamen, inklusive Chefarzt. Der Gatte gilt als delirant, braucht eine vertraute Umgebung mit vertrauten Personen, nicht jeden Tag ein neues Zimmer. Man will mit dem Bettenmanagement sprechen ... Ich bin gespannt, ob es etwas bringt. Dienstag saßen wir fast zwei Stunden vor dem Krankenhaus, denn Station A, wo der Gatte von Donnerstag bis Dienstag zwischengelagert war, brauchte sein Bett, und Station B, auf die der Gatte gehört, hatte noch kein Bett frei, schickte uns zurück zu Station A, wo man uns zurück zu Station B schickte ... In dem Zimmer, dass der Gatte dann bekam, durfte er eine Nacht bleiben, bevor er wieder umziehen musste. Wenn wir zusammen raus dürfen, überlegt der Gatte bei jeder Zimmernummer, ob er dort nicht auch schon mal lag. Von den siebzehn Zimmer auf der Station kennt er ganze fünf noch nicht. Ich hoffe sehr, dass er auf seiner Station bleiben kann, wo er Pflegekräfte und Ärzte kennt (und am besten auch noch im aktuellen Zimmer).
Schwiegermutter war über das Wochenende da, was wieder sehr anstrengend war. Der Gatte fragte schon besorgt, ob er sie kommendes Wochenende wiedersehen müsse. Nein, wir haben jetzt erstmal (Schwieger-)Mutterpause. Es war nur wichtig, dass sie ihren Sohne vor und nach der OP sieht.
Montag kam eine meiner beiden Sandkastenfreundinnen spontan vorbei. "Ich wollte dich nur mal drücken und gucken, wie's bei dir aussieht!" Wie nett! Kurze Zeit später hatten sich beide Freundinnen verabredet, Donnerstag Vormittag zu kommen, um mir zu helfen. Das war ein schöner Vormittag! Solange es noch trocken war, wurde das Holz aus dem Vorgarten vor's Gartenhäuschen unters Dach gebracht, dann gab's eine kurze Kaffeepause, bevor die Plissees ins Esszimmerfenster geklebt wurden. Während die beiden die Anleitung studierten, putzte ich schnell das Fenster. Das Anbringen der Plissees war so kompliziert, dass ich heilfroh über drei Hirne und sechs Hände war. Die Plissees mit Klick-Mechanik sind leichter anzubringen, aber beim Panoramafenster im Esszimmer muss geklebt werden.
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Seelentröster-Paket von meinen Kolleginnen. |
Dienstag kam ein Seelentröster-Paket von meinen Kolleginnen an - was für eine liebe Überraschung! Chef rief an, um sich zu verabschieden, da er in ein anderes Institut wechselt. Eine nette Geste, denn wir arbeiten ja seit zwölf Jahren zusammen, die mir die Gelegenheit gab, zu fragen, wie es zu dem Arbeitsplatztausch kam. Was für ihn ein Karrieresprung ist, ist für die bisherige Stelleninhaberin, die jetzt die Leitung unseres Instituts übernimmt, nämlich ein Rückschritt. Die Begründung ist aber nachvollziehbar. Ich bin gespannt, wie es sich mit der neuen Chefin zurechtläuft, aber das Büro ist für mich aktuell ganz weit weg. Chef hatte auch noch eine gute Nachricht zur Entwicklung meines Projekt, denn es konnte etwas abgeschlossen werden, das ich offen zurückließ, bevor ich in die Freistellung ging.
Hier gilt seit mittlerweile 281 Wochen: Der Gatte und ich sind weitgehend zu Hause. Im ersten Corona-Jahr wurde der Gatte schwerkrank, im zweiten zeigte sich, dass er nicht mehr gesunden wird, im vierten hatte er einen Schlaganfall. Er ist schwerbehindert und berufsunfähig verrentet. Es geht uns dennoch vergleichsweise gut. Wir halten es gut miteinander aus, wenngleich die Erkrankungen und der Schlaganfall des Gatten zu Wesensveränderungen führten, die ein Zusammenleben manchmal sehr schwer machen.
Unsere Kontakte sind normalerweise auf das Notwendigste beschränkt, heißt: Arbeit, Ärzte, Einkaufen, Schwiegermutter und Handwerker. Ich bin dankbar, dass Corona bislang Gatten, Schwiegermutter und Tante verschonte, und hoffe sehr, das bleibt so.
Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! Über's Kochen und Einkaufen berichte ich in der Kombüse.