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Dienstag, 19. Dezember 2023

Ausgelesen: Bücher im November 2023

Zum letzten Mal liest das Rudel
in Hamburg.

Mit dem ersten Band der bislang dreibändigen Reihe um den Berliner Kommissar Reinike, "Ein böser Kamerad*" von Jörg Reibert* ging ich in den November. Die Reihe spielt im Berlin der 1920er Jahre, und Reinike steht Emil Bachmann, ein ehemaliger Frontsoldat, gegenüber. Das Töten ist sein Handwerk. Als er nach Ende des Ersten Weltkriegs nach Berlin zurückkehrt, ist er vollkommen entwurzelt. Mühsam fasst er wieder Fuß im Zivilleben. Doch die Schatten der Vergangenheit lassen ihn nicht los. Als ihn sein Schwager für die SA anwirbt, findet er eine neue Heimat unter den Kameraden. Aber er verstrickt sich in viele Konflikte, und Gewalt ist für ihn die einfachste Lösung. Bald schon wird Mord für ihn zur Gewohnheit.

Bevor ich den zweiten Band anfing, brauchte ich ein bisschen Idylle und wollte mich in der alt-neuen Heimat einfinden. Das gelang gut mit "Mörderische Lüneburger Heide*", geschrieben von den beiden Autorinnen der Heidekommissarin, Kathrin Hanke* und Claudia Kröger*. Im Mittelpunkt steht die fahrende Putzfrau Gesine Schmitzmayer. Sie reist im Wohnmobil von Auftrag zu Auftrag und arbeitet sich so durch die Lüneburger Heide. Die elf Krimis sind kurzweilig, der Ausgang gelegentlich vorhersehbar. Das Buch ist wirklich ein netter Reiseführer, und ich bekam viele Ausflugsideen für's kommende Frühjahr. Ich hoffe, ich kann dem Gatten dann möglichst vieles zeigen. Was allerdings gar nicht geht, ist die Tatsache, dass die Autorinnen Schmitzmayer aufgrund ihres Äußeren und ihres Kleidungsstils mehrfach als "Zigeunerin" bezeichnen. Dieser Begriff sollen allenfalls noch in historischem Kontext genutzt werden.  

Im Anschluss las ich "Brauner Nebel*", den zweiten Band der Reihe um den Berliner Kommissar Reinike von Jörg Reibert*. Wieder begegnen sich Reinike und Bachmann, diesmal im Jahr 1930. Bachmann sitzt wegen Mordes im Gefängnis. Grau ist der Alltag, geprägt durch Schikanen der Aufseher. Dann kommt Bachmanns Mithäftling hinter ein Geheimnis aus dessen Vergangenheit - aus seiner Zeit bei der SA. Am nächsten Morgen ist der Mithäftling tot, erhängt. Kriminalkommissar Franz Reinicke glaubt nicht an Selbstmord und begegnet bei seinen Ermittlungen dem Mann wieder, den er selbst vor Jahren verhaftete. Die Handlung erstreckt sich bis zur Machtübernahme der Nazis, wovon Bachmann profitiert und was Reinikes Ermittlungen erschwert. Ausgesprochen spannend. Aktuell warte ich darauf, dass der dritte Band, "Im Gleichschritt stark*", über Kindle Unlimited verfügbar ist. 

Anschließend las ich mich durch die ersten vier Bände der bislang siebenbändigen Reihe um die "Dorfkommissarin Mary" von Marion Stadler*, beginnend mit "Mordsdilemma*". Die Reihe ist nett, anheimelnd und liest sich schnell weg. Einzig die arg bayerische Grammatik lässt mir gelegentlich die Haare zu Berge stehen und hartnäckige Schreibfehler wie "Muse" statt "Muße". Ein Korrektorat hätte nicht geschadet. 

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Sonntag, 1. September 2019

Ausgelesen: Bücher im August 2019

Schon im letzten Jahr lud ich mir "Das begrabene Buch*" von D.M. Pulley* auf den Kindle, las es aber erst jetzt. Ich tat mich erst ein wenig schwer, weil die Handlung sehr behäbig beginnt, aber dann nahm sie mich gefangen.

Manche Nacht fiel kürzer als notwendig aus, weil ich einfach noch ein Kapitel lesen wollte - und noch eines - und noch eines ... Ich lese normalerweise immer die ersten 100 Seiten eines Buches, bevor ich es aus der Hand lege, wenn es mir so gar nicht zusagt, und hier war ich froh, durchgehalten zu haben.

Die Handlung setzt im August 1952 ein, als sich für den neunjährigen Jasper alles verändert: Seine Mutter verlässt voller Angst mit ihm Detroit und bringt ihn auf die Farm seines Onkels. Sie hat ihm ein paar wenige Sachen eingepackt und schärft ihm ein, keine Fragen zu stellen. Dann ist sie verschwunden.

Jasper bleibt allein zurück und versucht mit großen Schwierigkeiten, sich in die Familie seines Onkels zu integrieren. Aber so jung Jasper auch ist – er ist hartnäckig und fest entschlossen, das Rätsel um das Verschwinden seiner Mutter zu lösen. Ihr altes Tagebuch weist ihm schließlich den Weg nach Detroit – in die gefährlichsten Ecken der Stadt und eine Welt von Prostitution, Glücksspiel und heruntergekommenen Bars.

Jasper muss feststellen, dass er nicht der Einzige ist, der nach seiner Mutter sucht und dass es Menschen gibt, die einiges dafür tun würden, um Jaspers Nachforschungen ein für alle Mal zu beenden.

Zugegeben, die Handlung ist phasenweise verworren, was Jasper durchmachen muss, ist für ein Kind kaum zu bewältigen, der Spannungsbogen hat Dellen, gelegentlich verliert man in den unterschiedlichen Handlungssträngen die Orientierung, aber wenn man sich auf das alles einlässt, bleibt eine spannende, atmosphärisch dichte Handlung mit einem überraschenden Ende.

Da mir "Das begrabene Buch" alles in allem doch ganz gut gefiel, lud ich mir gleich die beiden weiteren Bücher von Pulley auf den Kindle. Nach den Erfahrung mit "Das begrabene Buch" ahnte ich schon, dass ich bei ihrem Erstling, "Der tote Schlüssel*", einige Zeit brauchen werde, bis ich mich in der Handlung zurecht finde. Diesmal ist es noch ein wenig schwerer, die Handlungsstränge auseinander zu halten, denn das Buch spielt parallel 1978 und 1998.

Nach der spektakulären Pleite der First Cleveland Bank im Dezember 1978 müssen die Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz sofort verlassen. Das prächtige Gebäude wird verschlossen. Erst zwanzig Jahre später interessieren sich Investoren für das Objekt und beauftragen die junge Architektin Iris, die alten Gemäuer zu untersuchen.

Was für die wenig motivierte Iris zunächst wie ein langweiliger Routinejob aussieht, wird nach und nach zu einer spannenden Detektivarbeit: Iris beginnt Nachforschungen anzustellen über die verschwundenen Schlüssel zum Tresorraum, die Menschen, die in der Bank arbeiteten, ihre Geheimnisse und Schicksale. Zu spät stellt sie fest, dass es gefährlich sein kann, die Geister der Vergangenheit zu stören.

Zugegeben, mich zogen vor allem die Schilderungen des leerstehenden Bankgebäudes und die vielen Details, in denen sich Pulley gerne verliert, in seinen Bann. Außerdem schafft sie immer wieder Cliffhanger, so dass wieder mal manchen Nacht kürzer war als es gut für mich ist.

Da mich (leerstehende) Gebäude gerne in ihren Bann ziehen, faszinierte mich auch "Das vierzehnte Opfer*". Das Buch spielt im Cleveland der Jahre 1938 und 1999, die Handlung verläuft wieder parallel. Pulley nimmt sich wieder Zeit, Schauplätze  und Charaktere zu beschreiben.

1938 treibt der "Torso-Killer" in den heruntergekommenen Vierteln der Stadt sein Unwesen, so genannt, weil alle seine Opfer zerstückelt werden. Ethel Harding schlägt sich als Prostituierte. Als sie ganz am Boden ist, sucht sie Schutz bei einer christlichen Sekte – und sieht sich hinter der anständigen Fassade erneut tödlichen Gefahren ausgesetzt.

1999 findet die Polizei in einem Wald die zerteilte Leiche von Alfred Wiley. Schockiert muss seine Tochter Kris feststellen, dass sie ihren Vater offenbar kaum gekannt hat. In seinem Besitz findet sie Hinweise darauf, dass er von den Taten des Torso-Killers wie besessen war. Je mehr sie nachforscht, umso mehr mysteriöse Dinge passieren: Unterlagen verschwinden, Bücher werden gestohlen, ein seltsamer Privatdetektiv taucht auf. Kris wird immer mehr hineingezogen in Clevelands schreckliche Vergangenheit. Während sie versucht, mehr über den Tod ihres Vaters herauszufinden, gerät sie selbst in Lebensgefahr.

Pulley scheint fasziniert von Tunneln, Kanalisation und Kellern, die anscheinend Cleveland unterteufen, denn wie bei "Der tote Schlüssel" spielt auch hier ein Großteil der Handlung unterirdisch. Einmal mehr hätte ich mir Grundrisse gewünscht, um mache Flucht nachvollziehen zu können. Trotz der Schwächen, die Pulleys Bücher haben, freue ich mich auf das Erscheinen von "Das verlassene Haus*" im Dezember.

Im letzten Jahr nahm ich mir schon vor, mehr aus der Inselkommisarin-Reihe von Anna Johannsen zu lesen. Jetzt kam ich endlich dazu. "Die alte Dame am Meer*" spielt auf Sylt und in der Hamburger Künstlerszene der 1950er Jahre. Außerdem kommt ein zwielichtiger Erbenermittler vor - und anders als vor einem Jahr befürchtet, gibt es für Lena und Erck ein Happy End. Ansonsten ist das Buch phasenweise sehr langweilig, gibt es wieder mal Lektorenfehler, aber meinem urlaubsreifen Hirn langte es zur Entspannung.

Vor zwei Monaten erschien der vierte Band, "Der Mann auf der Hallig*". Auf einer Sandbank vor Hallig Hooge wird die Leiche von Klaas Rieckert gefunden, der offensichtlich vor dem Ertrinken an Armen und Beinen gefesselt wurde. Die Obduktion bringt ein überraschendes Ergebnis: Die DNA des Hallig-Bewohners wurde vor zehn Jahren im Rahmen eines aufsehenerregenden Falles im Polizeisystem registriert und weist ihn als mutmaßlichen Dreifachmörder aus.

Ich fand die Handlung reichlich konstruiert, vor allem das Verhalten des Chefs, und einige Wendungen waren ein wenig überraschend (im Sinne von "logisch nicht so ganz nachvollziehbar"), die Beziehung zu Erck und den Kollegen nimmt viel Raum ein, der Krimi ist sehr dialoglastig, aber ich las ihn dennoch gerne - wie gesagt, ich war mehr als urlaubsreif und brauchte leichte Lektüre.

Im November erscheint der fünfte Band der Inselkommissarin-Reihe, "Die Frau auf Nordstrand*". Wenn ich dann zum nächsten Jahresurlaub mal wieder Kindle Unlimited nutze, werde ich das Buch sicher herunterladen, aber das sich es extra kaufe, bezweifle ich momentan.

Die Kluftinger-Krimis sehe ich mit großem Vergnügen im Fernsehen, und so war "Herzblut*" tatsächlich das erste Buch des Autoren-Duos Klüpfel-Kobr, das ich las. Auch, wenn ich die Verfilmung schon mehrfach sah, machte das Lesen Spaß. Kluftinger ist sich sicher: Bei einem anonymen Handyanruf, der ihn ausgerechnet während einer der gefürchteten Pressekonferenzen seines Chefs erreicht, wird er Zeuge eines Mordes. „Albträume von zu viel Schweinsbraten“, tun seine Kollegen diesen Verdacht ab.

Kluftinger ermittelt auf eigene Faust und findet am vermeintlichen Tatort jede Menge Blut, aber keine Leiche. Da überschlagen sich die Ereignisse: Mehrere brutale Mordfälle, anscheinend ohne Zusammenhang, erschüttern das Allgäu. Als dann doch noch der Großteil des abgängigen Toten auftaucht und Kluftinger endlich herausfindet, was all die Verbrechen verbindet, ist es fast schon zu spät ...

Dabei steht er auch privat unter Druck: Seit Tagen leidet er unter heftigem Herzstechen und befürchtet sofort das Schlimmste. Eine demütigende Untersuchung bei Erzfeind Doktor Langhammer scheint das zu bestätigen. Doch der Kommissar ist entschlossen, das Ruder noch einmal herumzureißen. Aber ob fleisch- und kässpatzenarme Ernährung und ein Yogakurs da die richtigen Mittel sind?

Langsam wurde es Zeit, sich mal auf den anstehenden Mallorca-Urlaub vorzubereiten. Ich lese sehr gerne Reiseführer und lud "Der kleine Mallorca Urlaubshelfer: 80 Tipps für einen gelungenen Urlaub auf Mallorca*" von Christof Link herunter.

Praktisch sind sicher die vielen Links, aber ich merkte wieder mal, dass ich analoge Reifeführer lieber mag und kaufte neben dem Mallorca-Marco Polo* auch "111 Orte auf Mallorca, die man gesehen haben muss*" von Rüdiger Liedtke.

Ich war skeptisch, weil ich bei der Vorschau schon den Eindruck hatte, die Zusammenstellung sei ein wahlloses Sammelsurium, um auf 111 Orte zu kommen, andererseits mag ich die Reihe und habe mit anderen Bänden gute Erfahrungen gemacht. Nun ja, diesen Band hätte ich nicht unbedingt gebraucht.

Es ist wirklich ein wahlloses Sammelsurium, das viele Orte und Sehenswürdigkeiten vorstellt, die sich in nun wirklich jedem Reiseführer finden, wie den Tren de Sóller und die dazugehörige Eisenbahn, einen Touristen-Bummelzug auf Rädern durch die Weinberge, der Leuchtturm am Cap de Formentor, das Aquarium in Palma, der Megapark ... Hinzu kommen unverholene Werbung und der Umstand, die Zahl 111 nur zu erreichen, indem mehrere Fenster der Kathedrale in Palma einzeln beschrieben werden oder auf Kunst im Kreisverkehr verwiesen wird.

Manche Beiträge sind auch mehr als oberflächlich, zum Beispiel der über den jüdischen Friedhof in Palma. Demnach gibt es erst seit 1978 einen jüdischen Friedhof auf Mallorca. Da schon seit mindestens dem fünften Jahrhundert unserer Zeit Juden auf Mallorca leben, stellt sich die Frage, was mit den Toten bis 1978 geschah. Auch sie begruben ihre Toten auf der Insel, aber der Friedhof wurde zerstört, ist heute ein Park. Der Hinweis fehlt ebenso wie einer auf das einstige jüdische Viertel.

Ich hätte meinem Impuls folgen und nach dem Blick in die Vorschau nach den interessant klingenden Orten bzw. Sehenswürdigkeiten zu googlen anstatt das Buch zu kaufen.

In den September gehe ich mit "Mallorca unterm Hakenkreuz 1933-1945*" von Alexander Sepasgosarian.

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Mittwoch, 3. Oktober 2018

Ausgelesen: Bücher im September 2018

Zu Monatsbeginn las ich mich weiter über unser Reiseziel ein. "Tödliche Delikatessen aus Mallorca*" von Michael Böckler ist der erste Band der sogenannten "Krimi-Häppchen"-Reihe, die in unterschiedlichen Ländern und Regionen spielt. Ursprünglich war's wohl 'ne Hörspiel-Reihe.

Die Kurzkrimis, in denen beispielsweise ein Koch einen Kritiker meuchelt oder ein Mann seine Frau loswerden möchte, sind ganz nett und haben viel Lokalkolorit.

Im Mittelpunkt von Eva-Maria Farohis Kurzkrimi "Tödliche Meeresnacht*" steht der Ermittler Vicent Rius, dessen letzte Fall eigentlich ein Unfalltod einer Touristin ist. Aber der erfahrene Kriminalist entdeckt schnell Ungereimtheiten und vermutet, dass der Ehemann der Toten unschuldig ist.

Ich war froh, dass das Buch kurz ist, denn so richtig gefangen nahm es mich nicht. Die Charaktere sind gut gezeichnet, Rius ist charmant, und ich bin gespannt, wie es mit der Beziehung zu seiner Nachbarin weitergeht, aber das Ende empfand ich als schnell zusammengeschustert, so, als wäre das Papier ausgegangen ... Dennoch habe ich die beiden Folgebände, "Gefährlich süß*" und "Arme Mörder*", erst mal auf den Kindle gezogen.

Dann mäanderte ich mit Krimis und Romanen durch Deutschland: "Mooresschwärze*" von Catherine Shephard. Der erste Thriller mit der Rechtsmedizinerin Julia Schwarz als Protagonistin ist solide. Ich werde sicher noch mehr von der Autorin lesen - der Folgeband "Nachtspiel*" ist schon auf dem Kindle*.

Worum geht's? Als Kriminalkommissar Kessler Rechtsmedizinerin Schwarz zu einem Tatort in einem nahe gelegenen Moor ruft, sieht alles zunächst nach einem einfachen Fall aus. Aber dann verschwindet die Leiche und Julia macht sich auf die Suche nach dem toten Mädchen. Doch statt der Leiche stößt sie auf ein weiteres Opfer.

Erst jetzt begreift Julia, dass sie es mit einem gefährlichen Serientäter zu tun hat, der einen perfiden Plan verfolgt. Ein sonderbares Tattoo auf dem Bauch der Frauen scheint die einzige Verbindung zwischen den Fällen zu sein. Aber die Zeit läuft gegen Julia und sie ahnt nicht, dass sie selbst bereits viel zu tief in den Strudel des Bösen geraten ist.

"Braune Orchideen*" von Andreas Schnabel gefiel mir nicht ganz so gut wie seine Mallorca-Krimis, was hauptsächlich daran lag, das mir die Auflösung relativ schnell klar war. Das ist aber ein Symptom meiner Berufskrankheit. Außerdem ist das Buch teilweise nachlässig lektoriert, was meinen Lesefluss störte. Für alle anderen ist der Krimi sicher spannend. Schnabel taucht tief in die Abgründe der deutschen Geschichte ein.

Im Mittelpunkt steht eine kleine Gemeinde irgendwo im bergigen Süddeutschland, die friedlich wirkt, aber furchtbares Geheimnis birgt. Woher kommt der Hass der Alten, der so groß ist, dass sie sich gegenseitig bestialisch umbringen? Hetzt sie die Gier aufeinander? Ist es vielleicht Angst oder werden sie gar fremdgesteuert? Die Toten sind nicht arm gestorben. Im Gegenteil. Sie hinterlassen jeweils viel Geld. Viel zu viel, als dass Erben eine Erklärung verlangen dürfen, ohne sich dabei in Lebensgefahr zu begeben.

Die Hamburgerin Melanie Metzenthin schrieb bislang unterhaltende historische Romane, in deren Mittelpunkt eine Sündenheilerin steht - nicht das, was mich anspricht, weswegen mir die Autorin bislang entging. Mit "Im Lautlosen*" legt Metzenthin einen Roman vor, der im Hamburg der späten Weimarer Republik, der NS-Zeit und den Monaten nach der Befreiung spielt. Leseempfehlung! Der Folgeband "Die Stimmlosen*" wartet schon auf dem Kindle.

An der noch jungen Universität der Hansestadt gehören Richard und Paula zu den begabtesten Medizinstudenten ihres Jahrgangs. Sie beide verbindet mehr als nur die Leidenschaft für den Arztberuf. Als nach ihrer Heirat die Zwillinge Emilia und Georg geboren werden, ist ihr Glück komplett, auch wenn der kleine Georg gehörlos ist.

Doch dann verändert sich das Leben der jungen Familie durch die NS-Machtübernahme von Grund auf. Richard arbeitet inzwischen als Psychiater in der Heil- und Pflegeanstalt Langenhorn und kann sich mit der menschenverachtenden Gesetzgebung der Nazis nicht arrangieren, von der auch sein gehörloser Sohn betroffen ist. Um seine Patienten vor der Euthanasie zu bewahren, erstellt er fortan falsche Gutachten. Damit nimmt er ein großes Wagnis auf sich, das nicht nur sein eigenes Leben, sondern auch seine Familie bedroht.

Paula arbeitet derweil im Kinderkrankenhaus Rothenburgsort, wo sie Carl Stamm kennenlernt, dem sie auch die Freundschaft hält, als Kontakte zwischen Juden und Nicht-Juden gefährlich werden. Wie ihr Mann muss auch Paula Entscheidungen im Rahmen der Euthanasie-Gesetze treffen und gleichzeitig ihre Familie schützen.

Mit "Die Tote im Strandkorb*" ging's mit Inselkommissarin Lena Lorenzen nach Amrum, wo der Leiter eines Kinderheims tot am Strand aufgefunden wurde. Die örtliche Polizei geht von einer natürlichen Todesursache aus, bis das LKA die Obduktion des Leichnams veranlasst und Ermittlungen einleitet. Lorenzen wundert sich darüber, dass Kriminaldirektor Warnke ausgerechnet ihr diesen Fall überträgt. Wenige Monate zuvor hatte er sie noch wegen eigenmächtiger Ermittlungen aus einer Sonderkommission abgezogen und ihre Herunterstufung beantragt.

Lena, die auf Amrum geboren und aufgewachsen ist, holt die Erinnerung ein: Sie hat die Insel vierzehn Jahre zuvor im Streit mit ihrem Vater verlassen. Während der Tage auf Amrum trifft sie ihre herzliche Tante Beke wieder und läuft schon am ersten Tag Erck über den Weg, ihrer einstigen großen Liebe.

Das Buch von Anna Johannsen gefiel mir gut, so dass ich gleich den Folgeband "Das Mädchen am Strand*" las, der auf Föhr spielt. Gelegentlich stolperte ich über Lektorenfehler (wenn acht Polizisten den Strand absuchen und sechs links, drei rechts runter gehen, macht das bei mir neun), aber davon abgesehen, ist der Krimi um die 14jährige Maria, die in einer ultrareligiösen Familie aufwächst, spannend.

Maria, die als ungewöhnlich reif für ihr Alter beschrieben wird, verschwindet, was die Kommissarin auf die Insel ruft. Am zweiten Tag der Suche wird die Jugendliche mit aufgeschnittenen Pulsadern an einem einsamen Strandabschnitt gefunden.

Schnell entsteht bei Lena und ihrem jungen Kollegen Johann Grasmann der Verdacht, dass es sich nicht um Suizid handelt. Marias Eltern verhalten sich äußerst unkooperativ, doch sie sind nicht die einzigen, die scheinbar etwas zu verbergen haben. Erst nach und nach dringen die Kommissare tiefer in das Leben des jungen Mädchens und ihre Geheimnisse ein.

Ich freue mich auf den dritten Band, "Die alte Dame am Meer*", der im November erscheint und Lorenzen nach Sylt sowie in die Hamburger Künstlerszene der 1950er Jahre führen wird. Leider trennte sie sich zwischenzeitlich von ihrer Jugendliebe Erck - ich hätte ihnen ein Happy End gewünscht.

Wenn der Bus einigermaßen leer ist, stöbere ich gerne in den Bücherregalen, mit denen die Busse "meiner" Linien ausgestattet sind. Meistens allerdings sind die Regale leer und die Busse proppenvoll. Vorm Urlaub hatte ich aber Glück: Bus leer, Bücherregal voll. Ich schleppte sechs Titel nach Hause, darunter "Virus im Netz*" von Rita Mae und Sneaky Pie Brown. Ich mag die Krimis um die Tigerkatze Mrs. Murphy, und so gefiel mir auch dieser Band.

Der Fall beginnt auf Ash Lawn, Landsitz des Präsidenten James Monroe: Bei sengender Sommerhitze rast ein Hell’s Angel auf einer Harley-Davidson über die Landstraße. Wenig später liegt er erschossen im Gebüsch. Zur gleichen Zeit legt ein Computervirus die Stadt lahm und Bankdirektor Hogan Freely wird vor seinem Bildschirm ermordet.

In den Oktober gehe ich mit einem Jugendbuch: "Die roten Matrosen oder Ein vergessener Winter*" von Klaus Kordon. Im Mittelpunkt stehen Helle, Ede und Fritz, die in Berlin die Novemberrevolution 1918 erleben. Unbedingt lesen! Ich freue mich schon auf die beiden anderen Bände der "Wendepunkte"-Trilogie.

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Samstag, 1. September 2018

Ausgelesen: Bücher im August 2018

Ich bereite mich immer noch auf den anstehenden Mallorca-Urlaub vor. In erster Linie ist zwar Strand- und Badeurlaub angesagt, aber ich bezweifle, dass ich das länger als drei Tage aushalte. Außerdem will ich wissen, was ich verpasse, sollte ich tatsächlich zehn Tage am Strand liegen.

Die Reihe "Lesereise*" aus dem Wiener Picus-Verlag mag ich sehr gerne, und so landeten die beiden Mallorca-Bände auf dem Kindle. "Miró und der Mann mit der Mandarinenkiste*" von Helge Sobik enthält achtzehn unterschiedliche Portraits wie die titelgebende vom Mann, den den Künstler Miró mit Mandarinen versorgte, aber auch von der Besitzerin einer Olivenmühle oder von einem Schuhmacher, der um sein Handwerk kämpft.

Das Bändchen erschien schon 2012, so dass einiges vermutlich nicht mehr aktuell ist. Noch ein Jahr früher erschien "Fiesta im Schnee der Mandelblüten*" von Brunhild Seeler-Herzog, das mir noch etwas besser gefiel als der zuvor genannte Band der Reihe.

Das Buch beginnt mit der Anreise per Fähre, um dann sehr liebe- und humorvoll einige Eigenheiten der Mallorquiner aufzuzeigen. Wundervoll wird geschildert, wie die Insulaner damit umgehen, wenn der Schnee mal nicht von den Mandelblüten kommt, sondern aus den Wolken. Die Schilderung der nächtlichen Wallfahrt von Palma nach Lluc ist so wunderbar, dass ich glatt in Versuchung bin, an dem knapp 50 Kilometer langen Spaziergang teilzunehmen. Zum Glück, äh, leider ist gerade während unseres Aufenthaltes kein Termin ...

Ohne Krimi geht's bei mir ja nicht, und so las ich "Balearenblut*" von Hanne Holms. Im Mittelpunkt steht die Reisejournalistin Lisa Langer, die für einen Auftrag ins sonnige Alcúdia fliegt.

Kaum angekommen, ihr im wahrsten Sinn des Wortes ein Mann vor die Füße: Ein Hotelgast stürzt vom Balkon des dritten Stocks, und das Messer, das zwischen seinen Schulterblättern steckt, lässt einen Selbstmord unglaubwürdig erscheinen.

Da die Journalistin ein heimliches Doppelleben als Krimiautorin führt, ist die Neugierde groß. Wann kann man sich schon mal eine frische Leiche aus der Nähe ansehen? Schneller als gedacht, findet sich Lisa inmitten der Mordermittlungen wieder.

Da wir auch nach Alcúdia fliegen, hatte ich auf etwas Lokalkolorit gehofft - vergeblich. Zudem bleibt die Protagonistin sehr blass. Mehr Substanz haben da schon die beiden Polizisten, mit denen sie ermittelt: Der Polizeichef im Ruhestand, Jorge, und der (natürlich unglaublich attraktive) Kommissar Perello. Zusätzlich kommen noch zahlreiche Hotelangestellte, Verbrechensopfer, Handlange und Hilfsganoven zu Wort - so viele, dass ich irgendwann komplett den Überblick verlor.

Der Schreibstil ist strandtauglich, was nur bedingt als Kompliment zu verstehen ist, und die Rezepte im Anhang rissen es auch nicht wirklich raus. Kurz: Weitere Bücher aus der Lisa-Langer-Reihe werde ich kaum lesen.

Besser gefiel mir da schon "Rotwild*", ein Schweden-Krimi von Roman Voosen und Kerstin Signe Danielsson. Die Handlung beginnt kurz vor Mittsommer im småländischen Växjö: In einem Wald am Seeufer wird der von Pfeilen durchbohrte Leichnam eines Lehrers gefunden. Die Todesumstände erinnern an die Darstellungen frühchristlicher Märtyrer.

Kommissarin Ingrid Nyström und ihre junge, impulsive Kollegin Stina Forss übernehmen die Untersuchungen. Bald darauf tauchen an der Wand der Domkirche seltsame Zeichen auf. Haben die Polizistinnen es mit einem religiösen Ritualmord zu tun? Die Deutsch-Schwedin Stina Forss hat bald erste Zweifel.

Spätestens nachdem ein weiterer Toter entdeckt wird, erhöht sich der Druck von Vorgesetzten, Presse und Öffentlichkeit auf die beiden ungleichen Frauen spürbar. Während Ingrid Nyström mit familiären Problemen zu kämpfen hat, führt die wendungsreiche Ermittlung Forss nach Nordschweden, nach Berlin und weit zurück in die Geschichte.

Der Krimi ist spannend und wird sicher nicht der letzte von Voosen / Danielsson gewesen sein, den ich lese.

Kontrastprogramm war "Das Jahr, das zwei Sekunden brauchte*" von Rachel Joyce. Die Geschichte zog mich schnell in ihren Bann: Die Freunde Byron und James sind elf Jahre alt, als sich alles für immer verändert. Niemand sieht das Mädchen mit dem roten Fahrrad. Nur Byron, der mit seiner schönen Mutter im Wagen sitzt, als der Unfall im dichten Nebel geschieht. Byron weiß sofort: Er darf keinem etwas davon erzählen.

Doch in nur zwei Sekunden ist die ganze Welt aus den Fugen geraten, und er braucht James an seiner Seite. Können zwei Sekunden existieren, die es vorher nicht gab? Und wird ihre perfekte Welt jemals wieder in den Takt kommen?

Joyce nimmt sich Zeit, die Geschichte zu entwickeln und die Charaktere zu zeichnen. Das ist manchmal etwas langatmig, wurde mir aber dennoch nicht langweilig.

Allenfalls für echte Fans der Peter-Grant-Reihe ist der aktuelle Band "Die Geister auf der Metropolitan Line*". Ansonsten ist das Büchlein eher enttäuschend: Ziemlich flach, ohne echten Spannungsbogen oder Entwicklung der Figuren. Die Geschichte geht über den Klappentext (Geister erschrecken Pendler, die die Metropolitan Line nutzen, Nightingale und Grant ermitteln) kaum hinaus. Viele Fragen bleiben unbeantwortet.

Ich fand "Die Galgen von Tyborn*" schon schwach und bin gespannt, ob Aaronvitch noch zu seiner alten Form zurückfindet.

Normalerweise empfehle ich die Reise Know-How-Reisebücher sehr gerne, aber der Mallorca-Band* sorgte bei mir nur für Kopfschütteln. Das Buch hat knapp 600 Seiten und erinnert sehr stark an eine Touristik-Dissertation - und zwar nicht an eine spannende. Autor Hans-R. Grundmann arbeitet sich gründlich an der Insel ab.

Zu (gefühlt) jedem Ort gibt es ein umfangreiches Kapitel mit umfangreicher Einleitung. Erörtert wird das Für und Wider eines Besuchs, Restaurants, Märkte und Geschäfte werden vorgestellt (ebenfalls samt Erörterung, ob Einkehr oder Einkauf sinnvoll sind), dito Ausflüge, Veranstaltungen, Wanderungen, Hotels ...

Das alles ist ziemlich langatmig und teilweise überflüssig. Wenn von einem Restaurant schon 2015 ungewiss war, ob es noch existiert, dann überprüfe ich das doch vor der 2017 herausgegebenen Neuauflage eines Reiseführers, anstatt seitenlang darüber zu schwadronieren, ob es das Lokal noch gibt.

Dazu kommen ausführliche Wegbeschreibungen - hoffen wir mal, dass der Kaktus, an dem man zum Kloster abbiegen muss, dann auch noch steht, wenn man die Insel bereist, ansonsten ist man mit analoger oder digitaler Landkarte eindeutig besser dran.

Schließlich werden alle beschriebenen Ortschaften nochmals alphabetisch aufgeführt, allerdings ohne Verweis auf die entsprechenden Seitenzahlen, obwohl es in dem Buch sonst von Querverweisen nur so wimmelt. Gleichzeitig sind einige Informationen schon überholt, obwohl die überarbeitete Auflage erst letztes Jahr erschien.

Zusätzlich wird die Geschichte der Insel in einem Comic dargestellt (die vollständige Version gibt's dann aber nur online), gibt es eine Erörterung über Mallorcas Literatur (die vollständige Version gibt's dann wieder) nur online, einen Wanderführer (die vollständige Version - Du ahnst es schon), einen Führer durch Flora und Fauna (Na? Ja, genau.) und persönliche Betrachtungen des Autors über Hotels und Fincas. Ausgenommen ist einzig Magaluf, weil dort nur Engländer urlaubten, sich entsprechend höchstens anglophile Deutsche dort wohlfühlten.

Das kleine Kapitel mit Kochrezepten reißt es dann auch nicht mehr heraus. Eine kurze Übersicht über Speisen und Getränke hätte ich hilfreich gefunden. In der analogen Ausgabe ist sie wohl auf der Rückseite der Mallorca-Karte. In meiner digitalen Ausgabe fehlte beides. Schön wäre auch ein kleiner Sprachführer gewesen.

Am Ende der Lektüre fühlte ich mich erschlagen und urlaubsreif und hatte den Eindruck, egal, was ich auf Mallorca mache, es kann nur falsch sein. Jegliche Reiselust war dahin.

Angelesen habe ich "Torquemadas Schatten*" von Karl Otten, aber die Geschichte über ein spanisches Dorf im Bürgerkrieg bewahre ich mich doch für den Strand auf. Da habe ich mehr Ruhe, mich auf den behäbigen Erzählstil einzulassen.


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Freitag, 18. August 2017

Ausgelesen: Bücher im Juni und Juli 2017

Dadurch, dass wir den halben Juni im Urlaub waren, startete ich erst mal mit zum Urlaubsland passender Lektüre: "Lesereise Dänemark: Von Wikingern und Brückenbauern*" von Barbara Denscher.

Kein Ort Dänemarks ist weiter als etwa fünfundfünfzig Kilometer von der Küste entfernt. Denscher hat auf ihrer Reise durch das Königreich, dessen Bewohner sich immer noch gerne als stolze Wikinger sehen, vielfache Bezüge zum Meer gefunden: So etwa im Norden Jütlands, wo Ost- und Nordsee aufeinandertreffen, wo man eine versunkene Kirche entdecken und auf riesigen Sanddünen wandern kann, oder auf der kleinen Insel Samsø, die mit ihrem Ökologiekonzept international Beachtung findet.

Über die längste Hängebrücke Europas führt der Weg auf das idyllische Fünen. Und selbst der pulsierenden Hauptstadt Kopenhagen, in der Tradition und Moderne eine perfekte Einheit bilden, verleiht gerade ihre Lage am Meer einen besonderen Reiz.

Das Büchlein war sehr unterhaltsam und ratzfatz durchgelesen. Für Dänemark-Fans und alle, die sich auf eine Reise in das Land einstimmen wollen, ist es genau richtig.

Da wir im Urlaub auch gerne kochen, lud ich mir "Dänisch kochen. Gerichte und ihre Geschichte*" von Charlotte Noer auf den eReader, nur, um wieder mal zu merken, dass ich Kochbücher immer noch am Liebsten als Print lese. Ich muss da einfach blättern können, muss sie auf der Arbeitsplatte liegen haben, möchte auf den Seiten Notizen machen und Peppies anbringen können. Kurzum: Nach dem Urlaub kaufte ich mir die Printausgabe.

Schäfchen und Hase Toffee lesen meistens mit.
Außerdem als ich die Krimireihe rund um "Birne" weiter, die ich mit "Alpendöner*" von Willibald Spatz im Mai anfing. Viele verrissen das Buch ja. Ich fand's ganz okay, aber die folgenden Bände waren dann auch nicht mehr meins.

Im zweiten Band, "Alpenlust*", ist Birne frisch gebackener Polizist in Augsburg. Das geht einfach so, ohne Ausbildung, einfach, weil jemand beschloss, ihn als Mitarbeiter haben zu wollen. Nun ja.

Ähnlich haarsträubend ist der Plot: Am Hauptbahnhof soll Birne verdächtige Personen, die Sprengstoffattentate planen könnten, observieren. Doch die sommerliche Hitze macht ihm einen Strich durch die Rechnung - Birne erleidet einen Kreislaufzusammenbruch und landet im Krankenhaus. Auch seine stümperhaften Versuche, zusammen mit seiner attraktiven Kollegin Tanja einen Serienentführer zu stellen, werden nicht von Erfolg gekrönt. Wer Splatter-Filme mag, hat an der Geschichte vielleicht seinen Spaß.

Während im zweiten Band am Laufenden Meter Menschen in die Luft gesprengt werden, wird im dritten Band nur gesoffen und gekotzt. Mit "Alpenkasper*" stieg ich aus der Reihe aus. In diesem Band ist Birne plötzlich mit Katharina verlobt und hat einen Bruder. Woher beide plötzlich kommen, bleibt unklar, wie die meisten Figuren blass bleiben.

Jakob, Birnes Bruder, macht sich auf die Suche nach dem Verschwundenen. Doch seine einzige heiße Spur ist schnell kalt: Ein Rentner, zu dem Birne zuletzt Kontakt hatte, wird vor seinen Augen ermordet. Als auch noch Birnes Kollegen von der Polizei auf einem Schützenfest in der voralpenländischen Provinz fast gelyncht werden, scheint es kaum noch Hoffnung zu geben.

Zumindest ich fand Birne hoffnungslos. Die übrigen beiden Bände der Reihe werde ich mir nicht mehr antun.

Richtig Spaß machte es,  "Kohle, Karnickel und ein Koffer voller Geld*" von Peter Kersken zu lesen. Das Buch spielt im Juli 1952 im Ruhrpott. Die Förderräder drehen sich wieder, die Schlote rauchen. Der junge Journalist Hermann Leschinski ist in diesem heißen Sommer jeden Tag mit seinem Moped im Kohlenpott unterwegs.

Als er von sechzigtausend Mark erfährt, die angeblich in einem Pappkoffer am Ruhrufer gefunden wurden, vermutet er ein Verbrechen hinter der Geschichte. Doch erst ein Mord im Essener Gruga-Park und sein Besuch in einer Duisburger Zechensiedlung bringen ihn auf die richtige Fährte ...

Kersken gelingen atmosphärisch dichte Einblicke in das Ruhrgebiet der 1950er Jahre. Ich ahnte, das Buch ist das ideale Geburtstagsgeschenk für Mudderns, kennt sie doch viele der erwähnten Schauplätze. Mudderns tat sich mit dem Anfang ein bisschen schwer (Leschinski blickt zum Ende seiner Berufszeit zurück auf deren Beginn), war dann aber so begeistert, dass sie mir regelmäßig von ihren Lesefortschritten erzählte. Wie schön!

Im Anschluss la ich "Altherrenjagd*", den zweiten Band aus der Sanktus-Reihe von Andreas Schröfl. Beim Erstling, "Brauerehre*", tat ich mich erst ein wenig schwer mit dem lakonischen Stil, in dem Schröfl die Erlebnisse seines Protagonisten schildert, aber dann fand ich Gefallen an der Figur des Bierbrauers und Ex-Polizisten, der lange im Ausland lebte und nun wieder in München ist.

Zwei Alte Herren einer Münchner Studentenverbindung verschwinden spurlos. Der einzige Hinweis auf ihren Aufenthaltsort sind E-Mails, die Koordinaten enthalten. Dr. Engler, der ebenfalls Mitglied der Studentenverbindung ist, bittet den Sanktus um Hilfe. In einer rasanten Geocachingjagd durch München versuchen die beiden, die Opfer zu befreien und den Mörder zur Strecke zu bringen. Eine Jagd auf Leben und Tod beginnt. "Altherrenjagd" ist solide Unterhaltung, die München-Sehnsucht weckt.

Von München aus ging's nach London: "Das Geheimnis des weißen Bandes*" ist ein Sherlock-Holmes-Pastiche von Anthony Horowitz. Am Abend eines ungewöhnlich kalten Novembertages im Jahr 1890 betritt ein elegant gekleideter Herr die Räume von Sherlock Holmes‘ Wohnung in der Londoner Baker Street 221b. Er wird von einem mysteriösen Mann verfolgt, in dem er den einzigen Überlebenden einer amerikanischen Verbrecherbande erkennt, die mit seiner Hilfe in Boston zerschlagen wurde. Ist der Mann ihm über den Atlantik gefolgt, um sich zu rächen?

Als Holmes und Watson den Spuren des Gangsters folgen, stoßen sie auf eine Verschwörung, die sie in Konflikt mit hochstehenden Persönlichkeiten bringen wird und den berühmten Detektiv ins Gefängnis, verdächtigt des Mordes. Zunächst gibt es nur einen einzigen Hinweis: Ein weißes Seidenband, befestigt am Handgelenk eines ermordeten Straßenjungen …

Das Buch zog mich schnell in seinen Bann - so sehr, dass ich überlege, die Hörspielfassung zu kaufen, und das will bei mir was heißen, denn bei Hörspielen schlafe ich oft sehr schnell ein.

Ich blieb erst mal in London mit "Der Galgen von Tyburn*", dem sechsten Band der Flüsse-von-London-Reihe um Peter Grant von Ben Aaronovitch. Grant schuldet Lady Ty noch einen Gefallen, seit sie ihm von Erdmassen befreite. Diesen Gefallen fordert sie nun ein, denn ihre Tochter steckt in Schwierigkeiten: Auf einer Drogenparty gab's einen Todesfall.

Als klar ist, dass Magie mit im Spiel ist, wird das Folly, die für Magie zuständige Einheit der Londoner Polizei, eingeschaltet. Grant und sein Chef Nightingale ermitteln nun also auch offiziell.

Für Fans ist auch dieser Band ein Muss. Ich war allerdings froh, dass ich die Reihe von Anfang an las, denn sonst wäre mir der Einstieg schwer gefallen. Aaronovitch setzt voraus, dass die Leser sich in seiner Welt auskennen. Ist das der Fall, ist "Der Galgen von Tyburn" ein solides Stück Urban Fantasy.

Auf "Sie kam aus Mariupol*" von Natascha Wodin war ich seit Februar, als ich eine Rezension im DLF hörte, gespannt. Jetzt bekam ich es zum Geburtstag von meinen Kollegen. Der Autorin geht dem Leben ihrer ukrainischen Mutter nach, die aus der Hafenstadt Mariupol stammte und mit ihrem Mann 1943 als "Ostarbeiterin" nach Deutschland verschleppt wurde. Sie erzählt beklemmend, ja bestürzend intensiv von der Zwangsarbeit im Dritten Reich.

Ihre Mutter, die als junges Mädchen den Untergang ihrer Adelsfamilie im stalinistischen Terror miterlebte, bevor sie mit ungewissem Ziel ein deutsches Schiff bestieg, tritt wie durch ein spätes Wunder aus der Anonymität heraus, bekommt ein Gesicht, das unvergesslich ist.

Es ist ein unwahrscheinlich intensives Lese-Erlebnis. Absolute Kaufempfehlung!

Danach brauchte ich wieder leichtere Kost und tauchte mit "Cirrus Flux: Der Junge, den es nicht gab*" von Matthew Skelton in das London des Jahres 1783 ein. In einem Findelheim entdeckt der 12jährige Waisenjunge Cirrus Flux einen silbernen Anhänger. Es ist ein Miniaturglobus, und der Junge kann es kaum glauben: Er hat einst seinem Vater gehört! Doch plötzlich sind Mitglieder einer wissenschaftlichen Gilde hinter Cirrus her und jagen ihn quer durch die brodelnde Metropole London. Nicht nur der Mann aus der Luft mit seinem brennenden Mondsegel verfolgt ihn, sondern auch die furchterregende Hypnotiseurin Mme Orrery. Aber was genau suchen sie? Welches Geheimnis verbirgt sich hinter dem silbernen Anhänger? Cirrus schwebt in größter Gefahr. Und die Jagd hat gerade erst begonnen ...

Der Einstieg ist sehr zäh, es dauerte lange, bis Figuren und Handlung mich halbwegs gefangen nahmen. Vor allem die Sprünge in der Zeit störten. Viele Figuren blieben blass, Handlungsstränge führten ins Nichts ... Schade, von diesem Titel hatte ich mir mehr versprochen!

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Mittwoch, 14. Juni 2017

Rezension: "Slow Travel. Die Kunst des Reisens" von Dan Kieran

Als ich noch regelmäßig zwischen Deutschland und dem Nahen Osten pendelte, empfand ich Reisen oft als barbarisch. Es dauerte immer Tage, bis meine Seele auch am Zielort ankam. Ich verbrachte Wochen damit, einfach nur in einem Dauer-Dämmerzustand zu funktionieren.

Ich lernte, dass der kürzeste Weg von Eilat nach Damaskus über Tel Aviv, Hamburg (um mal eben den Pass gegen einen ohne israelische, aber mit syrischen Visa zu tauschen), Amsterdam und Amman führt und zwei Tage dauert (zumindest, wenn sich für die 550 km keine Armee in Bewegung setzt, sondern eine Zivilistin).

Fliegen war wie Straßenbahnfahren. Ich habe Flugangst, und ich hatte jahrelang Angst vor Straßenbahnen (fragt nicht).

Aber ohne Fliegen hätte ich nicht arbeiten können, also musste ich da durch. Gleichzeitig begann ich, von einer Reise im roten Fiat Panda von Hamburg nach Jerusalem zu träumen. Der Jugoslawien-Krieg kam dazwischen. Der Jugoslawien-Krieg blieb nicht der einzige auf der Route, und der Panda ist auch schon längst im Autohimmel.

Jemand wie Dan Kieran*, der aufgrund seiner Flugangst neue Wege des Reisens findet, hat bei mir also leichtes Spiel. In "Slow Travel. Die Kunst des Reisens*" legt Kieran seine persönliche Philosophie des entschleunigten Reisens dar.

Für Kieran ist Urlaub machen nicht mit Verreisen gleichzusetzen. Er bevorzugt eine selbstbestimmte, unorganisierte, abenteuerlustige Form des Reisens und lernt so mehr über Land und Leute, als es jeder (Pauschal-)Tourist vermag.


Das Buch ist allerdings kein Reiseführer oder ein Anweisung für entschleunigtes Reisen, sondern enthält persönliche Betrachtungen, Erlebnisse und Anekdoten. Wer also eine philosophisch-wissenschaftliche Abhandlung erwartet, wird nur wenig Freude an dem Buch haben.

Stattdessen gibt es Einblicke in Kierans Gedankenwelt und Leben. Gelegentlich ist es etwas langatmig geschrieben, weswegen ich das Buch öfter aus der Hand legte. Ein rasantes Erzähltempo darf man also nicht erwarten, aber wie passte das auch zum entschleunigten Reisen?! Wer sich darauf einlässt und zum Nachdenken anregen lässt, wird "Slow Travel" gerne lesen.

Fazit: "Slow Travel" ist kein klassischer Reiseführer, sondern regt dazu an, das eigene Reiseverhalten zu überdenken und sich einfach mal auf einen Urlaubsort oder ein Land einzulassen, abseits des Pauschaltourismus.

Verlagsangaben zum Buch: Dan Kieran / Slow Travel, Die Kunst des Reisens / 224 Seiten / Taschenbuch / Verlag: Heyne / Originaltitel: Idle Traveler / Aus dem Englischen von  Yamin von Rauch /  ISBN: 978-3-453-41797-7 / € 9,99

 Hier geht's zur Leseprobe. Vielen Dank an den Verlag für das Rezensionsexemplar.

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