Montag, 29. Juli 2019

Otto Gröllmann und das Archiv der Bästlein-Jacob-Abshagen-Gruppe

Montags gegen Nazis
Montags erinnere ich daran, was passiert, wenn es mit der Demokratie bergab geht und wie es anfing, denn die Nazis fielen ja nicht 1933 vom Himmel. Die krochen schon Jahre vorher aus ihren Löchern, wurden nicht rechtzeitig aufgehalten, auch, weil man sie nicht ernst nahm, dachte, es wird schon nicht so schlimm. 

Wurde es aber.

In loser Folge gibt's hier also montags Kunst und Denkmäler gegen Faschismus, Nationalismus und Rassismus. Orte, die daran erinnern, gibt es nicht nur in unserer Stadt genug, denn wie gesagt: Wir hatten das schon mal.

Wie es zu dieser Beitragsreihe gekommen ist, kannst Du hier nachlesenAlle Beiträge aus dieser Reihe findest Du, wenn Du hier klickst. 

Theater sind nicht unpolitisch, was immer wieder dazu führt, dass alte und neue Faschisten versuchen, Einfluss auf sie zu nehmen. Nicht nur mit der "Hamburger Erklärung der Vielen" setzen sich Künstler und Kulturschaffende gegen die aktuellen Nazis zur Wehr.


Das Thalia Theater in Hamburg.
Am Thalia Theater arbeitet 1933 Otto "Otje" Gröllmann als Atelier- bzw. Ausstattungsleiter und Bühnenbildner. Der 31jährige Hamburger hat eine bewegte Biographie: Als 20jähriger wird er Mitglied der KPD, steht in engem Kontakt zu Willi Bredel und Ernst Thälmann. Ein Jahr, 1923, später nimmt Gröllmann am Hamburger Aufstand teil. Ziel ist ein Umsturz nach dem Vorbild der russischen Oktoberrevolution. Der Aufstand wird sofort niedergeschlagen.

Konsequenterweise engagiert sich Gröllmann früh gegen die Nationalsozialisten, ahnt, was es bedeutet, sollten sie an die Macht kommen. Als sie an der Macht sind, darf Gröllmann seinen Beruf als Ausstattungsleiter nicht mehr ausüben, bleibt aber weiter als Bühnenbildner am Thalia. Ende 1933 wird Gröllmann aufgrund seines Widerstands verhaftet und zu 17 Monaten Gefängnis verurteilt.

Nach der Entlassung hält er sich mit Arbeiten am Theater und auf dem Bau über Wasser und schließt sich wieder seinen Genossen an, darunter auch Robert Abshagen. Gröllmann setzt seine Widerstandstätigkeit als Teil der Bästlein-Jacob-Abshagen-Gruppe fort. Mit etwa 300 Mitgliedern in etwa 30 Betrieben und Werften, die über die ganze Stadt verteilt sind, ist es die größte Widerstandsgruppe in Hamburg. Die Männer und Frauen kannten sich untereinander nicht alle, sondern waren über Kontaktleute miteinander verbunden. So soll verhindert werden, dass die ganze Gruppe aufflog, wenn ein Mitglied verhaftet wurde. 

1938 wird Gröllmann Atelierleiter und Bühnenbilder am Thalia Theater und bringt dort das Archiv der Widerstandsgruppe unter. Bis Oktober 1942 bleibt es im Theaterversteck. Kurze Zeit später wird Gröllmann erneut verhaftet, bei Verhören schwer gefoltert und im März 1943 ins Untersuchungsgefängnis eingeliefert. Hier erlebt er den Hamburger Feuersturm im Juli 1943. Im darauffolgenden Chaos, das auch vor den Behörden nicht Halt macht, wird der 41jährige vorübergehend entlassen, wollte nach Schweden oder in die Schweiz fliehen, was beides misslingt. 

Gröllmann bleibt weiterhin im Widerstand aktiv: Er schließt sich einer Gruppe an, die bis zur Befreiung im Mai 1945 Flugblätter gegen das NS-Regime herausgibt. In der ganzen Zeit ist er ohne festen Wohnsitz, lebt im Wald, gelegentlich in einer Jugendherberge, kommt manchmal bei Genossen unter. So kann er sich einer erneuten Verhaftung entziehen.

Die Gedenktafel am Thalia-Theater für Otto Gröllmann und die Bästlein-Jacob-Abshagen-Gruppe.
Nach der Befreiung arbeitet Gröllmann wieder am Thalia-Theater, heiratet die Theaterfotografin Gertrud, von der nur wenig Informationen vorliegen. Am 5. Februar 1947 bringt Gertrud Gröllmann Tochter Jenny zur Welt. Sie wird später Schauspielerin. 1949 übersiedelt die Familie in die SBZ, die spätere DDR. Otto Gröllmann arbeitet weiterhin an Theatern in Schwerin und Dresden. 

Auch in der DDR ist er kein Bequemer, übt wiederholt Kritik am Honecker-Regime, erhält aber dennoch den Vaterländischen Verdienstorden und kann im April 1988 zur Enthüllung der Gedenktafel am Thalia-Theater nach Hamburg reisen. 

Zwei Wochen vor zwei 98. Geburtstag stirbt Otto Gröllmann am 12. Juli 2000 in Berlin.

Sonntag, 14. Juli 2019

#12von12 im Juli 2019

Caro von "Draußen nur Kännchen" sammelt wie jeden Monat am 12. des Monats 12 Impressionen des Tages - vielen Dank dafür! Hier sind meine 12 Eindrücke vom 12. Juli 2019.

#1: Mittagessen für's Büro vorbereiten.

#2: Kräuter für Büro-Mittagessen ernten. Ich muss endlich mal wieder einen Topf Minze mit ins Büro nehmen.

#3: Bushaltestellen-Warteblick

#4: Mein Hirn macht aus den Wörtern gerne den Satz "Dieses ständige Grau verdient Applaus."

#5: Auf dem Weg ins Büro.

#6: Zweites Frühstück.

#7: Ware für's Weihnachtsgeschäft.

#8: Buchstaben und Wörter sortieren.

#9: Zuhause wurde derweil der Kaffee für's Wochenende geliefert.

#10: Das Wochenende auf dem Balkon einläuten.

#11: Das Abendessen zubereiten.

#12: Lesen* und schnell einschlafen.
Die Rezepte zum Tag gibt's in den kommenden Tagen in der Kombüse.

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Dienstag, 9. Juli 2019

Der Verspätungsschal im Juni

Im Juni nutzte ich den HVV öfter als im Mai: Ich zählte 43 Fahrten mit 257 Minuten Verspätung, was im Schnitt 5,97 Minuten Verspätung entspricht. 8 Fahrten waren pünktlich. Das entspricht 18,06 %. Rechne ich die Fahrten mit ein, die unter 5 Minuten verspätet waren, komme ich auf 25 Fahrten, also 58,14 % Pünktlichkeit.

Der Verspätungsschal im Juni. Im Schnitt gab's 5,97 Minuten Verspätung pro Fahrt.
Das ist wie üblich 'n büschen entfernt von den Pünktlichkeitswerten, die S-Bahn und HVV für sich errechnen. Aber klar, wenn ich, wie der HVV, nur die Fahrten als verspätet betrachte, die mehr als 20 Minuten Verspätung haben, waren es nur 3, und ich komme auf eine Pünktlichkeitsrate von 98,83 %. Das Sparschwein freut sich über 3 € Verspätungsentschädigungspauschale.

Wie ich zu dem Projekt kam, kannst Du hier nachlesen. Alle Beiträge zu dem Projekt findest Du hier. Der Beitrag geht rüber zu den Linkparties Dings vom Dienstag, Handmade on Tuesday und Maschenfein. Danke an alle für's Sammeln!

Montag, 8. Juli 2019

#pmdd31: Das war der 6. Juli 2019

#pmdd steht für "Picture my Day Day", und der fand am 6. Juli 2019 zum 31. Mal statt, diesmal veranstaltet von Frau Himmelsblau - vielen Dank dafür!

Sonnabends heißt es bei uns so bummelig alle zwei Wochen, zu Mudderns zu fahren. 40 Kilometer auf der A7 hin, 40 Kilometer auf der A7 zurück, zwischendrin bei Mudderns nach dem Rechten sehen, ein paar Reparaturen machen, mit ihr zum Supermarkt fahren, mit ihr beim Bäcker sitzen und zwischendrin noch unsere Wochenendeinkäufe machen. Normalerweise versuchen wir, kurz auf den Wochenmarkt zu schauen, aber diesmal brauchen wir nichts.

Frühstück. Der Honig stammt aus dem letzten Dänemark-Urlaub.
Wochenplan und Einkaufsliste schreiben.
Werktags wäre das der Bushaltestellenwarteblick, aber heute sammelt mich der Gatte mit dem Auto auf.

Handtasche, Stichsäge und ich warten auf den Gatten.

Ab ins Nadelöhr.
Stop and go im Tunnel.
Für die einen ist es Frühstück, für die anderen Mittagessen. Und: Jubel für Mudderns, die Brötchen und Torte isst. Lange mussten wir um jeden Bissen kämpfen.
Nach dem Einkaufen stricken und mit Mudderns klönen, während der Gatte im Keller stichsägt.
Fette Beute. Ich freue mich besonders über die Sohlen, die ich in Hamburg partout nicht bekam. Die Nadelmaße sind für die Werkstatt des Gatten. Er misst damit Bohrerstärken. Sie sind aus Holz, zum Aufhängen und mit Schäfchen - was will man mehr? Klar, ginge es nach dem Gatten, zeigten sie Hasen statt Schäfchen.
Nachmittagsschlaf. Zeit mit Mudderns strengt mich an, auch wenn es leichter ist, wenn der Gatte dabei ist und seitdem sie ihre Alltagsbegleitung hat.
Hausarbeit.
Schnibbeln fürs Abendessen.
Noch mehr schnibbeln fürs Abendessen.
Ausblick auf die kommende Woche.
Das Rezept zum Tag gibt's in der Kombüse. Ich wünsche Euch eine gute Woche!

Freitag, 5. Juli 2019

#WMDEDGT 7/19: "Sie dürfen ruhig wieder mitsingen!"

Heute ist wieder der fünfte Tag des Monats, und Frau Brüllen fragt "Was machst Du eigentlich den ganzen Tag?", kurz WMDEDGT? Vielen Dank für's Sammeln! Das Rezept zum Tag gibt's wie üblich in der Kombüse.

Heute muss ich eine Stunde später im Büro sein, denn ich bin xfache Urlaubs- und einfache Krankheitsvertretung und im Laden eingesetzt - die Kollegin, die stets verneint, ist krank. Ihre Vertretung hat Urlaub, deswegen bin ich wenig überrascht, denn dass sie dann krank ist, ist üblich. Da beide Chefs heute frei haben, rechne ich zudem mit der Krankmeldung der Montagskollegin - zu recht, wie sich später zeigt, als ich im Büro bin. Auch das ist üblich. Was wohl wäre, fiele ich auch aus? Stattdessen komme ich einfach nur eine Stunde später, um nach der Arbeit direkt ins Theater zu gehen.

Geplant war, dass ich früh aufstehe, vormittags ein bisschen Hausarbeit mache (der Gatte und ich sind immer noch so eingespannt, dass zu viel liegen bleibt, wir mehr als erschöpft sind), aber ich verschlafe und hätte auch noch weiter geschlafen, hätte mich der Gatte nicht geweckt, als er zu Arbeit ging.

So schaffe ich es nur noch, die Wäsche auf der Leine zu wechseln, nach den Rotkehlchen zu gucken, die Terrassenmöbel so umzustellen, dass das Nest einigermaßen katzensicher ist (gestern musste ich eine Katze verscheuchen, die das Nest ausräubern wollte) und einen Dip für die Mittagspause zu machen.

Die Fahrt ins Büro ist weniger anstrengend als in den Tagen davor. Ich bekomme sogar einen Sitzplatz in beiden Bussen, und die S-Bahn fällt nicht aus. Am Bahnhof kaufe ich Fiscelle für den Dip und ein Marzipan-Croissant. Ich habe noch nicht gefrühstückt. Dementsprechend kaufe ich mehr, als ich essen kann.

Im Büro gehe ich kurz die eMails durch, mache mir Tee, denn im Laden gibt es aktuell nichts zu trinken (zum Glück ist es nicht mehr heiß), und dann muss ich auch schon in den Laden. Die Lieblings-Laden-Kollegin verschlief und trudelt exakt zur Ladenöffnung ein, als ich gerade überlegte, ob ich in ihrer Abteilung nachfragen soll, was mit ihr ist. Wir gestalten uns die Ladenzeit gemütlich, haben gut zu tun und müssen, wie so oft freitags, die Kunden zum Ladenschluss mit sanftem Nachdruck zum Gehen bewegen.

Während die Kollegin sich noch um ihre Abrechnung kümmert, gehe ich zurück ins Büro, um noch drei Stunden zu arbeiten. Wie am Freitag üblich, bin ich als einzige noch um diese Uhrzeit da. Es wird länger. Ich muss mich sputen, damit ich rechtzeitig bei der Verabredung bin und trotzdem noch den benötigten Reißverschluss kaufen kann.

Abendessen beim Italiener, dann ab ins Thalia Theater zu Bodo Wartkes "Ödipus". Vor dem Theater steht eine Bettlerin. Ich frage sie, ob sie das zu viel gekaufte Brot oder das Marzipan-Croissant haben möchte. Sie entscheidet sich für das Croissant - "Ist leichter zu essen, die Zähne ..." - aber erst, nachdem sie sich vergewisserte, dass sie mir auch ja nichts weg nimmt. Verkehrte Welt.

"Ödipus" ist großartig. Wartke ist sicht- und hörbar nervös ob des großes Hauses, schafft es aber, das Publikum mitzureißen und zum Mitsingen zu animieren.

Unkomplizierte Heimfahrt, wenngleich Bangen in Altona, ob mein Anschluss womöglich ausfällt, da er plötzlich von der Anzeige verschwindet. Aber der Bus kommt dennoch. Die Busfahrerin weist sehr energisch auf den SEV hin, denn seit dem Beginn einer Streckensperrung vor eine Woche sind die Linienbusse so überfüllt, das reguläre Fahrgäste kaum noch mitkommen, während die SEV-Busse oft leer fahren.

Zwei Minuten vor Mitternacht steige ich an der heimischen Bushaltestelle aus. Nach Hause werde ich erst nach Mitternacht kommen.

Dienstag, 2. Juli 2019

Sommerschal mit Lochmuster "Mühlenberger Loch"

"Du hattest letztens so einen schönen schmalen Schal um. Kannst du mir auch so einen stricken? Morgens ist es mir noch etwas kühl am Hals", meinte Mudderns. Okay, soll sein.

Schal "Mühlenberger Loch".
Im Stash hatte ich noch zwei Knäuel Baumwoll-Acryl-Gemisch, die ich vermutlich mal für Mudderns kaufte, denn meine Farben sind's nicht. Also konnte ich gleich loslegen.

Das Muster im Detail.
Schal im Lochmuster "Mühlenberger Loch"

Material für einen Schal mit ca. 120 cm Länge und 20 cm Breite:

100 g Wolle (50% Baumwolle 50% Acryl, Lauflänge 50 g = ca. 101 m)
Stricknadel 4 mm / 40 cm

Anleitung:

32 M anschlagen und wie folgt aufteilen: RM, 1 M re, 28 M Muster, 1 M re, RM. In der Rückreihe werden alle M links gestrickt.

Das Muster ist denkbar simpel:

Muster "Mühlenberger Loch".
Nach Erreichen der gewünschten Länge alle Maschen in einer Rückreihe (also links) abketten. 

Der Beitrag geht rüber zu den Linkparties Dings vom Dienstag, Handmade on Tuesday und Maschenfein. Danke an alle für's Sammeln!

Montag, 1. Juli 2019

Ehemaliges Zwangsarbeitslager im Areal Norderstraße / Grotjahnstraße / Feldstraße

Montags gegen Nazis
Montags erinnere ich daran, was passiert, wenn es mit der Demokratie bergab geht und wie es anfing, denn die Nazis fielen ja nicht 1933 vom Himmel. Die krochen schon Jahre vorher aus ihren Löchern, wurden nicht rechtzeitig aufgehalten, auch, weil man sie nicht ernst nahm, dachte, es wird schon nicht so schlimm.

Wurde es aber.

In loser Folge gibt's hier also montags Kunst und Denkmäler gegen Faschismus, Nationalismus und Rassismus. Orte, die daran erinnern, gibt es nicht nur in unserer Stadt genug, denn wie gesagt: Wir hatten das schon mal.

Wie es zu dieser Beitragsreihe gekommen ist, kannst Du hier nachlesen.Alle Beiträge aus dieser Reihe findest Du, wenn Du hier klickst. 


Blick auf die Gedenktafel und die davor liegenden Stolpersteine in der Jessenstraße 1.
Am Technischen Rathaus in der Jessenstraße 1, unweit der Bushaltstelle, hängt gut sichtbar eine Erinnerungstafel für ein DAF-Zwangsarbeitslager. Der Gebäudekomplex war einst eine Kasernenanlage des dänischen Militärs, errichtet Anfang des 19. Jahrhunderts, als Altona zu Dänemark gehörte. Er stand einst im Areal Norderstraße / Grotjahnstraße / Feldstraße. Heute ist dort das Gewerbegebiet im Geviert Eschelsweg / Grotjahnstraße / Virchowstraße / Mörkenstraße. 

Ende des 19. Jahrhunderts bis zur Räumung Mitte 1941 befinden sich in dem Gebäudekomplex ein Altenheim sowie eine Heil- und Pflegeanstalt. Die Bewohnerinnen und Bewohner werden in verschiedene private oder staatliche Einrichtungen verteilt. Mindestens 22 werden im Rahmen der sogenannten Euthanasie ermordet. 


Blick auf die Gedenktafel (der Text lässt sich hier nachlesen).
Ab April 1942 werden Zwangsarbeiter aus der Sowjetunion, Polen, Frankreich und Belgien in dem Gebäudekomplex untergebracht - bis zur Zerstörung im Feuersturm 1943 durchliefen etwa 3.000 überwiegend junge Männer das Lager. Die meisten bleiben nur kurz hier, werden auf andere Lager im Raume Altona oder auf Lager im von Deutschland besetzten Osteuropa gebracht. Die ersten Zwangsarbeiter sind 450 Männer aus der Ukraine. 

Am Abend des 1. Juli 1943 treffen 13 junge Männer, alle um die 20 Jahre alt, aus dem französischen Departement Vendée im Lager ein. Sie sind eigentlich Landwirt, Grundschullehrer, Bäcker, Forstwirt, Fischer oder Maurer. Nun leisten sie Zwangsarbeit im Hamburger Hafen oder bei Binnenschiffern.

Das Lager hat keinen Bunker, und schon in der ersten Nacht des Feuersturms  vom 24. auf den 25. Juli trifft es besonders den Kern Altonas, darunter auch das Gebiet um die Norderstraße. Zwölf der jungen Männer kommen in dieser Nacht ums Leben. Ein weiterer stirbt später an Typhus. 

Ebenfalls in der Norderstraße zur Zwangsarbeit eingesetzt ist der 21jährige Franzose Louis Deslandes. Mit einem Kameraden überlebt er knapp das Bombardement und kann fliehen. Die beiden schlagen sich in die Elbvororte durch, nach Othmarschen. In der Baron-Voght-Straße treffen sie zufällig auf den Unternehmen Hans L. Reineke, der in der nahegelegenen Parkstraße wohnt und auf dem Heimweg ist.

Reineke profitiert als Unternehmen zwar auch von der Zwangsarbeit, ist aber Mensch: Er nimmt die erschöpften und verwundeten Männer mit nach Hause. Im Einverständnis mit seiner Frau versteckt Reineke die beiden Männer, denn sie gelten als Deserteure, päppelt sie auf, kleidet sie ein und stattet sie schlussendlich mit falschen Papieren aus.

In einer Odyssee, bei der die beiden Franzosen auf weitere Menschen treffen, die ihnen helfen, gelangen Deslandes und sein Kamerad zurück nach Frankreich. Die Befreiung erleben sie im französischen Widerstand. Deslandes veröffentlicht 2004 ein Buch über sein Schicksal. Es ist leider noch nicht auf Deutsch erschienen. Deslandes, mittlerweile fast 90 Jahre alt, wendet sich 2011 an Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz und bittet, die im Feuersturm verstorbenen Kameraden nicht zu vergessen.

Blick auf die 13 Stolpersteine (und einen Erklärstein).
So wird ihr Schicksal erforscht, werden 2012 die 13 Stolpersteine verlegt, kommt es zur Begegnung zwischen Deslandes und Reinekes Sohn, der erst als 73jähriger von der Heldentat seines Vaters erfährt, weil seine Eltern nie darüber sprachen, er als kleines Kind nichts davon mitbekam.

Die Rettung der beiden jungen Franzosen ist übrigens nicht die einzige Heldentat Reinekes: Er hilft Juden bei der Flucht und versteckt eine jüdische Familie auf seinem Dachboden, bis er im Herbst 1944 denunziert und bis zur Befreiung im Frühjahr 1945 inhaftiert wird.

Mehr über Deslandes und seine Geschichte gibt es auf dieser französischen Seite zu lesen.