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Freitag, 25. Dezember 2015

Rezension: "Rentierköttel" von Lars Simon (Hörbuch)

Rentierköttel (Front-Cover)Wenn ich über ein Hörbuch sage, dass ich nicht eingeschlafen bin, so mag das despektierlich klingen. aber ich habe nun mal die Tendenz, einzuschlafen, wenn mir jemand etwas vorliest. Deswegen besuche ich ungern Lesungen, wenngleich ich es sehr spannend finde, Autoren mal live zu erleben.

"Rentierköttel", der aktuelle Roman von Lars Simon, gesprochen von Holger Dexner, hat geschafft, was Hörbüchern selten gelingt: Ich blieb wach - sogar extra lange, weil ich alle drei CDs unbedingt zusammenhängend hören wollte.

"Rentierköttel" ist der letzte Roman aus der Trilogie um den 35jährigen Torsten Brettschneider, der sich gerade ein Häuschen in Schweden kaufte, ganz in der Nähe seiner Angebeteten Linda. Alles perfekt! Bis sich ungeahnte Probleme auftun: Das Haus ist marode und die Angebetete verschwunden. Als dann auch noch Torstens Freund und Langzeitstudent Rainer in original samischer Traditionsbekleidung auf der Matte steht, scheint das Chaos perfekt. Doch das Wichtigste zuerst: Er muss Linda finden. 

Zu allem Überfluss stehen außer Freund Rainer auch noch Torstens frühverrenteter Vater und seine Lebensgefährtin vor der Tür, um die Weihnachtstage bei Torsten zu verbringen und sich um die Beaufsichtigung der Handwerker zu kümmern. Wobei: So viel gibt es da gar nicht zu beaufsichtigen, denn die Handwerker sind plötzlich verschwunden.

Torsten macht sich also auf die Suche nach Linda, begleitet von Rainer, der im Kulturverein "Yggdrasils Ritter" in die samische Sprache und Kultur eintauchen will. Vor Ort, in der eisigen Einsamkeit Lapplands, stellt sich heraus: Von Linda fehlt jede Spur, aber die Mitglieder von "Yggdrasils Rittern" haben eine Vollmeise: Sie sind davon überzeugt, die Reinkarnationen nordischer Götter zu sein und fiebern der Opferung der Ziege "Heidrun" entgegen. Um das Vertrauen der Asen zu gewinnen und weil Linda bei ihnen sein könnte, geben Torsten und Rainer vor, "welche von ihnen" zu sein.

Aber warum sollte mal etwas nach Plan laufen? Ehe sich Torsten und Rainer versehen, sind sie auf der Flucht - im Schlepptau die verletzte Ziege "Heidrun" und einen tumben Bodybuilder samt seiner beiden Schoßhunde. Von Linda hingegen fehlt immer noch jede Spur.

Die Personen, die Simon zeichnet, sind wunderbar skurril. Die Situationen, in die sie kommen, sind es nicht minder. So schräg die Situationen sind: Torsten und Rainer können gar nicht anders, als so zu handeln, wie sie handeln. Sie sind quasi unschuldige Opfer sich unglücklich verkettender Umstände. Und die Auflösung der Geschichte ist letztlich die einzig logische Möglichkeit.

Simons Humor ist gelegentlich derb - das muss man mögen. Ich mag es. Er (über-)zeichnet seine Figuren liebevoll. Einzig Linda bleibt etwas blass. Sie liefert zwar den Grund für den Chaostrip gen Norden, tritt dann aber kaum auf.  

Die beiden Vorgängerbücher mit den Abenteuern von Torsten und Rainer, "Elchscheiße"* und "Kaimankacke"*, kannte ich noch nicht, aber trotzdem kam ich schnell in die Handlung hinein (und bekam Lust, die beiden anderen Bücher ebenfalls zu lesen).

Fazit: Wer skurrilen Humor im Stile Tommy Jauds mag, ist hier richtig. Sprecher Holger Dexner liest die Geschichte wunderbar - Lachen ist quasi garantiert.

Verlagsangaben zum Buch: Lars Simon / Rentierköttel / 3 Audio-CDs / Verlag: Jumbo / ISBN: 978-3833734786 / 14,99 €

Hier geht's zur Hörprobe und hier zur Homepage des Verlags, der mir dankenswerterweise über Blogg Dein Buch ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte.

Affiliate links zu den genannten Büchern:

Sonntag, 2. August 2015

Rezension: "Troll" von Stefan Spjut

Um "Troll" von Stefan Spjut machte ich lange einen Bogen, denn die Handlung erschien mir doch zu gruselig. Auf keinen Fall wollte ich das Buch lesen, wenn der Gatte in der Reha ist. Nicht, dass ich dem Großen Dicken Fetten Müffelhasen, einem einen Meter langen wie breiten Plüschhasen, mit dem ich in des Gatten Abwesenheit das Bett teile, nicht zutraue, mich vor eventuellen Nachtmahren zu schützen, aber sicher ist sicher.

Schließlich wird Stefan Spjut mit Stephen King verglichen, und den lese ich nicht - zu gruselig für eine, für die "Bambi" ein Horrorfilm ist. Aber die Geschichte um Susso, die davon ist überzeugt, dass es übernatürliche Wesen gibt, hörte sich dann doch so spannend an, dass ich mir dachte, da komme ich schon irgendwie durch.

"Troll" spielt in den einsamen winterlichen Wäldern Schwedens, wo man kilometerweit vom nächsten Nachbarn entfernt lebt. Ich konnte diese weite Landschaft als Kind öfter erleben und war nachhaltig davon beeindruckt.

Zur Handlung: An einem Sommertag läuft der kleine Magnus in Nordschweden in den Wald und kehrt nicht mehr zurück. Seine Mutter behauptet, ein Riese habe ihn entführt. Jahre später verschwindet wieder ein Junge, und wieder soll ein Troll ihn geholt haben. Alles nur Aberglaube, wie die Polizei meint? Susso nimmt die Fährte auf. Ihre Suche führt sie in eine geheimnisvolle, archaisch anmutende Welt, deren Bewohner sich mit roher Gewalt gegen Eindringlinge wehren.

Dass Susso überzeugt von der Existenz übernatürlicher Wesen ist, liegt an einem Foto, das ihr Großvater, ein berühmter Naturfotograf, auf einem seiner Flüge aufnahm. Es zeigt einen kleinen Jungen, der nackt auf dem Rücken eines Bären reitet. Susso richtet eine Website über Kryptozoologie ein, über die sie schließlich von Edit kontaktiert wird. Edit sah ihren Enkel im Gespräch mit einem aus dem Stallovolk, wie diese mystischen Wesen in Schweden heißen, und macht sich Sorgen - zurecht.

Susso wird mehrfach eindringlich davor gewarnt, ihre Nachforschungen fortzusetzen. Ihre Hartnäckigkeit bringt sie und ihre Familie in Gefahr und die uralte Symbiose zwischen Stallovolk und Menschen ins Wanken. Dabei wird schnell klar, dass nicht alles so ist, wie es auf den ersten Blick scheint, dass es mehr gibt als Gut und Böse und dass ein Eichhörnchen nicht unbedingt harmlos ist.

Wenn sich die geneigte Leserin auf die sich langsam entwickelnde Handlung einlässt, wird sie immer mehr in den Bann des Stallovolkes gezogen. Spjut arbeitet in "Troll" mit zwei Handlungssträngen und drei Perspektiven, was für grundverpeilte Frettchen wie mich gelegentlich etwas verwirrend war, da ich bei einem Perspektivwechsel immer wieder kurz brauchte, bis ich in die Handlung fand. Gelegentlich hätte ich mir auch Erklärungen für die gewünscht, die in der skandinavischen Mythologie, aber auch im skandinavischen Christentum nicht so ganz zu Hause sind - Laestadianer beispielsweise sagten mir auf Anhieb gar nichts.

Spjuts Sprache ist atmosphärisch dicht und eindringlich. Das düstere Horrorszenario, das er heraufbeschwört, kommt langsam in Fahrt - zu Anfang hat "Troll" Längen, aber das Durchhalten wird belohnt. Mich hat's nicht gewundert, dass die Filmrechte des Buches schnell verkauft waren, und ich freue mich auf die Verfilmung (zumal sie vermutlich auch temporeicher ist als das Buch).

Fazit: "Troll" beginnt langsam, aber die Handlung entwickelt sich immer rasanter. Wer sich von gelegentlichen Längen nicht schrecken lässt, wird an diesem ungewöhnlichen skandinavischen Roman seine Freude haben.

Verlagsangaben zum Buch: Stefan Spjut / Troll / Roman / Originaltitel: Stallo / Aus dem Schwedischen von Christel Hildebrandt / Gebundenes Buch mit Schutzumschlag / 480 Seiten / ISBN: 978-3-8135-0535-1 / € 22,99 / Verlag: Knaus

Hier geht's zur Leseprobe.

 Vielen Dank an Knaus für das Rezensionsexemplar.

Affiliate link zum Buch