Auf meinem diesjährigen Taschenkalender steht "Heute nichts erlebt. Auch schön.", und ich wünschte, es gäbe mehr Tage, an denen das zutrifft. Mir ist entschieden zu viel los. Diese Woche hatte es jedenfalls wieder in sich.
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Kalendersprüche haben ja auch eher nur einen begrenzten Wahrheitsgehalt. |
Wir sind seit 15 Wochen weitgehend zu Hause. Der Gatte war in dieser Woche wieder zwei Tage im Büro und ansonsten auf Abruf, da seit drei Monaten in Kurzarbeit. Das bedeutet, dass er ab kommenden Monat mehr Kurzarbeitergeld erhält, was uns finanziell ein wenig entlastet. Die Sorge um seinen Arbeitsplatz bleibt, vor allem, wenn die Prognose tatsächlich eintrifft, dass die Veranstaltungsbranche, zu der sein Arbeitsbereich gehört, noch anderthalb bis zwei Jahre pausieren muss.
Ich hingegen bin von Kurzarbeit oder gar Arbeitslosigkeit Gott sei Dank nicht betroffen und arbeite weitgehend zu Hause. Ich bin bei diesem Stress und bei der Hitze heilfroh, zu Hause arbeiten zu können. Im "echten" Büro war ich zwei Tage - und "mal eben" zwischendurch zwei Stunden für ein TV-Interview.
Meine drei Projekte sind zwar alle von der Pandemie betroffen, aber mein Arbeitsplatz an sich ist sicher. Ein Projekt ruht immer noch, bei einem zweiten muss ich abwarten, ob es im Herbst eine zweite Infektionswelle gibt, plane es sicherheitshalber analog und halb-digital anstatt wie bisher nur analog. Das dritte, mein Mammutprojekt, brachte mich dieses Woche mehrfach an den Rand eines Nervenzusammenbruchs. Normalerweise wäre ich schon seit über drei Wochen damit durch, inklusive Planung für das kommende Jahr, könnte es bis Dezember vergessen. Stattdessen wird die Arbeit für dieses Jahr immer mehr.
Das Mammutprojekt wurde in diesem Jahr endlich digitalisiert, aber die Agentur, mit der wir das umsetzen, entpuppte sich als katastrophal. Bei den Vorbesprechungen war alles bestens, schienen wir auf einer Wellenlänge zu sein, hatten wir als Auftraggeber alle ein gutes Bauchgefühl, aber nach dem Kick off ging das Drama los. Ich habe jetzt ein fehlerhaftes CMS, kann Daten weder ordentlich importieren noch exportieren, und die User müssen sich mit fehlerhaften Funktionen herumschlagen (und das alles ist nur die Spitze des Eisbergs).
Die Agentur ist nicht in der Lage, die Fehler zu beheben, sondern diskutiert endlos, ob wir sicher sind, dass wir die Fehler behoben haben wollen, will uns stattdessen zusätzliche Funktionen verkaufen. Sie ist noch nicht mal in der Lage, fehlerhafte Funktionen offline zu nehmen, bis sie die Fehlerquelle finden, argumentiert, wir wollten ja die Funktionen haben, also bleibt sie online. Ja, wir wollten die Funktion - funktionierend. Wir sind den zusätzlichen Funktionen auch nicht abgeneigt, nur sollen die notwendigen Funktionen erst fehlerfrei funktionieren. Immer, wenn wir das persönliche Gespräch suchen, heißt es seitens der Agentur, man habe keinen Gesprächsbedarf. Eine Kommunikation ist nur über ein Ticketsystem möglich, denn alles muss ja dokumentiert werden, damit es abgerechnet werden kann.
Inzwischen sind wir an dem Punkt, das es nach den Sommerferien eine Eskalation geben wird. Solange muss ich durchhalten, weil das Mammutprojekt sonst gar nicht laufen würde. Wobei: In den kommenden vier Wochen ist mein diplomatischer Kollege, der sich normalerweise mit der Agentur herumärgern muss, im Urlaub, bin ich die Ansprechpartnerin für die Agentur, und so, wie ich geladen bin, kann ich nicht ausschließen, dass ich sehr deutliche Worte finden werde. Es kann also sein, dass es schneller eskaliert als gedacht. Außerdem weigere ich mich schon jetzt mit Händen und Füßen, auch nur ansatzweise daran zu denken, die Vertragslaufzeit mit dem Unternehmen zu verlängern oder eine weitere Projektstufe mit ihm umzusetzen. Lieber lasse ich diese Projektstufe ruhen und setze sie dann mit einer anderen Agentur um.
Durch die Corona-Pandemie wurde das Mammutprojekt ausgeweitet, was bedeutet, dass ich noch immer Massen an Datensätzen eingeben muss - händisch, denn der Import ins CMS funktioniert ja nicht. Dass ich Spalte um Spalte, Zeile um Zeile aus endlosen Excel-Listen ins CMS kopiere, ist schon anstrengend genug, aber das bin ich aus früheren Jobs gewohnt. Was mich wirklich schafft, ist, dass die Datensätze so schlecht aufbereit sind, dass ich jeden einzelnen auf Plausibilität prüfen muss, vielem hinterher recherchieren muss, sie nach Veröffentlichung gleich wieder ändern muss, weil den Lieferanten der Datensätze einfiel, dass sie falsch sind.
Die Zeit habe ich nicht (mein Überstundenkonto explodiert ohnehin), und so war das auch nicht abgesprochen. Außerdem kommen den Datensätze erst jetzt, wo es niemanden mehr gibt, der mir helfen könnte - drei Wochen lang wäre es möglich gewesen, nur hieß es da, es gäbe weiteren Datensätze. Und die, die die Datensätze erst jetzt, viel zu spät, unvollständig und falsch, liefern, pöbeln derweil, weil ihnen die Verarbeitung nicht schnell genug geht.
Meine Lieblinge sind die, bei denen die Rückmeldefrist im März ablief, die weder im April noch im Mai oder Juni auf Erinnerungen und Nachfragen reagierten und jetzt plötzlich ankommen, sich meistens ziemlich pöbelig über die abgelaufene Frist wundern und bei eingeräumter Fristverlängerung auf sofortige Erledigung ihres Anliegens pochen. Ja, nee, is klaa. Normalerweise hätten sie Pech gehabt, weil mein Mammutprojekt bislang rein analog war, aber jetzt, wo's mehr oder minder digital ist, kann (und muss) ich selbst diesen Trottellummen entgegenkommen.
Zur Krönung des Ganzen gab's dann diese Woche noch eine übereifrige Kollegin in einer Nachbarbehörde, die meinte, in meinem Mammutprojekt eine Methode zur Gängelung von Antragstellern und Leistungsbeziehern sowie zur unaufwändigen Dokumentation ihrer eigenen Arbeit gefunden zu haben. Ich fiel aus allen Wolken, als ich durch einen verzweifelten Antragsteller davon erfuhr, und war froh, dass Chef umgehend ein Machtwort sprach, den Blödsinn damit beendete. Ansonsten hätte ich hunderte weitere, absolut sinnfreie Datensätze importieren und mich mit zurecht verärgerten Anbietern und Nutzern herumschlagen müssen.
In dem ganzen Chaos, zwischen mehreren überlastungsbedingten Weinanfällen, gab ich dann auch noch vermeintlich gut gelaunt Radio- und TV-Interviews - es geht doch nichts über Schauspieltalent und Schminke. Und um nicht vollends zusammenzuklappen, machte ich gestern einfach mittags Feierabend, setzte mich mit Melone,
Buch* und Gatten auf den Balkon. Ich habe mich schließlich bewusst für eine Teilzeitstelle entschieden, um kein weiteres Burnout zu bekommen.
Auch privat war es in dieser Woche nicht wesentlich ruhiger. Normalerweise kümmert sich der Gatte um alles, was mit der Haushaltsauflösung und dem Umzug seiner Mutter zu tun hat, halte ich mich da raus, weil Schwiegermutter und ich uns nicht so gut verstehen. Diese Woche terminierte die Stadtreinigung die Vorbesprechung der Haushaltsauflösung aber ausgerechnet an einem der Büro-Tage des Gatten, und Schwiegermutter nahm mein Angebot, ihr beizustehen, gerne an. Mir brachte der Termin ein seltenes Lob von Schwiegermutter ein: Sie war beeindruckt, wie gut ich organisieren, disponieren und delegieren kann. Unter uns gesagt: Damit verdiene ich mein Geld.
Die Kollegin der Stadtreinigung war sehr einfühlsam, ein wirklicher Schatz. Gemeinsam mit Schwiegermutter gingen wir Raum für Raum ab und legten fest, was entsorgt werden soll. Da wir zu zweit waren, konnte Schwiegermutter nicht anders, als endlich die Entscheidungen zu fällen, vor denen sie sich seit Wochen drückt. Der Termin für die Sperrmüll- und Gebrauchtmöbel-Abholung steht. Wir haben ihn bewusst nach Schwiegermutters Umzug gelegt, so dass wirklich alles, was dann noch im Haus ist, ohne Diskussionen raus kommt. Alles wichtige ist ohnehin schon lange in Umzugskartons verpackt oder eingelagert.
Nach dem Termin nahm ich mir noch eine halbe Stunde Zeit, um in Ruhe mit Schwiegermutter zusammenzusitzen, und erfuhr, dass sie die neue Wohnung noch gar nicht ausgemessen hat! Schwiegermutter war zwar mit Tante diverse Male zum Ausmessen in der Wohnung, auch mit dem Gatten, aber das kam gar nicht richtig bei ihr an. Sicherlich passen die Möbel, die sie mitnehmen will, rein rechnerisch alle in die Wohnung, nur Schwiegermutter hat dann keinen Platz mehr.
Der Gatte, angesichts dieser Entwicklung zwischen Ohnmacht und Entsetzen schwankend, erwägt die Installation eines Seilsystems an der Decke, an dem sich Schwiegermutter von Zimmer zu Zimmer hangeln kann, oder die Aufstellung von Sprungbrettern.
Wir gehen jetzt in Ruhe mit ihr in die Wohnung und versuchen, ihr die Maße der wuchtigen Möbel in der im Vergleich zu ihrem riesigen Haus kleinen Wohnung aufzuzeigen. Alternativ muss sie halt mit den wuchtigen Möbeln umziehen, selbst feststellen, dass sie nicht passen, durch uns nochmal den Sperrmüll bestellen und neue Möbel kaufen. Aber das muss ja nicht sein. Sie hat ja so schon Aufregung genug.
Diese Phase des Abschiednehmens in Schwiegermutters Haus ist sehr merkwürdig. Schwiegermutter hält sich alles in allem tapfer, freut sich auf die neue Wohnung, auf die Seniorenwohnanlage, in der sie immer Gesellschaft hat, wenn sie es möchte, aber es geht halt definitiv und unwiderruflich ein Lebensabschnitt zu Ende. Positiv ist, dass sie nicht umziehen muss, sondern will - sonst hätten wir ihr Haus so ausrüsten lassen, dass sie noch länger dort wohnen kann.
In unserer Wohnung haben wir mal wieder Spaß mit einer Leckage. Seitdem der Vermieter die Fassade dämmen ließ, fließt das Regenwasser auf dem Balkon der Wohnung über uns nicht ordentlich ab. Es gab mehrfach Nachbesserungen, ohne nachhaltigen Erfolg. Jetzt ist der Fenstersturz wieder auf der gesamten Länge durchfeuchtet. Wir informierten den Vermieter, der umgehend einen Techniker schickte (normalerweise klappt das nur mit Mietminderung und Fristsetzung).
Der Techniker maß weder die Feuchtigkeit in der Wand noch fasste er sie auch nur an (man kann die Feuchtigkeit schon fühlen), sondern erklärte dem verdatterten Gatten, er sehe keine Leckage. Dass die Wand feucht wäre, läge daran, dass im Sommer die Kälte nach oben steige. "Nicht auf diesem Planeten!", befand der Gatte, aber wir leben anscheinend in einer physikalischen Sonderzone, in der Kälte steigt und Wärme fällt, während es zumindest auf diesem Planeten sonst überall umgekehrt ist. Dass der Techniker unangemeldet einfach in die Wohnung polterte und keine Make trug, war das Tüpfelchen auf dem i.
Da wir mit einer Leckage an dieser Stelle öfter Spaß hatten, wissen wir schon, dass wir in einer Schwerkraft-Sonderzone leben, denn beim letzten Mal vor sieben Jahren erklärte uns ein Techniker, gegen den Wassereinbruch sei man machtlos, weil der Regen unter dem Balkon der oberen Wohnung im 45-Grad-Winkel abbreche und gegen den Sturz regne. Dabei ist bei uns die Schwerkraft so konsequent ausgesetzt, dass die Terrasse unter dem Balkon trocken bleibt, der Regen nur den Sturz trifft. Selbst das Fenster bleibt trocken, zumindest so lange, bis der Sturz so durchfeuchtet ist, dass der Regen innen am Fenster herunter läuft.
Eine beregnete, wassergekühlte Wohnung hat auch nicht jeder.
Wenn's so weit ist, dass der Regen innen an den Fenstern herunter läuft, dauert es erfahrungsgemäß nicht lange, bis der komplette Sturz stürzt, und das hätten wir diesmal gerne verhindert. Aber da bei uns Schwerkraft und Physik ausgesetzt sind, können wir halt nichts machen ... Ich habe aktuell keine Kraft, mit Anwalt, Mietminderung und Fristsetzung zu arbeiten, also warte ich ab. Der Gatte will sich derweil um den Kauf eines Feuchtemessgerätes kümmern, was er schon länger wollte, aber irgendwas kam ja immer dazwischen.
Gott sei Dank ist bei Mudderns alles in Ordnung. Für Aufregung sorgte zwar, dass unbekannte Nachbarn in ihrem Garten ihren verwilderten Flieder und eine Efeuhecke stutzten (massakrierten trifft es wohl besser), anstatt Mudderns darauf anzusprechen, dass das gemacht werden müsse, womöglich Hilfe anzubieten. Was die / der Unbekannte nicht wissen konnte: Mudderns und ihre Gesellschafterin wollten sich kommende Woche ohnehin des Flieders annehmen. Diese Woche guckten sie, was gemacht werden müsse, und entdeckten dabei, das jemand viele Zweige einfach abgebrochen und in den Garten geworfen hatte. Und einen Tag später war der Flieder dann komplett massakriert.
Dem Gatten fehlt der Sport, vor allem für seine Beine. Zwar ist die Turnhalle inzwischen wieder geöffnet, aber angesichts der Gefahr durch Aerosole möchte er sie nicht nutzen (er gehört zur Hochrisikogruppe). Er könnte meinen Stepper nutzen, aber auch das möchte er nicht. Er möchte schwimmen, nur ist das Hallenbad unseres Vereins weiterhin geschlossen, wie alle Hallenbäder. Mir fehlt das Schwimmen auch, aber ansonsten komme ich seit 15 Wochen mit Stepper und Theraband ganz gut über die Runden.
Natürlich könnten wir ins Freibad gehen, aber bislang hatten wir keine Lust, uns für eines der Zeitfenster anzumelden (und ich vermute, wenn das Hallenbad unseres Sportvereins wieder geöffnet ist, wird es ein ähnliches Verfahren geben). Stattdessen steigt die Vorfreude auf den Pool im Ferienhaus - wehe, der ist dann aus irgendwelchen Gründen nicht nutzbar.
In dieser bunten Gemengelage genieße ich die Auszeiten mit dem Gatten, schöpfe Kraft, wenn wir gemeinsam auf dem Balkon sitzen (da ist es lauschiger als auf der Terrasse). So stellte ich quasi nebenbei ein weiteres Paar Hüttenschuhe für ihn fertig, und nähte einlagige Sommermasken, denn die bisherigen sind ihm bei diesem Temperaturen zu dick. Er muss ja öfter Maske tragen als ich, weil er mehr unterwegs ist.
Gelegentlich kam ich sogar auf kreative Ideen: Ich habe einige Oberteile, die ich sehr gerne trage, die mir aber zu kurz sind. Nun kam mir die Idee, eine Blende anzustricken. Ob so was wohl geht? Hast du so was schon mal gemacht?
Corona ist phasenweise so weit weg aus meinen Gedanken, dass ich einmal glatt ohne Maske aus dem Haus lief und an der Bushaltestelle umkehren musste - dort saß jemand mit Maske, wodurch mir einfiel, dass ich was vergessen hatte. Aber wenigstens dachte ich an das Laptop, denn ohne hätte ich im "echten" Büro nicht arbeiten können. Übrigens fahre ich zurzeit nur noch mit Bussen ins Büro. Seit Jahresbeginn ist das möglich. Die Busse sind klimatisiert, was gerade bei Hitze mit Maske angenehmer ist als die überhitzten, ungelüfteten S-Bahnen, und sie sind pünktlicher.
Ab Montag gibt es ein neues ÖPNV-Angebot: Mit meinem Profiticket kann ich dann bis Ende August auch unter der Woche einen Erwachsenen mitnehmen. Der Gatte und ich überlegen schon, wohin wir fahren. Mal schnell nachmittags zum Eisessen nach Wedel oder zusammen in die Stadt oder "nach Hagenbeck" ...
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Samstagsplausch bei Andrea - vielen Dank für's Sammeln!
Über's Einkaufen und Kochen in der vergangenen Woche berichte ich in der Kombüse. Bleibt zu Hause, bleibt gesund, passt auf euch und eure Lieben auf.
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