Samstag, 19. April 2025

Samstagsplausch KW 16/25: Leben und Arbeiten in Corona-Zeiten CCLXVI

Eine ganz normale Woche ... 

Sonntag waren wir auf dem Pflanzenmarkt. Der Gatte war sehr wackelig, taumelig, ihm schwindelte, er konnte kaum laufen, aber er wollte trotzdem los. Seitdem er aus dem Krankenhaus zurück ist, spielen Kreislauf und Blutdruck verrückt. Könnte am Wetter liegen, könnte aber auch andere Ursachen haben. Knapp eine Stunde quälte er sich, dann hatte er ein Einsehen: Wir fuhren zurück. Der Gatte hätte sich auch in Café setzen können, aber das wollte er nicht. "Das muss für dich doch frustrierend sein, dass du immer Rücksicht auf mich nehmen musst", sagte er. Frustrierend ist das falsche Wort. Es ist ja, wie es ist.

Der Ausflug war trotzdem schön. Wir fanden Bickbeere, Stachelbeere und Himbeere, die noch am gleichen Tag ins Hochbeet einzogen (während sich der Gatte ausruhte, erledigte ich die Gartenarbeit). Außerdem fand ich einen neuen Ysop. Der alte kam nicht über den Winter. Der neue soll rosa blühen. Ich bin gespant. Ich hätte gerne nach anderen Kräuter geguckt, aber nun ja. Ich habe ja ohnehin weder Zeit noch Kraft für den Garten. Mal schauen, was der hiesige Gartenmarkt so bietet. Der Gatte hatte die Idee, in den Vorgarten Kübel mit Rosen zu setzen. Im Juli ist Rosenmarkt, dann gucken wir mal, ob wir schöne Rosen finden. Im Vorgarten wächst ja kaum was, weil eine alte Birkenwurzel Wasser zieht, und mit Kübeln können wir das Problem umgehen. Auf dem Rückweg vom Museum hielt ich an einem Feld mit Blumen zum Selberpflücken. Aktuell wachsen dort Tulpen. Ich pflückte einen bunten Strauß.

Viele bunte Tulpen.

Das Sonntagstelefonat mit Schwiegermutter war sehr anstrengend. Sie schämt sich, weil ihr Sohn nicht ordentlich frisiert ist. Wenn wir Ostersonntag zum Festtagsessen in die Seniorenresidenz kommen, sollen wir den Rasierer mitbringen, damit sie ihm in der Damentoilette die Haare schneiden kann, bevor wir ins Restaurant gehen. Ja, nee, is klaa. Ich bin da ja klare Kante: Wenn sich Schwiegermutter für uns schämt, bleiben wir halt zu Hause. Da der Gatte aber ohnehin seit Wochen zum Friseur wollte, quetschten wir einen Termin in die Woche. Dass wir zum Festessen kommen müssen, stresst uns, denn wir müssen nicht nur sehr pünktlich da sein, sondern auch Schaulaufen vor Schwiegermutters Mitbewohnern. Genau das, wonach uns der Sinn steht.

Montag arbeitet ich zwei Stunden, dann ging's mit dem Gatten zum Arzt. Erfreulicherweise gab's etwas Entwarnung bzgl. eines Krebsverdachts. Die auffälligen Werte sind mit Tabletten im Rahmen. Der Gatte bekommt  unglaubliche 20 Tabletten pro Tag. Der nächste Termin ist im November, und wenn dann auch alles gut ist, reichen jährliche Kontrollen plus Tabletten. Über den Bäcker nach Hause, gucken, dass der Gatte mit Frühstück versorgt ist, fragen, wo der Pflegedienst bleibt, denn der sollte eigentlich vor dem Arzttermin kommen, wieder arbeiten. Irgendwann kommt der Pflegedienst. Nach Feierabend das Karlchen in die Werkstatt bringen für Inspektion und TÜV, dann einen guten Kilometer laufen, den Wagen des Gatten aus der Tiefgararge holen und damit nach Hause fahren. Zwischendrin schaffte ich es auch noch, Osterkarten fertig zu machen und zur Post zu bringen. Die Karten sind improvisiert. Die gehäkelten Hasen sollten eigentlich Teil einer Girlande werden, aber ich hatte irgendwann keine Nerven mehr zum Häkeln. Stricken kann ich mindless, häkeln nicht. 

Improvisierte Osterkarten.

Dienstag ging plötzlich nichts mehr. Ich kämpfe seit Tagen mit Kopfschmerzen und Schwindel.

Mittwoch waren wir vor Tau und Tag im Krankenhaus zur Wundkontrolle. Der Arzt ist nicht damit zufrieden, wie die Amputationswunde heilt. Durch's ungeplante Röntgen dauerte der Termin länger als gedacht. Wir müssen eine Überweisung nachliefern, denn wir wussten nicht, dass wir eine brauchen. Wir müssen uns umgehend um eine neue Verordnung für den Pflegedienst kümmern, denn die Wunde ist zu groß als dass wir sie selbst versorgen dürfen. Wir dachten, das hätte bis nach Ostern Zeit, wollten bis zur Rückkehr aller Ärzte aus dem Urlaub die Versorgung selbst übernehmen. Der Gatte muss Antibiotika nehmen (Tablette 21 pro Tag) und regelmäßig die Nierenwerte kontrollieren lassen, weil Nierenversagen droht. Er ist bedient. Ich auch, denn der nächste Nephrologen-Termin ist im Juli und der Nephrologe sitzt in Hamburg. Ich habe keinen Plan, wie ich in den kommenden zwei Wochen Labor- und Besprechungstermin unterbringen soll, falls ich so kurzfristig überhaupt Termine bekomme. Außerdem muss der Gatte wieder regelmäßig in die Fußambulanz.

Auf dem Rückweg vom Krankenhaus hielt ich gleich bei der Apotheke, denn der Gatte sollte sofort mit der Antibiotika-Einnahme anfangen. Das Medikament war zum Glück da. Brötchen holte ich auf dem Weg auch noch, damit der Gatte frühstückt. Ich schaffte es irgendwie, rechtzeitig zu einer Videokonferenz am Dienstrechner zu sein - eine Besprechung musste ich schon absagen, weil ich im Krankenhaus festsaß, nur diesen Termin konnte ich nicht absagen. Hätten wir es nicht rechtzeitig geschafft, hätte der Gatte alleine zurechtkommen und ein Taxi nehmen müssen. Das wäre doof gewesen, weil er ja Arztgesprächen nicht mehr richtig folgen kann.

Nachmittags kam tatsächlich nach mehrmaligen Nichterscheinen der Monteur für eine neue Wasseruhr und beschwerte sich, er hätte nicht genug Platz für die Montage. Ja, isso. Kann ich nicht ändern. Zwischendrin klärte ich das weitere Vorgehen mit dem Pflegedienst. Ich machte so Feierabend, dass ich den Gatten zum Friseur begleiten konnte, denn er war wieder sehr wackelig. Das Angebot, ihn zu fahren, lernte er ab. Das sei für 500 Meter Blödsinn. Ja, sicher, nur wenn es eine Erleichterung für ihn ist, fahre ich auch 500 Meter. Wir brauchten gut 20 Minuten mit Pausen.

Ich schrieb eine Mail an die Chefs, dass ich in den kommenden beiden Wochen nicht weiß, wie ich Arzt- und Krankenhaustermine und Arbeit unter einen Hut bringen soll (vom Leben an sich ganz zu schweigen). Der Gatte hat in den kommenden beiden Wochen jeden Tag einen Arzttermin, bei dem er Begleitung braucht, und zwei, drei Termine muss ich irgendwie noch unterbringen. Die Termine sind in Hamburg und in Buchholz, heißt, 80 km Entfernung einplanen, und wie lange die Termine dauern, lässt sich ja auch nie genau sagen. Ich hoffe, dass ich wenigsten verhindern kann, dass er am gleichen Tag Termine in Hamburg und Buchholz hat. Selbst, wenn ich nicht "nebenbei" noch arbeiten müsste, ist das nur schwer zu schaffen. Angesichts der vielen Termine komme ich mit Jahresurlaub oder Freizeitausgleich nicht mehr weiter. Ich bin mal wieder so weit, dass ich überlege, zu kündigen - nur wovon soll ich dann leben? Ich könnte unbezahlten "Pflegeurlaub" nehmen. Bleibt die Frage, wie ich das finanziere. Abgesehen davon macht mir meine Arbeit Spaß. 

Seitens des Arbeitgebers bekomme ich schon alle Erleichterungen, die möglich sind, auch, weil ich transparent mit meiner Situation umgehe. Bleibt nur, an den Wochenenden, vor sechs Uhr oder nach 20 Uhr zu arbeiten, und dafür brauche ich eine Genehmigung. Davon ab: Schön ist anders. Die Kollegin, die mich ursprünglich nur zwei Mal in der Woche vertreten sollte, ist seit längerem quasi jeden Tag im Einsatz. Das müsste sie nicht, sie könnte auf ihren beiden Projekttagen beharren, das wäre okay für mich, aber sie mag das Projekt und möchte mich entlasten. Das ist lieb und hilft, hält mir den Rücken frei.

Donnerstag arbeitete ich eine Stunde, trabte dann zur Vertretung des Hausarztes, um eine Verordnung für den Pflegedienst zu bekommen, besorgte Brötchen, war eine Stunde später zu Hause, sorgte dafür, dass der Gatte frühstückt, während ich eine Stunde arbeiten konnte, lud dann den Gatten ins Auto, um zum Pflegedienst zu fahren. Dort gaben wir die Verordnung für die kommenden beiden Wochen ab, damit es nahtlos mit der Wundversorgung weitergeht, und unterschrieben den Auftrag für das Medikamentenmanagement. Das bedeutet, dass sich der Pflegedienst ab sofort um die Verordnungen und die erforderlichen Verbandsmaterialien kümmert. Das ist eine große Erleichterung für mich! Den Service müssen wir natürlich zusätzlich bezahlen. Da der Pflegedienst auf dem Weg lag, erledigten wir auch gleich noch den Wocheneinkauf. Danach arbeitete ich bis zum Abend weiter.

Dass bis auf Weiteres drei Mal in der Woche der Pflegedienst kommt, ist eine große Umstellung, aber ich bin dennoch froh, dass wir einen fanden, der die Wundversorgung übernimmt. Wundversorgung wird nach der Grundversorgung gemacht, das heißt, wir wissen nicht, wann der Pflegedienst kommt. Gestern warteten wir bis 14 Uhr. Es kommt auch jedes Mal eine andere Pflegekraft, und jede kennt sich anders in der Wundversorgung aus, jede will andere Materialien. An den Pflegedienst-Tagen ist es doppelt schwer, Arzttermine zu wahrzunehmen. Da muss dann alles minutiös ineinander greifen und das ist kaum möglich. Mal schauen, wie sich das einspielt. 

Aktuell sehe ich es noch nicht, dass wir Mitte Juni zwei Wochen nach Dänemark fahren können. Wenn der Gatte weiterhin den Pflegedienst zur Wundversorgung braucht, können wir nicht in den Urlaub fahren. Das verlängerte Wochenende zu Schwiegermutters 90. Geburtstag bekommen wir hoffentlich hin, wenn ich einen Verbandswechsel selbst machen darf. Ansonsten weiß ich nicht, was wir machen. Nicht-Fahren ist angesichts des runden Geburtstags keine Lösung. Sollten wir nicht nach Dänemark fahren können, würde uns das schwer treffen, wäre es doch der zweite abgesagte Urlaub, sind in der Zeit Veranstaltungen, auf die sich der Gatte freut, bräuchte ich dringend etwas Erholung (den letzten erholsamen Urlaub hatte ich im Oktober). Nur: Es ist ja, wie es ist. Wenn die Wunden des Gatten einen Urlaub nicht zulassen, bleiben wir zu Hause. Ich hoffe, er ist dafür vernünftig genug.

Gestern löste ich trotz Feiertags unser Kaminholz-Problem. Wir konnten bislang nicht liefern lassen, weil das Haus nicht an der Straße steht. Deswegen holten wir das Holz selbst. Es lagert auf einer Wiese. Der Weg dorthin ist eigentlich nur mit einem Traktor gut befahrbar. Jede Holzfuhre ist unwahrscheinlich anstrengend, zumal wir keinen SUV mit Hänger haben. Nachdem ich im Januar die Ölwanne kaputt fuhr, wir im Matsch stecken blieben, beschloss ich, dass ich das keinen weiteren Winter mitmache. Jetzt fand ich einen Händler, der uns Holz bis zur Haustür liefert, obwohl das Haus nicht an der Straße steht. Ich bin gespannt. Wenn das klappt, holen wir nur noch das restliche Holz von der Wiese. Das wird nochmal ein Kraftakt. 

Ich fand außerdem ein Geburtstagsgeschenk für Schwiegermutter. Normalerweise kümmert sich der Gatte selbst um so was, ist er doch derjenige, der gerne einkaufsbummelt, aber das kann er gerade gesundheitlich nicht. Wir hatten überlegt, nach Hamburg in ein Einkaufszentrum zu fahren, weil die Juweliere hier im Ort nichts Passendes hatten, aber das schaffen wir zeitlich nicht. Also guckte ich, und der Gatte bestellte und bezahlte. 

Hier gilt seit mittlerweile 266 Wochen: Der Gatte und ich sind weitgehend zu Hause. Im ersten Corona-Jahr wurde der Gatte schwerkrank, im zweiten zeigte sich, dass er nicht mehr gesunden wird, im vierten hatte er einen Schlaganfall. Er ist schwerbehindert und berufsunfähig verrentet. Es geht uns dennoch vergleichsweise gut. Wir halten es gut miteinander aus, wenngleich die Erkrankungen und der Schlaganfall des Gatten zu Wesensveränderungen führten, die ein Zusammenleben manchmal sehr schwer machen. 

Unsere Kontakte sind normalerweise auf das Notwendigste beschränkt, heißt: Arbeit, Ärzte, Einkaufen, Schwiegermutter und Handwerker. Ich bin dankbar, dass Corona bislang Gatten, Schwiegermutter und Tante verschonte und hoffe sehr, das bleibt so. 

Es gab Post von der Ostsee-Tante, leider mit gesundheitlich nicht ganz so guten Nachrichten. Ich hoffe sehr, ich kann sie besuchen, wenn wir über Schwiegermutters Geburtstag in der Nähe sind. Dafür muss ich es irgendwie schaffen, dass Schwiegermutter nicht mit zur Ostsee-Tante kommt, sonst wird es anstrengend.

Ich habe seit einiger Zeit mit Hitzewallungen und Nachtschweiß zu tun. Wechseljahre oder der vor vier Jahren diagnostizierte Krebs, von dem keiner weiß, wo er steckt? Ich müsste zum Gynäkologen, auch, um abzuklären, ob die Hormone noch passen oder neu eingestellt werden müssen, aber ich weiß nicht, wie ich diesen Termin unterbringen soll (und erfahrungsgemäß bleibt es nicht bei einem). 

Kommende Woche beginnt die Behandlung des Gatten in der Augenklinik, mit der versucht wird, seine Sehkraft zu retten. Er ist angespannt.

Vor ein paar Wochen wollten wir uns über Ostern um das Lager, das wir noch in Hamburg haben, kümmern, ausmisten und den Lager-Umzug vorbereiten. Dazu fehlt uns die Kraft. Vor zwei Wochen noch hatten wir die Hoffnung, uns wenigstens um die 18 Umzugskartons, die noch im Esszimmer stehen, zu kümmern. Inzwischen fehlt uns auch dazu die Kraft. Ich bin froh, wenn ich es morgens schaffe, aufzustehen und wenn ich abends wenigstens einen kleinen Teil meines Tagespensums schaffe.

Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! Über's Kochen und Einkaufen berichte ich in der Kombüse

1 Kommentar:

  1. Oh weh, das läuft ja nicht so gut wie gedacht. Aber irgendwie schaffst du es immer noch alles zu wuppen. Hut ab. Ihr schafft auch noch den Rest.
    Lieben Gruß
    Andrea

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Kommentare von Corona-Leugner, Quer- und anderen Nicht-Denkern, Wahnwichteln, Das-ist-doch-nur-ne-Grippe-Schwurblern, Wir-haben-genug-freie-Intensivbetten-Rufern und ähnlichen Düffeldaffeln werden gelöscht.