Sonntag, 20. Oktober 2024

Samstagsplausch KW 40/24 bis KW 42/24: Leben und Arbeiten in Corona-Zeiten CCXXXVIII - CCXL

In den ersten beiden Oktoberwochen waren wir auf Mallorca. Der Urlaubsbeginn war sehr unschön: Wir verpassten ohne unsere Schuld den Hinflug und wurden vom Reiseveranstalter, bei dem wir Flug, Transfer und Hotel buchten, hängen gelassen!

Am Strand von Port d' Alcùdia.

Wir hatten für den gehbehinderten Gatten eine DRK-Begleitung am Flughafen gebucht, da der Weg vom Schalter durch die Sicherheitskontrollen zum Gate sonst zu lang für ihn gewesen wäre. Normalerweise bekommt man kurz vor Boarding-Beginn einen Transfer direkt zum Gate mit gesonderter Sicherheitskontrolle, muss nirgendwo Schlange stehen, denn lange Stehen ist neben Gehen auch ein Problem für den Gatten.

Wir checkten mehr als drei Stunden vor Abflug ein. Das muss so wegen des Transfers. Die Fluggesellschaft informierte das DRK um 11:30 Uhr über den Transfer für den Flug um 14:50 Uhr. In der DRK-Wartezone war ein Flughafenmitarbeiter, der die Transfers im Blick hatte. Während wir warteten, klappte es bei den anderen Passagieren auch gut. Dann ging's gründlich schief. Der Check-in begann um 14:20 Uhr und endete um 14:35 Uhr. Das DRK kam um 14:10 Uhr mit zwei Rollstühlen für insgesamt 8 angemeldete Passagiere, die samt Begleitpersonen um 14:50 Uhr fliegen wollten. 

Da es dem DRK nicht gelang, bis zum Abflug einen Transfer zu organisieren, strandeten wir mit fünf weitern Passagieren und verpassten den Flug. Das DRK sagte erst, wir sollten uns keine Sorgen machen, man käme mit weiteren Rollstühlen, wir würden unseren Flug sicher erreichen, war dann nicht mehr erreichbar. Ich informierte die TUI darüber, dass wir unseren Flug verpassten, bat um Umbuchung, Information des Hotels und Organisation eines Transfers für den neuen Flug. Innerhalb von fünf Stunden fand sich niemand bei der TUI bereit, uns irgendwie zu helfen. Man fühlte sich weder verantwortlich noch zuständig.

Zum Glück half unsere Fluggesellschaft - bei Eurowings kannte man es schon, dass das DRK Reisende im Stich lässt. Neu war, dass sich der Reiseveranstalter nicht verantwortlich fühlte. Am kommenden Tag hörten wir über die Fluggesellschaft, das DRK wäre mit den Transfers zwei Stunden im Rückstand gewesen, und überhaupt gäbe es für den ganzen Flughafen nur sechs Rollstühle. Zudem habe man keine Leute, da schlecht gezahlt wird. Da sind Profis am Werk.  

Wir bekamen von Eurowings eine Übernachtung samt Shuttle ins Hotel und Abendessen, wurden am kommenden morgen mit dem ersten Shuttle vom Hotel zum Flughafen gebracht. Das Geld holt sich die Fluggesellschaft vom DRK zurück. Wir verzichteten morgens auf den DRK-Transfer, gingen ganz langsam durch die Sicherheitskontrolle zum Gate, hatten ja noch fast zwei Stunden Zeit. Eurowings schaffte es sogar, in Palma einen Flughafen-Transfer zu bekommen - wir waren kaum gelandet, da saß der Gatte im Rollstuhl. In Palma ist das top organisiert, denn da ist nicht das Rote Kreuz verantwortlich, sondern der Flughafen. 

Da es der TUI nicht gelang, uns auf einen der Transferbusse zu buchen - es fühlte sich ja niemand zuständig, auch nicht am nächsten Morgen - fuhren wir mit dem Taxi ins Hotel. Die Reiseleitung vor Ort sagte uns zwar wenigstens die Übernahme der Transferkosten zu, aber ohne Anwalt wird das nichts, denn auch nach der Rückkehr fühlt sich bei der TUI niemand zuständig.

Im Hotel Alcudia Garden, in dem wir nicht zum ersten Mal waren, wurden wir sehr freundlich empfangen. Ich hatte das Hotel am Vorabend darüber informiert, dass wir erst am nächsten Morgen anreisen, denn die TUI war dazu ja nicht in der Lage. Da ich auch den Grund für den verpassten Flug nannte, wusste man um die Behinderung des Gatten. Man entschied sich spontan, uns ein Upgrade ins Haupthaus mit Lift zu geben! Da waren gerade viele Zimmer leer, und man dachte sich, der Gatte wisse den Lift zu schätzen. Der war überglücklich! Sonst wären wir etwa 250 m vom Haupthaus entfernt in einem Nebenkomplex untergebracht gewesen.

Die folgenden Urlaubstage waren dann einfach nur entspannend. Ich schlief endlich mal mehr als sechs Stunden am Stück, wachte nicht alle zwei Stunden auf. Wir hatten zwar einen Mietwagen, hatten aber keine Lust, viel zu fahren. Wir wollten nur am Strand liegen und die Sonne genießen. Dementsprechend bin ich tatsächlich mal braungebrannt aus dem Urlaub gekommen. Dem Gatten ging's die meistes Zeit über sehr gut, so dass ich auch endlich mal zur Ruhe kommen konnte. Das tat so gut!

Wieder zu Hause, landeten wir im Chaos. Ich hatte mir den Dienstag noch frei genommen, wollte in Ruhe ankommen, aber als wir in der Nacht in Haus kamen, hatte der Kühlschrank einen Kurzschluss (mehr dazu in der Kombüse). Da war sie hin, die Ruhe.

Mittwoch und Donnerstag hatte ich dann Vierzehn-Stunden-Tage. Dadurch, dass wir zwei Wochen weg waren, mussten so viele Termine wie möglich in die Tage nach unserer Rückkehr gequetscht werden. Freitag nahm ich mir kurz einen Nervenzusammenbruch, als der Vermieter meines Stellplatzes mir mitteilte, dass er mir den leider kündigen muss. Das ist nicht tragisch, war aber der berühmte Tropfen. 

Immerhin waren meine vierteljährlichen Labor-Ergebnisse einigermaßen gut. Allerdings ist jetzt klar, dass der "stille Reflux", unter dem ich seit Monaten leide, ein Souvenir der Covid-Infektion ist. Das verpiepste Virus ist einfach ein Überraschungsei. Das Sodbrennen ist schmerzhaft - ich kann phasenweise nicht schlucken, in schlimmen Phasen tut sogar ein Schluck Wasser höllisch weh - und lästig. Meine Stimme ist in Mitleidenschaft gezogen, ich kann nicht lange sprechen, bin Dauer-Heiser, habe ständig Halsschmerzen. Nützt nichts, ich muss mich damit arrangieren, denn Besserung oder Heilung ist nicht zu erwarten. Dusseligerweise habe ich in der Speiseröhre zwei Tumore, die durch das Sodbrennen natürlich auch tangiert sind, und Sodbrennen kann Krebs auslösen. Wie gesagt: Nützt ja nichts. Im Dezember steht die dreijährige Magenspiegelung, das Tumorgucken an. Ich hoffe, sie sind nicht gewachsen und weiterhin gutartig. Die Blockaden in der Speiseröhre, die ich merke, sprechen aber dafür, dass zumindest ein Tumor wuchs.

Der Gatte schaffte diese Woche erstmals die Bahnfahrt von Hamburg nach Buchholz! Ich hatte einfach keine Kraft, ihn nach einem sehr frühen Arzttermin wieder nach Hause zu fahren, um dann nach Hamburg ins Büro zurückzufahren, und bat ihn, es einfach mal mit dem Zugfahren zu versuchen. Dass es ihm auf Mallorca so gut ging, gab ihm viel Selbstvertrauen, und so stimmte er zu. Er war sehr stolz, dass er den Weg schaffte, den richtigen Zug erwischte, an der richtigen Haltestelle ausstieg, nicht am Bahnsteig stürzte usw.! Eine Geh- und Sehbehinderung reicht ja nicht für einen Transportschein aus, und die Taxikosten sind so hoch, dass wir sie möglichst sparen wollen. 

Die Grippe-Impfung erledigte ich diese Woche auch noch, und als der MFA sagte, ich solle mich in den nächsten Tagen schonen, konnte ich nur hysterisch auflachen. 

Hier gilt seit mittlerweile 242 Wochen: Der Gatte und ich sind weitgehend zu Hause. Im ersten Corona-Jahr wurde der Gatte schwerkrank, im zweiten zeigte sich, dass er nicht mehr gesunden wird, im vierten hatte er einen Schlaganfall. Er ist schwerbehindert und berufsunfähig verrentet. Es geht uns dennoch vergleichsweise gut. Wir halten es gut miteinander aus, wenngleich die Erkrankungen und der Schlaganfall des Gatten zu Wesensveränderungen führten, die ein Zusammenleben manchmal sehr schwer machen. 

Unsere Kontakte sind normalerweise auf das Notwendigste beschränkt, heißt: Arbeit, Ärzte, Einkaufen, Schwiegermutter und Handwerker. Ich bin dankbar, dass Corona bislang Gatten, Schwiegermutter und Tante verschonte und hoffe sehr, das bleibt so.   

Ich bin sehr froh, dass wieder mehr Menschen Maske tragen. Auf dem Rückflug war ich nicht die einzige, und im ÖPNV oder beim Einkaufen begegnen mir auch immer wieder Menschen mit Maske. So doof die Dinger sind, sie sind ein einfaches und effektives Mittel, sich gegen Viren aller Art zu schützen. 

Schwiegermutter und Tante geht's gut, wenngleich Schwiegermutter inzwischen so narzisstisch ist, dass sie nichts außerhalb ihrer Hemisphäre mehr wahr nimmt. Gespräche sind kaum möglich. Das ist erschreckend. 

Meine Urlaubsvertretung leistete ganze Arbeit, ließ mich während des Urlaubs komplett in Ruhe. Ich freute mich wieder mal, dass sie so gut eingearbeitet ist, dass ich von Anfang an darauf bestand, dass sie alles können muss, was ich kann. Diese Woche gab sie ihr erstes Interview und meisterte auch das mit Bravour! Sie sorgte auch dafür, dass ich zumindest im Büro in Ruhe ankommen konnte - es ist aktuell so viel zu tun, dass ich zwei Tage brauchte, um meine eMails zu sichten, jede Menge Überstunden machte. 

Mir macht einmal mehr der Herbst zu schaffen, denn nach der Rückkehr aus Mallorca war der Kontrast einfach heftig. Ich versuche mich damit zu trösten, dass die Tage bald wieder länger werden. Im Haus macht es sich aber bemerkbar, dass wir uns noch nicht um die Beleuchtung kümmerten. Der Gatte hängt da seinen Plänen ja zwei Jahre hinterher ... Vor dem Urlaub kaufte ich reichlich Bewegungsmelder, um nicht ständig zu stolpern, aber das ist natürlich keine Dauerlösung.

Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! Über's Kochen und Einkaufen berichte ich in der Kombüse.

Freitag, 11. Oktober 2024

Ausgelesen: Bücher im September 2024

Das Reise-Rudel liest im Ferienhaus.
In diesem Monat zickte der tolino wieder. Die Fehlermeldung war neu: Das Buch wurde zwar auf das Gerät geladen, aber die dazugehörigen Informationen ließen sich nicht finden. Heißt unterm Strich: Ich konnte "Jenseits der Marsch*" und "Tod in der Marsch*" von Hannes Nygaard* nicht lesen. Doof das. Beide Bücher hätte ich über den Browser lesen können, aber dann müsste ich ständig online sein, und das bin ich nicht. Ich weiß noch nicht mal, wie das mit dem tolino geht (und ob überhaupt).

Da ich auch Probleme hatte, die Bücher aus der Hamburger Bücherhalle herunterzuladen, habe ich mir für den bevorstehenden Urlaub Kindle unlimited gegönnt, kommt neben dem tolino auch der Kindle mit, denn ich will das Risiko nicht eingehen, zwei Wochen ohne Lesestoff dazustehen. 

In den September ging ich mit "Bitterkaltes Land*" von Regine Seemann*. Der fünfte Band mit den Kommissarinnen Stella Brandes und Banu Kurtoğlu beginnt auf dem Rückweg von der Hochzeitsfeier eines Kollegen: Auf dem Heimweg kommen die Polizistinnen zufällig an einem brennenden Waldhäuschen vorbei. Die Journalistin Viktoria Beck kommt darin um. Der erste Verdacht fällt auf Becks Ex-Mann. Doch auch ihre Arbeit gerät in den Fokus der Ermittlungen, denn diese führte sie ins Alte Land zu einer Familie, die glaubt, von Dämonen heimgesucht zu werden. Als sich ein Zusammenhang zwischen dem Flammentod und der Familie abzeichnet, müssen die Kommissarinnen erkennen, dass das Grauen erst begonnen hat.

Wie die vier Bände zuvor, war es solide Kost. 

In "Das Ostseekartell*" von Hannes Nygaard* gerät ein Jugendlicher in die Fänge der Drogenmafia. Eine Polizistin kämpft bis zur Selbstaufopferung gegen die Szene und wird zwischen den Fronten der konkurrierenden Drogenkartelle zerrieben. Als auch noch politisch und wirtschaftlich motivierte Dritte mitmischen, entsteht ein Flächenbrand, den nur einer löschen kann: Kriminalrat Lüder Lüders vom Landeskriminalamt Kiel. Auch das war solide Kost, wenngleich gelegentlich etwas langatmig.

Der Thriller "Turmschatten*" von Peter Grandl* sprach mich nach einer Rezension sehr an, entpuppte sich aber als zu langatmig für mich: Ein spektakuläres Verbrechen hält eine Kleinstadt in Atem: Drei Neonazis werden in einem Turm gefangen gehalten. Ephraim Zamir, der Geiselnehmer, konfrontiert sie in einem Verhör mit ihren Gewalttaten und überträgt das Ganze live im Netz. Die Zuschauer sollen abstimmen: freilassen oder hinrichten? Es ist der Beginn eines weltweiten Medienspektakels. Für die Polizei ist es ein Wettlauf gegen die Zeit. Womit sie nicht rechnen: Sie haben es mit einem ehemaligen Mossad-Agenten zu tun, der nicht bereit ist zu verhandeln. 

Das Buch ist nicht unspannend, war mir aber halt zu langatmig. Mit "Turmgold*" gibt es einen zweiten Band, und demnächst soll die Verfilmung bei einem Streamingdienst starten. 

Schon lange stand "Der heutige Tag: Ein Stundenbuch der Liebe*" von Helga Schubert* auf meiner Leseliste. Die 84jährige beschreibt ihr Zusammenleben mit ihrem 97jährigen Ehemann Johannes Helm. Das Paar teilt seit über fünfzig Jahren ihr Leben. Doch nun ist der Mann schwer krank. Lange schon wird er palliativ umsorgt; und so wird der Radius des Paares immer eingeschränkter, der Besuch seltener, die Abhängigkeit voneinander größer. Kraftvoll und poetisch erzählt Helga Schubert davon, wie man in solchen Umständen selbst den Verstand und der andere die Würde behält.

Absolute Lese-Empfehlung! Das Buch wanderte wie "Das Leben ist ein vorübergehender Zustand*" von Gabriele von Arnim* auf meinen Wunschzettel, wobei mir der Gatte letzteres jüngst schenkte. 

Im Roman "Pudels Kern*" beschreibt Rocko Schamoni*, wie ein 19jähriger Dorfpunk 1986 nach Hamburg zieht. Wir sind ein Jahrgang, ich zog zwei Jahre früher in die Stadt, so dass es sehr spannend war, seine Erlebnisse mit meinen zu vergleichen. Wenig überraschend war mein Leben weniger wild. 

In "Wir waren nur Mädchen*" beschreibt Buzzy Jackson* das leben der niederländischen Widerstandskämpferin Hannie Schaft und ihrer Weggefährtinnen Truus und Freddie Oversteegen. Die Handlung setzt in Amsterdam im Jahre 1940 ein: Hannie Schaft studiert Jura, und ihre Träume für die Zukunft sind ehrgeizig und voll Hoffnung. Doch es herrscht Krieg, und es sind die Träume, die zuerst sterben. Schaft sieht keine andere Möglichkeit mehr, als sich dem Widerstand anzuschließen. Und sie entdeckt ihre gefährlichste Waffe: ihr Frausein. Getarnt von Schönheit und Jugend kommt sie jenen Männern nahe, die so viel Unheil stiften – und tötet sie. Bald ist "das Mädchen mit den roten Haaren" die meistgesuchte Frau Hollands. Die Welt um sie herum verliert alles Menschliche, Schaft indes ist fest entschlossen, menschlich zu bleiben. Aber dann beginnt sie, Gefühle für den Widerstandskämpfer Jan Bonekamp zu entwickeln - mit verheerenden Konsequenzen.

Angesichts des kitschigen deutschen Titels hatte ich keine großen Erwartungen, wurde aber sehr positiv überrascht: Das Buch ist brillant. Ich konnte es kaum aus der Hand legen. Der englische Titel "The Girl with the Rad Hair*" ist treffender, das Cover auch weniger kitschig gestaltet. 

Bücher zu Filmen oder TV-Serien zu lesen, ist immer ein Risiko, aber bei der Max-Liebermann-Reihe* von Frank Tallis* ging es gut. Die Reihe lief unter dem Titel "Vienna Blood*" im ZDF. Der erste Band, "Die Liebermann-Papiere*", geriet für meinen Geschmack phasenweise etwas langatmig, war aber spannend. Die Reihe spielt im Wien des frühen 20. Jahrhunderts. Im Mittelpunkt steht der junge Arzt und Psychoanalytiker Max Liebermann, ein Jude, was immer wieder eine Rolle spielt. Er ist eing befreundet mit dem Polizisten Oskar Reinhardt. Die Reihe beginnt mit dem Tod des jungen Mediums Charlotte Löwenstein, der Rätsel aufgibt. Es gibt keine Spuren von Gewalt, ein Abschiedsbrief deutet auf Selbstmord hin. Reinhardt glaubt weder daran noch an übersinnliche Kräfte und bittet Liebermann um Hilfe. Der ist bekannt für seinen kühlen Verstand. Und für seine unkonventionellen Methoden. Auf dem tolino wartet der zweite Band, "Wiener Blut*".

Auf "'Wenn du wüsstest, was ich weiß ...': Der Autor meines Lebens*" von Charly Hübner* wartete ich lange in der Onleihe. Hübner beschäftigt sich darin mit Uwe Johnson*, dem "Erzähler der beiden Deutschland", dessen "Jahrestage*" er gerade zusammen mit Caren Miosga als Hörbuch einlas. Ich mag Johnson, vor allem die "Jahrestage", und freue mich darüber, dass Hübner den Autor anlässlich seines 40. Todestages bzw. 90. Geburtstages etwas dem Vergessen entreißt. Ärgerlich ist, dass Hübner auch der Hamas-Propaganda anheimfällt, in dem er zum Beispiel Gaza mit der DDR vergleicht. Ich hätte ihm mehr zugetraut. 

In den Oktober gehe ich mit "Der Jaeger und sein Meister*" von Rocko Schamoni*

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Montag, 7. Oktober 2024

Fanø Strik: Impressionen aus Rindby (Dänemark)

Die kleine Insel Fanø besteht aus vier größeren Orten: Sønderho, Rindby, Fanø Bad und Nordby.

Unser Ferienhaus war sehr instagramabel ausgestattet mit vielen Stehrümchen und dänischem Design. Zum Glück muss ich nicht putzen.

In Rindby war das Ferienhaus, in dem wir während des Strickfestivals Fanø Strik wohnten. In dem Gebiet sind wohl die meisten Ferienhäuser und Campingplätze der Insel. Die Infrastruktur ist auf Touristen ausgelegt. 

Schon von Weitem ist sichtbar, dass hier was mit Wolle stattfindet.

Überall auf der Wiese wuchsen wollige Blumen. Ich bin versucht, welche für unseren unwilligen Vorgarten zu stricken.

Rindby hat keinen Ortskern. Vereinzelt gibt es alte Gehöfte, auch die Kapelle zeugt davon, dass es Leben abseits des Tourismus gibt. Ansonsten fiel es mir schwer, mich zu orientieren. Es gab so keinen Orientierungspunkt. 

Ein bisschen unscheinbar kommt die Fanø Standgalleri daher. Das täuscht.

Während des Strickfestivals fanden Veranstaltungen im Hofladen "Fanø Angus & Merino" und im "Kunstladen" sowie ein Strick-Häkel-Kunstprojekt zum Mitmachen in der Fanø Standgalleri. Es gab auch Veranstaltungen im Versammlungshaus, aber dazu gab es keinen Hinweis auf der Website des Strickfestivals, und deswegen waren wir nicht dort. 

In der Galerie gab's Strickkunst: Die aus T-Shirt-Garn gestrickte Spinne braucht noch ein Netz, das viele fleißige Hände häkelten. 

Das sieht doch schon nach Netz aus ... Ich bin gespannt, wie das Kunstwerk fertig aussieht.

Ansonsten finden sich neben der Galerie an der Hauptstraße Kirkevejen zahlreiche Lokale, ein Supermarkt und andere Geschäfte sowie Fahrradvermietungen. Die Straße ist auch die Zufahrt zum Strand, der übrigens mit dem Auto befahren werden kann. In der Hochsaison führt sogar eine Buslinie über den Strand! 

Irgendwie vertorfte ich es, mir die anderen Kunstwerke der Galerie anzusehen, aber diese drei Stühle verzauberten mich.

Super-Grobi!

Ein Stuhl für eine Stadt.

Kulinarische Fanø-Impressionen gibt es in der Kombüse. Mehr Impressionen zum Festival Fanø Strik gibt es hier.

Montag, 30. September 2024

#pmdd2024: Der 28. September 2024

An jedem 28. eines Monats ist Picture my Day-Day, kurz pmdd. Ich finde, das ist ein schönes Tagebilderbuch. Mitmachen ist einfach: Fotos vom Tag machen, bloggen oder mit #pmdd2024 auf Twitter oder Instagram einstellen. Gesammelt wird alles auf dieser Seite

Schnuffi 2.0 meint, ich solle aufstehen.

Ich möchte aber lieber noch liegen bleiben und in Wolken und Bäume gucken. Ich mag den Schlafzimmerblick sehr.

Irgendwann raffe ich mich dann doch zum Kaffeekochen auf.

Heute ist Sonnabend. Wie an jedem Tag, meldet sich der Radiowecker um sechs Uhr, bin ich schon vorher wach. Ich habe viel zu tun, mag aber nicht aufstehen. Der Gatte darf ausschlafen, und ich beschließe, auch noch ein bisschen liegen zu bleiben. Natürlich werde ich heute nicht mal ansatzweise meine ganzen Aufgaben erledigen ... 

Dann schauen wir mal, wie Demokratiefeinde in Thüringen mit demokratischen Mitteln die Demokratie zerstören - 1933 reloaded im Livestream, sozusagen.

Ich finde fünf Jahre alte Ausflugsideen für Mallorca. In Son Servera und Son Carrió waren wir tatsächlich.

Briefe schreiben.

Mal wieder am tolino verzeifeln.

Auf dem Zettel steht Einkaufen, Fenster im Wohn- und Esszimmer putzen, Holzstapel abdecken, Schuhregal aufbauen, Wäsche waschen, Büsche schneiden, Briefe schreiben, Sachen für den Urlaub zusammentragen, Bettwäsche und Handtücher wegräumen, Wollhaspel aufbauen und ausprobieren, Blogbeiträge schreiben. 

Die Idee war, vor dem Einkauf im Gewerbegebiet beim Lieblingsbäcker zu frühstücken. Wir gingen davon aus, dass es leer sein wird, weil kurz vor Ultimo kaum jemand Geld für solchen Luxus hat. Wir haben vergessen, dass wir in einem der reichsten Orte des Landkreises wohnen, wo es für viele keine Rolle spielt, wieviel Geld am Ende des Monats noch übrig ist. Das war im Hamburger Stadtteil anders. Heute reicht die Schlange der Wartenden teilweise bis zum Parkplatz.

Nach dem Einkaufen brauchen wir dringend eine Hasen-Lese*-Pause.

Ich bin einfach nur kraftlos und erschöpft von der zurückliegenden Woche und von der seit vier Jahren vorherrschenden Gesamtsituation.

Draußen ist es kalt und regnerisch, und so mache ich zur Teezeit den Kamin an.

Die Lokalpostillen der letzten anderthalb Wochen nachlesen. 

Heute ist ein historischer Tag.

Die Einladung zum Neubürger-Empfang ist da. Ich bin schon sehr gespannt. 

Einen Ausflug im Weihnachtsurlaub planen.

Sie könnte heute ihren 93. Geburtstag feiern.

Die Spülmaschine möchte spielen.

Der Blick zurück in die ersten vier Corona-Jahre: Am 28. September 2020 war der Gatte noch gesund und arbeitete. Ich hatte einen Büro- und Ladentag und wechselte die Zeitung an der Fenster-Leckage aus, wie auch am 28. September 2021. Am 28. September 2022 hätten wir laut Aussage des Bauunternehmers, der sich später als ziemlicher Chaot entpuppte, seit zwei Tagen im Haus wohnen können, war der Gatte noch fit genug, um mit dem Schornsteinfeger alleine die Hausbegehung zu machen. Heute kann er das nicht mehr. Am 28. September 2023 pendelten wir noch immer zwischen Wohnung und Baustelle.

Vor dem Einschlafen noch etwas lesen*. Morgen um sechs Uhr klingelt wieder der Wecker. 

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Sonntag, 29. September 2024

Samstagsplausch KW 39/24: Leben und Arbeiten in Corona-Zeiten CCXXXVII

Auch diese Woche reichte wieder für mehrere, aber seit gestern habe ich Urlaub, und übermorgen fliegen wir für zwei Wochen nach Mallorca. Natürlich habe ich nicht alles geschafft, was ich bis zum Abflug hätte schaffen müssen, und ich weiß, dass ich die vertrödelte Zeit auch morgen nicht einholen werde. Nützt nichts, ich muss lernen, das zu akzeptieren.

Der kleine Apfelbaum trägt reichlich. Es ist eine wahre Farbenpracht! Der große Apfelbaum schmollt nach zweimaligem Rückschnitt, trägt ganze zwei Äpfel.

Dem Gatten geht's weiterhin den Umständen entsprechend gut, und wie immer, wenn ich seinetwegen nicht angespannt sein muss, etwas loslassen kann, das Adrenalin nachlässt, schlägt die Erschöpfung durch. Jedenfalls übernahm der Gatte diese Woche viel, um mich zu entlasten, so dass ich Zeit für andere Erledigungen und die Erschöpfung hatte. Wir kommen in Babyschrittchen weiter voran, und wir wären noch weiter, wenn ich Kraft hätte, den Gatten zu unterstützen. 

Ich kam endlich dazu, mir in der alt-neuen Heimat eine Gynäkologin zu suchen, um dafür nicht vierteljährlich 80 km fahren zu müssen. Ich hatte Glück, dass eine Praxis noch Kassenpatientinnen aufnimmt. Die bisherige  Gynäkologin ist zwar in der Nähe der Augenklinik, zu der der Gatte monatlich muss, aber beide Termine so zu legen, dass sie nacheinander passen, ist unmöglich. Gleiches gilt für meinen Lungenarzt und die Nephrologin des Gatten, aber die sind zumindest im gleichen Gebäude, so dass ich vierteljährlich schnell ein Rezept rausholen kann. Meine Hausarztpraxis ist ebenfalls in der Nähe. Das geht sich also besser aus. 

Unmittelbar, nachdem die Entbindung der Schweigepflicht der Ärzte es Gatten bei der Krankenkasse einging, rief eine Mitarbeiterin an und teilte dem Gatten mit, der Reha-Antrag werde jetzt zügig bearbeitet. Die Unterlagen seien auf dem Weg. Wir sind gespannt. Der Gatte ist weiterhin skeptisch, hat Angst, dass ich ihn abschieben möchte, ist überzeugt, dass die Reha ohnehin nichts bringt. Das ist anstrengend. Ich habe versprochen, ihm jeden Tag eine Postkarte zu schreiben, und kaufe gerade alles an Karten mit Hasen-Motiven, was ich finden kann. Und ich werde ihn so oft wie möglich besuchen, wenn er meint, dass er das braucht. Wenn es wirklich notwendig ist, werde ich schauen, ob ich vorübergehend vom Reha-Ort aus arbeiten kann. Generell denke ich aber, die Trennung täte uns gut. Das haben wir ja auch bei meiner Reha und bei meinem Kurz-Trip nach Dänemark gesehen.

Im Büro gibt's aktuell Stress wegen der geplanten Dienstreise von meiner Kollegin und mir. Wir arbeiten beide Teilzeit und wurden jetzt böse davon überrascht, dass bei Teilzeitkräften auf Dienstreise nicht mehr die tatsächliche Arbeitszeit anerkannt wird, sondern nur noch die reguläre Teilzeit-Arbeitszeit. Die Tagung, zu der wir fahren sollen, geht über 3x8 Stunden. Uns würden aber nur 3x6 bzw. 2x5 Stunden angerechnet - ein Tagungstag ist an dem Werktag, an dem meine Kollegin frei hat, weil sie nur vier Tage arbeitet, und an dem Tag werden ihr keine Stunden angerechnet. So müssten wir an Teilen der Tagung in unserer Freizeit teilnehmen. Auch die Fahrtzeit ist keine Arbeitszeit mehr. Bei mir wären es umgerechnet insgesamt zwei unbezahlte Arbeitstage, bei meiner Kollegin drei. 

Ich sprach mit dem Personalrat, der das im Großen und Ganzen Okay findet, denn: "Dienstreisen sind eine Belohnung". Auf uns wirken sie gerade eher wie eine Bestrafung. Unter den Bedingungen werden wir nicht an der Tagung teilnehmen - doof, weil wir das Prestige-Projekt des Instituts vertreten und im kommenden Jahr die Jubiläumstagung des Verbandes organisieren sollen. Diese Neuregelung führte schon dazu, dass ein Kollege ein Projekt abgab. Er sollte plötzlich in seiner Freizeit in einer Kommission mitarbeiten und Gutachten schreiben statt wie bisher in der Arbeitszeit. Ich wunderte mich schon, warum er ein Projekt aufgab, das er mochte. Für die Chefs gilt die Neuregelung übrigens nicht. Bei ihnen gelten auch die Fahrzeiten als Arbeitszeit, können auf Dienstreisen Überstunden gemacht werden. Schon schön.

Bei dem ganzen Theater fiel mir ein, dass ich schon seit fünf Jahren einen Antrag auf Höhergruppierung stellen will, weil ich vier Entgeltgruppen schlechter bezahlt werde als für meine Tätigkeit üblich. Da ich jetzt eine Rechtsschutzversicherung habe, sollte ich das mal in Angriff nehmen. 

Kommende Woche ist Rosh haShana, gefolgt von Yom Kippur in der Woche darauf, und dazwischen jährt sich der Tag des Simchat-Tora-Pogroms, des Überfalls der Hamas auf Israel. Ich kann es einfach nicht fassen, das noch immer über 100 Männer, Frauen und Kinder in den Händen der Hamas sind! Ich bin wütend und verzweifelt und mag mir nicht vorstellen, wie es den Angehörigen der Entführten geht. Diese Woche sahen wir die Reportage "Trauma in Nahost - Der 7. Oktober und seine Folgen". Ich fand sie einfach nur ärgerlich. Es gab beispielsweise keine Bilder von Gaza vor dem 8. Oktober, nur von den israelischen Zerstörungen. Einmal mehr perfekte Täter-Opfer-Umkehr. 

Hier gilt seit mittlerweile 237 Wochen: Der Gatte und ich sind weitgehend zu Hause. Im ersten Corona-Jahr wurde der Gatte schwerkrank, im zweiten zeigte sich, dass er nicht mehr gesunden wird, im vierten hatte er einen Schlaganfall. Er ist schwerbehindert und berufsunfähig verrentet. Es geht uns dennoch vergleichsweise gut. Wir halten es gut miteinander aus, wenngleich die Erkrankungen und der Schlaganfall des Gatten zu Wesensveränderungen führten, die ein Zusammenleben manchmal sehr schwer machen. 

Unsere Kontakte sind normalerweise auf das Notwendigste beschränkt, heißt: Arbeit, Ärzte, Einkaufen, Schwiegermutter und Handwerker. Ich bin dankbar, dass Corona bislang Gatten, Schwiegermutter und Tante verschonte und hoffe sehr, das bleibt so.   

Schwiegermutter und Tante geht's gut. Tante rief gestern an, um sich für die Fotos von unserem Travemünde-Wochenende zu bedanken. Gespräche mit ihr sind einfach schön! Sie ist so warm, herzlich und wertschätzend. 

Diese Woche brachte für mich die siebte Corona-Impfung. Ich hoffe, dass wir die Mallorca-Reise ohne Infektion überstehen, vor allem der Gatte - ich trage ja ohnehin sehr konsequent Maske.

Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! Über's Kochen und Einkaufen berichte ich in der Kombüse.

Mittwoch, 25. September 2024

Fanø Strik: Impressionen aus Sønderho (Dänemark)

Die kleine Insel Fanø besteht aus vier größeren Orten: Sønderho, Rindby, Fanø Bad und Nordby. 

Überall im Dörfchen hängen Girlanden.

Die gestrickten Häuschen sind aus leeren Tetrapacks gefertigt.

Unschwer zu erkennen, dass es mir diese Girlande besonders angetan hat. Ich überlege, sie nachzuarbeiten.

Das Strickfestival Fanø Strik fand in allen Orten statt, wobei meinem Eindruck nach das meiste in Sønderho los war. Das kann aber auch daran liegen, dass nicht alle Programmpunkte veröffentlicht auf der Website des Festivals wurden. Vieles erfuhren wir eher zufällig. Das war schade und könnte nächstes Jahr verbessert werden.

Zentrum des Strickfestivals in Sønderho war das Versammlungshaus neben der Feuerwehr.

Sønderho hat knapp 300 Einwohner, gilt als schönstes Dorf Dänemarks und ist so entzückend, dass es schon kitschig ist. Hier lässt sich gut Zeit verbringen, gibt es doch einige kleine Museen. Darunter ist auch das Fanø Kunstmuseum, das in einem ehemaligen Kaufmannshaus Werke von Fanø-Künstlerinnen und Künstlern von 1849 bis heute zeigt. Ein Besuch ist sehr zu empfehlen. Das gilt auch für die anderen Museen wie das Mini-Citroën-Museum oder Hannes Hus, das Haus eines Seemanns, in dem die Zeit Ende des 19. Jahrhunderts stehen blieb. Wer meine Biographie kennt, weiß, ich habe ein Herz für kleine Museen. Außerdem gibt es in Sønderho spannende Galerien. 

Vor dem Mini-Citroën-Museum steht eine rote Ente mit einer Strickerin. Im Hof des Museums wurde fleißig gestrickt.

Den Zaun des Museums schmückte natürlich eine Girlande mit gestrickten Enten-Wimpeln. 

Los ging's in Sønderho am 12. September mit einem Garn-Banko, also einem Woll-Bingo. Die offizielle Eröffnung fand mit einem Chili-Jazz-Abend statt, wobei das Chili von der Feuerwehr gekocht wurde. Beide Veranstaltungen schenkte ich mir, denn ich war zu platt. Ich schaffte aber ein kulinarisches Konzert - Jazz mit gutem Essen. Gerne hätte ich auch das Konzert mit Mittagessen im Kro besucht, aber das war leider schon ausverkauft. 

Ein wunderbares Jazz-Konzert mit schönen Klassikern.

Ich muss ganz schnell ganz viel Dänisch lernen, denn dieses Oberteil von Marianne Østergaard tat es mir so an, dass ich die Anleitung kaufte. Die ist halt auf Dänisch.

Ich verbrachte zudem einen wunderbaren Nachmittag bei einem Jazz-Konzert im Garten des Hofladens Uldsnedskeren, gefolgt von einem Orgel-Strickkonzert in der Kirche. Am letzten Festival-Tag gab's in der Kirche auch einen Strick-Gottesdienst, aber mein Dänisch ist so rudimentär, dass ich nicht daran teilnahm. 

Die Kirche von Sønderho mit der größten Sammlung an Votivschiffen Dänemarks.

Im Gegensatz zur Kirche ist die Orgel recht neu. Sie wurde erst 2006 gebaut.

Ungewöhnlich für einen christlichen Friedhof: Steine auf einem Grabstein. Ich wüsste zu gerne, was dahinter steckt. 

Außerdem bummelte ich gerne durch das Dorf. Es gibt viele spannende Läden. Anlässlich des Strickfestivals waren viele Häuser, Mauern oder Hecken mit phantasievollen Girlanden oder Wimpeln geschmückt. Ein paar Gärten waren geöffnet. Dort standen Stühle und Kaffee bereit, konnte man ein paar Reihen stricken und plaudern.  

Einige Häuser in Sønderho scheinen leer zustehen wie dieses hier. Ich hätte am Liebsten die Äpfel aufgesammelt. 

Weithin sichtbar ist die restaurierte Holländermühle aus dem Jahr 1895.

Wo ein Wollfest ist, sind natürlich Schafe nicht weit. Diese hier fanden sich vor der Mühle von Sønderho.

Kulinarische Fanø-Impressionen gibt es in der Kombüse.

Montag, 23. September 2024

Ausgelesen: Bücher im August 2024

Das Rudel liest.
Mit dem Schmachtfetzen "Mit dir für immer – Max Schmeling und Anny Ondra*" von Jan Steinbach* aus der Reihe "Berühmte Paare – große Geschichten" des Aufbau Verlags. Der Roman beschreibt die Beziehung zwischen dem Boxer Max Schmeling und der Schauspielerin Anny Ondra. Beide werden zum Traumpaar der deutschen Öffentlichkeit. Doch der Ruhm birgt seine Schattenseiten: Die NS-Führung will Schmeling für ihre Propaganda inszenieren, und die Versuche, seine jüdischen Freunde zu schützen, bringen ihn immer mehr in Gefahr, bis er dann an die Ostfront geschickt wird. 

Schmeling und Ondra waren in meiner Kindheit oft präsent durch verschiedene Geschichten meiner Eltern. Für mich war Schmeling der "Coca-Cola-Mann", erwarb er doch die deutsche Lizenz für die Brause. Mehr wusste ich nicht, und so war es eine Entdeckung, dass er ein stiller Held war, ein "Gerechter unter den Völkern" ist, zwei jüdischen Kindern das Leben rettete, vielen half, die in der NS-Zeit verfolgt wurden, ehemalige Box-Gegner finanziell unterstützte. 

"Kriminaldauerdienst: Team Ost-West*" heißt die zweite Reihe von Frank Goldammer*, dessen Max-Heller-Reihe* ich gerne las. Die Reihe spielt im Dresden nach Nachwendezeit. Der zweite Band "Die Verbrechen der anderen*" spielt im Februar 1990. Ein junger Mann, ein ehemaliger Grenzsoldat, wird als vermisst gemeldet. Zeitgleich ermittelt das KDD-Team um Tobias Falck, Edgar Schmidt und Stefanie Bach in einem Fall von Kunstraub. In der Dresdner Galerie der Alten Meister ist ein wertvolles Gemälde durch eine Fälschung ersetzt worden. Kurz darauf wird der Fälscher ermordet. Handelt es sich womöglich um alte Stasi-Machenschaften? Die westdeutsche Ex-Kommissarin Sybille Suderberg, die inzwischen Privatdetektivin im Osten ist, spielt dabei eine undurchsichtige Rolle. Ihretwegen kommen die Dresdner Polizisten zu einer Dienstreise in den unbekannten Westen, die sie nach Köln, aber auch in eine gefährliche Falle führt.

Ich kämpfte mich ziemlich durch und verlor öfter den Faden. Verwechslungen von Namen, was im Korrektorat nicht auffiel, taten ein Übriges.  

Absolut entzückend ist "Der Buchspazierer*" von Carsten Sebastian Henn* (auch, wenn's am Schluss ebenfalls zu Namensverwechslungen kam)! Es sind besondere Kunden, denen der Buchhändler Carl Christian Kollhoff ihre bestellten Bücher nach Hause bringt, abends nach Geschäftsschluss, auf seinem Spaziergang durch die pittoresken Gassen der Stadt. Denn diese Menschen sind für ihn fast wie Freunde, und er ist ihre wichtigste Verbindung zur Welt. Als Kollhoff überraschend seine Anstellung verliert, bedarf es der Macht der Bücher und eines neunjährigen Mädchens, damit sie alle, auch Kollhoff selbst, den Mut finden, aufeinander zuzugehen. 

Das Buch wanderte schnell auf die Liste mit den Büchern, die ich unbedingt haben möchte. Nach dem Umzug ist das Bücherregal ja sehr viel leerer ... Ich bin gespannt auf das Buch "Der Geschichtenbäcker*", das ich vormerkte, un dich freue mich auf die Verfilmung mit Christoph Maria Herbst. 

Die Reihe um den oberfränkischen Polizisten Georg Angermüller, der schon seit einigen Jahren in Lübeck lebt, lese ich sehr gerne, und auch der zwölfte Band "Wintermondnacht*" gefiel mir gut. Autorin ist Ella Banz*. Beim weihnachtlichen Klassentreffen, an dem auch Angermüller teilnimmt, gibt es Streit, als Simone die wilden Vollmondpartys von vor mehr als zwanzig Jahren erwähnt - und sie ziemlich schräg, ja übergriffig nennt. Rico, ein unverbesserlicher Sexist, hatte sie organisiert. Am nächsten Morgen liegt er tot hinterm Gasthof Greiner. Angermüller wird wie alle anderen als Zeuge vernommen. Zurück im Norden erhält der Lübecker Kommissar nicht nur einen überraschenden Anruf, sondern auch Besuch aus der Heimat …
 
Mit "Der Wind kennt meinen Namen*" las ich seit langer Zeit mal wieder etwas von Isabel Allende*. Es gibt zwei Erzählstränge: Einer spielt in Wien im Jahre 1938, der andere in Arizona im Jahre 2019. Samuel Adler ist sechs Jahre alt, als sein Vater und die Familie alles verlieren. In ihrer Verzweiflung verschafft Samuels Mutter ihrem Sohn einen Platz in einem Kindertransport, aus dem von den Nazis besetzten Österreich nach England. Samuel macht sich allein auf die Reise, außer einer Garnitur Wechselkleidung und seiner Geige hat er nichts bei sich – die Last der Einsamkeit und Ungewissheit wird ihn ein Leben lang begleiten. Acht Jahrzehnte später steigen Anita Díaz und ihre Mutter in den Zug, um der Gewalt in El Salvador zu entkommen und in den Vereinigten Staaten Zuflucht zu finden. Doch ihre Ankunft fällt mit der neuen brutalen Einwanderungspolitik zusammen: Die siebenjährige Anita wird an der Grenze von ihrer Mutter getrennt und landet in einem Lager. Allein und verängstigt, weit weg von allem, was ihr vertraut ist, sucht sie Zuflucht in Azabahar, einer magischen Welt, die nur in ihrer Fantasie existiert. Wie aber soll sie zurückfinden zur Mutter? Es ist ein sehr berührendes Buch, das ich nur empfehlen kann!

Der Roman "Kochen im falschen Jahrhundert*" von Teresa Präauer* hingegen war so gar nicht meins! Laut Klappentext ist es der Roman eines Abends und einer Einladung zum Essen, voll mit Rezepten für ein gelungenes Leben und einen misslingenden Abend, der immer wieder neu ansetzt, schlau, witzig, heiter, gleichzeitig begleitet von den unterschwelligen oder ganz offen artikulierten Aggressionen der Beteiligten. In ihren Gesprächen verhandeln sie die ganz großen und kleinen Themen, von den "Foodporn"-Bildern im Internet über Kochen, Einkaufen und Wohnen als soziale Praktiken. Zunehmend wird der Abend komischer, tragischer, erotischer – dabei werden einzelne "heutige" Begriffe diskutiert, während die Gastgeberin keine besonders talentierte Gastgeberin ist und sich immer wieder ins falsche Jahrhundert versetzt fühlt. Nebenbei soll in Anekdoten eine Geschichte der Waren, Speisen und des Kochens erzählt werden. 

Ja, es steht sicher viel Kluges drin, aber das Buch war einfach nicht meins. Ich empfand es oft belanglos, beliebig, dahin plätschernd. 

"Hochmut kommt vor dem Farn*" ist ein Schrebergartenkrimi aus einer bislang dreibändigen Reihe von Mona Nikolay*.  Ausgerechnet eine Fabrik für Indoor-Gardening-Systeme soll auf dem Gelände der Schrebergarten-Kolonie Harmonie in Berlin entstehen – das Schicksal hat offenbar Sinn für schwarzen Humor. Das Lachen ist Ex-Polizist Manne Nowak und Partnerin Caro von Ribbek allerdings längst vergangen, denn es sieht so aus, als hätten die Kleingärtner bereits verloren. Trotz zahlreicher Protestaktionen müssen sie ihr grünes Reich räumen. Dann wird auch noch die Senatorin, die das Projekt auf politischer Ebene betreut hat, tot in der Nähe der Kleingarten-Anlage gefunden. Ist einer der Laubenpieper etwa ein eiskalter Mörder?

Der Krimi ist nett, aber ich verspürte nicht den Drang, sofort die ersten beiden Bände zu lesen. 

"Alma und der Gesang der Wolken*" ist ein biographisch geprägter historischer Roman von Heinrich Thies*, der zudem in der Lüneburger Heide spielt. In den Wirren des Kriegsjahres 1943 wächst die Bäuerin Alma über sich hinaus. Als ihr Bruder Franz eingezogen wird, führt sie den Hof allein weiter – unterstützt von dem französischen Kriegsgefangenen Robert. Trotz aller Widerstände verlieben sich die beiden ineinander. Alma wird schwanger und damit im Dorf noch mehr zur Außenseiterin. Als der Krieg vorbei ist, kehrt Robert nach Frankreich zurück. Alma führt ihren Hof auch allein durch die Nachkriegszeit – bis ihr Bruder heimkehrt und sie wieder in den Hintergrund drängt. 

Es wird sicher nicht der letzte Roman von Thies gewesen sein, den ich las.

"Ein Sommer in Niendorf*" von Heinz Strunk* war ein klitzekleines bisschen eine Reise in die Kindheitssommer in Niendorf. Ein Mann namens Roth begibt sich für eine längere Auszeit in das Ostsee-Dorf. Er will ein wichtiges Buch schreiben, eine Abrechnung mit seiner bürgerlichen Familie. In dem geruhsamen Badeort gerät er aber bald in den Bann eines trotz seiner furchtbaren Banalität dämonischen Geists: ein Strandkorbverleiher, der Mann ist außerdem Besitzer des örtlichen Spirituosengeschäfts, aufdringlich wie ein Insekt. Doch nach und nach beginnt Roth, seine Nähe zu suchen. Als Dritte stößt Simone hinzu, die Freundin des Schnapshändlers, in jeder Hinsicht eine Nicht-Traumfrau – eigentlich. Und am Ende dieser Sommergeschichte ist Roth seiner alten Welt abhandengekommen, ist er ein ganz anderer.

"Zwischen Schutt und Asche*" von Thomas Herzberg* fand ich phasenweise ziemlich ärgerlich und zusammengeschustert. Es ist absolut unverständlich, warum jemand wie der Protagonist Thiesen mit einer englischen Mutter die Sprache nicht mal ansatzweise spricht, gleichzeitig für die Briten spioniert haben soll, trotzdem aber unter erbärmlichen Verhältnissen lebt. Was wurde aus seinen Eltern, wie erging es seiner britischen Mutter in der NS-Zeit? Außerdem nervt die permanent falsch Schreibweise von Planten un Blomen. 

Zum Inhalt: Das Buch spielt in Hamburg im Jahre 1946. Im Mai werden in einer Ruine nahe dem Bahnhof Altona die Leichen von drei jungen Frauen gefunden. Die Bevölkerung ist anfänglich schockiert, regelrecht in Aufruhr. Doch in einer nahezu vollständig zerbombten Stadt, die sich nur sehr schleppend von ihren Wunden erholt, geraten selbst abscheuliche Verbrechen schnell wieder in Vergessenheit – Hunger und Elend beherrschen den Alltag fast aller. Allein die Kommissare Thiesen und Pfeiffer suchen immer verbissener nach einem Mörder, der sich hinter Korruption, Gleichgültigkeit und Habgier bestens zu verstecken weiß. Als sich ausgerechnet den britischen Besatzern plötzlich ein Mann stellt, der die schrecklichen Taten gesteht, scheint der Fall gelöst zu sein. Nur wenige ahnen, dass damit erst die wahren Verantwortlichen aus ihrer Deckung gezwungen werden. Die Ereignisse überschlagen sich, ein tödlicher Wettlauf beginnt, dessen Ausgang bis zum Schluss völlig ungewiss bleibt.

Es ist der erste Band einer bislang zweibändigen Reihe.

Auch mit "Der Junge im gestreiften Pyjama*" von John Boyne* hatte ich so meine Probleme. Bruno ist mir einfach zu naiv für einen Jungen, der unter der NS-Diktatur ausgebildet wird und - Achtung, Spoiler! - dessen Vater Auschwitz-Kommandant ist. Ich kämpfte mich durch das Buch. Immerhin: Das Ende überrascht. Ich bin gespannt, wie mir "Der Junge auf dem Berg*" gefällt, das ich mir für den kommenden Urlaub auf den Tolino lud. 

Der Roman "James*" von Percival Everett* war eine Entdeckung durch die Reihe "#12von12", auch wenn ich nicht mehr weiß, durch welchen Blog ich darauf aufmerksam wurde. Geschildert wird quasi die Geschichte von Huckleberry Finn aus der Sicht des Sklaven Jim bzw. James.

Jim spielt den Dummen. Es wäre zu gefährlich, wenn die Weißen wüssten, wie intelligent und gebildet er ist. Als man ihn nach New Orleans verkaufen will, flieht er mit Huck gen Norden in die Freiheit. Auf dem Mississippi jagt ein Abenteuer das nächste: Stürme, Überschwemmungen, Begegnungen mit Betrügern und Blackface-Sängern. Immer wieder muss Jim mit seiner schwarzen Identität jonglieren, um sich und seinen jugendlichen Freund zu retten. 

Ein sehr beeindruckendes Buch - Lese-Empfehlung!

Mit "Bitterkaltes Land*", einem Krimi von Regine Seemann*, gehe ich in den September. 

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