Samstag, 5. Oktober 2019

Samstagsplausch KW 40/19: Herzlich willkommen

Das Altonaer Theater.
Mit Beginn der Theaterspielzeit könnte ich mich klonen, denn viele Produktionen muss ich beruflich sehen, manche möchte ich privat sehen, und das führt dazu, dass ich aktuell jeden Abend ins Theater gehen könnte.

Aber natürlich wähle ich aus, kann mir die Theaterbesuche mit einer Kollegin teilen (wen wir nicht gemeinsam gehen) und denke manchmal, das Stück läuft hoffentlich noch länger, das gucke ich später.

Zu den Produktionen, auf die ich mich wirklich freute, gehört "Herzlich willkommen", der vierte Teil der Kempowski-Saga im Altonaer Theater. Da war ich am Mittwoch, und wie beim dritten Teil, den ich im April sah, lautet mein Fazit: Hin da!

Das Stück setzt da ein, wo "Ein Kapitel für sich" endet. Walter Kempowski wurden nach acht Jahren Haft aus dem Gefängnis in Bautzen entlassen und geht zu seiner Mutter Grethe nach Hamburg. In Rückblenden wird der Gefängnisalltag in Bautzen beschrieben, wo Bruder Robert noch immer einsitzt.

Während Grethe Kempowski sich schnell einlebt, tut sich Walter schwerer. Ohne Ausbildung, ohne Ziel und Geld fühlt er sich von den Menschen, mit denen er es zu tun hat, nicht anerkannt und als Bürger zweiter Klasse. Er beginnt sein Studium, doch die Jahre in Bautzen haben ihre Spuren hinterlassen. Immer wieder erliegt er Anfällen von Melancholie. Doch in Göttingen, seiner Studienstadt, findet er die Frau fürs Leben und eine berufliche Perspektive: Er wird Dorfschullehrer und ist damit in jener Gesellschaft angekommen, die ihn als Ex-Häftling am Anfang keineswegs herzlich willkommen heißen wollte.

Axel Schneider ist eine unwahrscheinlich dichte und facettenreiche Darstellung der Nachkriegszeit gelungen, ohne Längen und mit viel Tempo. Das Ensemble um Johann Richter, der Walter Kempowski verkörpert, ist grandios. Schade nur, dass so wenig Besucher den Weg in diese ausgezeichnete Inszenierung finden. Ich wiederhole mich: Hin da! In zwei Wochen gibt es das Kempowski-Wochenende, eine gute Gelegenheit, alle vier Stücke nacheinander zu sehen.

Ansonsten habe ich mich über die Kollegin, die stets verneint, geärgert, denn sie fiel vor einem Vierteljahr wieder in ihr altes Verhaltensmuster zurück und ist entweder krank oder im Urlaub oder im Urlaub krank. Jetzt hatte ihre Laden-Kollegin elf Tage Urlaub, und prompt machte sie sich seit Wochen verrückt, weil sie im Laden vertreten müsse. Sie fühlt sich dadurch total gestresst und befürchtet, die Vertretung nicht zu schaffen.

Ich habe mal nachgerechnet: Von den 11 Urlaubstagen der Kollegin sind 5 Wochenende / Feiertag; 1 Tag hat die Kollegin frei wg. Teilzeit (Ladendienst: ich) und an 5 Tagen hat sie regulär ohnehin Ladendienst, egal, ob die andere Kollegin da ist oder nicht. Vertretungstage für sie: 0.

Die Kollegin zog es allerdings vor, krank zu werden, so dass das Team sie vertreten musste. Immerhin, gestern gesundete sie wieder, so dass Chef mich morgens ansmste, ich könne zu Hause bleiben.

Ich mag die Kollegin sehr gerne, aber das ist einfach unwahrscheinlich anstrengend. Ich habe absolutes Verständnis für Krankheit, falle zurzeit selbst viel aus, weil meine Migräne Party feiert, aber bei der Kollegin ist einfach ein Muster zu erkennen, das sie seit Jahren durchzieht. Hinzukommt, dass sie gegen die Beschwerden, die sie tatsächlich hat, nichts macht, weil sie jede Behandlungsform außer Bachblüten und Globuli ablehnt. Nun ja, ihre Verrentung in zwei Jahren ist einigermaßen absehbar.

In Planung unseres Februar-Urlaubs guckte ich gestern nach dem kleinen Häuschen in Bjerregård, in dem wir viele Jahre gerne urlaubten. Es hat nur wenig Komfort und ist winzig, aber für uns ist es einfach das schönste Ferienhaus. Wir fühlen uns dort zu Hause, und da der Gatte meinte, er könne sich ein Haus ohne Whirlpool vorstellen, suchte ich jetzt gezielt nach dem Haus - vergeblich: Im letzten Sommer ist das Haus abgebrannt, bis auf die Grundmauern.

Ich bin traurig, denn selbst, wenn dort wieder ein Haus gebaut wird, wird es sicher nicht mehr das alte hyggelige Häuschen sein, sondern zeitgemäßen Komfort bieten.

Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! Ein schönes Wochenende und eine gute Woche!

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Donnerstag, 3. Oktober 2019

Häkeltasche in Blautönen (Anleitung Schachenmayr Design S9019)

Häkeltasche in Blautönen.
Während ich im Dienst meistens Schwarz trage, weil ich früh morgens die Klüsen noch nicht so weit auf bekomme, um zu gucken, ob Farben zusammenpassen, trage ich in der Freizeit gerne Blautöne.

Diese Tasche sollte ursprünglich zweifarbig werden, quasi eine Resteverwertung, weil ich von diesem Häkelkleid noch so viel Türkis über hatte, aber dann brauchte ich das Garn für was anderes und nahm deswegen noch Dunkelblau dazu.

Der Tasche liegt diese Schachenmayr-Anleitung zugrunde. Damit sich die Streifen harmonischen voneinander absetzen, arbeitete ich die Häkelschrift 2 mit einer zusätzlichen Runde fester Maschen, also über 5 statt 4 Runden.

Außerdem häkelte ich die Tasche höher, damit auch DinA4-Unterlagen kommod Platz finden. Sie hat eine Höhe von 42 cm statt 35 cm. Die Henkel arbeitete ich mit 41 cm statt 39 cm ebenfalls länger, damit meine dicken Arme kommod durchpassen. Praktischer Nebeneffekt der längeren Henkel: Im Lokal über eine Stuhllehne gehängt, steht die Tasche meistens auf dem Boden.

Da ich zwar große Handtaschen mag, aber ungern nach Portemonnaie, Fahrkarte, Taschentuch, Lippenstift und Schlüssel suche, strickte ich noch ein gestreiftes Täschchen, das mit einem gehäkelten Band an der Tasche befestigt wird.

"Wenn du ganz viele Taschen häkelst und das Hotel die verkauft, finanziert uns das den nächsten Urlaub", überlegte der Gatte, als die Tasche in einer Hotelbar abhing.

Tasche und Täschchen.
Insgesamt verarbeitete ich 600 g Baumwolle (Catania von Schachenmayr und Carina von GB).

Das gestrickte Täschchen hat die Maße 22 cm x 13 cm und einen Reißverschluss.
Dieser Beitrag nimmt teil an den Linkparties "Du für Dich am Donnerstag" und "Nix Plastix". Vielen Dank für's Sammeln!

Mittwoch, 2. Oktober 2019

Ausgelesen: Bücher im September 2019

Eigentlich wollte ich im Mallorca-Urlaub hauptsächlich Mallorca-Krimis lesen, wegen Lokalkolorit und so, aber alle, die ich auf den Kindle lud, nahmen mich so gar nicht gefangen. Also landete ich bei Krimis, die auf den ostfriesischen Inseln spielen.

"Juister Mohn*" ist eine Gemeinschaftsarbeit der Autorinnen Elke Bergsma und Anna Johannsen. Zum Inhalt: Der Emder Hauptkommissar David Büttner sitzt auf gepackten Koffern, als ihn ein Anruf seiner Sekretärin in den beruflichen Alltag zurückholt: Auf der ostfriesischen Insel Juist wurde ein junges Paar in der Strandtoilette tot aufgefunden. Zunächst sieht alles nach einer Überdosis aus – bis der Staatsanwalt eine genauere Untersuchung fordert, denn bei der Toten handelt es sich um seine Nichte.

Auch die Kieler Hauptkommissarin Lena Lorenzen wird auf den mysteriösen Tod des Paares aufmerksam, gab es doch Monate zuvor in Sankt Peter-Ording einen ähnlich gelagerten Fall. Sie nimmt mit ihrem Kollegen Büttner Kontakt auf, der von ihrer Idee einer Zusammenarbeit zunächst jedoch wenig begeistert ist.

Letztlich aber gilt es, sich trotz aller Unterschiede zusammenzuraufen, denn am Tatort deutet ein Strauß von zehn Mohnblumen auf eine Verbindung beider Fälle und auf weitere geplante Morde hin. Für die beiden Kommissare beginnt ein Wettlauf mit der Zeit, zumal sie wegen ungünstiger Wetterverhältnisse für mehrere Tage auf der Insel festsitzen.

Begeisterung löste das Buch nicht bei mir aus, aber es ist eine nette Urlaubslektüre. Ich fand es schade, dass immer wieder auf den vermeintlichen Unterschieden (Büttner verfressen und faul - Lorenzen plietsch und agil) herumgeritten wurde.

Besser gefiel mir da schon "Dünendämmerung*" von Johannes Wilkes mit Kommissar Mütze und seinem Lebensgefährten Klaus-Dieter. Die Krimi-Reihe begann in Erlangen und findet ihre Fortsetzung auf Spiekeroog, wo das Paar gerne urlaubt. Im Laufe der Zeit freundeten sie sich eng mit dem Inselpolizisten Ahsen an. Es war der erste Krimi, den ich aus der Reihe las, wird aber bestimmt nicht der letzte gewesen sein, denn das schräge Paar macht einfach Spaß.

Kurz nach der Ankunft des Paares wird in den Dünen ein Toter gefunden: ein Angestellter der Kurverwaltung, zuständig für die Herausgabe der Strandkorbschlüssel. Diesmal erhält Ahsen, der Inselpolizist, Unterstützung vom Festland. Kommissar Mütze atmet auf, aber dann begegnet ihm ein ehemaliger Mitschüler.

Mütze hat Heiko van Gehlen nie gemocht, den Sohn aus reichem Hause, dessen Yacht in der Marina vor Anker liegt. Durch ihn wird Mütze nach all den Jahren an den schrecklichen Tod eines Mitschülers erinnert. Er will endlich wissen, was in der Nacht ihrer Abi-Feier wirklich passiert ist. Welche Schuld hat er selbst daran? Und im Licht der Erinnerungen bekommt der aktuelle Mord an dem „Herrn der Strandkörbe“ plötzlich eine ganz andere Bedeutung.

Von Spiekeroog ging's nach Rocky Beach zu den drei Fragezeichen: "Skateboardfieber*" greift den alten Fall "Die silberne Spinne*" auf, ist rasant und spannend erzählt. Peter wird mit einem Spion verwechselt, verhaftet und nach einem spektakulären Ausbruch gejagt. Dabei will er doch eigentlich nur zu einem Skatertreffen! Dieser Band der Reihe macht wirklich Spaß!

Im August las ich ja schon einen Kluftinger-Krimi, der mir gefiel, und so freute ich mich, den aktuellen Band in der Onleihe zu ergattern. Im zehnten Band, der schlicht "Kluftinger*" heißt, wird der Allgäuer Kommissar Großvater und erinnert sich an seine eigene Jugend und seine Anfänge bei der Polizei. Bei der "Allerheiligen-Prozession entdeckt er auf de Friedhof eine Menschentraube, die ein frisch aufgehäuftes Grab umringt, darauf ein Holzkreuz – mit seinem Namen.

Nach außen hin bleibt Kluftinger gelassen. Als jedoch eine Todesanzeige für ihn in der Zeitung auftaucht, sind nicht mehr nur die Kollegen alarmiert – sein ganzes Umfeld steht Kopf. Um dem Täter zuvorzukommen, muss der Kommissar tief in seine eigene Vergangenheit eintauchen. Doch die Zeit ist knapp, denn alles deutet darauf hin, dass Kluftingers angekündigter Tod unmittelbar bevorsteht.

Nachdem das schon das zweite Kluftinger-Buch war, das mir großen Spaß machte, beschloss ich, die Reihe von Volker Klüpfel und Michael Kobr einmal von Anfang an zu lesen. Die Bände sind zwar in sich abgeschlossen, aber es macht mir einfach Spaß, die Entwicklung der Protagonisten zu verfolgen. In der Onleihe war nichts zu bekommen, aber die Altonaer Bücherhalle hatte ziemlich viele Bände auf Lager, also ging ich nach sechs Jahren tatsächlich mal wieder in die Bücherhalle, um analog auszuleihen.

Mit "Milchgeld*" beginnt die Kluftinger-Reihe. Der Kommissar blickt hinter die Kulissen der Lebensmittelindustrie, um einen Mord an einem Lebensmittelchemikers des örtlichen Milchwerks aufzuklären. Bei "Erntedank*" wird's mystisch: Auf der Brust eines toten Mannes in einem Wald bei Kempten liegt, sorgfältig drapiert, eine tote Krähe. Im Lauf der Ermittlungen taucht der Kommissar immer tiefer in die mystische Vergangenheit des Allgäus ein, und es beginnt ein Katz-und-Maus-Spiel mit dem Mörder, bei dem die Zeit gegen ihn arbeitet. Denn alle Zeichen sprechen dafür, dass das Morden weitergeht. So interessant es ist, in die Allgäuer Sagenwelt einzusteigen, so langatmig ist die Handlung leider manches Mal, und der Leserin dämmern die Zusammenhänge schneller als den Ermittlern.

"Seegrund*" ist der für mich bislang spannendste Fall: Am Alatsee bei Füssen macht Kluftinger auf einem Familienausflug mit Frau, Sohn und Schwiegertochter in spe eine schreckliche Entdeckung: Am Ufer liegt ein Taucher in einer riesigen roten Lache. Was zunächst aussieht wie Blut, entpuppt sich als eine seltene organische Substanz aus dem Bergsee. Kluftinger, der diesmal bei den Ermittlungen sehr zu seinem Missfallen weibliche Unterstützung erhält, tappt lange im Dunkeln. Der Schlüssel zur Lösung des Falles liegt tief auf dem Grund des sagenumwobenen Sees.

In den Oktober gehe ich mit "Laienspiel*", dem vierten Kluftinger-Band, und tue mich momentan noch etwas schwer, den Einstieg zu finden. 

Montag, 30. September 2019

Plaça de Sant Joan in Son Servera (Mallorca / Spanien)

Montags gegen Nazis.
Montags erinnere ich daran, was passiert, wenn es mit der Demokratie bergab geht und wie es anfing, denn die Nazis fielen ja nicht 1933 vom Himmel. Die krochen schon Jahre vorher aus ihren Löchern, wurden nicht rechtzeitig aufgehalten, auch, weil man sie nicht ernst nahm, dachte, es wird schon nicht so schlimm.

Wurde es aber.

In loser Folge gibt's hier also montags Kunst und Denkmäler gegen Faschismus, Nationalismus und Rassismus. Orte, die daran erinnern, gibt es nicht nur in unserer Stadt genug, denn wie gesagt: Wir hatten das schon mal.

Gestern holte sich das blaubraune Pack erneut eine Schlappe bei dem Versuch, in Hamburg zu demonstrieren: 68 Rechte trauten sich auf die Straße und sahen sich gut 800 Demokraten gegenüber. Immerhin halten die Blaubraunen ihr Versprechen, viele Menschen auf die Straße zu bringen. 

Wie es zu dieser Beitragsreihe gekommen ist, kannst Du hier nachlesenAlle Beiträge aus dieser Reihe findest Du, wenn Du hier klickst. Mehr Mallorca-Impressionen gibt es hier.


Blick auf das heutige Café S'Oratge. Im Keller des Gebäudes ist 1936 das Hauptquartier der Franquisten.
Son Servera ist eine Gemeinde im Osten Mallorcas. Die gleichnamige Kleinstadt mit knapp 5.000 Einwohner ist neben Son Carrió einer der wichtigsten Schauplätze der Schlacht um Mallorca im Spanischen Bürgerkrieg, eine Frontstadt. Während Son Carrió von Republikanern eingenommen wird, ist Son Servera einer der wichtigsten franquistischen Stützpunkte.

Wir kommen an einem Sonntag nach Son Servera. Der Gottesdienst ist gerade zu Ende, auf dem Kirchplatz, der Plaça de Sant Joan, herrscht noch reges Treiben in den zahlreichen Restaurants, aber ansonsten sind die Straßen wie ausgestorben. Freitags, am Markttag, ist es anders. Da kommen Touristen aus den umliegend Badeorten in Scharen. Heute sind außer den Einheimischen nur ein paar Wanderer und Radfahrer unterwegs.


Die Kirche San Joan in Son Servera.
Die Republikaner versuchen 1936 vergeblich, den Ort einzunehmen und geraten mit 50 Mann in einen franquistischen Hinterhalt. Drei der vier Überlebenden werden in Son Servera hingerichtet. Einzig der aus Barcelona stammende achtzehnjährige Domingo López überlebt die Erschießung. Er kann schwer verletzt fliehen und sich wieder seinem Kommando anschließen.

Die meisten der etwa 900 Einwohner Son Serveras fliehen. Ihre Häuser werden von Militäreinheiten besetzt. Die Republikaner nehmen die das Dorf umgebenen Hügel und Berge ein und bombardieren von dort aus 20 Tage lang beinahe täglich das Dorf, bis sie sich in der Nacht vom 3. auf den 4. September 1936 zurückziehen.


Eine der schmalen Straßen Son Serveras, durch die 1936 die faschistische Siegesparade führte.
Das Hauptquartier der Franquisten befindet sich auf der Plaça de Sant Joan, dem Kirchplatz, im Keller des heutigen Café S'Oratge. Hier findet auch die Siegesparade statt. Zum Anführer der Faschisten macht sich der Italiener Arconovaldo Bonaccorsi, der sich den Kampfnamen "Conde Rossi" gibt.

Bonaccorsi, ein Rechtsanwalt, der sich früh Mussolini  anschließt und 1922 als Anführer der Faschisten aus Bologna am "Marsch auf Rom" teilnimmt, hat einen Hang zur Hochstapelei: Quasi im Alleingang habe er die Republikaner zurückgeschlagen und so die Kriegshandlung für die Franquisten entschieden. 

Bonaccorsi ernennt sich zum General, gibt sich den Titel "Löwe von Son Servera", führt ein Terrorregime, berauscht sich geradezu an Gewalt, wird durch zahlreiche Propaganda-Auftritte in mallorquinischen Dörfern zu einer faschistischen Identifikationsfigur. Aber er macht sich sich Feinde, und so setzen spanische Militärs bei Franco durch, dass Bonaccorsi nach einem halben Jahr Mallorca verlassen muss. Der Personenkult um ihn aber bleibt: Bonacorssi wird in vielen Orten zum Ehrenbürger ernannt, erhält noch 1957 einen Orden von Franco.

Blick auf das heute Café S'Oratge und den Kirchplatz.
Im Zuge der Aufarbeitung des Spanischen Bürgerkriegs setzt auch im Umgang mit Bonaccorsi langsam ein Umdenken ein: Alcúdia entzog ihm Anfang 2017 die Ehrenbürgerschaft.

Heute erinnert in Son Servera kaum etwas an den Spanischen Bürgerkrieg: Gelegentlich finden sich vor Geschäften rostige Granatenhülsen als Türstopper, allerdings nicht, wenn man, wie wir, den Ort an einem Sonntag besucht. In den Wäldern finden sich immer noch verrostete Granaten und Patronenhülsen.

Vor zwei Jahren beginnen Wissenschaftler mit der Aufarbeitung der Batalla da Mallorca, der Schlacht um Mallorca: Sie untersuchen Schützengräben, in denen sich Faschisten und Republikaner zwischen dem 16. August und dem 3. September 1936 gegenüberstanden. Das Projekt soll bis 2022 laufen und wird von einem Blog begleitet

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Freitag, 27. September 2019

Sabates Mallorquines - mallorquinische Schuhe von Ben Calçat

Als wir im letzten Jahr durch Sóller bummelten, wollte ich mir schon Schuhe bei Ben Calçat kaufen, war aber von der Auswahl vollkommen überfordert, haderte das ganze Jahr mit mir, weil ich ohne Schuhe heimflog, und nahm mir vor, wenn wir noch mal nach Mallorca kommen sollten, kommt ein Paar Schuhe mit heim.

Das Schuhgeschäft von Ben Calçat in Sóller.
Dieses Jahr war's soweit.

Spontan fiel meine Wahl auf diese Schuhe, die perfekt zu meiner schwarzen Bürokleidung passen.
Die Schuhe werden komplett von Hand vor Ort gefertigt - Du kannst sogar in die Werkstatt luschern. Aber nicht nur wegen der Handarbeit sind die rahmengenähten Schuhe ein ganz besonderes Souvenir: Sie sind ein Stück balearische Geschichte.

Porqueres von vorne und hinten.
Die Porqueres, die wir kauften, wurden der Überlieferung nach zum ersten Mal von einem Mann, der von Ibiza nach Mallorca kam und kein Geld für neue Schuhe hatte, geschustert, und bestanden ursprünglich aus alten Autoreifen und Leinen. Da die Altreifen Metall enthalten, werden die Sohlen inzwischen aus Fördergurten gemacht. In den Sommerschuhen wird noch immer Leinen verarbeitet, während die Winterschuhe ganz aus Leder sind.

Der Gatte entschied sich für diese Porqueres, die gut zu Blue Jeans passen.
Die Porqueres haben keine ausgearbeitete Innensohle, was uns gelegen kommt, weil wir beide Einlagen tragen, die problemlos in die Schuhe passen. Beim Anprobieren helfen entzückende Verkäuferinnen, die genauestens auf den perfekten Sitz der Schuhe achten.

Die Gummisohlen aus Fördergurten imitieren das Muster von Autoreifen, aus denen die Sohlen früher hergestellt wurden.
Neben den Porqueres gibt es Sandalen (Fraileras und Albarques) sowie Stiefel (Patatera und Bota Mallorquina). Ich fürchte, nächstes Jahr muss ich mehr Platz im Koffer lassen.

Dieser Beitrag geht rüber zur Freutag-Linkparty.