Sonntag, 14. November 2021

Samstagsplausch KW 45/21: Leben und Arbeiten in Corona-Zeiten LXXXVII

"Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz bei den Corona-Infektionen hat einen neuen Höchststand erreicht.", ist der Satz, mit dem ich diese Woche Tag für Tag geweckt wurde. Ich mag einfach nicht mehr. Bilder von Karnevalsauftakt machen mich einfach nur noch fassungslos. In wenigen Tagen werden wir über 100.000 Infizierte täglich haben und über 100.000 Tote, aber notwendige Gegenmaßnahmen werden nicht ergriffen. Vor einem Jahr hatte ich die Hoffnung, dass uns der Impfstoff aus Corona herausbringt. Jetzt richte ich mich auf ein weiteres Corona-Jahr ein. Planlos durch die Pandemie, weiterhin.

Dieses Wochenende wäre ich eigentlich auf einer Tagung in Basel - abgesagt wegen Corona. Letztes Jahr um diese Zeit wäre ich auf einer Tagung in Dresden gewesen - abgesagt wegen Corona. Nächstes Jahr um diese Jahr war eine Tagung in Wien geplant - jetzt schon abgesagt wegen Corona. Gut, so eine Video-Tagung ist sehr effektiv, der Moderator ein Goldstück, aber das ist kein wirklicher Ersatz für den analogen Austausch.

Hier gilt seit mittlerweile 87 Wochen: Der Gatte und ich sind weitgehend zu Hause. Unsere Kontakte sind auf das Notwendigste beschränkt, heißt: Arbeit, Ärzte, Einkaufen, Mütter. Seitdem wir alle geimpft sind, fahren wir die sozialen Kontakte wieder hoch, ich allerdings mit einem schlechten Gefühl. Angesichts der aktuellen Zahlen wird inzwischen sogar der Gatte, der sonst gerne auf den Swutsch geht, zurückhaltender, und das will was heißen.

Der Gatte war lange in coronabedingter Kurzarbeit, wurde vor ziemlich genau einem Jahr schwer krank, ist inzwischen verrentet und bekam in dieser Woche den Bescheid, dass er zu 100% schwerbehindert ist. So schwarz auf weiß zu lesen, dass Grund u.a. ist, dass er es nicht schafft, 2 Kilometer in 30 Minuten ohne Pause zu gehen, ist schon heftig. Was hat der Gatte früher für Wanderungen gemacht, wie viele Höhenmeter hat er geschafft! Und heute sind wir froh, wenn wir es an guten Tagen um die Weide schaffen, also etwas über 3 Kilometer in anderthalb Stunden - mit vielen Pausen.

Schwiegermutter machte mir für diese Woche einen Termin in ihrer Frauenarztpraxis, weil ich mit dem Hin und Her zwischen Frauenärztin und Endokrinologin so unzufrieden war. Nach einem Jahr Hormonpillen fände ich nämlich mal einen Hormonstatus ganz spannend, um zu gucken, ob sich was tat, denn meine Metrorrhagie hält ja an. Nur meint die Frauenärztin, so gut sei sie nicht in Hormonen, dafür müsse ich zur Endokrinologin, während die Endokrinologin sagt, für Hormone sei die Frauenärztin zuständig.

Nun landete ich beim einzigen Mann in der Praxis, weil die Ärztin, bei der ich den Termin hatte, sich gerade die Gräten brach. Ich bin zwar der Überzeugung, Männer werden nur Gynäkologe, weil sie für die Chirurgie zu klein sind, aber beggars can't be choosers. 

Der Arzt war sehr fokussiert, keine Anamnese über den Fragebogen hinaus, kein Geplauder, keine Untersuchung, nur die Feststellung, dass ich sehr viele Tabletten nehme und die Frage, wie die Diagnose lautet. Die wüsste ich auch gerne. Die Endokrinologin warf mir ja nur "Diabetes, bariatrische OP, Gebärmutterentfernung" an den Kopf. Alles weitere musste ich mir anhand der verschriebenen Medikamente zusammenreimen. Er fragte, bei welcher Ärztin ich sei. Als ich den Namen nannte, meinte er: "Von der Ärztin habe ich schon so viel Schlimmes gehört, so viele schlechte Diagnosen gehabt, dass ich denke, sie dürfte gar nicht mehr praktizieren!"

Oh, okay. Wow.  

Ich warf zwar ein, dass die Endokrinologin ja vielleicht nicht ganz falsch liegt, weil ich seit der Hormoneinnahme immerhin 30 Kilo abnahm und das gerne so weitergehen dürfte, aber das fand er irrelevant. 

Ich war an dem Tag total verpeilt, bezweifle, dass ich verständlich machen konnte, dass ich wegen der Behandlung der Metrorrhagie da war, und bin gespannt, wie's weitergeht, nachdem das Laborergebnis da ist. Ich denke, ich werde bei der Praxis bleiben, denn bei der neuen Frauenärztin, bei der ich bislang einmal war, war ich nicht wirklich glücklich, und inzwischen stellte sich heraus, dass sie zum weiteren Querdenker-Umfeld gehört. Das muss ja nun nicht sein. 

Im Büro sind viele Kolleginnen genervt, weil notwendige Entscheidungen von den Chefs nicht kommen, was Arbeitsabläufe verzögert. Ich kenne die beiden Chefs ja schon von früher und hätte nie gedacht, dass es sich bei uns mal so entwickelt. So wäre unser Kalender normalerweise schon seit September gedruckt und verteilt, liegt aber noch immer nicht vor, und ich bezweifle, dass es bis Jahresende klappt. 

Mein Projekt sollte eigentlich im August abgenommen werden. Ich mache ohne Abnahme weiter, wurschtle mich durch. Dadurch, dass komplett auf Digitalisierung gesetzt wird, werden in meinem Bereich Menschen abgehängt, die von der Digitalisierung überfordert sind, Print brauchen. In anderen Bundesländern sah man das ein, kehrt im kommenden Jahr zu Print zurück, sieht in der Digitalisierung nur einen zusätzlichen Benefit, aber bei uns bleibt man stur. Für meine Kolleginnen sieht es so aus, als wäre ich nicht frustriert, aber das täuscht. 

Außerdem müssen wir bis Ende des Jahres unseren Teil des Ladens geräumt haben, was dazu führt, dass die Nachbarabteilung, mit der wir uns Laden, Seminarräume und Büroetage teilen, frei dreht (mit Ausnahme der Lieblingsladenkollegin). Ich bin gespannt, wie lange wir uns noch die Büroetage teilen. Auch hier wäre die Durchsetzungskraft der Chefs gefragt, aber die sind ja so gut wie nie da. 

Den Müttern und Tante geht's gut. Schwiegermutter entschied, dass wir Weihnachten nicht wie geplant essen gehen, denn der Bayer an sich ist ein ungeimpfter Ausländer. Ja, nee, is klaa. Stattdessen will sie in Tantes Küche kochen. Ich schlug Abholung im Restaurant, Raclette oder Fondue vor, aber vergeblich. So wird das alles viel anstrengender als geplant. Ich bin ohnehin gespannt, ob wir nach Bayern fahren werden, so, wie die Coronazahlen explodieren. Dass es in Bayern keine freien Intensivbetten gibt, sorgt mich schon, denn im Notfall bräuchte der Gatte eins. Nun, abwarten.

Mudderns hühnert weiter mit den Nachbarn herum, die ohne Erlaubnis ihr Grundstück betraten, Bäume und Büsche ohne Fachverstand zu Kleinholz verarbeiteten, die Grünabfälle einfach liegen ließen und sich das jetzt auch noch sehr, sehr teuer bezahlen lassen wollen. Muddern will kein Tacheles reden, will auch nicht, dass ich das mache. Sie ist keinerlei Argumenten zugänglich, auch nicht denen von ihrer Gesellschafterin, und das will was heißen. Stattdessen biedert sie sich plötzlich bei den Nachbarn an, will ihnen was schenken etc. 

Immerhin scheinen die Nachbarn davon abgekommen zu sein, die Originalunterlagen von Mudderns Hauskauf bekommen zu wollen, seitdem Mudderns sagte, dass die bei mir liegen. Und ich hoffe, dass Mudderns endlich einen Gärtner beauftragt, den Garten wenigstens zwei Mal im Jahr zu pflegen, denn das Grundstück sieht wirklich verwahrlost aus. Ich könnte mich über sie hinwegsetzen und das beauftragen, aber solange irgend möglich, respektiere ich ihre Entscheidungen, egal, wie irrational sie sind. 

Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen g-Dank für's Sammeln! Über's Kochen und Einkaufen berichte ich in der Kombüse.

2 Kommentare:

  1. Eigentlich auch eine Unart so über eine ärztliche Kollegin zu reden.
    Der Mutter die Oberhand zu lassen ist unter Beobachtung bestimmt sinnvoll.
    Ich drücke die Daumen, dass es ein bisschen besser wird bei euch.
    Liebe Sonntagsgrüße Andrea

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    1. Ja, ich war auch entgeistert, dass er so über eine Kollegin sprach. Das habe ich noch nicht erlebt. Auf der anderen Seite war ich auch froh, denn die Praxis ist sehr renommiert, und deswegen dachte ich, mit mir stimmt was nicht, weil ich mit der Ärztin nicht zu recht komme. Ich bin gespannt, ob der Arzt zu einer anderen Diagnose kommt.

      Dir weiterhin viel Kraft und hoffentlich auch bald wieder etwas ruhigeres Fahrwasser!

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Kommentare von Corona-Leugner, Quer- und anderen Nicht-Denkern, Wahnwichteln, Das-ist-doch-nur-ne-Grippe-Schwurblern, Wir-haben-genug-freie-Intensivbetten-Rufern und ähnlichen Düffeldaffeln werden gelöscht.