Sonntag, 12. Oktober 2025

Samstagsplausch KW 41/25: Leben und Arbeiten in Corona-Zeiten CCXCI

Diese Woche war ausgesprochen anstrengend. Der Gatte wollte, musste in die Augenklinik, was vier Stunden Untersuchung / Behandlung bedeutet plus drei Stunden Fahrt. Seit fast drei Wochen verließ er nicht mehr das Haus, selbst im Rollstuhl nicht, und dann so ein Mammut-Termin! Auf dem Hinweg stürzte er, schlug sich die Knie auf, dann war die Autobahnabfahrt spontan gesperrt und und und - selbst der Gatte meinte irgendwann, das solle heute wohl einfach nicht sein. Ich fuhr aber stoisch weiter, und wir waren pünktlich da. Der Gatte machte auch den Eindruck, dass es ihm gut tue, mal wieder draußen zu sein, wollte nach dem Termin sogar noch durch "unser" altes Einkaufszentrum bummeln, was ich ihm aber ausredete, denn ich hatte keine Kraft mehr. Und beim Gatten zeigte sich am nächsten Tag, dass ihn der Ausflug doch mehr strapazierte, als er sich eingestehen wollte: Ich musste einen Arzttermin absagen. Heute wollten wir eigentlich ins Kino, aber auch dafür fehlt dem Gatten die Kraft, obwohl er sich sehr auf zwei Stunden historische Dampflok-Filme freute.

Die kommende Woche wird nicht weniger anstrengend. Der Gatte hat einen 8:30-Uhr-Termin in der Augenklinik und ist wild entschlossen, den wahrzunehmen, auch wenn das bedeutet, dass wir um 6:30 Uhr losfahren müssen. Ich hoffe, der Gatte schafft das. Er will so gerne wieder sehen können!

Der Gatte ist jetzt seit 20 Tagen als palliativ eingestuft. Als sein Haus- bzw. Palliativarzt die Einstufung vornahm, meinte er, ich solle mich auf Tage einstellen, nicht auf Wochen. Mittlerweile denke ich immer öfter "Na ja, 52 Wochen sind auch nur 365 Tage ...". Vielleicht erleben wir ja doch noch ein Wunder? Wir haben uns in den letzten drei Wochen so gut wie möglich in der neuen Situation eingerichtet, neue Rituale entwickelt, die es ermöglichen, weiter als Paar zusammen zu leben, nicht nur als Pflegling und Pflegekraft. Der Alltag ist allerdings unwahrscheinlich anstrengend. 

Jedenfalls ist der Lebenswille des Gatten ungebrochen. Er hat sich gerade Hanteln und einen Pedaltrainer bestellt, will endlich wieder mehr Kraft in Armen und Beinen haben, will nicht mehr von mir abhängig sein, weil er zu schwach ist, um aus eigener Kraft aufzustehen. Er isst und trinkt oft wieder mehr als vor einer Woche. Gleichzeitig ist der Gatte aber sehr schwach, schläft die meiste Zeit des Tages und ist dafür nachts sehr umtriebig, was mich schafft, denn ich schlafe selten eine ganze Stunde am Stück, weil immer irgendwas ist. 

Die heutige Pflegekraft meinte mitleidig, ich sähe völlig fertig aus - kein Wunder. Ich bin bar jeden Erschöpfungslevels, funktioniere oft noch nicht mal mehr auf Autopilot, habe kaum noch Kraft für Haushalt und Co., möchte nur noch endlich mal wieder eine Nacht durchschlafen. Dass der Gatte so schwach ist, wird auch damit zusammenhängen, dass der Pilz, mit dem er infiziert ist, die Eisenreserven angreift. Die Eisentabletten setzt sein Arzt allerdings vor drei Wochen ab. Ich muss bei Gelegenheit mal nachfragen, ob das so bleiben soll. 

Jedenfalls hatte die heutige Pflegekraft Zeit, mir beim Duschen des Gatte zu helfen, was eine Erleichterung war! Der Gatte ist so wackelig, dass ich Angst habe, dass er in der Dusche stürzt, ich ihn nicht alleine halten kann. Doch, da sind überall Griffe, an denen sich der Gatte festhalten kann, aber er schafft es trotz Griffen, zu stürzen.

Als wir das alt-neue Haus umbauten, wollte ich gleich einen Treppenlift einbauen, weil wir ja nicht jünger werden. Mein Argument war, dass notfalls der Wäschekorb damit fahren könne. Als der Treppenlift jetzt kam, musste ich natürlich ausprobieren, ob das klappt.

In dieser Woche wurde auch der Treppenlift montiert. Ich fragte bei der Firma an, ob angesichts der aktuellen Situation ein früherer Montage-Termin möglich wäre, und sie schoben uns an einem Abend ein! Für den Gatten ist sein "Treppen-Ferrari" eine große Erleichterung! Bislang schaffte er unter großer Kraftanstrengung abends die Treppen, jetzt können wir wieder zusammen in der Stube frühstücken, kommt er auf die Idee, nach unten zu fahren, um Kaffee zu kochen, damit ich ausschlafen kann. So sehr sich der Gatte gegen einen Treppenlift wehrte, so froh ist er jetzt darüber! 

An die Handhabung müssen wir uns allerdings noch gewöhnen. Ist der Treppenlift unten, muss vorher die Windfangtür geöffnet werden, denn sonst kommt niemand auf die Toilette oder zur Haustür. Ist der Treppenlift oben, muss er auf die Parkposition gefahren werden, denn sonst kommt niemand mehr auf die Treppe. Das ist manchmal ziemlich kniffelig, wenn der Gatte eine schlechte Phase hat und den Lift nicht selbst bedienen kann, Hilfe braucht. Ich habe jedenfalls ausreichend Treppen-Training ... Allerdings habe ich auch so viel Gewicht verlosen, dass ich den Treppenlift inzwischen selbst benutzen könnte. 

Natürlich beschäftigte mich diese Woche auch, dass die Freilassung der Hamas-Geisen unmittelbar bevorsteht. Bring Them Home Now wird endlich Realität, unfassbare zwei Jahre nach dem Simchat-Tora-Massaker! Es schmerzt, dass nicht alle 48 Geiseln am Leben sind, dass von vielen selbst die sterblichen Überreste nicht mehr übergeben werden können, weil sie nicht mehr auffindbar sind. 

Ich habe es endlich geschafft, hier in der Umgegend eine Impfmöglichkeit gegen Grippe und Corona zu finden. Jetzt muss ich nur noch einen Termin dafür finden ... Eigentlich wollte ich mich in der kommenden Woche impfen lassen, aber da gibt es keinen Tag, an dem ich ausfallen kann, falls ich doch Impfnebenwirkungen habe. Vielleicht klappt es Freitag. Jedenfalls bin ich froh, dass ich für die Impfungen nicht nach Hamburg fahren muss, denn so lange kann ich den Gatten nicht mehr alleine lassen.

Hier gilt seit mittlerweile 291 Wochen: Der Gatte und ich sind weitgehend zu Hause. Im ersten Corona-Jahr wurde der Gatte schwerkrank, im zweiten zeigte sich, dass er nicht mehr gesunden wird, im vierten hatte er einen Schlaganfall, im sechsten wurde er ein Palliativfall, steckte sich im Sommer bei einem neunwöchigen Krankenhausaufenthalt mit Candidozyma auris an und wird an der Pilz-Infektion sterben.

Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! Über's Kochen und Einkaufen berichte ich in der Kombüse.

Montag, 6. Oktober 2025

#pmdd2025: Der 28. September 2025

An jedem 28. eines Monats ist Picture my Day-Day, kurz pmdd. Ich finde, das ist ein schönes Tagebilderbuch. Mitmachen ist einfach: Fotos vom Tag machen, bloggen oder mit #pmdd2025 auf Twitter oder Instagram einstellen. Gesammelt wird alles auf dieser Seite. 

Schnuffi sagt, ich muss aufstehen und mich um das Frühstück kümmern.

Irgendwie ist in letzter Zeit sonntags immer der Kaffee alle.

Frühstück für den Gatten. Die kleine Schokolade mit dem "Du schaffst das!"-Hasen hat ihn durch neun Wochen Krankenhaus getragen, sagte er nach der Entlassung. Ich habe so viele Packungen aufgekauft, wie ich finden konnte, und habe noch immer einen Vorrat, um ihm in der aktuell aussichtslosen Situation Mut zu machen. 

Das Panorama-Fenster mit guten Wünschen für den Gatten und für mich und mit Blumen. Ich finde, das sieht seht hübsch aus.

Die Tabletten für die kommende Woche für den Gatten vorbereiten. Früher machte ich das immer für vier bis sechs Wochen im Voraus ... 

Die Sockenpaare, die ich während des Krankenhausaufenthaltes des Gatten strickte, wollen fotografiert werden, bevor sich das erste Paar auf die Socken macht und verschenkt wird.

Der kleine Apfelbaum des Gatten produziert dieses Jahr so wunderschöne Äpfel, als wüsste er, dass sich der Gatte zum letzten Mal daran erfreuen kann.

Nochmal Wassermelone als Mittagessen für den Gatten. Leider geht die Saison jetzt zu Ende.

Eigentlich müsste ich jetzt den Linseneintopf für heute Abend vorbereiten, aber ich sitze lieber mit dem Gatten auf dem Balkon in der Sonne und genieße mit ihm zusammen einen der letzten sonnigen Spätsommernachmittage.

Die Socken sind bereit zum Verschenktwerden, und erst beim Betrachten des Fotos fällt mir auf, dass ich die Banderole vergaß ...

Heute ist Sonntag. Der Gatte ist seit sechs Tagen als palliativ eingestuft. Wir sollen uns auf Tage einstellen, nicht auf Wochen. Auch wenn wir seit dem 28. August wussten, dass es so kommen würde, ist es in dieser Endgültigkeit und Klarheit nun doch ein Schock. Wir haben uns komplett zurückgezogen. Eigentlich waren für heute Abend die beiden Sandkastenfreundinnen zum Essen eingeladen, aber das wäre in dieser Situation zu viel für den Gatten geworden. So kommt denn eine der beiden Sandkastenfreundin vorbei, um mir zu helfen, unser Holz zu transportieren, aber selbst das ist zu viel für den Gatten, wie sich abends zeigt, als wir zum dritten Mal in dieser Woche den Hausnotruf benötigen. Dabei kam er eigentlich nur aus seinem Zimmer herunter, um Guten Tag zu sagen, und saß anschließend in seinem Sessel. 

Ach, das bisschen Holz bekommen wir doch leicht mit ... 

Ähm, das war wohl doch ein bisschen mehr Holz ... Der Wagen ist ratzfatz voll, wir müssen mindestens noch einmal fahren.

Die Freundin befand, wir bekommen mit der zweiten Fuhre alles Holz mit, und stapelte so, dass es gleichmäßig verteilt ist. Wir 

Das war doch noch eine ganze Menge Holz.

Das wäre eigentlich unser Abendessen geworden, aber weil's mir wichtiger war, mit dem Gatten in der Sonne auf dem Balkon zu sitzen, gibt's den Linseneintopf erst morgen.

Stattdessen haben wir mal wieder Essen bei der Schiebetür bestellt

Der Blick zurück in die ersten fünf Corona-Jahre: Am 28. September 2020 war der Gatte noch gesund und arbeitete. Ich hatte einen Büro- und Ladentag und wechselte die Zeitung an der Fenster-Leckage aus, wie auch am 28. September 2021. Am 28. September 2022 hätten wir laut Aussage des Bauunternehmers, der sich später als ziemlicher Chaot entpuppte, seit zwei Tagen im Haus wohnen können, war der Gatte noch fit genug, um mit dem Schornsteinfeger alleine die Hausbegehung zu machen. Heute kann er das nicht mehr. Am 28. September 2023 pendelten wir noch immer zwischen Wohnung und Baustelle. Am 28. September 2024 freuten wir uns auf den bevorstehenden Mallorca-Urlaub und ahnten nicht, dass es unser letzter gemeinsamer Mallorca-Urlaub sein würde, denn ein Jahr später ist der Gatte Palliativ-Patient.

Sonntag, 5. Oktober 2025

Samstagsplausch KW 40/25: Leben und Arbeiten in Corona-Zeiten CCXC

Seit dreizehn Tagen ist der Gatte als palliativ eingestuft. Unser Leben ist noch ruhiger geworden, als es ohnehin in den letzten Wochen schon war. Der Gatte wird deutlich schwächer, isst und trinkt weniger, schläft mehr. Ich kann ihn nicht mal mehr mit einen Ausflug ins Eiscafé oder mit Wassermelone locken.

War in der letzten Woche noch Besuch da, so wurde diese Woche jede Verabredung abgesagt, denn Besuch strengt den Gatten über Gebühr an, selbst, wenn der Besuch zu mir kommt. Der Gatte möchte dann wenigstens nach unten kommen, um Guten Tag zu sagen, und das ist aktuell schon zu viel für ihn. Meine eigenen Termine und Verabredungen außerhalb des Hauses habe ich komplett abgesagt. Ich bin so selten wie möglich außer Haus, weil der Gatte einfach viel Hilfe braucht, sich alleine kaum auf den Beinen halten kann, aber auch, weil ich unendlich erschöpft bin. Ich würde so gerne mal wieder eine Nacht durchschlafen ... 

In den kommenden beiden Wochen ist der Haus- bzw. Palliativarzt in Urlaub, sind wir komplett auf das Palliativnetz angewiesen. Ich hoffe, das klappt.

Die Pflegekräfte, die jeden Tag kommen, sagen, ich soll mir Auszeiten nehmen, auch mal was für mich tun, damit ich nicht zusammenklappe, nur wie soll das gehen?! Aktuell ist einfach nur Durchhalten angesagt.   

Da der Gatte zu schwach ist, um auf die Terrasse zu kommen, genossen wir die letzten Sonnenstrahlen auf dem Balkon, bevor es Herbst wurde.

In zwei, drei Tagen soll der Treppenlift eingebaut werden. Ich hoffe, das klappt. Dann wäre es für den Gatten einfacher, ins Erdgeschoss zu kommen, könnten wir wieder zusammen frühstücken. Aktuell quält er sich nur abends in die Stube. Für mehr reicht die Kraft nicht mehr.

Hier gilt seit mittlerweile 290 Wochen: Der Gatte und ich sind weitgehend zu Hause. Im ersten Corona-Jahr wurde der Gatte schwerkrank, im zweiten zeigte sich, dass er nicht mehr gesunden wird, im vierten hatte er einen Schlaganfall, im sechsten wurde er ein Palliativfall, steckte sich im Sommer bei einem neunwöchigen Krankenhausaufenthalt mit Candidozyma auris an und wird an der Pilz-Infektion sterben.

Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! Über's Kochen und Einkaufen berichte ich in der Kombüse.

Freitag, 3. Oktober 2025

#12von12 im September 2025

Caro von "Draußen nur Kännchen" sammelt jeden Monat am 12. des Monats 12 Impressionen des Tages - vielen Dank dafür! 

#1: Schreck am Morgen: Der Kaffee ist alle!

#2: Während die Kaffeemaschine läuft, wird die Spülmaschine ausgeräumt.

#3: Schlemmerfrühstück für den Gatten und Kaffee für mich. Der Appetit des Gatten ist noch ungebrochen, was gut ist.

Heute ist Freitag. Der Gatte ist seit einer Woche wieder zu Hause, nach neun Wochen im Krankenhaus. Es geht ihm noch vergleichsweise gut, er ist noch nicht als palliativ eingestuft. Das wird sich zehn Tage später rapide ändern. Dennoch wissen wir auch heute schon, dass der Gatte Abschied vom Leben nimmt - es sei denn, es gibt ein Wunder, das ihn heilt.  

#4: Nachher wird maßgenommen für einen Treppenlift.

#5: Ich mag dieses Einkaufszentrum, obwohl es total verbaut ist. Leider macht ihm Leerstand sehr zu schaffen.

#6: Heute beginnt das Stadtfest. Der Gatte freut sich sehr darauf. Es wird sein letztes Stadtfest werden, sofern kein Wunder geschieht.

#7: Der kleine Apfelbaum trägt Unmengen von Früchten als wüsste er, dass er kommende Woche zum letzten Mal vom Gatten geerntet wird.

#8: Diese Woche sind wir voll im Plan.

#9: Küchengeräte, von denen ich niemals gedacht hätte, dass ich sie mal besitzen würde: Ein Eierkocher, heute gekauft. Seitdem er aus dem Krankenhaus zurück ist, möchte der Gatte jeden Morgen ein Ei essen. Da ist ein Eierkocher tatsächlich effizienter als ein Topf mit Wasser.

#10: Auf dem Rückweg vom Stadtfest machen wir Pause auf Mudderns Bank und gucken in den Himmel.

#11: Das letzte Paar Socken, das ich im Krankenhaus strickte, ist fertig. Jetzt nur noch die Fäden vernähen.

#12: Vorm Einschlafen noch etwas lesen*.

Der Blick zurück in die ersten fünf Corona-Jahre: Am 12. September 2020 war unser Dänemark-Urlaub zu Ende, war der Gatte noch gesund. Am 12. September 2021 machten wir den ersten Urlaub seit Erkrankung des Gatten und waren im gleichen Ferienhaus wie im Vorjahr. Am 12. September 2022 dachten wir, dass wir zum letzten Mal auf Mallorca waren, weil der Gatte das Klima nicht mehr verträgt. Zwei Jahre später flogen wir dann tatsächlich zum letzten Mal auf die Insel. Am 12. September 2023 pendelten wir immer noch zwischen Wohnung und Baustelle, obwohl uns die Baubrigade im Vorjahr zusagte, wir könnten Ende September 2022 ins alt-neue Haus einziehen. Am 12. September 2024 war ich auf Fanø. Da wäre ich dieses Jahr eigentlich mit dem Gatten gewesen, aber er ist zu krank dazu. / *Affiliate link