Ich verschlafe erst mal. Die Zeiten, in denen ich ausschlafen konnte, weil ich nur maximal sechs Stunden arbeitete, sind nämlich vorbei. Meine Stunden wurden aufgestockt. Ich schnappe mir schnell einen Kaffee, bevor der Gatte die Küche besetzt, um sich Brote zu schmieren, und fahre den PC hoch, um einen Beitrag für die (nicht nur) montags gemeinsam-Reihe zu schreiben. Dann Wäsche aufhängen, Smoothie machen, Brote schmieren, duschen, anziehen und ab zum Bus. Ich muss pünktlich im Laden sein, weil ich einen Kurier bestellte.
Ich bin pünktlich im Laden, wo in einem Hinterzimmer das Leben tobt, weil Jugendliche für eine Plakat-Aktion Briefsendungen packen. Eine schöne Abwechslung! Ich fahre den PC hoch und sichte Mails. Die erste ist von einer Freundin, die fragt, ob ich nachher zur Demo gehe. Das braune Pack hat sich nach vier Monaten Pause nämlich überlegt, die nächste Klatsche abholen zu wollen. Eigentlich wollte ich früh Feierabend machen, weil ich zu Hause noch so viel zu tun habe, bevor's in den Urlaub geht, aber nun ja.
Der Kurier kommt und kommt nicht. Ich stehe unter Zeit- und Termindruck, nerve das Call Center des Kuriers und hibble auf der Straße auf und ab. Dabei hibble ich fast Frau Crow and Kraken um, die zufällig die Straße entlangläuft.
Nach einer guten Stunde ist noch kein Kurier da. Ich bitte eine der Jugendlichen, meinen Hibbel-Posten zu übernehmen und hetze ins Büro, wo ich seit einer halben Stunde in einer Besprechung sein soll. Kaum bin ich da, verkündet Chef, dass ich ab Januar nicht mehr Exkremente nach Farben sortiere, sondern ins Theater gehe. Mit anderen Worten: Jetzt ist es offiziell, dass ich eine andere Abteilung übernehmen werde, weil die Kollegin in den Ruhestand geht.
Nach der Besprechung hetze ich in den Laden, um die Abrechnung zu machen, und wieder ins Büro, um mit einer Kollegin eine Differenz in den Bareinnahmen zu suchen. Ich weiß, warum ich bargeldlose Zahlungen lieber habe. Zwischendrin kümmere ich mich noch um die Leerung der Altpapiertonne und führe endlose Diskussionen mit der Kollegin, die stets verneint.
Gegen halb zwei komme ich endlich zum Frühstücken. Heute ist zudem seit drei Wochen der erste Tag, an dem ich wieder an meinem Schreibtisch sitzen kann. Davor war ich mit Krankheits- und Urlaubsvertretung beschäftigt, erledigte meine eigentlich Aufgaben mehr oder weniger nebenbei. Zum Glück ist das Team super und fing einiges auf.
Ich gucke die Bürgerschaftsdebatte zur heutigen Nazi-Demo und ziehe parallel meine redaktionellen Seiten glatt, denn die vernachlässigte ich in den letzten drei Wochen. Nebenbei macht mich die Kollegin, deren Aufgabengebiet ich ab Januar übernehme, kirre, denn sie geht morgen in den Urlaub, und bei uns brummt gerade das Weihnachtsgeschäft.
Wir brauchen Kollegen im Laden, die Bock auf Verkaufen haben, Umsatz machen wollen, aber das kann ich von Jetzt auf Gleich auch nicht ändern. Jedenfalls bin ich froh, dass ich mir gerade ein Viererpack Aufbissschienen kaufte. Die werde ich in den nächsten Monaten brauchen.
Kurz nach 18 Uhr strömen immer mehr Menschen zum Jungfernstieg. |
Ganz schön voll hier. |
Wo ist denn nun das Volk?! |
Kurz nach 21 Uhr bin ich wieder zu Hause. Der Gatte schläft schon, war aber so lieb, mir Abendessen warmzustellen. Ich wühle mich durch die Demoberichte, gucke heute journal und Tagesthemen, tippsle diesen Bericht und falle ins Bett.
Danke, dass du auf dieser wundervollen Gegendemo warst! Ich lag leider krank im Bett. Am 3. Oktober bin ich dann aber auch wieder auf der Straße. Aber die Geschichte mit der Göre ist echt schon krass. Hoffentlich hat die jetzt mal gelernt, dass man Menschen die politische Gesinnung nicht ansehen kann. Den meisten jedenfalls nicht.
AntwortenLöschenIch hoffe, es geht Dir inzwischen besser! Es sieht ja so aus, als hätten wir zumindest in Hamburg im Oktober Ruhe, weil das Pack in Berlin aufläuft. Im November geht's dann wieder auf die Straße.
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