Samstag, 8. August 2020

Samstagsplausch KW 32/20: Leben und Arbeiten in Corona-Zeiten XXI

Seit dem 17. März arbeite ich weitgehend zu Hause, bin normalerweise nur an zwei Tagen zu Wochenbeginn und Wochenende im "echten" Büro. Da war's diese Woche eine Umstellung, wieder drei Tage in Folge im "echten" Büro zu sein, so richtig mit Vertretungsdiensten, Besprechungen und Überstunden, wie vor dem Lockdown. 

Zum ersten Mal seit 21 Wochen bereitete ich mir Sonntagabend also drei Mahlzeiten für die Mittagspausen zu. Neudeutsch heißt das Meal Prep, und ich finde es ausgesprochen zeitsparend und praktisch (und lecker). Klar könnte ich mir auch rund ums Büro etwas kaufen, aber dazu bin ich meistens zu geizig. Praktisch war, dass ich den Rechner nicht mitschleppen musste, denn der stand vom letzten Freitag, als ich spontan ins "echte" Büro musste, noch da. Bisher aß ich an den beiden Tagen im "echten" Büro kein Mittag, weil ich rechtzeitig Feierabend machen konnte, um zu Tee und Kuchen beim Gatten zu sein.

So nett die drei Bürotage in Folge auch waren, so sehr waren sie mir doch viel zu viel Normalität, und auch bei den Arbeitswegen frage ich mich wieder verstärkt, ob ich tatsächlich weiterhin Bus und Bahn fahren will oder ob ich nicht lieber in den sauren Apfel beiße und an meinen beiden Bürotagen für's Parkhaus zahle. Das wäre auf jeden Fall virensicherer (aber ökologisch und finanziell unsinnig). Radfahren kommt leider nicht in Frage. 

In Bus und Bahn tragen viele Menschen keine Maske. Mit dem Ende der Sommerferien steigt die Zahl der Fahrgäste (und die der Infizierten). Morgens war es in den Ferien zumindest in einer Linie noch einigermaßen leer, aber nachmittags sind beide Linien proppenvoll. Da fühle ich mich zunehmend unsicherer. Seit vorgestern will der HVV die Maskenpflicht mit verstärkten Durchsagen, Videoclips und Kontrollen durchsetzen - mal gucken. Durchsagen und Videoclips waren bislang nach meinen Beobachtungen wirkungslos, und Maskenmuffel werden die Masken nur so lange tragen, wie die Kontrolleure im Bus sind. 

Der Gatte und ich sind seit 21 Wochen weitgehend zu Hause, der Gatte inzwischen im fünften Monat Kurzarbeit. Er ist zwei Tage im Büro und ansonsten auf Abruf, kümmert sich in dieser Zeit um Haushaltsauflösung und Umzug seiner Mutter in eine Seniorenwohnanlage. So gesehen ist die Kurzarbeit des Gatten fast schon ein Segen.

Ich bin ebenfalls normalerweise zwei Tage pro Woche im "echten" Büro und arbeite ansonsten im Heimbüro. Die drei Projekte, für die ich verantwortlich bin, sind alle auf unterschiedliche Weise von der Pandemie betroffen, aber mein Arbeitsplatz an sich ist sicher, anders als beim Gatten. Bei meinem Arbeitgeber gilt inzwischen wieder Präsenzpflicht, so dass ich wohl bald wieder täglich im "echten" Büro arbeiten muss. Mal schauen. Aus diversen Gründen habe ich nämlich einen Heimarbeitsplatz, den ich aber erst seit 17. März nutze. Davor dachte ich, wenn familiär nichts anliegt, täte es mir ganz gut, täglich raus zu müssen, aber inzwischen sehe ich das anders. 

Nachdem Schwiegermutters Haus letzte Woche übergeben wurde, schlossen wir Wetten ab, wie lange es dauert, bis sich die unfreundliche Käuferin mit den Nachbarn überwirft. Schwiegermutter und Gatte geben ihr kein halbes Jahr, ich neun Monate, denn vor Weihnachten werden die geplanten Umbauarbeiten kaum abgeschlossen sein, wird die Familie nicht einziehen. Und erst zum Frühjahr hat sie Gelegenheit, sich über grillende Nachbarn, spielende Kinder und streunende Nachbarskatzen zu beschweren. Mal schauen, was die ehemaligen Nachbarn in ein paar Monaten berichten.

Apropos spielende Kinder: Wir mussten uns wieder beim Vermieter darüber beschweren, dass unsere Terrasse zum Bolzplatz umfunktioniert ist, Fenster und Türen als Tore herhalten, Pflanzen und Mobiliar zerstört werden, und wieder baten wir vergeblich um Aufstellung eines Zaunes vor unserer Terrasse, um die Situation zu entspannen. Zwar ist das Fußballspielen auf dem schmalen Grünstreifen zwischen den beiden Wohnblöcken aus gutem Grund seit Jahr und Tag verboten, aber daran hält sich seit 2016 niemand mehr (es gibt übrigens ausreichend geeignete Bolzflächen in unmittelbarer Nähe).

Der Vermieter lehnt einen Zaun nach wie vor ab, und wir dürfen auch keinen auf unsere Kosten aufstellen, weil das Gesamtbild der Wohnanlage dadurch beeinträchtigt ist. Zerschossene Haustüren beeinträchtigen das Gesamtbild allerdings nicht, wie sich in der Vergangenheit zeigte. Dennoch scheint es nach unserer aktuellen Beschwerde einen Brief der Vermieter gegeben zu haben, denn diese Woche klingelten plötzlich zwei Kinder an der Tür und fragten, ob sie in den Garten dürften, um ihren Frisbee zu holen, anstatt einfach durch die Hecke und über's Mobiliar zu laufen. Geht doch.

Nachbarn aus den umliegenden Wohnblöcken, die nicht zu unserem Vermieter gehören, scheinen sich hingegen über die Lautstärke der spielenden Kinder beschwert zu haben, denn seit einigen Tagen sind die deutlich ruhiger. Wir empfinden spielende Kinder nicht als Lärmfaktor, aber diese Kinder sind wirklich laut. Oft höre ich sie schon, wenn ich spätnachmittags an der 300 m entfernten Bushaltestelle an einer vierspurigen, viel befahrenen Straße aussteige. Ich kenne Schulhöfe, auf denen es in den großen Pausen leiser zugeht; ich habe jahrelang neben einer Schule und einem Kindergarten gewohnt - kein Vergleich zur Lautstärke der aktuellen Nachbarskinder. 

Aber jetzt stehen keine Kinder mehr da und kreischen wie am Spieß, aus purer Freude am Kreischen (falls mal Sirenen ausfallen: Ich hätte Ersatz). Sie räumen manchmal abends ihr Spielzeug weg. Phasenweise kamen wir kaum aus dem Haus, weil vor der Tür kreuz und quer Tretroller, Fahrräder, Springseile und Sandspielzeug lagen. Auf den Grünstreifen stört's ja nicht, aber auf den Wegen und in den Eingängen, die schlecht beleuchtet sind, sind's Stolperfallen.

Auch stehen die Kinder nicht mehr vor den Häusern und brüllen bins in den dritten Stock gegen die geschlossenen Fenster an, um zu fragen, ob Freunde zum Spielen runter kommen oder die Eltern Wasserflaschen und Eis runter werfen, sondern sie nutzen die Gegensprechanlage. Sie sind sogar in der Lage, leere Flaschen oder leeres Eispapier im Müll zu entsorgen - gelegentlich. Zeitweise sieht's hier aus wie auf einer wilden Müllkippe, auch, weil irgendwelche Düffeldaffel den Müll hartnäckig neben die Tonnen stellen. Vorgestern kam eine Nachbarin mit ihren beiden Töchtern nach Hause, schimpfte, weil wieder Müll auf dem Grünstreifen lag, und sammelte ihn ein. Immerhin. Nachhaltiger wär's, wenn die Töchter, die den Müll verursachten, ihn auch einsammelten, aber nun ja. 

Könnte man die Eltern auch noch überzeugen, dass es unklug ist, Kindern Zündschlüssel zu geben, damit sie sich sonntagmittags ins Auto setzen, um stundenlang zu hupen, während andere Kinder kreischend darum herum stehen; könnten die Eltern ihren Kindern auch noch beibringen, nicht stundenlang mit abgebrochenen Ästen auf Zäune oder Büsche einzuprügeln, wäre es fast wieder wie vor 2016. Spielende Kinder gab's hier schon immer reichlich, die Siedlung ist ideal für Familien, aber einige, die seit 2016 einzogen, sind sehr speziell.

Für den Gatten ist es auch nach der Hausübergabe noch nicht wirklich ruhiger geworden. Nach dem Umzug war ja noch so viel Krams in Schwiegermutters Haus, den sie in ihrer Verwirrtheit als Sperrmüll bezeichnete, während sie Sperrmüll mit umziehen ließ, dass wir ein zweites Lager anmieteten, um das Haus zur Übergabe leer zu bekommen. Inzwischen ist Schwiegermutter wieder so fit, dass sie mit dem Gatten einen Blick ins Lager werfen konnte, er es nun gemeinsam mit ihrer Gesellschafterin auflösen kann. Mit Glück sind wir diese zusätzlichen Kosten bald los. 

Und ich vermute, wenn das Lager aufgelöst ist, taucht auch die verschwundene Brieftasche des Gatten wieder auf. Meine verschwundene Kamera fand sich jedenfalls inzwischen in Schwiegermutters Wohnung wieder an, wo sie der Gatte geistesgegenwärtig rettete, ehe Schwiegermutter sie entsorgen konnte. Sie entsorgt zurzeit alles, womit sie nichts anfangen kann.

Aus den ganzen Ereignissen der letzten Monate haben wir gelernt, dass wir, vor allem ich, zukünftig öfter und rigoroser ausmisten müssen. Und solltet ihr alte Eltern haben, die von einem Haus in eine Wohnung / Seniorenwohnanlage umziehen, schaltet euch rechtzeitig ein, selbst wenn eure Eltern normalerweise strukturiert sind. Der Umzug überforderte Schwiegermutter, die ihr Leben sonst im Griff hat, total, was sie sich aber nicht eingestehen konnte und deswegen keine Hilfe annahm. Sollte es bei uns irgendwann mal so weit sein, hoffe ich, dass wir uns rechtzeitig Hilfe und Unterstützung holen werden.

Mediterrane Köstlichkeiten auf der Terrasse.

Ansonsten versuchen wir, uns ruhige Momente zu schaffen, bis wir endlich in den Urlaub fahren können. Wir genießen die langen Abende auf der Terrasse, schafften es Sonnabend zum Markt, wo wir uns mit allerlei mediterranen Köstlichkeiten eindeckten, oder fläzten uns gemeinsam zum Fernsehen auf dem Sofa. Uns beiden fehlt der diesjährige Mallorca-Aufenthalt, und wir hoffen, dass wir nächsten September wieder bedenkenlos dort hin fliegen können.

Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! Über's Einkaufen und Kochen in der vergangenen Woche berichte ich in der Kombüse. Bleibt zu Hause, bleibt gesund, passt auf euch und eure Lieben auf.

2 Kommentare:

  1. Hej Sabine,
    das klingt ja einfach nach dem täglichen Wahnsinn :0) Arbeiten von zu hause aus stell ich mir auch angenehm vor, jedenfalls wenn alles gut organisiert ist. Der Urlaub fehlt mir dieses Jahr auch, aber was nicht zu ändern ist....Mhhhm das sieht aber wirklich köstlich aus! Dann hab noch ein schönes Wochenende und lass keinen Stress aufkommen! :0) Ganz LG aus Dänemark, ulrike :0)

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  2. Ja, ein Haushalt wird irgendwann zu viel. Ich habe bis jetzt (hoffen wir, es werden nicht mehr) dreimal ein Haus von einer alten Person übernommen. Es war jedesmal Schwerstarbeit, alles auszusortieren. Wenn meine Eltern in eine Alterswohnung umziehen werden, wird das auch viel Arbeit geben, aber wir sind fünf Kinder und werden gemeinsam tätig werden. Meine Schwiegermutter hat immer mal wieder gezügelt, so dass sie jedesmal weniger Zeugs hatte. So sind die Menschen verschieden.
    Deine Wohnsituation ist ja echt meeeegalaut.
    Liebe Grüsse zu dir

    Regula

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