Samstag, 5. März 2022

Samstagsplausch KW 9/22: Leben und Arbeiten in Corona-Zeiten CIII

Es sind verrückte Zeiten, in jeglicher Beziehung.

Heute vor einem Jahr war ich erleichtert, dass ich von meiner Hausärztin ein Attest über die Zugehörigkeit zur Risikogruppe 2 bekam, um im Impfzentrum geimpft zu werden, und gleichzeitig nervös, ob ich geimpft werde, weil unklar war, ob dort nicht erst alle über 80jährigen geimpft werden sollen, die Hausärzte auf unbestimmte Zeit aber noch nicht impfen durften. Die Regeln interpretierte jeder Sachbearbeiter anders, aber ich hatte Glück und wurde nach kurzer Diskussion geimpft. Auch bei der Boosterimpfung war's ziemlich kompliziert, einen Termin samt Arzt zu finden, der uns impft, weil wir zwar immer noch Risikogruppe 2, aber immer noch unter 70 (die Altersgrenze für den Booster) sind.  

In dieser Woche nun bekam ich im Vorbeigehen den zweiten Booster bei meiner Hausärztin. Ich wollte eigentlich nur eine Überweisung holen, sah im Fenster den Aushang, dass jetzt alle gegen Corona geimpft werden, fragte, ob das auch bei Zweitboostern gilt, weil ich dann kommende Woche am Impftag wiederkäme, konnte aber gleich da bleiben, obwohl kein Impftag, die Vierteljahresfrist zwischen den beiden Impfungen erst am kommenden Tag abgelaufen wäre, ich keinen Impfpass dabei hatte und noch immer unter 70 bin. 

Auf den zweiten Booster war ich gar nicht so erpicht, wollte eigentlich bis zum Herbst warten, in der Hoffnung, dass es da den angepassten Impfstoff zusammen mit der Grippeimpfung gibt, aber dem Gatten ist der Zweitbooster wichtig (und da die Infektionszahlen gerade mal wieder steigen, ist das vielleicht auch richtig so). Auch bei ihm brauche ich mich nicht um einen Termin zu bemühen, denn seine Hausarztpraxis impft inzwischen. Was für eine Erleichterung im Vergleich zur Zeit vor einem Jahr, ja, sogar vor einem Vierteljahr!

Nach der Hausärztin ging's zur Lungenärztin, die mich außer gegen Corona ad hoc gegen Pneumokokken impfen wollte, aber zwei Spritzen an einem Tag waren mir dann doch zu viel (und auf den doppelten Doppelbooster verzichtete ich natürlich auch). Erstaunt war ich wieder mal, als mir der Impfstoff mitgeteilt wurde. Dieses Theater gibt's bei keiner anderen Impfung. Ich frotzelte, für die Viertimpfung möchte ich Johnson & Johnson, um das Impfstoffquartett voll zu haben - klappte nicht.

Der Zweitbooster war bislang die Coronaimpfung, von der ich am wenigsten mitbekam. Quasi kein Impfarm, nur abends, wenn ich nach anstrengenden Tagen zur Ruhe kam, ansonsten Schüttelfrost, Erschöpfung und Müdigkeit, aber das ist bei mir ja Normalzustand. Ich hoffe, der Gatte verträgt den Zweitbooster ebenfalls so gut, denn bislang legte ihn jede Impfung flach - die diesjährige gegen Grippe im Wortsinne direkt in der Praxis. Sein Immunsystem ist einfach durch die vielen Erkrankungen am Boden.

Hier gilt seit mittlerweile 103 Wochen: Der Gatte und ich sind weitgehend zu Hause. Unsere Kontakte sind auf das Notwendigste beschränkt, heißt: Arbeit, Ärzte, Einkaufen, Mütter. 

Der Gatte wurde im ersten Corona-Jahr schwerkrank, ist inzwischen berufsunfähig verrentet und schwerbehindert. Es geht uns vergleichsweise gut. Wir halten es gut miteinander aus, wenngleich es mir die krankheitsbedingten Wesensveränderungen des Gatten aktuell mal wieder schwer machen. 

Mein Job ist sicher, wofür ich immer wieder sehr dankbar bin, war ich doch bis vor neun Jahren selbstständig oder nur mit kurzen Befristungen prekär  beschäftigt. Alle meine Kooperationspartner sind allerdings von Corona betroffen. Jetzt, wo die Pandemie quasi für beendet erklärt wurde, ist es spannend zu sehen, wer sich zurückmelden kann. Bislang sieht es erfreulich aus, aber alle müssen weiterhin um ihre Existenz kämpfen. 

Als ich diese Woche mit einer Kollegin telefonierte und fragte, wie's ihr geht, sprudelte gleich die Erschöpfung und Fassungslosigkeit angesichts der aktuellen Situation aus ihr heraus. Da geht's uns allen gleich. Momentan ist auch noch unklar, wie es nach dem 20. März mit der Präsenzpflicht weitergeht. Ich würde gerne weiterhin so viel wie möglich zu Hause arbeiten, auch, weil der Gatte ja eigentlich eine 24-Stunden-Betreuung braucht (und in schlechten Phase ist die Notwendigkeit spürbar), aber auch, weil es mir gut tut. Präsenz heißt, jeden Tag vier bis fünf Stunden weniger Zeit, da langer Fahrweg, frühes Aufstehen, spätere Heimkehr ... Chef ist genervt, weil er seit zwei Jahren zu seinem eigentlich Vollzeitjob als Leitung im Corona-Krisenstab mitarbeiten muss und angesichts der Lage in der Ukraine jetzt die Mitarbeit im nächsten Krisenstab aufgedrückt bekommt. Das sind dann drei Vollzeitjobs, sofern der Corona-Krisenstab nicht aufgelöst wird, weil Pandemie zu Ende. 

Diese Woche ertappte ich mich dabei, wie ich Ereignisse in "vor Corona" und "nach Corona" einteilte. Gefühlt ist die Pandemie ja spätestens im April vorbei. Getestet wird eh kaum noch, und wenn, sind es Schnell- oder Selbsttests, die, wenn sie positiv sind, niemanden interessieren, in keine Statistik einfließen. PCR-Tests, die bei positivem Ergebnis erfasst werden, muss man selbst zahlen. Also sinken die Infektionszahlen. Mir ist bei all dem nicht wohl. Geht es nach dem Lungenarzt, ist Corona schon jetzt komplett vorbei: Die Praxis war übervoll, alles Stühle besetzt, kein Abstand, nur Masken. Ich bin gespannt, ob ich wieder eine rote Kachel angezeigt bekomme - der letzte Besuch dort im September 2020 brachte mir die erste Warnung ein, eine orangene Kachel. 

Der Gatte bekam diese Woche beim monatlichen Arztbesuch eine schlechte Prognose, ist seitdem verständlicherweise psychisch angeschlagen und übelst gelaunt, kaum auszuhalten. Ich kann da aktuell nicht mit umgehen, nur nützt ja nichts. Es kostet mich aber Kraft, die ich einfach nicht mehr habe. 

Dankbar bin ich, dass die Ereignisse in der Ukraine an Mudderns mehr oder weniger vorübergehen, kein Kriegstrauma auslösen, und dass sie bislang gut durch die depressiven Monate kam. In drei Wochen ist April, dann ist die schlimme Zeit vorbei. Sie dauert in der Regel von Januar bis März. Diese Woche trafen wir uns mit ihrer Gesellschafterin, um Mudderns Bedarf an Unterstützung durchzusprechen. Dabei wurde deutlich, wie viel nicht mehr zu Mudderns durchdringt. So braucht sie eine umfangreichere Zahnbehandlung, was ihr aber nicht zu vermitteln ist. Sie beharrt darauf, ihre Zähne wären tipptopp in Ordnung, schließlich war sie mal ZMA, und lehnt notwendige Maßnahmen ab. Der Zahnarzt ist recht einfühlsam (natürlich kann er Mudderns Ansicht nach nichts) und macht kommende Woche das, was er darf - ohne Betäubung, weil Mudderns die ablehnt, brauchte sie ja noch nie. Ich bin gespannt, wie das wird. Zum Glück ist ihre Gesellschafterin dabei. Und dann bleibt nur zu hoffen, dass die restlichen Zähne, die gemacht werden müssen, ruhig bleiben, denn sonst könnte es laut Zahnarzt sogar lebensgefährlich werden, und vielleicht ist es ganz gut, dass Mudderns seit längerem eh nur sehr weiche Nahrung isst ...   

Schwiegermutter ist weiterhin gelinde gesagt unleidlich. Es dauert keine Minute, und der Gatte und sie liegen sich in den Haaren. Ich halte mich da weitgehend raus, habe keine Kraft. Sie mischt sich ungefragt in alles ein, als ich sie jetzt aber konkret um Unterstützung bat, um irgendwie die acht Wochen Ausfall durch die Total-OP hinzubekommen, beschloss sie, ich müsse alleine zu recht kommen. Ich könne mich halt nicht operieren lassen, wenn ich dann ausfiele. Schönen Dank auch. 

Da die Kommunikation mit Schwiegermutter ausfällt, weiß ich auch nicht, wie es Tante geht. Sie einfach anzurufen, wäre sehr ungewöhnlich, aber vielleicht mache ich das mal. Sie telefoniert allerdings nicht gerne. 

Eine wunderschöne selbstgemachte Karte erwartete mich am Montag zu Hause.

Zu den schönen Momenten diese Woche gehört die zauberhafte Karte von ELFi, die ich bekam, weil meine handgestrickten Spültücher im Januar der am meisten geklickte Dings-von-Dienstag-Beitrag waren.

In dieser Woche habe ich außerdem beschlossen, dass der diesjährige Urlaub im Spätsommer wieder nach Mallorca führt. Mich dauert einfach zu sehen, wie sehr der Gatte unter Kälte leidet. Bei Wärme geht's ihm besser, und die Insel tut uns beiden gut. Ich hoffe sehr, die Corona-Lage lässt die Reise zu - und wir können sie uns dann noch leisten. Zwar müssen wir uns trotz Frühverrentung des Gatten nicht großartig finanziell einschränken, aber die steigenden Energie- und Lebenshaltungskosten machen uns zu schaffen. Gebucht wird daher auch erst kurzfristig, wenn klar ist, was wir an Nebenkosten und Steuern nachzahlen müssen. 

Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! Über's Kochen und Einkaufen berichte ich in der Kombüse.

3 Kommentare:

  1. Liebe Sabine,
    mit Erschütterung hab ich gelesen was sich bei dir alles ereignet hat und dich nach wie vor beschäftigt. Ich freue mich deshalb, dass ich dir mit der Karte einen schönen Moment bescheren konnte! Für die Urlaubspläne drück ich fest die Daumen, dass würde euch und der ganzen Stimmung und Situation bestimmt gut tun! Liebe Grüße
    ELFi

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    1. Ich war so frei und hab mir dein Foto von der Karte kopiert, ich hab nämlich vergessen, sie vor dem Absenden zu fotografieren. Danke und liebe Grüße!

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    2. Ach, normalerweise komme ich mit allem recht gut zurecht, aber momentan merke ich das Schlafdefizit sehr, liebe Elfie. Wenn du magst, schicke ich dir gerne das Originalfoto zu, ohne Signatur, oder mache nochmal eines auf neutralem Untergrund.

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Kommentare von Corona-Leugner, Quer- und anderen Nicht-Denkern, Wahnwichteln, Das-ist-doch-nur-ne-Grippe-Schwurblern, Wir-haben-genug-freie-Intensivbetten-Rufern und ähnlichen Düffeldaffeln werden gelöscht.