Samstag, 26. November 2022

Samstagsplausch KW 47/22: Leben und Arbeiten in Corona-Zeiten CXLI

In dieser Woche sollte über unseren Baukredit entschieden werden, aber der zuständige Bankmensch ist jetzt erstmal im Urlaub - immerhin ist es seit einer Woche der gleiche, denn die wechseln ja sehr schnell. Jetzt beschäftigt uns dieser blöde Baukredit schon seit zwölf Wochen. In der kommenden Woche habe ich keine Zeit dafür, aber in der Woche darauf werde ich mal nach einer anderen Bank Ausschau halten. Wir sind ja weder mit der Hausbank noch mit ihren Kooperationspartner verheiratet. Mir ist klar, dass der Kredit unattraktiv ist, weil die Summe zu niedrig ist, aber dann soll die Bank das einfach sagen und uns nicht ewig hinhalten. Und wenn alle Stricke reißen, müssen wir die Bausanierung doch selbst finanzieren, auch wenn uns das in Schwierigkeiten bringt. Das heißt dann halt, in ein nicht fertig saniertes Haus ziehen und nach dem Umzug Raum für Raum sanieren - genau das, was wir vermeiden wollten. Und angesichts meiner Erschöpfung würde ich Tapezieren, Malen und Laminatverlegen gerne wenigstens zum Teil als Auftrag an einen Handwerker vergeben, aber auch das geht nicht ohne Baukredit.

Hier gilt seit mittlerweile 141 Wochen: Der Gatte und ich sind weitgehend zu Hause. Es geht uns vergleichsweise gut. Wir halten es gut miteinander aus, wenngleich es mir die Wesensveränderungen des Gatten seit seiner Erkrankung schwer machen. Im ersten Corona-Jahr wurde der Gatte schwerkrank, im zweiten zeigte sich, dass er nicht mehr gesunden wird. Er ist inzwischen schwerbehindert und berufsunfähig verrentet. 

Unsere Kontakte sind normalerweise auf das Notwendigste beschränkt, heißt: Arbeit, Ärzte, Einkaufen, Mütter und seit Juli Handwerker. Ich bin dankbar, dass Corona uns bislang verschonte. Wir sind natürlich geimpft, aber angesichts unserer Vorerkrankungen ist trotz Impfung eine Corona-Infektion wenig ratsam. Sie ist aber unvermeidbar, und ich kann nur hoffen, dass es uns dann nicht zu hart trifft. Corona wird ja anscheinend langsam endemisch - wären da nicht die weiterhin hohen Todeszahlen. 

Seit der Lockerung der Maskenpflicht nehmen im Umfeld die Erkältungskrankheiten wieder zu, gibt es zum Teil richtig heftige grippale Infekte. Gleichzeitig gilt keine PCR-Testpflicht mehr, wobei es ohnehin schon seit längerem schwierig war, PCR-Tests zu bekommen. In Hamburg gilt zwar nach einem positiven Selbsttest eine fünftägige Quarantäneregelung, aber danach kann man ungetestet wieder arbeiten, und da es zudem keine regelmäßigen Tests mehr in den Betrieben, Schulen usw. gibt, bleiben viele Infektionen unentdeckt. Ich halte deswegen eisern an der Maske fest, auch, wenn das gelegentlich für Diskussionsbedarf sorgt wie diese Woche mit einer Dozentin in einer Schulung. Die entpuppte sich kurz darauf wenig überraschend als Esoterikerin und Homöopathin. 

Auf Entspannung warte ich weiterhin vergeblich. Immerhin konnte ich diese Woche eine halbe Stunde ungestört die Reportage "Von Hannover an die Front" sehen - nur weil die aktuelle Situation und das alt-neue Haus mir alle Kraft rauben, heißt das ja nicht, dass mich das aktuelle Tagesgeschehen nicht mehr interessiert. 

Weiterhin bin ich in jeder freien Minute mit Behördenkrams beschäftigt. Für alt-neue Haus habe ich inzwischen binnen nicht mal acht Wochen die dritte oder vierte Steuererklärung abgeben müssen - ich verliere echt den Überblick, denn in allen Erklärungen fragt das gleiche Finanzamt nach den gleichen Informationen, die ihm zudem ohnehin schon aus der Grundsteuer vorliegen. Das Grundsteuerreformgedöns läuft zudem noch parallel, denn da beauftragte ich unseren alten Steuerberater, als ich noch dachte, Mudderns kehrt wieder in ihr Haus zurück. 

Dann gibt es so Überraschungen wie den Nachbarn, den Sonntag spätabends klingelt und uns mitteilt, unser Grundstück gehöre laut Brief vom Grundbuchamt jetzt ihm. Als ich am Montag beim Grundbuchamt anrief, stellte sich heraus, dass dem Nachbarn mitnichten unser Grundstück gehört, sondern dass er ein Wegerecht hat - wie acht andere Nachbarn auch, die alle beim Grundbuchamt anriefen, weil sie, wie der zuständige Sachbearbeiter lakonisch meinte, alle nicht lesen könnten. 

Oder Mudderns sorgt für unnötige Arbeit, indem sie mir beispielsweise sagt, ich solle die Abbuchung von diesem komischen Verein stoppen, der schon seit Jahren unberechtigt auf ihr Konto zugreife. Als ich mir die Auszüge ansehe, stelle ich fest, dass dieser komische Verein Einzahlungen in eines ihrer Depots sind, und das werde ich nicht kündigen, bevor ich einen Überblick über ihre finanzielle Gesamtsituation habe. Dass Mudderns bei ihren finanziellen Angelegenheiten den Überblick verliert, ist besorgniserregend, denn selbst nach ihrem Sturz Ende Juni hätte ich ihr noch unbesorgt meine Finanzen anvertraut, weil sie darin so fit war und so viel Spaß daran hatte. Damals wusste sie ihre Kontostände noch bis auf den letzten Cent genau. Das ist schon lange nicht mehr der Fall, und ich bin unsicher, ob sie es nicht mehr kann oder einfach nicht mehr will. 

Da Mudderns keinen Überblick mehr über ihre Ausgaben und ihre Unterlagen hat, ist alles kompliziert, suche ich viel. Aktuell versuche ich, die Rundfunkgebühren zu kündigen. Mudderns ist davon überzeugt, dass sie die nicht zahlt, wahlweise, weil mein Vater schwerbehindert war, der Installateur das für sie erledigte oder weil sie eine Hausantenne hat, also sah ich Kontoauszüge durch, bis ich eine Abbuchung fand. Dann plötzlich erinnerte sich auch Mudderns daran: "Ach ja, dieser komische Betrag, von dem ich nicht weißt, wofür der ist!" Ähm, ja, nee, is klaa. Früher hätte Mudderns bei der Bank nachgefragt, heute interessiert sie das nicht mehr bzw. schlimmer noch, weiß sie das nicht mehr. Heißt, ich muss regelmäßig ihre Kontoauszüge kontrollieren und mich für alle Konten um Online-Zugänge kümmern. Es ist gut möglich, dass die Kündigung der Rundfunkgebühren daran scheitert, dass die Sterbeurkunde meines Vaters fehlt. Dann muss ich noch eine Runde drehen und beim Standesamt um eine Neuausfertigung bitten.

Und dann war der noch das lokale Telefonunternehmen, bei dem wir seit Anfang des Monats Kunde sind. Da trotzdem weiterhin Telekom-Rechnungen für Mudderns Anschluss, den wir übernahmen, kamen, fragte ich mal freundlich nach, wieso der Telekom-Anschluss nicht wie beauftragt gekündigt wurde. Es stellte sich heraus, dass man den Auftrag übersah, stattdessen unseren Hamburger Anschluss kündigen wollte, aber feststellte, dafür habe man keinen Auftrag, und deswegen nicht tätig wurde - in diesem Falle zum Glück, denn ohne den Hamburger Anschluss wären wir aufgeschmissen. Der wird erst gekündigt, wenn wir umziehen. Gekündigt ist hingegen der Sportverein. Als jetzt die Bestätigung kam, wurde ich wehmütig, denn der Gatte war fast 60 Jahre, ich über 30 Jahre dort Mitglied.

Die Baubrigade wollte schon Ende September fertig sein. Anfang des Monats platzte uns der Kragen, setzen wir eine Frist bis Ende November. Das könnte geholfen haben, denn langsam geht's vorwärts. Neuer Termin ist übernächste Woche. Angeblich leidet die Baubrigade unter Lieferschwierigkeiten, allerdings ist das, was fehlt, problemlos im Baumarkt zu bekommen, so dass der Gatte schon überlegte, die fehlenden WCs, Spülkästen und Waschbecken mal eben zu kaufen und der Brigade hinzustellen. Das käme uns zwar teurer, da alles schon bezahlt ist, aber die Baustelle wäre dann endlich mal fertig, und wir könnten mit dem Rest weitermachen. Heute stellte sich heraus, dass der Bauunternehmer bei der Planung des Badezimmers die Steckdosen vergaß ... Aber immerhin ist das Bad schon zu erahnen. Die Steckdosen werden auf Putz verlegt, von nebenanliegenden Zimmer. Die Baubrigade hätte gerne weitere Aufträge von uns, während wir drei Kreuze machen, wenn die bestehenden abgearbeitet sind.  

Zu den Dingen, an denen wir uns im alt-neuen Haus erst gewöhnen müssen, gehört Eiskratzen - der Frost Anfang der Woche erwischte vor allem den Gatten buchstäblich kalt. Wir parken ja seit Jahren in der Garage, so dass Eiskratzen selten ist. In meinem Auto sind allerdings trotzdem Enteiserspray und Eiskratzer, aber der Gatte musste sich das erst besorgen. Lieder bedeutet der Frost auch, dass der Apfelbaum nicht wie geplant dieses Wochenende umzieht, sondern erst im Frühjahr. Und mir fiel ein, dass ich mich schon längst um einen Winterdienst für das alt-neue Haus kümmern wollte, weil wir ja noch nicht täglich vor Ort sind. Mal schauen, ob da jetzt noch jemand einen Auftrag annimmt. 

Morgen ist der erste Advent, und normalerweise würde ich jetzt Kekse backen. Der Gatte ist mucksch, seit ich sagte, ich habe keine Kraft dafür. Auf der Baustelle geht das nicht, und zu Hause weiß ich nicht, wann ich das noch dazwischen schieben soll, denn ich komme ja kaum mit der Hausarbeit nach, habe kaum Kraft, Essen zu kochen. In diesem Jahr werden wir uns auch nicht mit Schwiegermutter zum Wunschzettelschreiben treffen - zum ersten Mal seit 20 Ehejahren fällt das aus. Das wird schwer für Schwiegermutter. Ich finde Advent im aktuellen Chaos doof. Normalerweise freue ich mich auf die brennende Kerzen am Abend, aber aktuell habe ich einfach keine Gelegenheit dazu. Trotzdem steht in der Wohnung ein überdimensionierter Adventskranz, an dem ich nicht vorbei konnte, besorgte ich für alt-neue Haus ein kleines Gesteck. Die Chanukkiah wird dieses Jahr vermutlich aus bleiben. 

In den letzten Tagen beschäftigte mich das Buch "Das zerbrochene Haus. Eine Jugend in Deutschland*" von Horst Krüger sehr, erinnerte es mich doch an die Geschichte meines Vaters. Ich ertappte mich bei dem Gedanken, wie es wäre, könnten wir das Buch gemeinsam lesen und uns darüber austauschen. 

Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! Über's Kochen und Einkaufen berichte ich in der Kombüse.

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2 Kommentare:

  1. Guten Tag,

    ich lese Ihren Blog mit großem Interesse (habe selbst eine Kernsanierung hinter mich gebracht, allerdings war diese einfacher), und möchte Sie ermutigen, unbedingt mit mehreren Banken wegen des Kredits zu sprechen, ein Vergleich und Verhandlungen lohnen sich unbedingt!
    Die Hausbank ist in aller Regel nicht die beste Wahl, ihr kann aber durch Konkurrenz durchaus
    Druck gemacht werden. Viel Erfolg!

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    1. Danke für die Ermutigung! Wir sind letztlich tatsächlich nicht bei der Hausbank gelandet. Die Bank, über die jetzt der Kredit läuft, ließ durchblicken, dass sie nicht versteht, warum die Hausbank alles so komplizierte, denn die Kreditsumme ist zwar klein, aber es sei sicher, dass wir sie zurückzahlen können, es wäre für die Bank leicht verdientes Geld. Zudem ist die Bank im zukünftigen Wohnort - da könnte perspektivisch ein Bankwechsel für uns attraktiv sein.

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Kommentare von Corona-Leugner, Quer- und anderen Nicht-Denkern, Wahnwichteln, Das-ist-doch-nur-ne-Grippe-Schwurblern, Wir-haben-genug-freie-Intensivbetten-Rufern und ähnlichen Düffeldaffeln werden gelöscht.