Sonntag, 27. Februar 2022

Samstagsplausch KW 8/22: Leben und Arbeiten in Corona-Zeiten CII

Die letzte Woche verbrachten wir in Dänemark, auf Als, in Vinkelbæk, um unseren 20. Hochzeitstag zu feiern. Es war eine ruhige Woche, in der wir gelegentlich an den letzten Februar-Urlaub vor zwei Jahren zurückdachten, als die Corona-Moppelkotze begann. Jetzt hat sich nicht nur Dänemark entschlossen, die Pandemie für beendet zu erklären.

Da das Wetter meistens regnerisch-stürmisch war und wir keine Lust hatten, die Schlagloch-Buckelpiste zum Ferienhaus öfter als unbedingt notwendig zu fahren, kuschelten wir uns im Ferienhaus ein. Das hatte zwar einige Macken und Reparaturbedarf, und irgendwie wurden wir mit dem Haus insgesamt nicht richtig warm, aber Ruhe und Seeluft taten uns gut. Grunderschöpft bin ich allerdings immer noch.   

Hier gilt seit mittlerweile 102 Wochen: Der Gatte und ich sind weitgehend zu Hause. Unsere Kontakte sind auf das Notwendigste beschränkt, heißt: Arbeit, Ärzte, Einkaufen, Mütter. 

Der Gatte wurde im ersten Corona-Jahr schwerkrank, ist inzwischen berufsunfähig verrentet und schwerbehindert. Es geht uns vergleichsweise gut. Wir halten es gut miteinander aus, kommen mit den Corona-Einschränkungen einigermaßen zu recht, vermissen aber dennoch die Zeit vor Corona sehr und hätten gerne wieder Normalität, Spontaneität. Beides hätten wir nun zwar im Urlaub haben können, denn in Dänemark sind alle Coronabeschränkungen aufgehoben, aber wir sind lieber vorsichtig und blieben lieber für uns.

"Hulk" von Ole Lorin Rasmussen in der Augustiana.

In den Regenpausen fuhren wir unter anderem nach Augustenborg, um durch den Schlosspark zu spazieren. Dort trafen wir den Hulk und hatten zudem eine entzückende Hundebegegnung - wie sehr wir das Leben mit Hund vermissen! 

Beim Vergleich der Bilder von letzter Woche und von vor vier Jahren fällt auf, wie sehr der Gatte körperlich beeinträchtigt ist. Aber er kämpft tapfer und trainiert. Dennoch: Den langen Spaziergang entlang der Felder um das Ferienhausgebiet musste ich alleine machen, da zu lang und zu anstrengend. Mir tat's gut, mich mal wieder auszupowern, und der Gatte freute sich, in Ruhe in der Sonne auf der Bank am Kleinen Belt sitzen zu können. Als ich durchgefroren wiederkam, wartete er mit Kaminfeuer, Tee und Kuchen auf mich - auch mal schön.

Natürlich haben wir auch im Urlaub die Entwicklungen in der Ukraine mitverfolgt. Sie machen uns sprach- und ratlos.

Wieder zu Hause, kann ich mich über Schneeglöckchen, Krokusse und Narzissen im Garten freuen. Letztes Jahr setzte ich alle Zwiebeln aus den Narzissentöpfen in den Garten, rechnete aber eher damit, dass die Wühlmäuse sie sich holen. Irrtum, sie wuchsen an und blühen! Auch der im letzten Jahr gesetzte Bärlauch kommt langsam wieder, ebenso die Pfingstrosen, die eigentlich gar nicht mehr im Garten sein sollten. Aber einige übersah ich beim Ausräumen des Hochbeets. Mal schauen, ob sie an ihrem neuen Platz blühen. 

Weniger erfreulich ist, dass die Nachbarskinder mal wieder Garten und Terrasse als Bolzplatz nutzten, wobei mal wieder einiges kaputt ging. Die Stürme der letzten Tage richteten keinen Schaden an, die Bolz-Blagen hingegen schon. Es wird Zeit, dass der Gatte die hier liegende Wildkamera installiert, und vielleicht erlaubt uns der Vermieter dann endlich, einen Zaun zu ziehen, wenn er die gesammelten Schäden samt Verursachern sieht. Gespräche mit den Erzeugern der Brut bringen seit 2016 nichts.

Mudderns geht's gut. Ihr gibt Stabilität, dass der Sonntagsgottesdienst hybrid stattfindet, sie also wieder in die Kirche kann. Eine Anfrage bei der Krankenkasse ergab, dass sie tatsächlich ohne Begutachtung Pflegestufe 2 bekam, und jetzt gucken wir mal, was wir daraus machen können. Theoretisch könnte ich mir jetzt sogar ihre Betreuung auf die Rente anrechnen lassen, aber dann müsste ich meine Arbeitszeit auf vier Tage legen, und ich glaube, das wird mir zu anstrengend (abgesehen davon sind im Büro ohnehin zu wenig Kollegen, die fünf Tage arbeiten). 

Schwiegermutter ist weiterhin schwierig, übergriffig, beleidigend, aber sie überwand sich immerhin, uns zum Hochzeitstag anzurufen. Der Gatte ist wegen ihres Verhaltens ziemlich angefasst und freute sich umso mehr über Mudderns liebevolle Karte.

Inzwischen weiß ich, dass ich nicht alleine von der Facebook- und Instagram-Sperre betroffen sind, sondern dass sie einige Blogs trifft, ohne dass es Gemeinsamkeiten gibt oder eine Möglichkeit, gegen die Sperre vorzugehen. Das ist insofern beruhigend, weil ich weiß, dass es kein gezieltes Vorgehen gegen meine Person ist, denn als systematisch alle Beiträge seit 2009 gesucht und gelöscht wurden, war ich schon besorgt. Doof bleibt es dennoch. 

Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! Über's Kochen und Einkaufen berichte ich in der Kombüse.

Montag, 21. Februar 2022

Stolperstein für Paul Seeger in der Luruper Chaussee 119

Wir haben uns da was eingetreten. Es ist braun. Es riecht nach Faschismus, Nationalismus, Antisemitismus und Rassismus. Wir hatten schon mal Faschismus in Deutschland. Mein Bedarf daran ist hinreichend gedeckt. Ich muss keinen faschistischen Staat erleben. Mir reichen die Erinnerungen an den, den es zwischen 1933 und 1945 gab.

Montags erinnere ich daran, was passiert, wenn es mit der Demokratie bergab geht und wie es anfing, denn die Nazis fielen ja nicht 1933 vom Himmel. Die krochen schon Jahre vorher aus ihren Löchern, wurden nicht rechtzeitig aufgehalten, auch, weil man sie nicht ernst nahm, dachte, es wird schon nicht so schlimm.

Wurde es aber.

In loser Folge gibt's hier also montags Kunst und Denkmäler gegen Faschismus, Nationalismus und Rassismus. Orte, die daran erinnern, gibt es in unserer Stadt genug, denn wie gesagt: Wir hatten das schon mal.

Aktuell trifft sich das braune Pack täglich in vielen Stadtteilen, um gegen die Corona-Maßnahmen zu demonstrieren. Letztlich wollen die Demonstranten aber nichts anderes als einen faschistischen Staat, marschieren inzwischen nicht mehr nur von der AfD begleitet, sondern offen der NDP und anderen rechtsradikalen Parteien und Organisationen hinterher. 

Im ersten Block der Siedlung an der Luruper Chaussee in Bahrenfeld wohnt Paul Seeger mit seiner Frau und seiner kleinen Tochter.

Heute vor 83 Jahren, am Abend des 21. Februar 1939, stirbt Paul Seeger. Der 28jährige setzt seinem Leben selbst ein Ende, in dem er in der Küche seiner Wohnung in der Luruper Chaussee 119 den Gashahn aufdreht. Seiner Frau gelingt es nicht, die gemeinsame Wohnung zu betreten. Als sie den Gasgeruch bemerkt, ruft sie die Polizei, die die Öffnung der Wohnung veranlasst. Seeger verstirbt auf dem Weg ins Altonaer Krankenhaus.

Der junge Mann, der in einfachen Verhältnissen im Hamburger Karoviertel aufwächst und eine Ausbildung zum Autoschlosser macht, ist bereits 1929 NSDAP-Mitglied und wegen Verstoßes gegen das Republikschutzgesetz verurteilt. 

Stolperstein für Paul Seeger vor dem Haus Luruper Chaussee 119.

1938 heiratet Paul Seeger die 34jährige Sophie Sonntag. Das Paar bekommt ein Kind. Trotz vordergründiger Heterosexualität scheint sich Seeger zu Männern hingezogen zu fühlen. Vermutlich gerät er wegen homosexueller Beziehungen ins Visier der Kriminalpolizei. Auch eine Erpressung ist möglich, aber es gibt nur wenig konkrete Hinweise. 

Rückseite des Wohnblocks, in dem Paul Seeger mit seiner Familie wohnt. Die Balkone wurden in den 1990er Jahren angebaut.

Eine Woche vor seiner Selbsttötung unternimmt Seeger bereits einen Versuch, den seine Frau rechtzeitig bemerkt und verhindern kann. Seeger verschwindet daraufhin, taucht erst am 21. Februar wieder in der gemeinsamen Wohnung auf. 

Sophie Seeger macht zu den möglichen Suizidgründen nur wage Angaben, sicher auch, um ihren schwulen Bruder zu schützen. Sie begründet aber der Polizei gegenüber das Verschwinden ihres Mannes u.a. mit möglichen homosexuellen Kontakten. Was den jungen Mann, der ursprünglich überzeugten Nationalsozialist war, also in den Tod trieb, kann nur vermutet werden.

Eingang zum Wohnblock der Familie Seeger mit Stolperstein.

Mehr zur Biographie Paul Seegers findest du hier. Die Siedlung Luruper Chaussee 1 - 123 plante übrigens Gustav Oelsner. Aber das ist eine andere Geschichte.

Samstag, 19. Februar 2022

Samstagsplausch KW 7/22: Leben und Arbeiten in Corona-Zeiten CI

"Das ist das neue Normal, daran müssen wir uns gewöhnen", meinte eine Kollegin, als ich fragte, ob ich trotz roter Kachel in der Corona-App ins Büro kommen solle. Eine andere hat die CWA wegen der vielen roten Kacheln gleich ganz deinstalliert ... Die Kolleginnen sind da wesentlich entspannter als ich, da entweder oft auf dem Swutsch oder leidgeprüft durch Kinder. 

Morgenspaziergang zum Bäcker am letzten Sonnabend.

Für mich war's tatsächlich die erste rote Warnmeldung. Im September 2020 hatte ich mal eine orangene nach einem Besuch beim Lungenarzt, ansonsten durchgehend grüne, denn hier gilt seit mittlerweile 101 Wochen: Der Gatte und ich sind weitgehend zu Hause. Unsere Kontakte sind auf das Notwendigste beschränkt, heißt: Arbeit, Ärzte, Einkaufen, Mütter. So weiß ich denn auch sehr genau, dass ich mir den Risikokontakt in einer Arztpraxis einfing, denn sonst war ich an dem betreffenden Tag nirgendwo lange genug. Gott sein Dank waren alle Tests negativ, blieb ich symptomfrei. 

Der Gatte wurde im ersten Corona-Jahr schwerkrank, ist inzwischen berufsunfähig verrentet und schwerbehindert. Es geht uns vergleichsweise gut. Wir halten es gut miteinander aus, kommen mit den Corona-Einschränkungen einigermaßen zu recht, vermissen aber dennoch die Zeit vor Corona sehr und hätten gerne wieder Normalität, Spontaneität. 

Mein Arbeitsplatz ist sicher, wenngleich meine Projekte von Corona betroffen sind. Wir gingen im März 2020 sofort ins Heimbüro und sind dort bis auf wenige Unterbrechungen noch immer. 

Wenn jetzt die Pandemie zum 20. März für beendet erklärt und die Home-Office-Pflicht aufgehoben wird, werde ich wohl wieder drei Tage im echten Büro sein und zwei zu Hause, denn ich hatte schon vor Corona einen "Telearbeitsplatz", also die Möglichkeit, zu Hause zu arbeiten. Da ich bezweifle, dass sich das Virus an das Datum des Pandemie-Endes hält - es gelang ja noch nicht mal der deutschen Verwaltung, es durch Unsinnigkeit in die Knie zu zwingen - wird sich bei uns wenig ändern, verhalten wir uns vorerst weiterhin so wie während der Pandemie, und hoffen, dass wir weiterhin verschont bleiben. 

In Hamburg fällt das Pandemie-Ende auf den Schulbeginn nach den Frühjahrsferien. Das wird toll: Mit lauter rotzenden, schniefenden, maskenlosen, ungetesteten Blagen, die frisch aus dem Ski-Urlaub zurück sind, im proppenvollen Bus ins Büro fahren - Yippie! Ich muss mal schauen, wie ich meine Arbeitszeit so legen kann, dass ich nicht in Schulbeginn oder Schulschluss komme.

Und spätestens im Herbst werden wir dann alle wieder überrascht sein, dass Corona erneut aufflammt, und natürlich wird es keine vorausschauenden Maßnahmen geben - wie hätte man  

Ansonsten war die Woche einigermaßen entspannt, wenngleich ich merke, dass ich total ausgebrannt bin. Am liebsten liege ich im Bett und lese, aber ich muss ja funktionieren. Doof ist, dass das CPAP-Gerät weiterhin Probleme macht, der Termin zur Überprüfung erst in zwei Wochen ist. Ich habe mittlerweile drei Masken, die ich manchmal auch nacheinander in einer Nacht trage in der vergeblichen Hoffnung, dass eine richtig sitzt. Mittwoch war ich nachmittags so fertig, dass ich im Laufen einschlief ... Keine Ahnung, was das werden soll. Um die Tage halbwegs zu überstehen, brauche ich viel Zucker, was kontraproduktiv für die Gewichtsabnahme ist, denn es müssen ja noch 30 bis 70 Kilo weg.  

Mit Mudderns und dem Gatten konnte ich jeweils einen Spaziergang machen - die erste Wochenhälfte war ja recht sonnig. Mudderns ist ziemlich aufgeregt, weil sie ohne Begutachtung Pflegestufe 2 bekam - endlich! Jetzt müssen wir noch gemeinsam mit ihrer Gesellschafterin gucken, welche Bedarfe Mudderns hat bzw. welche sie annehmen mag - das ist durchaus ein großer Unterschied. Mudderns Radius wird immer kleiner. Sie mag noch nicht mal mehr zum Sonderpostenmarkt fahren, und wenn ihr gewohnter Tagesablauf durcheinander gerät, wird es schwierig. Ihr Benehmen wird auch immer exzentrischer. Immerhin kann sie inzwischen wieder in die Kirche gehen, denn die Gottesdienste finden aktuell hybrid statt.

Der Gatte ist beim Schlafzimmerumbau weitergekommen: Wir haben jetzt Licht! Es ist wunderbar hell - bislang war die Schlafzimmerbeleuchtung allenfalls für Maulwürfe. Das neue Schlafzimmer ist überhaupt sehr schick. Das Wohnzimmer ist wieder so weit leer, dass ich mal durchfeudeln kann, die übriggebliebene Kladage hängt wieder im Schrank. Wir haben bummelig 10 Müllsäcke mit aussortierter Kleidung zur Kleiderkammer gebracht - und ganz viel, das nicht mehr tragbar war, weggeworfen. Es ist immer noch befremdlich, Kleidung einfach in den Hausmüll zu werfen, aber Textilien werden laut Stadtreinigung nicht mehr recycelt. Ich habe immer noch viel zu viel Kleidung, denn das Kriterium "Alles, was nicht passt, kommt weg" ist schwierig, wenn man 30 Kilo abnahm. Plötzlich passte mehr als ich dachte, so dass meistens nur zu große Kleidung wegkam. Da muss ich wohl oder übel nochmal aussortieren.

Die noch fehlenden Nachttische kommen nächste Woche - der, den ich für mich bestellte, hatte einen Transportschaden, gefiel dem Gatten ansonsten aber auch, so dass wir zusätzlich zum Umtausch einen weiteren für ihn bestellten. Die Schwebe-Schiebetüren für seinen Schrank stehen hier weiterhin, weil wir nicht in der Lage sind, sie richtig zu befestigen. Mal schauen, was wir da machen. Beim Schrank des Gatten fehlt auch noch ein Ausziehboden, der bei unserem Ikea gerade nicht lieferbar ist (und in eine andere Filiale möchte der Gatte nicht fahren - vielleicht mache ich das auf dem Rückweg vom Büro, denn da komme ich an einer vorbei). Der Gatte ist außerdem extrem daran gewachsen, dass er den Umbau trotz seiner körperlichen Beeinträchtigungen schaffte. Es braucht halt viel Zeit und Geduld, aber es wird. 

Eigentlich wollte ich mich diese Woche um einen Termin zur Vorbesprechung der Total-OP kümmern, aber das ging sich nicht aus. Mal gucken, ob ich das kommende Woche schaffe. Allerdings weiß ich immer noch nicht, wie ich es familiär schaffen soll, acht Wochen auszufallen. 

Schwiegermutter ist weiterhin übergriffig und unverschämt. Wir fürchten, das wird sich auch nicht mehr legen, denn niemand dringt zu ihr durch. Ich habe sie seit Weihnachten nicht mehr gesehen, während der Gatte widerwillig tapfer fast jeden Sonntag zu ihr geht, inzwischen aber auch nur noch auf eine Anstandsstunde, weil er es nicht aushält, im Monolog beschimpft zu werden. 

Tante mit ihrer liebevollen, empathischen Art hingegen vermissen wir beide sehr. Normalerweise wäre sie spätestens Ostern wieder gekommen, aber sie kann die lange Reise inzwischen nicht mehr machen - und selbst wenn, wird sie von Schwiegermutter auch nur beschimpft und abgekanzelt. Da ist es zu Hause schöner. 

Ansonsten bin ich ziemlich genervt, dass ich auf Instagram und Facebook noch immer gesperrt bin, ohne dass ich weiß, warum, oder etwas dagegen unternehmen kann - Fragen werden nämlich nicht beantwortet. Auf Facebook müsste so langsam jeder öffentliche Beitrag von mir, den ich in den letzten 13 Jahren machte, gelöscht worden sein, auf Insta kann ich nichts mehr einstellen oder irgendwie interagieren. Gleichzeitig fordern mich beide Plattformen immer wieder auf, doch mehr öffentlich zu interagieren - ja, nee, is klaa. 

Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! Über's Kochen und Einkaufen berichte ich in der Kombüse.

Montag, 14. Februar 2022

Das Wolfgang-Borchert-Denkmal am Schwanenwik

Wir haben uns da was eingetreten. Es ist braun. Es riecht nach Faschismus, Nationalismus, Antisemitismus und Rassismus. Wir hatten schon mal Faschismus in Deutschland. Mein Bedarf daran ist hinreichend gedeckt. Ich muss keinen faschistischen Staat erleben. Mir reichen die Erinnerungen an den, den es zwischen 1933 und 1945 gab.

Montags erinnere ich daran, was passiert, wenn es mit der Demokratie bergab geht und wie es anfing, denn die Nazis fielen ja nicht 1933 vom Himmel. Die krochen schon Jahre vorher aus ihren Löchern, wurden nicht rechtzeitig aufgehalten, auch, weil man sie nicht ernst nahm, dachte, es wird schon nicht so schlimm.

Wurde es aber.

In loser Folge gibt's hier also montags Kunst und Denkmäler gegen Faschismus, Nationalismus und Rassismus. Orte, die daran erinnern, gibt es in unserer Stadt genug, denn wie gesagt: Wir hatten das schon mal.

Aktuell trifft sich das braune Pack täglich in vielen Stadtteilen, um gegen die Corona-Maßnahmen zu demonstrieren. Letztlich wollen die Demonstranten aber nichts anderes als einen faschistischen Staat, marschieren inzwischen nicht mehr nur von der AfD begleitet, sondern offen der NDP und anderen rechtsradikalen Parteien und Organisationen hinterher.  

Seit 1996 erinnert am Schwanenwik Timm Ulrichs "Denkmal für den 'unbehausten Dichter' Wolfgang Borchert" an den Literaten. 

Gestern vor 75 Jahre hatte ein Hörspiel Radiopremiere, das eine ganze Generation prägte: "Draußen vor der Tür" von Wolfgang Borchert wurde erstmals vom NWDR ausgestrahlt. Neun Monate später hatte das Theaterstück in den Hamburger Kammerspielen Premiere. 

Das Denkmal enthält neben Borcherts Lebensdaten zwei Zitate aus dem Prosastück "Generation ohne Abschied": "Wir sind die Generation ohne Bindung und ohne Tiefe. Unsere Tiefe ist Abgrund." und "Wir sind eine Generation ohne Abschied, aber wir wissen, daß alle Ankunft uns gehört." 

Der kaum 26jährige Borchert schrieb das Drama in nur acht Tagen zwischen Herbst 1946 und Januar 1947 nieder. Es geht um den Kriegsheimkehrer Beckmann, dem es nach dreijähriger Kriegsgefangenschaft nicht gelingt, sich wieder ins Zivilleben einzugliedern. Während er noch durch die Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs geprägt ist, haben seine Mitmenschen die Vergangenheit längst verdrängt. Auf den Stationen seiner Suche nach einem Platz in der Nachkriegsgesellschaft richtet Beckmann Forderungen nach Moral und Verantwortung an verschiedene Personentypen, Gott und den Tod. Am Ende bleibt er von der Gesellschaft ausgeschlossen und erhält auf seine Fragen keine Antwort. Borchert gab mit seinem Protagonisten vielen jungen, aber auch älteren Männern eine Stimme und wurde quasi über Nacht bekannt.

Das Denkmal enthält neben Borcherts Lebensdaten zwei Zitate aus dem Prosastück "Generation ohne Abschied": "Wir sind die Generation ohne Bindung und ohne Tiefe. Unsere Tiefe ist Abgrund." und "Wir sind eine Generation ohne Abschied, aber wir wissen, daß alle Ankunft uns gehört." 

Anlässlich des 75. Jahrestages der Radio-Uraufführung gibt es hier Hörerbriefe zu lesen. In der NDR-Mediathek ist die Erstfassung zum Nachhören archiviert.

Am 21. Mai 1921 als Sohn eines Lehrers und der plattdeutschen Schriftstellerin Hertha Borchert in Eppendorf geboren, kam Borchert früh in Kontakt mit Kunst und Literatur und entwickelt ein Gespür, wenn seitens jedweder Obrigkeit die Freiheit der Kunst eingeschränkt werden sollte. Nachbarn denunzieren Hertha Borchert 1934 wegen abfälliger Äußerungen über die SA; die Familie gerät ins Visier der Gestapo. 

Ihr Sohn schreibt als 15jähriger erste Gedichte - oft mehrere am Tag. Er schreibt wie im Rausch, als wüsste er, dass ihm nicht viel Zeit bleibt. Aber eigentlich möchte er Schauspieler werden, verfasst 17jährig sein erstes Drama. Kurz darauf verlässt Wolfang Borchert die Schule ohne Abschluss - er ist ein schlechter Schule. Auf Betreiben seiner Eltern beginnt er eine Buchhändlerlehre; außerdem nimmt er Schauspielunterricht. Später bricht er die Buchhändlerlehre zugunsten der Schauspielausbildung ab.

An den beiden Schmalseiten sind zwei negative Handabrücke zu sehen: Im Inneren der Plastik ist die Hohlform eines lebensgroßen Menschen mit ausgestreckten Armen. Die Füße lassen sich unten zwischen den beiden Steinblöcken, auf denen die Plastik steht, ertasten. 

Im April 1940 gerät Borchert zum ersten Mal in Konflikt mit der Gestapo: Ihm werden Verherrlichung der Homosexualität in seinen Gedichten sowie eine homosexuelle Beziehung vorgeworfen. Vermutlich wird die Familie seit Denunziation der Mutter überwacht. Dennoch pflegt der junge Mann weiterhin Umgang mit regimekritischen Künstlerkreisen und schränkt sich in seinen Äußerungen gegen die Nazis nicht ein. 

Der Handabdruck im Detail.

Als 20jähriger wird Borchert zum Kriegsdienst eingezogen und kommt an die Ostfront mit erbarmungslosen Wintern mit bis zu 40 Grad unter Null. Unter ungeklärten Umständen erleidet er eine Schussverletzung, die ihm einen Finger an der linken Hand kostet. An Diphterie erkrankt, wird er ins Lazarett nach Deutschland verlegt und gleichzeitig wegen der Schussverletzung wegen Verdachts der Selbstverstümmelung verfolgt. Ein Prozess findet statt. Die Anklage fordert die Todesstrafe, aber Borchert wird freigesprochen. Er bleibt dennoch in Haft, wird wegen seiner kritischen Äußerungen gegen die Nazis aufgrund des Heimtückegesetzes angeklagt und zu verschärftem Arrest mit anschließender "Frontbewährung" verurteilt. 

Wolfgang Borchert kommt erneut an die Ostfront, erleidet erneut Verletzungen, wird erneut krank und in mehrere Lazarette überstellt, zuletzt in den Harz, von wo aus er u.a. im August 1943 auf Heimaturlaub nach Hamburg darf - kurz nach den Zerstörungen der "Operation Gomorrha", dem "Hamburger Feuersturm". Die Zerstörungen, die "Ruinenstadt", beeinflussen ihn sehr, führen zu Gedichten und Geschichten. Ende des Jahres soll er zur Truppenbetreuung ins Fronttheater wechseln, wird aber aufgrund einer Goebbels-Parodie denunziert, erneut verhaftet, wegen Wehrkraftzersetzung angeklagt, aber zur "Feindbewährung" entlassen. Borchert wird im Kampf um Frankfurt / Main eingesetzt, von Franzosen gefangenen genommen und flieht schwerkrank zu Fuß ins 600 km entfernte Hamburg, als er in ein Kriegsgefangenenlager überstellt werden soll. 

Blick vom Borchert-Denkmal auf die Alster.

Kurz nach der Befreiung Hamburgs trifft Borchert bei seinen Eltern ein. Trotz seines Gesundheitszustands stürzt er sich ins Kulturleben, wird Regia-Assistent am Schauspielhaus, muss aber erneut ins Krankenhaus, wird schließlich als medizinisch hoffnungsloser Fall eingestuft und nach Hause entlassen. Borchert schreibt in den Fieberpausen weiter.

Durch die Radio-Uraufführung von "Draußen vor der Tür" am 13. Februar 1947 wird Wolfgang Borchert innerhalb weniger Monate zum meistdiskutierten Schriftsteller Nachkriegsdeutschlands. Es gelingt, ihn in ein Krankenhaus nach Basel zu verlegen. Dort erhofft er sich bessere Behandlungsmöglichkeiten. Sein Gesundheitszustand verschlechtert sich jedoch zusehends. Wolfgang Borchert verstirbt am 20. November 1947, einen Tag vor der Uraufführung des Theaterstücks "Draußen vor der Tür."


Anlässlich Borcherts 100. Geburtstag im letzten Jahr wurde in der Stabi die "Borchert-Box" mit der Dauerausstellung "Dissonanzen" eröffnet, die sich auch virtuell erleben lässt. Hertha Borchert kümmerte sich um den Nachlass ihres Sohnes und übergibt das Wolfgang-Borchert-Archiv 1976 an die Stabi. In der Tarpenbekstraße 82, dem Geburtshaus Borcherts, erinnerte eine Tafel an den Schriftsteller, und die Geschichtswerkstatt Eppendorf führt regelmäßig literarische Spaziergänge durch. Seit 1996 erinnert am Schwanenwik Timm Ulrichs "Denkmal für den 'unbehausten Dichter' Wolfgang Borchert" an den Literaten. Es wurde anlässlich seines 75. Geburtstags aufgestellt.

Affiliate links zu Büchern von Wolfgang Borchert:

Sonntag, 13. Februar 2022

#12von12 im Februar 2022

Caro von "Draußen nur Kännchen" sammelt jeden Monat am 12. des Monats 12 Impressionen des Tages - vielen Dank dafür!

#1: Der Tag beginnt früh und mit einem Coronatest, der zum Glück negativ ist.

Vor einem Jahr machte ich meinen ersten Coronatest. Inzwischen sind sie Routine, aber dass ich sofort nach dem Aufstehen einen mache, ist neu. Ich hatte am Vortag eine rote Kachel in der CWA wegen einer Begegnung am Dienstag und möchte sicher gehen, dass ich mich nicht ansteckte. Ich bin zwar symptom- und fieberfrei, aber diese Moppelkotze ist heimtückisch.

#2: Idylle mit Rehen auf dem Weg zum Bäcker.

Heute fährt der Gatte zum ersten Mal alleine zum Herzsport! Das ist ein großer Fortschritt! Bislang war er nach dem Sport so fertig, dass er nicht hätte Autofahren können, also fuhr ich ihn und wartete eine Stunde, aber jetzt traut er sich die Fahrt alleine zu. Der nächste Schritt ist die Fahrt mit dem ÖPNV, aber das hat Zeit, auch, weil das Ansteckungsrisiko da zu hoch ist. Während also der Gatte beim Sport ist, mache ich einen Spaziergang zum Bäcker, damit ich meine sonnabendliche Stunde Bewegung bekomme. 

#3: Absolute Lese-Empfehlung für dieses Buch*!

Mittags erledigen wir den Wocheneinkauf. Im kleinen Einkaufszentrum ist es voller als sonst, da heute die 2G-Regeln fielen. In der Bücherhalle, wo weiterhin 2G gilt, treffe ich einen ehemaligen Kollegen - nach 13 Jahren und trotz Maske haben wir uns wiedererkannt! Kleiner Plausch, dann zum Gatten, der inzwischen den Discounter-Einkaufszettel abarbeitet. 

#4: Der eigentliche Wocheneinkauf passt in eine Stofftasche (außer der Kasten Wasser). Der Rest ist Vorrat, da gerade günstig.

Nach dem Einkaufen ist Nickern angesagt, bevor's wieder an's Einräumen der neuen Kleiderschränke geht. Das ist für mich mit Sport verbunden, denn um an die obersten Kleiderstangen zu kommen, muss ich auf die Leiter. Effektiver als jeder Stepper. Die gemeinsame Teezeit fällt heute aus; wir wollen was schaffen.

#5: Ich packe meinen Koffer ... aus.

#6: Etwas lesen* und dann ein spätes Mittagsschläfchen machen.

#7: Das tägliche Ausräumen der Spülmaschine, gefolgt vom Einräumen.

Heute kocht der Gatte, was eine schöne Abwechslung ist, denn sich zu konzentrieren und in der Küche zu stehen, fällt ihm noch immer schwer. Es gibt den Nudelauflauf, den seine Tante gerne machte, bei dem sie sich Weihnachten aber nicht mehr an das Rezept erinnern konnte.

#8: Auch, wenn das Wohnzimmer durch den Umbau einer Abstellkammer gleicht, besteht der Gatte auf einen Tulpenstrauß.

#9: Den Wochenplan aktualisieren. 

#10: Die Ikea-Liste aktualisieren.

Nach dem Abendessen räumt der Gatte weiter im Schlafzimmer und bringt schon mal die ersten Kleidersäcke ins Auto, während ich sofasitze, einen Siebziger-Jahre-Tatort gucke und stricke. Später als sonst ins Bett - morgen kann ich ausschlafen.

#11: Sonnabends müssen die Tablettendosen neu befüllt werden.

#12: Vor dem Einschlafen noch etwas lesen*. Es gibt noch immer kein Licht im Schlafzimmer ...

Das Rezept zum Tag gibt's demnächst in der Kombüse. / *Affiliate links

Samstag, 12. Februar 2022

Samstagsplausch KW 6/22: Leben und Arbeiten in Corona-Zeiten C

Die Woche begann damit, dass die 89jährige Tante mit kaputter Hüfte ins Krankenhaus kam. Wegen Corona war die örtliche Notaufnahme gesperrt, machte sich der RTW auf den Weg nach München. Unterwegs kam dann die Info, es ist doch vor Ort ein Platz frei - was für eine Erleichterung, denn da kennt man Tante und ihre Krankengeschichte! Inzwischen ist Tante schon wieder zu Hause und wartet auf den OP-Termin für die neue Hüfte. 

Bei mir stand diese Woche der Termin bei der neuen Frauenärztin an. Schwiegermutter machte ja einen Termin für mich in ihrer Praxis, und das Team dort gefällt mir tatsächlich sehr gut. Die Ärztin war sehr nett und zugewandt, ließ aber keinen Zweifel daran, dass nach über zwei Jahren chronischer Metrorrhagie und über einem Jahr vergeblicher Hormonersatztherapie eine Total-OP die einzige Lösung ist. Anders als die Ärztinnen vor ihr und vor allem die Horror-Hormon-Tante geht sie nicht davon aus, dass ich zu fett bin, um eine Vollnarkose zu überleben, zumal ich inzwischen ja auch 30 Kilo abnahm, sondern lernte im Krankenhaus bei einem Arzt, der schon öfter erfolgreich fette Frauen operierte. Zu dem überwies sie mich nun. Die "Goldnetz-Methode", die ohne OP auskommt, ist leider nicht möglich, weil die Myomatose inzwischen weiter fortgeschritten ist.

Diesen Stein sehe ich immer, wenn ich spazieren gehe, während der Gatte beim Herzsport ist, und freue mich jedes Mal.

Ich habe noch keinen Termin gemacht, weil ich die OP nach wie vor nicht will und weil ich noch immer keine Lösung gefunden habe, wie ich mindestens acht Wochen ausfallen kann. Der Gatte braucht laut ärztlichem Gutachten eine 24-Stunden-Betreuung, aber ich kann ihn ja nicht zwei Wochen mit ins Krankenhaus nehmen. Einen Notrufknopf wird er nicht akzeptieren. Mudderns wird durchdrehen, wenn ich zwei Wochen ins Krankenhaus gehe - im günstigsten Falle lässt sie sich selbst ins Krankenhaus einweisen. Und anschließend darf ich mindestens sechs Wochen keine körperlich schweren Tätigkeiten verrichten, nicht schwer heben, nicht Autofahren etc.. 

Hier ist alles darauf ausgerichtet, dass ich alles Schwere wuppe, dass ich für Mudderns jederzeit abrufbar bin (und sie ist nur mit dem Auto oder Taxi erreichbar). Wenn der Gatte zusammenbricht oder stürzt, muss ich ihn hochheben, und das geht dann erstmal ein paar Wochen nicht. Eine Haushaltshilfe von der Krankenkasse bekommen wir nicht, da kinderlos, und wenn ich privat eine engagiere, will der Gatte nicht, dass jemand Fremdes in der Wohnung ist. Außerdem kann ja niemand 24/7 hier sein für den Fall, dass der Gatte stürzt und hochgehoben werden muss. Ich kann natürlich hoffen, dass alles gut geht, aber die Erfahrung zeigt, dass nichts gut geht, wenn's gut gehen muss.

Ich drehe mich im Kreis, finde schlichtweg keinen Weg, die OP zu ermöglichen, aber ich weiß auch, dass ich die Metrorrhagie nicht noch Monate oder Jahre aushalte - Mudderns war mit Ende 60 mit den Wechseljahren durch, das sind noch gut 15 Jahre. Das geht nicht, das weiß ich auch. Diese Ärztin war übrigens die erste, die fragte, wie ich mit einer seit über zwei Jahren andauernden Metrorrhagie lebe, wie ich den Alltag bewältige. 

Hier gilt seit mittlerweile 100 Wochen: Der Gatte und ich sind weitgehend zu Hause. Unsere Kontakte sind auf das Notwendigste beschränkt, heißt: Arbeit, Ärzte, Einkaufen, Mütter. Der Gatte wurde im ersten Corona-Jahr schwerkrank, ist inzwischen berufsunfähig verrentet und schwerbehindert. Es geht uns vergleichsweise gut. Wir halten es gut miteinander aus, kommen mit den Corona-Einschränkungen einigermaßen zu recht, vermissen aber dennoch die Zeit vor Corona sehr und hätten gerne wieder Normalität, Spontaneität. 

Mein Arbeitsplatz ist sicher, wenngleich meine Projekte von Corona betroffen sind. Wir gingen im März 2020 sofort ins Heimbüro und sind dort bis auf wenige Unterbrechungen noch immer. 

Der Besuch bei der Frauenärztin brachte mir übrigens gestern zum ersten Mal eine rote Corona-Warnung ein - großartig! Ich hoffe sehr, ich habe mich nicht angesteckt und versuche, mich nicht verrückt zu machen. In den drei Tagen zwischen Arztbesuch und Warnung war ich zwar nicht unterwegs, aber vom Gatten halte ich keinen Abstand, und ihn angesteckt zu haben, wäre eine Katastrophe. Also am Wochenende neben Abstand und Fiebermessen tägliche Tests und hoffen, dass die negativ bleiben, ansonsten wird's kompliziert. Die Inkubationszeit beträgt aktuell ja wohl drei Tage, insofern bin ich verhalten optimistisch. Nach Symptomen kann ich nicht gehen; die gängigen Corona-Symptome gehören zu meinen üblichen Malaisen. 

Der Gatte kämpft weiterhin mit dem Schlafzimmerumbau. Tatsächlich stehen jetzt alle Schränke, können wir am Wochenende unsere Kleidung wieder einräumen. Die Schiebetüren für seinen Kleiderschrank sind eine Katastrophe. Es gibt zwei zum Teil widersprüchliche Anleitungen. Irgendwann waren dann beide Türe angebracht, nur lassen sich jetzt die Schubladen nicht mehr öffnen, weil die eine Tür nicht ganz aufgeht. Mal gucken, ob unsere Reklamation angenommen wird, denn ein Schrank, bei dem sich die Hälfte der Schubladen nicht öffnen lässt, ist ja kein Zustand (und die Türen kosteten ein Vielfaches des ganzen Schranks, das ist also totaler Murks). 

Für den Gatten war es ja extrem wichtig, das Projekt alleine zu schaffen, und dass er es schaffte, brachte ihm Auftrieb. Wir überlegten dennoch, für die Türen den Montageservice von Ikea zu beauftragen, fanden dann aber heraus, dass das keine Handwerker sind, schon gar keine, die geübt sind, Ikea-Möbel zusammenzubauen, sondern dass sich da jeder melden kann, der meint, das zu können. Die brauchen noch nicht mal Werkzeug mitzubringen, und wenn sie Murks machen, haften sie nicht für Schäden. Der Service ist außerdem nicht erreichbar, hat nur eine Adresse in San Francisco. Och nö.

Jetzt, wo die Schränke bis auf die Türen fertig sind, fehlen noch Beleuchtung und Nachttische. Es wird also, auch wenn es noch dauert, wir noch öfter zu Ikea und zum Recyclinghof müssen. 

Heute fuhr der Gatte zum ersten Mal alleine zum Herzsport! Dass er sich den Weg zutraute, ist ein großer Schritt nach vorne, denn bislang war er danach noch zu fertig, um selbst zu fahren. Ichnutzte die Zeit, um zum Dorfbäcker zu spazieren, damit wir trotzdem frische Brötchen zum Frühstück haben. Die holte ich ja sonst in der Wartezeit. Der Spaziergang bei klarem, kaltem Wetter durch die Osdorfer Feldmark war eine richtige Wohltat! Der heutige Sonnenschein ist auch eine schöne Abwechslung zum tagelangen Regengrau.

Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! Über's Kochen und Einkaufen berichte ich in der Kombüse.

Freitag, 11. Februar 2022

Ausgelesen: Bücher im Januar 2022

Die ganze Band liest.
In den Januar startete ich mit dem fünften, aktuellen Band der Takeda-Reihe, "Takeda und die stille Schuld*" von Henrik Siebold*

Beim Brand einer Hamburger Seniorenresidenz sterben acht Bewohner. Alles deutet auf Brandstiftung hin, so dass der japanische Austausch-Polizist Takeda und seine deutsche Kollegin Harms die Ermittlungen aufnehmen. Eine verdächtige Heimleiterin, sich seltsam verhaltende Angehörige – viele der Befragten machen sich verdächtig. Dann stoßen Takeda und Harms auf ein deutsch-japanisches Joint Venture, das einen neuartigen Pflegeroboter erprobt. Bald müssen die Ermittler eine Frage stellen, die ihnen selbst geradezu aberwitzig erscheint: Kann ein Roboter einen Mord begehen? 

Ich freue mich auf den sechsten Band, "Inspektor Takeda und das schleichende Gift*", der im Juli erscheint. Wie meistens, wenn ich es tatsächlich mal schaffe, Buchreihen chronologisch zu lesen, habe ich viel Freude daran, zu verfolgen, wie sich die Protagonisten entwickeln. Ich freue mich, dass ich diese Reihe entdeckt habe!

"Talberg 1935*" von Max Korn* war dann ein krasser Kontrast: Vom Hamburg des 21. Jahrhunderts ging's in die bayerische Provinz zu Beginn der NS-Zeit. Eine ausführliche Rezension gibt's hier.

Die ersten beiden Bände der Sanktus-Reihe von Andreas Schröpfl* gefielen mir gut, und jetzt schaffte ich es endlich, die anderen Bände zu lesen. Im Mittelpunkt steht der Ex-Polizist und Münchner Bierbrauer Alfred Sanktjohannser, kurz Sanktus. Ich mag den Lokalkolorit und die lakonisch-knappe, manchmal schnoddrige Sprache der Bücher.

Im dritten Band "Schlachtsaison*" lebt er mit seiner Kati und ihrer Tochter zusammen, ist reifer und nachdenklicher geworden. Er ist verheiratet und wird bald Vater eines Sohnes. Diesmal darf er sogar mit Katis Einwilligung ermitteln, denn eine der Frauen, die nach dem Muster des Massenmörders Jack The Ripper umgebracht werden, ist eine Freundin seiner Schwester. Vergeblich versuchen Sanktus und Kommissar Bichlmaier den Schlächter zur Strecke zu bringen, noch bevor das Werk der "Kanonischen Fünf" vollendet ist. Unterstützt von Sanktus’ früheren Brauereikollegen und Dr. Engler führt sie ihre Jagd durch München mitten zur Faschingszeit.

Im vierten Band "Hopfenkiller*" ist Sanktus unter die Craftbeer-Brauer gegangen. Das Buch spielt im Sommer 2016, also wird auch der Anschlag am OEZ in die Handlung eingebunden - beklemmend! Garreth Vane, amerikanische Craftbier-Ikone, eröffnet in München seine erste Brauerei. Den konventionellen Bierherstellern sowie dem Reinheitsgebot sagt er den Kampf an. Bald darauf werden der Besitzer der größten Craftbier-Brauerei Münchens tot in der Isar aufgefunden, sein Konkurrent erschlagen auf dem Brauereihof entdeckt und im Münchner Bier unerlaubte Zutaten nachgewiesen. Steckt Vane hinter den Taten? 

"Weißbierrequiem*", der fünfte Band, führt Sanktus und seine Familie in ein Bier-Wellness-Hotel, in dem der Brauer den Eröffnungssud für das hoteleigene Bier ansetzen soll. Doch dann taucht eine Leiche im Pool auf - um kurz darauf wieder spurlos zu verschwinden. Sanktus, der den Toten entdeckt hat, macht sich gemeinsam mit seinen Freunden auf die Suche nach Leiche und Mörder. Alle geladenen Ehrengäste scheinen ein Motiv zu haben. Das Buch bietet auch interessante Einblicke in die Welt der Oktoberfest-Wirte.

Der sechste und aktuelle Band "Pfaffensud*" steht noch auf meiner Leseliste. Mal schauen, wann ich dazu komme - aktuell stehen ja zwei Wochen Krankenhaus und sechs Wochen Rekonvaleszenz im Raume. Da werde ich rechtzeitig vorher alle Print-Bücher meiner Liste bestellen. 

Schwer tat ich mich mit "Westwall*" von Benedikt Gollhardt als TV-Serie und als Hörbuch*. Ich kam einfach nicht in die Handlung! Wie gut, dass ich nicht aufgab, sondern das Buch auslieh, denn das gefällt mir sehr gut! Es geht um die Polizeischülerin Julia, die scheinbar zufällig den attraktiven Nick kennenlernt. Doch nach der ersten gemeinsamen Nacht entdeckt sie, dass er ihr einen falschen Namen genannt hat und ein riesiges Hakenkreuz-Tattoo auf dem Rücken trägt. Julia ist geschockt – warum hat Nick sie angelogen? 

Mit einem Mal gerät ihr Leben in einen alptraumhaften Strudel, der droht, ihr alles zu nehmen, was ihr lieb ist. Die Suche nach der Wahrheit führt Julia in die menschenleeren Wälder der Eifel bis hin zum Westwall, einem alten Verteidigungssystem aus dem Zweiten Weltkrieg. Und damit zurück in ihre eigene Vergangenheit.

Mit "Westwall*" gehe ich in den Februar.

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Mittwoch, 9. Februar 2022

Rezension: Talberg 1935 von Max Korn

Nach langer Zeit bewarb ich mich mal wieder um ein Rezensionexemplar: "Talberg 1935*" von Max Korn sprach mich sofort an. Ich wurde nicht enttäuscht.

Talberg ist ein kleines Dorf in der Nähe von Wegscheid und Passau. Das Leben ist hart, die Erträge der kaum fruchtbaren Böden reichen kaum zum Überleben. Die Nachwirkungen des Ersten Weltkrieges sind noch spürbar, da steht der Zweite schon fast vor der Tür. Seit zwei Jahren sind die Nazis an der Macht, und auch, wenn Berlin fern ist, wird das Dorf von den neuen Machthabern und ihrer menschenverachtenden Politik beeinflusst.

Das Schicksal des Dorfes bestimmen seit Jahrhunderten vier Bauernfamilien und ihre Höfe: Da ist der Steiner-Hof, der den Waldbauer gehört. Die Familien ist stolz darauf, dass sie unter den ersten waren, die sich am Fuße des Friedrichsbergs niederließen. Zu den Waldbauern zu gehören, verheißt Wohlstand, aber auch Skrupellosigkeit und Rücksichtslosigkeit. 

Der aktuelle Waldbauer, Josef Steiner, ein Choleriker und Tyrann, hat das Sagen. Die beiden Söhne Wilhelm und Johannes stehen ihrem Vater wenig nach. Wilhelm ist Dorflehrer, Johannes, der im Ersten Weltkrieg einen Arm verlor, soll den Hof übernehmen. Er galt lange Zeit als verschollen, und steht sein Name unter denen der Toten auf dem dörflichen Kriegerdenkmal. 

Ihm gegenüber stehen die Wegebauern. Die Frauen sind als Hexen verschrien, weil sie kräuterkundig sind und sich mit Naturheilmitteln auskennen. Zu ihnen kommen Frauen, die in Not sind, weil sie zum Beispiel eine Abtreibung benötigen. Die Wegebauern-Tochter Elisabeth wurde mit Wilhelm Steiner verheiratet und leidet unter ihrem Mann, der nicht an ihr interessiert und oft grausam ist.

Für die Dorfbewohner ebenfalls sehr sichtig sind der Leiner- und der Hirscher-Hof. Auf dem einen wohnt der Dorfbäcker, sorgt für das tägliche Brot, der andere beherbergt die Gastwirtschaft, sorgt für Bier und Schnaps. Der Dorfbäcker vertritt auch die Nationalsozialisten, ist verantwortlich für die Durchsetzung ihrer Politik. Karl Leiner ist Polizist und soll den Tod Wilhelm Steiners aufklären. Dabei werden ihm von unterschiedlichen Seiten immer wieder Steine in den Weg geworfen, haben doch alle Dörfler etwas zu verbergen.

Das Leben ist hart und trostlos, die Stimmung düster, als sich ein Todesfall ereignet: Der Lehrer Wilhelm Steiner liegt tot am Fuße eines Turmes, den er von seinen Schülern errichten ließ - angeblich, um seine Frau Elisabeth  herunterzustoßen, wie die Dörfler im Wirtshaus munkeln. Sie gerät schnell in Verdacht, gilt sie doch als Hexe. Doch dann gibt es zwei weitere Tote. 

Max Korn gelingt es sehr gut, die düstere, bedrohliche Stimmung im Dorf einzufangen und in Worte umzusetzen. Man kann sich der dichten Atmosphäre kaum entziehen. Allerdings entwickelt sich die Handlung in der ersten Hälfte sehr behäbig, braucht es etwas Durchhaltevermögen. Dann aber nimmt die Handlung Fahrt auf, und wer der Täte ist, ist am Ende überraschend. Ich bin gespannt auf die kommenden beiden Teile der Talberg-Trilogie.

Fazit: Atmosphärisch dichter, packender Thriller - Lese-Empfehlung!

Verlagsangaben zum Buch: Max Korn / Talberg 1935 / Paperback / 400 Seiten / 15 € / ISBN-10: ‎ 345342459X / ISBN-13: ‎ 978-3453424593

Verlag: Heyne

Vielen Dank an den Verlag für das Rezensionsexemplar!

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Montag, 7. Februar 2022

Gustav Oelsner, Altonas vergessener Stadtplaner

Wir haben uns da was eingetreten. Es ist braun. Es riecht nach Faschismus, Nationalismus, Antisemitismus und Rassismus. Wir hatten schon mal Faschismus in Deutschland. Mein Bedarf daran ist hinreichend gedeckt. Ich muss keinen faschistischen Staat erleben. Mir reichen die Erinnerungen an den, den es zwischen 1933 und 1945 gab.

Montags erinnere ich daran, was passiert, wenn es mit der Demokratie bergab geht und wie es anfing, denn die Nazis fielen ja nicht 1933 vom Himmel. Die krochen schon Jahre vorher aus ihren Löchern, wurden nicht rechtzeitig aufgehalten, auch, weil man sie nicht ernst nahm, dachte, es wird schon nicht so schlimm.

Wurde es aber.

In loser Folge gibt's hier also montags Kunst und Denkmäler gegen Faschismus, Nationalismus und Rassismus. Orte, die daran erinnern, gibt es in unserer Stadt genug, denn wie gesagt: Wir hatten das schon mal.


Aktuell trifft sich das braune Pack sonnabends in der Innenstadt und unter der Woche in vielen Stadtteilen, um gegen die Corona-Maßnahmen zu demonstrieren. Letztlich wollen die Demonstranten aber nichts anderes als einen faschistischen Staat, marschieren inzwischen nicht mehr nur von der AfD begleitet, sondern offen der NDP und anderen rechtsradikalen Parteien und Organisationen hinterher. 

Das von Gustav Oelsner erbaute Haus der Jugend in der Altonaer Museumstraße, heute Sitz des Altonaer Theaters und einer Berufsschule.

Hamburg hat viele charakteristische Klinkerbauten, die oft nur Fritz Schumacher zugeschrieben werden. Altona, das erst seit 1939 zu Hamburg gehört, ist hingegen maßgeblich von Gustav Oelsner geprägt. Mit Schumacher verbindet ihn eine enge Freundschaft.

Der letzte der Häuserblöcke der Luruper Chaussee 1 - 123. Die Aufstockung erfolgte 1934 und nahm die kubistische Strenge. In dem Block auf dem Foto wohnt übrigens Paul Seeger. Aber das ist eine andere Geschichte-

Der am 23. Februar 1879 in Posen geborene Oelsner kommt als 44jähriger nach Altona, um einen Generalbebauungsplan für die preußischen Städte Altona, Wandsbek und Harburg zu erstellen. Von März 1924 bis zur nationalsozialistischen Machtübernahme ist Oelsner parteiloser Bausenator und Bürgermeister Max Brauer. Ihm ist es zu verdanken, dass Altona zahlreiche Grundstücke an der Elbe kauft, somit eine Parzellierung und Privatisierung verhindert, stattdessen öffentliche Parks gestaltet.

Zwischen den Häuserblöcken gibt es Grünflächen mit Spielplätzen. Die Balkone wurden in den 1990er Jahren angebaut.

Oelsner ist ein Vertreter des Neuen Bauens in seiner strengen kubischen Form. Er verzichtet meist auf keramischen Bauschmuck und nutzt die Möglichkeiten, mit der Anordnung der Klinker gestalterische Akzente zu setzen. Ein Beispiel ist das zwischen 1928 und 1930 erbaute ehemalige "Haus der Jugend" am Platz der Republik gegenüber dem Altonaer Rathaus. Der gelbgeklinkerte Stahlbetonbau, ursprünglich eine Gewerbeschule, beherbergt heute das Altonaer Theater und eine Berufsschule. Er steht im bewussten Kontrast zum Rathaus mit Renaissance-Anklängen und zum rotgeklinkerten Altonaer Museum. Durch geschickte Terrassenbildung wirkt das Gebäude eher filigran als massig. 

Die Siedlung an der Luruper Chaussee wird durch Stichstraßen erschlossen, die für die heutige Autoflut natürlich zu klein sind.

Neben Kommunalbauten prägen aber auch Oelsners Sozialbauprojekte das Altonaer Stadtbild, zum Beispiel das an der Luruper Chaussee oder die Steenkampsiedlung. Großen Wert legt er darauf, dass in der Nähe seiner Wohnbauten auch Schulen entstehen, die inzwischen leider oft abgerissen wurden. Spielplätze und Grünflachen sind ebenfalls fester Bestandteil seiner Planungen. 

Neben einem fächerförmigen Pavillon mit fünf Läden für die Grundversorgung der Bewohner an der Ecke zur Theodorstaße, der inzwischen leider leer steht, gibt es auch ein zentrale Heiz- und Waschhaus (heute Sitz einer Firma).

Zwar ist Gustav Oelsner parteilos, aber er gehört dem sozialdemokratischen Magistrat an und wird daher von den Nationalsozialisten abgesetzt. Oelsner geht in den Ruhestand Ein Prozess wegen vermeintlichen Amtsmissbrauchs und Verschwendung öffentlicher Gelder gegen ihn endet 1934 mit einem Freispruch. Zu diesem Zeitpunkt spielt seine jüdische Herkunft noch keine Rolle, aber 1937 wird der 58jährige Oelsner gezwungen, den Vornamen "Israel" zu führen. Zwar konvertiert er schon als Jugendlicher zum Christentum, aber seine Eltern sind Juden.

Zwar wird Oelsner jetzt aufgrund seiner jüdischen Herkunft verfolgt, aber er hat noch die Möglichkeit, zu einem Städtebaukongress in die USA zu fahren. Hier begegnet ihm Max Brauer, der ihm von einer Rückkehr nach Deutschland abrät. Kurz vor dem deutschen Überfall auf Polen gelingt es Oelsner durch Vermittlung Schumachers, nach Ankara zu emigrieren. Dort lebt er bis 1949, ist in Ankara verantwortlich für den Städtebau der sich modernisierenden Türkei und baut den Lehrstuhl für Städtebau an der Technischen Universität Istanbul auf. 

Nach der Befreiung holt der inzwischen nach Hamburg zurückgekehrte und zum Bürgermeister gewählte Max Brauer Oelsner als Referent für Aufbauplanung nach Hamburg zurück. Diesmal kümmert sich der inzwischen 70jährige um die Neugestaltung der Innenstadt und ist Gründungsmitglied der Freien Akademie der Künste. Mit 73 Jahren geht Gustav Oelsner 1953 in den Ruhestand. Er stirbt 1956 und ist neben Fritz Schumacher auf dem Althamburgischen Gedächtnisfriedhof in Ohlsdorf beigesetzt. Neben seinen Bauten erinnert der Oelnerring in Osdorf / Groß Flottbek an den Architekten, Stadtplaner und Hochschullehrer. Im Altonaer Theater steht eine Oelsner-Büste, und die nach ihm benannte Gesellschaft kümmert sich um sein Andenken.

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Sonntag, 6. Februar 2022

#WMDEDGT 02/22: Heiter bis wolkig

Heute ist wieder der fünfte Tag des Monats, und Frau Brüllen fragt "Was machst Du eigentlich den ganzen Tag?", kurz WMDEDGT? Vielen Dank für's Sammeln!

Sonnabends klingeln hier zwei Wecker, denn der Gatte muss zum Reha-Sport. Seine heutige Form ist kein Vergleich zu der vor einem Jahr! Unter der Woche klingelt meist nur mein Wecke, kann der Gatte meistens ausschlafen, denn er ist ja inzwischen Rentner.

Während der Gatte wach wird, setze ich Kaffee auf, registriere mal wieder besorgt den Kaffeeverbrauch (ein Pfund pro Woche, seitdem wir beide zu Hause sind) und esse eine Scheibe Schwarzbrot mit Butter und Salz - dass ich um diese Zeit schon Hunger habe, ist ungewöhnlich. Dann den Daumen verpflastern - beim Renovieren kappte ich den letzte Woche fast mit einem Cutter, aber zum Glück heilt bislang alles gut, kann ich nachts schon den Verband abnehmen.

Dem Gatten geht's eigentlich ganz gut, aber er wünscht sich dennoch den Fahrdienst zum Sport. Ich hatte ihm ja zugesagt, dass ich ihn fahre, solange er das Gefühl hat, er schafft es noch nicht alleine. Also anziehen und los. Das Karlchen verbrachte die Nacht vorm Haus, weil wir gestern damit einkaufen waren und ich es nicht umparken wollte. Zum Glück fror es über Nacht nicht. 

Während der Gatte beim Sport ist, gehe ich zum Bäcker und kaufe die üblichen 3Bs: Brot, Brötchen, Berliner - letztere sind bei diesem Bäcker einfach grandios, besser als der Kuchen, den er im Angebot hat. Diesmal gehe ich etwas schneller, denn die Sonne scheint endlich mal wieder, und da möchte ich eine etwas größere Runde durch die Steenkampsiedlung drehen, vorbei am Stolperstein für Leopold Simonsohn. Sein Sohn Wilhelm, Jahrgang 1919, ist immer noch als Zeitzeuge unterwegs - Respekt! Außerdem ist die Luft klar und kalt, da muss ich mich quasi warm laufen. 

Als ich auf dem Rückweg an der Ampel stehe, kommen zwei Transporter mit den Polizeipferden an mir vorbei. Wenn sie außer Dienst sind, weiden sie bei uns vor der Haustür. Heute sind sie im Dienst, werden am Nachmittag bei den Quer"denker"-Demos am Jungfernstieg eingesetzt. 

Der sogenannte Rapunzelturm, ein 1901 erbauter Wasserturm in der Bahrenfelder Theodorstraße. Leider steht er seit drei Jahren leer, sucht vergeblich einen Käufer und verfällt. 

Nach einer Stunde bin ich wieder auf dem Parkplatz des Sportvereins, lese noch bummelig zehn Minuten in "Westwall*", und dann ist der Gatte da, wirft seine Tasche energiegeladen auf den Rücksitz. Was für ein Unterschied zu den letzten Wochen! Der Sport und vor allem auch die "Herrenriege", mit der er gerne plaudert, tun ihm merklich gut. Die beiden älteren Herren wissen aus eigener Erfahrung, was er durchmacht. Das hilft.

Kaum ist der Gatte im Auto, setzt ein Regenschauer ein. Der Gatte ist so fit, dass wir noch kurz zum Supermarkt fahren, einen fehlgekauften Wasserkocher umtauschen und gucken, ob wir etwas vom Angebotskaffee bekommen - vergeblich. Zukünftig müssen wir da schneller sein. Der Gatte ist ja ohnehin fast jeden Tag unterwegs, da kann er sich darum kümmern. Wie jedes Mal, wenn wir zusammen unterwegs sind, merke ich, dass ich unsere gemeinsamen Autofahrten mag, weil wir da über alles mögliche reden. 

Zuhause. Vor den Frühstück erstmal Mudderns anrufen. Sie wird nervös, wenn wir nicht jeden Tag zur gleichen Zeit telefonieren. Das ist verdammt anstrengend. Dann frühstücken, Zeitungen lesen und am heutigen  Samstagsplausch schreiben. 

Nach dem Frühstück widmet sich der Gatte wieder dem Zusammenbau seiner beiden Kleiderschränke. Er braucht erfreulicherweise keine Hilfe. Es geht bei ihm langsam voran, aber es geht. Ich nutze derweil eine Regenpause, putze das Schlafzimmerfenster und bringe die Jalousie an - endlich wieder im Dunklen schlafen! Als ich fertig bin, setzt der nächste Graupelschauer ein. 

Am frühen Nachmittag braucht der Gatte immer noch keine Hilfe, also lege ich mich auf's Sofa, Schlaf nachholen. Mein CPAP-Gerät funktioniert seit einigen Wochen nicht richtig. Ich hangle mich nachts von Erstickungsanfall zu Erstickungsanfall, bin morgens wie gerädert und eigentlich nicht funktionsfähig, aber nützt ja nichts. Der Gatte weckt mich nach zwei Stunden, und da das CPAP-Gerät tatsächlich mal funktionierte, bin ich endlich mal wieder wach. 

Der Gatte entsorgt die Verpackungen der Schubladen, während ich Tee koche. Dann freuen wir uns gemeinsam, dass alle zehn Schubladen seiner beiden Schränke montiert sind. Teezeit mit Berlinern und überlegen, wie es mit dem Schrankaufbau weitergeht. Beschluss: Erst wird der Schrank des Gatten fertiggestellt, damit er einräumen kann. Dann lichtet sich das Labyrinth, durch das wir uns seit drei Wochen kämpfen, etwas. Wir haben nicht damit gerechnet, dass uns die Schlafzimmerumgestaltung solange aufhält. Müssten wir täglich aus dem Haus, hätte zumindest ich ein ernsthaftes Problem, denn ohne Kramen komme ich nur an Strandkleider. Der Gatte hat immerhin Zugang zu einem Curver mit T-Shirts.

Morgen versuchen wir uns also an der Befestigung von zwei Schwebe-Schiebetüren. Yeah. Oder so. Dann aber ist das Schlimmste geschafft. Meine beiden fehlenden Schränke sind dann quasi Selbstgänger. Wenn wir dann auch noch eine Lösung für die Nachttische fanden, Rollos für meine Schränke hängen (für Türen ist kein Platz), der Gatte für Elektrik und Licht sorgte, der Fernseher angeschlossen ist, ist das Schlafzimmer komplett, haben wir wieder ein Esszimmer (dort stehen aktuell Klamotten und Schrankteile). Es wäre gut, wenn das alles vor dem anstehenden Urlaub erledigt ist. Das Packen wird sonst zu einer Herausforderung.

Das Paket mit dem aussortierten Besteck für die Berliner Stadtmission fertig machen, die Packliste für Dänemark überarbeiten, ein bisschen bloggen, dann auf's Sofa zum Hamburg Journal und parallel wie jeden Sonnabend die Tabletten-Wochendosen auffüllen. Der Gatte rumohrt derzeit in der Küche, bereitet das heutige Abendessen zu. Das ist schön, zeigt, wie gut es ihm geht.

Abendessen, sofasitzen, stricken und Krimi gucken. Als Folge der vielen schlaflosen Nächte der letzten Wochen fallen mir schnell die Augen zu. Also früh ins Bett in der (vergeblichen) Hoffnung, endlich mal eine Nacht durchzuschlafen. Vorher lese ich aber noch ein gutes Stündchen in "Westwall*". Ich bin froh, dass ich nicht aufgab, nachdem mir TV-Serie und Hörspiel missfielen. Als Buch gefällt mir die Geschichte sehr gut. Zum Glück lese ich es als eBook mit beleuchtetem eReader, denn im Schlafzimmer gibt's ja noch kein Licht ...

Das Rezept zum Tag ist verlinkt.

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