Sonnabend und Sonntag hatten wir Besuch. Ich hatte so von der alt-neuen Heimat geschwärmt, dass eine Blog-Freundin meinte, dieses Bullerbü wolle sie sich gerne mal selbst ansehen. Der Regen warf unsere Planung komplett um, und manches Mal mussten wir improvisieren.
Sonnabend besuchten wir die Kunststätte Bossard. Solange es nur nieselte, schauten wir uns die Außenanlagen an, anschließend die Innen-Ausstellungen. Seit mehr als zwei Jahren gibt es eine Kontroverse zur politischen Einstellung der Bossards, und inzwischen liegt ein erstes Gutachten vor. So sehr ich die Arbeit des IfZ normaalerweise schätze, hier habe ich den Eindruck, es wird alles getan, um nachzuweisen, dass die Bossards unmöglich von Antisemitismus und NS-Geist beeinflusst sein könnten. Gut, man fand in seiner Symbolik zwar ein Hakenkreuz, aber das war sicher nur Zufall. Okay, Bossard war Anhänger der Ariosophie und Lebensreform, propagierte Rassenreinheit, äußerte sich antisemitisch, aber deswegen kann man doch nicht davon ausgehen, dass er Antisemit war. Merke: Wenn etwas quakt wie eine Ende und watschelt wie eine Ente, ist es sicher keine Ente, wenn's um einige Millionen Euro Förderung für einen Museumsneubau geht.
Sonntag sollte es einigermaßen trocken sein, also fuhren wir ins Büsenbachtal zum Wandern. Kaum waren wir aus dem Auto ausgestiegen, fing es an zu nieseln. Nach keinem Kilometer wurde aus dem Nieseln ein kräftiger Regen. Also zurück zum Auto. Die einzige Drinnen-Aktivität in der Nähe, die zu dieser Zeit schon geöffnet war, war das Heide-Erlebniszentrum, eine Empfehlung der örtlichen Facebook-Gruppe. Wir hatten keine Erwartungen und wurden mehr als positiv überrascht! Die Ausstellung ist super! Dazu gibt's beizeiten einen Extra-Beitrag. Danach bummelten wir ein bisschen durch das bezaubernde Heidedörfchen Undeloh. Zur Heideblüte bekommt man hier keinen Fuß auf den Boden, aber an diesem Wochenende mit unklarem Wetter war's einigermaßen leer. Anschließend gingen wir noch ein Stück des Heidelehrpfads, bis ich schwächelte.
Auf dem Heide-Lehrpfad. |
So schön Besuch über's Wochenende war, so sehr strengte es mich doch auch an. So viel Gesellschaft, frische Luft und Bewegung bin ich seit Jahrenden nicht mehr gewohnt. Zum Glück kennt die Gästin so was und war nicht böse, als ich Sonntag Abend signalisierte, ich bräuchte Ruhe.
"Trinkst du noch Tee mit mir?" frug der Gatte, als wir Montag Nachmittag nach meinem Feierabend in die Stadt gingen. Klar blieb ich noch zum Tee, ehe ich mich nach Hamburg in die Wohnung aufmachte. Das Gependel fällt uns schwer. Vor allem der Gatte verträgt die Trennung schlecht, mag nicht alleine sein. Dienstag Abend waren wir dann wieder zusammen.
Dienstag und Mittwoch waren heftige, lange Arbeitstage mit viel Trubel. Ich bin froh, dass ich tolle Kollegen habe - und dass ich seit heute eine Woche Urlaub habe. In meinem Projekt gibt es spannende Entwicklungen, im Team insgesamt ebenfalls. Die Entwicklungen in meinem Projekt hätte ich stoppen können, aber ich fand, das Projekt dürfe nicht darunter leiten, dass die Projektleitung malad ist. Die Kollegin, die mit mir im Projekt arbeitet, und die Chefs tragen das zum Glück mit, und der Rest des Teams ebenfalls. Es ist unwahrscheinlich beruhigend, dass ich mir in dem ganzen Chaos zumindest beruflich keine Sorgen machen muss.
Ich hatte keine Kraft, diese Woche zur Grippe-Impfung zu gehen und sagte den Termin ab. Zufällig sah ich, dass die letzte Corona-Impfung schon im Oktober ein Jahr her ist, nicht erst im Dezember, und nun habe ich kommende Woche einen Termin für eine kombinierte Grippe-Corona-Impfung - in der Apotheke. Ich bin gespannt - auf den Ablauf und wie mein Körper damit umgeht. Der Gatte bekam diese Woche seine Grippe-Impfung und spürte diesmal die Nachwehen 24 Stunden später, als wir schon gar nicht mehr damit rechneten. Letztes Jahr kippte er gleich in der Arztpraxis um ... Gegen Corona lässt er sich nicht mehr impfen, denn nach jeder Impfung lag er eine Woche flach. Nicht auszudenken, wie es würde, bekäme er tatsächlich Corona. Beim Arzt erfuhr der Gatte, dass sich seine Kaliumwerte schon etwas verbesserten. Der Stress mit der kaliumarmen Ernährung lohnt sich also. Kommende Woche schon gibt's neue Werte. Meine Blutwerte hingegen werden kontinuierlich schlechter - zu viel Fertigfutter und belegte Brötchen in der Mittagspause, weil ich keine Kraft habe, mir Oats zu machen.
In der Hoffnung, dass wir tatsächlich in sieben Wochen mit dem Umzug beginnen, fingen wir langsam an, auszusortieren. Dabei fand ich das Reisetagebuch meiner ersten Israelreise 1988 wieder! Ansonsten freue ich mich über jeden Gegenstand, den ich entweder wegwerfe oder zum Recyclinghof bringe. Kommende Woche wird ein Teil des Lagers ausgeräumt, ziehen die Schiffsmodelle des Gatten schon mal um.
Auf der Baustelle waren die Gärtner fleißig, und das Ergebnis sieht gut aus. Der Chef war gestern da und befand, das eine oder andere müsse nachgebessert werden. Das macht insgesamt einen guten Eindruck, auch, wenn sich die Arbeiten wieder mal ziehen - hoher Krankenstand. Es fehlt noch die Regenrinne, und Gartenhaus und ein paar vom Vorgänger gesetzte Zaunelemente müssen noch gestrichen, Bäume geschnitten werden.
Ich muss mich um einen anderen Dachdecker kümmern, denn Dachdecker II meldete sich nicht mehr. Ich habe keine Lust, dem Kostenvoranschlag hinterher zu telefonieren, denn so, wie er beim Ortstermin die Montage von Trittstufen zum Schornstein schilderte, wird es kompliziert und teuer. Ihm waren die Dachfenster zu dicht am Schornstein, weswegen er hinter dem Haus ein Gerüst aufstellen will, um auf dem Dach Trittstufen von hinten nach vorne über das Dach und zurück um den Schornstein herum zu verlegen ... Ich habe beschlossen, erstmal abzuwarten, bis der Kamin tatsächlich eingebaut und angeschlossen ist, und dann nochmal zu hören, was der Schornsteinfeger nun wirklich will. Im September 2022 wollte er Trittstufen zum Kaminkehren, im April 2023 nicht.
Wegen des defekten Wasserrohrs in der Waschküche diskutieren Heizungsbauer und Versicherung noch immer, wer den Schaden eigentlich verursachte. Solange der Keller trocken ist, sollen sie meinswegen diskutieren. Die Rechnung für den Austausch von Heizungsthermostaten und -ventilen verursachte Schnappatmung. Nur: Nützt ja nichts. Zum Teil waren die Ventile noch von 1961, das konnte ja nicht so bleiben. Dass der Kohleofen aus dem System genommen wurde, war sofort zu merken: Im Heizungskeller, der Werkstatt des Gatten, ist es deutlich kühler. Insgesamt sind wir sehr dankbar, dass jetzt fast überall die Heizungen wieder funktionieren. "Ein warmes Haus hat ja nicht jeder", sagte der Gatte gestern, als wir wieder ins Haus, nach Hause, kamen. Im Gästebad zickt die Heizung noch, aber das lassen wir erstmal so, denn der Gatte meint, dort sei es warm genug. Er nutzt es zurzeit, weil er im Eisenbahn- bzw. Gästezimmer schläft. Wir warten jetzt mal ab, wie es den Winter über ist, und ggf. muss ich mich im Frühjahr um die Heizungsreparatur kümmern.
Hier gilt seit mittlerweile 189 Wochen: Der Gatte und ich sind weitgehend zu Hause. Es geht uns vergleichsweise gut. Wir halten es gut miteinander aus. Im ersten Corona-Jahr wurde der Gatte schwerkrank, im zweiten zeigte sich, dass er nicht mehr gesunden wird, im vierten hatte er einen Schlaganfall. Er ist schwerbehindert und berufsunfähig verrentet.
Unsere Kontakte sind normalerweise auf das Notwendigste beschränkt, heißt: Arbeit, Ärzte, Einkaufen, Schwiegermutter und Handwerker. Ich bin dankbar, dass Corona uns bislang verschonte und hoffe sehr, das bleibt so. Weiterhin gibt es im Umfeld reichlich Infektionen.
Der Gatte kommt immer wieder auf unseren Zahnarzt zu sprechen, der im August plötzlich und viel zu früh an einem Hirntumor verstarb. Der Zahnarzt war zwei Jahre jünger als der Gatte, bei dem der Schock tief sitzt. Er überlegt, zukünftig in der alt-neuen Heimat zum Zahnarzt zu gehen. Ich zögere noch, denn ich war knapp 35 Jahre Patientin in der Praxis. Der hiesige Zahnarzt wäre aber kaum fünf Gehminuten entfernt. Wir werden sehen.
Schwiegermutter geht es gut, Tante hoffentlich auch - Neuigkeiten von ihr bekommen wir nur über Schwiegermutter, und die redet mehr über sich selbst oder schimpft nur über Tante, mit der sie einmal wöchentlich telefoniert. Für uns ist es schwierig, Tante zu erreichen, so dass wir nur hoffen können, dass es ihr gut geht, ihr die Reha nach ihr Schulter-OP gut tut. Schwiegermutter hat sich in den Kopf gesetzt, dass Tante Weihnachten nach Hamburg kommt. Wir sind gespannt, ob das klappt. Unter anderen Umständen hätten wir nicht dagegen, Weihnachten zu Tante nach Dachau zu fahren, aber in diesem Jahr werden wir dann noch mitten im Umzug sein.
Ein Teil von mir ist seit drei Wochen permanent in Israel. Mittwoch beginnt in Hamburg die Schule wieder, und für die jüdischen Schülerinnen und Schüler wird die Situation wenig kommod. Jüdinnen und Juden machen sich seit drei Wochen so unsichtbar wie möglich. Feierten wir nicht gerade erst 1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland?! Es macht mich wütend, dass aufgrund von Sicherheitsbedenken Gottesdienste nicht stattfinden können, Kinder nicht in die Schulen können. Das Ausmaß an Antisemitismus, das sich allerorten zeigt, macht mich sprachlos. Wütend machen mich auch die Forderungen nach einem Waffenstillstand. Die Täter-Opfer-Umkehr, die nach dem Simchat-Tora-Massaker einsetzte, ist unglaublich. Es gibt keine Anstrengungen, die Hamas zur Freilassung der über 200 Geiseln zu bewegen (oder wenigstens Visiten durch das Rote Kreuz zuzulassen) oder zum Aufgeben zu bewegen. Es gibt keinen Druck auf die Unterstützerstaaten der Hamas. Einzig Israel soll eine Waffenruhe einhalten. Wie wahnsinnig diese Idee ist, zeigt sich schon daran, dass die Hamas in den letzten drei Wochen über 8.000 Raketen auf Israel abfeuerte. Die Hamas ist wohlhabend und gut ausgestattet, lebt in sicheren Staaten, während die palästinensische Zivilbevölkerung in Gaza leidet - und sich doch nicht gegen die Hamas wendet, sondern einzig gegen Israel. Es ist ganz klar, dass nur die Hamas ein Ende des Krieges in der Hand hat, nur da sie und ihre Unterstützerstaaten das Ende allen jüdischen Lebens wollen, und zwar nicht nur in Nahost, ihnen niemand Einhalt gebietet, wird es so schnell kein Ende des Krieges geben. Hier sind übrigens die Namen und Fotos der über 200 Kinder, Frauen und Männer zu sehen, die seit drei Wochen in Hamas-Geiselhaft sind: Bring them home now. Die jüngste Geisel ist 9 Monate alt, die älteste 85 Jahre.
Noch sieben sechs Wochen bis Umzug. Hoffentlich.
Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! Über's Kochen und Einkaufen berichte ich in der Kombüse.
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