Sonntag, 20. Juli 2025

Samstagsplausch KW 29/25: Leben und Arbeiten in Corona-Zeiten CCLXXIX

"Ich will nicht den ganzen Sommer im Krankenhaus bleiben!", rief der Gatte gestern verzweifelt, als wir vor dem Krankenhaus in der Sonne saßen. Normalerweise hätten wir einen langen Sommerabend mit Grillgut, Sangria und Häppchen an der Hummelrast genossen. Wer weiß, wann das mal wieder möglich ist - und ob überhaupt?! 

Der Gatte ist jetzt schon die zweite Woche im Krankenhaus. Es geht weiterhin einen Schritt vorwärts und zwei zurück. Der OP-Termin wird in letzter Minute immer wieder verschoben. Der Chefarzt ist vorsichtig optimistisch, kommende Woche operieren zu können. Das war er in dieser Woche auch schon - und in der letzten Woche. 

Der Zustand des Gatten hat sich laut den Ärzten konsolidiert, fast alle Blutwerte sind besser geworden nach gefühlt endlosen Infusionen. Dennoch: Der Gatte ist sehr schwach, isst und trinkt zu wenig, taucht in Parallelwelten ab, kann sich kaum noch bewegen, schläft viel. Ich bin weiterhin zwei Mal täglich bei ihm, aber nicht mehr so lange, weil ihn meine Besuche anstrengen. Mich erinnert das alles fatal an das letzte dreiviertel Jahr mit meiner Mutter. Kraft, Hoffnung und Zuversicht schwinden zusehends. 

Hier gilt seit mittlerweile 279 Wochen: Der Gatte und ich sind weitgehend zu Hause. Im ersten Corona-Jahr wurde der Gatte schwerkrank, im zweiten zeigte sich, dass er nicht mehr gesunden wird, im vierten hatte er einen Schlaganfall. Er ist schwerbehindert und berufsunfähig verrentet. Es geht uns dennoch vergleichsweise gut. Wir halten es gut miteinander aus, wenngleich die Erkrankungen und der Schlaganfall des Gatten zu Wesensveränderungen führten, die ein Zusammenleben manchmal sehr schwer machen. 

Unsere Kontakte sind normalerweise auf das Notwendigste beschränkt, heißt: Arbeit, Ärzte, Einkaufen, Schwiegermutter und Handwerker. Ich bin dankbar, dass Corona bislang Gatten, Schwiegermutter und Tante verschonte, und hoffe sehr, das bleibt so.  

Von Sonnabend auf Sonntag war Schwiegermutter zu Besuch, was sehr anstrengend war, muss sie doch immer im Mittelpunkt stehen. Ich hatte sie im Hotel untergebracht, aber natürlich wollte sie auch das Haus sehen. Sie will sich, wenn der Gatte wieder zu Hause ist, länger im Hotel einquartieren, um Haus und Garten auf Vordermann zu bringen. Na, ich danke! Den Vorgarten möchte sie schottern, alle hier noch stehenden Umzugskisten unbesehen entsorgen, weil darin ja nur meine Bücher wären, und das sind ja eh nur Staubfänger, und die Zimmer, an denen der Gatte noch arbeitet, will sie fertig einrichten. Ja, nee, is klaa. 

Durch Schwiegermutters Besuch kam ich aber immerhin zu einem ordentlich Abendessen und zu einem ordentlichen Frühstück. Seit zwei Tagen schaffe ich es auch, mir wieder echtes Essen zuzubereiten, nicht nur Fertigfutter. 

Diese Woche war die Jahrespressekonferenz für mein Projekt. Da ich zurzeit freigestellt bin, fiel die Durchführung meiner Kollegin zu, und sie meisterte es grandios! Mich freute, dass sie in einigen Veröffentlichungen auch namentlich erwähnt wurde. Ich hatte erst überlegt, ob ich bis zur Pressekonferenz irgendwie durchhalte, dachte mir dann aber, dass meine Kollegin sich freischwimmen müsse, ich hier nicht auf Teufel komm raus stark sein müsse. Die Kollegin war schon in den letzten zwei, drei Jahren bei allen Vorbereitungen und -besprechungen dabei, wurde also nicht ahnungslos ins kalte Wasser geworfen, hatte zudem die Unterstützung des ganzen Teams. Jetzt hat sie wirklich alle Facetten des Projekts durchgespielt und ist fit, die Projektleitung ganz zu übernehmen, wenn ich in zwei Jahren in Rente gehe, um Zeit mit dem Gatten zu genießen. So ist zumindest der Plan, Mal schauen, was die Gesundheit des Gatten dazu sagt.

Die Chefin bat um ein Telefonat und stellte dabei erstaunt fest, dass ich tatsächlich nicht in meine Dienstmails schaue, wenn ich dienstfrei habe. So erfuhr ich dann erst durch sie, dass unser Chef uns sehr kurzfristig verlässt, wir ebenso kurzfristig eine neue Chefin bekommen als Vorgesetzte für das gesamte Institut. Soll sein. Für mich gibt es aktuell Wichtigeres.

Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! Über's Kochen und Einkaufen berichte ich in der Kombüse

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