Danke für eure Kommentare und Mails, insbesondere an J. Ich komme momentan nicht dazu, allen zu antworten.
Der Himmel über unserer Wohnung war Donnerstag früh tiefrot. |
Die Woche war für unsere Verhältnisse ruhig. Montag fuhren wir das vorletzte Mal vor dem Umzug von der Baustelle in die Wohnung. Es war keine schöne Fahrt bei Regen und Sturm. Donnerstag fuhren wir zum letzten Mal vor dem Umzug für ein langes Wochenende auf die Baustelle. Diesmal war die Fahrt angenehmer, kamen wir schnell durch. Eigentlich wollte ich in Hamburg nach der Arbeit viel in der Wohnung schaffen, aber ich hatte einfach keine Kraft. So reichte es nur zum Putzen, erfreulicherweise unterstützt vom Gatten, der sogar einmal kochte. Beides kostete ihn viel Kraft. Das, was ich nach der Arbeit nicht schaffte, muss ich irgendwie in den dann noch zehn Tagen bis zum Umzug schaffen, wie auch immer. Auch im Haus schaffte ich nicht genug. Der Gatte verlegte aber immerhin einen knappen Meter Kabel und ist ganz stolz! Es traf ihn, dass ich feststellte, ich ginge davon aus, mindestens das kommende Jahr mit Umzugskartons in meinem Zimmer leben zu müssen, weil es mit der Verkabelung nicht voran geht. Es ist ja, wie es ist. Ich werde auch in den kommenden Monaten weder Schränke noch Licht im Badezimmer haben, weil der Gatte auch hier nicht vorwärts kommt, ebenso wenig wie bei der Beleuchtung der Kellertreppe. Er schafft es einfach nicht, ein Projekt zu Ende zu bringen. Das ist kein böser Wille, das ist auch keine Faulheit, das ist schlichtweg des Resultat seiner vielen Erkrankungen.
Im Büro macht mein Mammutprojekt viel Arbeit, denn wir bereiten eine Jubiläumsfeier für das kommende Jahr vor. Die war meine Idee, und ich hätte sie nicht äußern müssen, hätte mir keine Arbeit machen müssen, aber wenn ich ein Projekt übernehme, will ich es auch ordentlich machen. Da ich im kommenden Vierteljahr kaum im Büro sein werden, möchte ich so viel wie möglich schon jetzt erledigen, damit meine Vertretung weniger Arbeit hat. Sie ist ja eigentlich "nur" für meine Unterstützung da, nicht als Projektleitung, muss aber genau das im kommenden Vierteljahr machen. Hinzu kommt, dass im kommenden Vierteljahr einige wegweisende Entscheidungen gefällt werden müssen. Ich habe meiner Vertretung und den Chefs gesagt, dass ich mit den gefällten Entscheidungen leben werde, aber dennoch ist ihnen unwohl dabei. Ich gebe Richtungen und Wege vor, beschreiten müssen sie sie alleine. Alle wissen, dass ich im Notfall erreichbar bin, und von der Zeit nach dem Tod meiner Mutter weiß ich, ich kann alles mögliche vom Liegestuhl aus per Taschentelefon prüfen und entscheiden, aber das muss ja nicht sein, wenn es auch anders geht.
Es ist schon putzig: Bis vor fünf Jahren arbeitete ich immer in Projekten, wo jeder wusste, er ist ersetzbar, und jetzt, wo ich signalisiere, ich bin ersetzbar, soll ich partout nicht ersetzt werden.
Jedenfalls bereite ich meiner Kollegin alles so vor, wie ich es mir für mich gewünscht hätte in den vielen Fällen, in denen ich einfach ins kalte Wasser geworfen wurde, und versuche, sie auf alle Eventualitäten vorzubereiten. Ich weiß, dass sie die Vertretung schafft. Nicht umsonst habe ich von Anfang an darauf Wert gelegt, dass sie alles wissen muss, was ich weiß, und alles können muss, was ich kann. Ich war zu oft Vertretung bei Leuten, die auf Herrschaftswissen bestanden, bewusste Infos zurückhielten, um es ihrer Vertretung künstlich schwer zu machen. Meine Kollegin weiß zudem, dass ich mit ihrer Vertretung sehr zufrieden bin, dass ich völlig entspannt weggehen, dass sie Unterstützung aus dem Team hat, dass ich, wenn wirklich alles schief gehen sollte, erreichbar bin, aber trotzdem ist sie unsicher. Nützt ja nichts.
Hier gilt seit mittlerweile 193 Wochen: Der Gatte und ich sind weitgehend zu Hause. Im ersten Corona-Jahr wurde der Gatte schwerkrank, im zweiten zeigte sich, dass er nicht mehr gesunden wird, im vierten hatte er einen Schlaganfall. Er ist schwerbehindert und berufsunfähig verrentet. Es geht uns dennoch vergleichsweise gut. Wir halten es gut miteinander aus, wenngleich die Erkrankungen und der Schlaganfall des Gatten zu Wesensveränderungen führten, die ein Zusammenleben manchmal sehr schwer machen.
Unsere Kontakte sind normalerweise auf das Notwendigste beschränkt, heißt: Arbeit, Ärzte, Einkaufen, Schwiegermutter und Handwerker. Ich bin dankbar, dass Corona uns bislang verschonte und hoffe sehr, das bleibt so. Weiterhin gibt es im Umfeld reichlich Infektionen.
Ich bin diese Woche oft an meine Grenzen gekommen, war ein paar Mal davor, einfach heulend zusammenzuklappen. Ich kann einfach nicht mehr.
Aktuell bin ich noch mehr als sonst in Gedanken in der Herzensheimat. Gestern wurden nach 49 Tagen die ersten 24 Geiseln freigelassen, in den kommenden drei Tagen sollen weitere folgen - wenn sich die Hamas an die Absprachen hält. Wie viel von Hamas-Zusagen zu halten ist, zeigte sich daran, dass der Waffenstillstand keine Viertelstunde hielt und dass das IKRK nun doch keinen Zugang zu den anderen Geiseln bekommt. Wie unglaublich grausam muss es für die sein, deren Angehörige weiterhin in Geiselhaft sind! Ich hoffe sehr, dass möglichst viele Geiseln noch am Leben sind. Die Nachrichten sind widersprüchlich und besorgniserregend. Noch auf dem Weg zum Grenzübergang wurde der IKRK-Konvoy mit den Geiseln von Steinewerfern angegriffen, dachten sie, sie würden zu einer Steinigung oder zum Lynchen gefahren werden.
Diese Woche wurde mir ein Projekt von Koolulam in die Timeline gespült. Die israelische Initiative bringt Menschen zum Singen und stärkt so die Gemeinschaft. Den Song "Like A Prayer" von Madonna sangen Menschen aus aller Welt, um an die 240 Geiseln zu erinnern.
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