Samstag, 3. Februar 2024

Samstagsplausch KW 05/24: Leben und Arbeiten in Corona-Zeiten CCIII

"Wer sind Sie? Und was haben Sie mit meinem Mann gemacht?", hätte ich gestern fast gefragt, als der Gatte gut gelaunt und erholt wirkend wie schon lange nicht mehr vor mir stand. Die Zeit ohne mich tut ihm anscheinend sehr gut, und das ist erfreulich. Aktuell hat er sich an das Wagnis gemacht, mich in der Reha zu besuchen, so dass wir ein gemeinsames Wochenende verbringen können. Das ist ausgesprochen schön, denn so lange wie jetzt waren wir seit 12 Jahren nicht mehr getrennt. Der Freitag begann allerdings mit meiner Horror-Vorstellung: Die Putzfrau rief aufgelöst an, weil der Gatte ihr nicht öffnete und das Haus dunkel war. Eigentlich soll sie in solchem Fall den Schlüssel aus dem Tresor nehmen und ins Haus gehen, aber sie traute sich nicht, hatte Angst, vor dem, was sie finden könnte ... Ich hatte den Gatten wie üblich geweckt, aber das war mittlerweile zwei Stunden her, und da hätte viel passieren können. Gott sei Dank war nichts passiert! Entweder, der Gatte schlief nochmal tief und fest ein und hörte das Klingeln nicht, oder die Klingel hatte einen Aussetzer, was auch immer. 

Im Hydrojet-Verlies wartete ein Achtsamkeits-Entchen auf mich.

Die Wochentage in der Reha sind gut gefüllt. Die Therapien wirken. Manchmal kann ich schon wieder ganz normal die Treppe runtergehen, weil das Knie nicht mehr zickt, denn die Verspannungen werden weniger. Es gibt auch Nächte, in denen ich sechs Stunden Schlaf am Stück bekomme. Die, in denen ich im Zwei-Stunden-Takt aufwache, sind allerdings noch immer in der Mehrheit, und der Therapieplan ist so gefüllt, dass kein Mittagsschlaf möglich ist. Zwei Mal war ich schon so weit, mich abzumelden, um Schlaf nachzuholen, aber dann ging's auch so.

Das Entchen darf eine Nacht beim Kuschelrudel verbringen.

Ich bin weiterhin gerne für mich, genieße es, meine Ruhe zu haben. Letzten Sonnabend allerdings unternahm ich einen Ausflug mit einer Mit-Rehabilitandin. Wir essen gerne zusammen und unterhalten uns gut, so dass ich sie spontan fragte, ob sie Lust hat, mit zu einem kleinen Museum in der Nähe zu kommen. Das war ein netter Nachmittag! Insgesamt strengen mich Menschen aber weiterhin an, und so verbringe ich meine freie Zeit am liebsten auf meinem Zimmer. Als ich gestern kurz vor Zapfenstreich aus dem Hotel des Gatten wieder zurück in die Klinik kam, war ich dementsprechend überrascht darüber, was hier abends los ist, dass sich Klön- und Spielerunden fanden usw. Eine andere nette Mit--Rehabilitandin rief eine Strickgruppe ins Leben, der ich mich anschließen könnte, wenn mir nach Gesellschaft ist. Ansonsten gibt's abends Kreativ-Workshops, Konzert-Lesungen, Dia-Vorträge, Bingo ... Mal eben irgendwo auf ein nicht-alkoholisches Kaltgetränk hingehen, ist hier nicht. Dafür ist es sehr idyllisch (zumindest, wenn es gelingt, den auf dem Klinik-Gelände lebenden Reichsbürger, der meint, er habe Schießbefehl, ebenso zu ignorieren wie den dörflichen AfD-Treffpunkt - die Ecke hier ist seit jeher dunkelbraun).

Das Entchen freundet sich mit Schnuffi an.

Achtsamkeitstraining ist ja eine beliebte Therapie in der Psychosomatik. Eine Übung ist es, eine Stunde auf eine Rosine zu starren. Diese Übung ging wie das ganze Achtsamkeitstraining bislang an mir vorbei, zum Glück. Es gab wohl noch andere Patienten, die die Rosinen-Übung doof fanden. Sie besorgten kurzer Hand ein paar etwa fingernagelgroße Plastiktierchen und setzten sie in der Klinik aus. Die Tierchen wandern nun durch die Klinik, und bislang machten sie allen, die ich traf, Freude. Nach gut einer Woche sind sie quasi auch offizielles Therapieprogramm, mit Hinweis auf die Aktion in der Lobby. 

Das Entchen wandert weiter.

Hier gilt seit mittlerweile 203 Wochen: Der Gatte und ich sind weitgehend zu Hause. Im ersten Corona-Jahr wurde der Gatte schwerkrank, im zweiten zeigte sich, dass er nicht mehr gesunden wird, im vierten hatte er einen Schlaganfall. Er ist schwerbehindert und berufsunfähig verrentet. Es geht uns dennoch  vergleichsweise gut. Wir halten es gut miteinander aus, wenngleich die Erkrankungen und der Schlaganfall des Gatten zu Wesensveränderungen führten, die ein Zusammenleben manchmal sehr schwer machen. 

Unsere Kontakte sind normalerweise auf das Notwendigste beschränkt, heißt: Arbeit, Ärzte, Einkaufen, Schwiegermutter und Handwerker. Ich bin dankbar, dass Corona bislang Gatten, Schwiegermutter und Tante verschonte und hoffe sehr, das bleibt so.  

Diese Woche ging mir auf, dass ich schon fast drei Wochen in der Reha bin und noch nichts von meiner Vertretung hörte. Das freut mich sehr! Ich hoffe, meine Interpretation, dass sie im Büro alles im Griff hat und die versprochene Unterstützung der Chefin bekommt, trifft zu. Sie weiß zwar, dass sie mich im Notfall erreichen kann, möchte das aber löblicherweise möglichst nicht machen. 

Schwiegermutter und Tante geht's gut. Sie freuten sich über die Briefe mit den Neujahrs-Fotos. Schwiegermutter schrieb mir sogar zurück! Hände und Augen wollen nicht mehr, weswegen ich die Mühe des Briefes umso mehr schätze. 

Dieser Beitrag geht rüber zum Samstagsplausch bei Andrea. Vielen Dank für's Sammeln! In der Kombüse ist gerade Blog-Pause.

6 Kommentare:

  1. Weiterhin viel Kraft für die Reha!!

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  2. Nimm mit, was sie dir in der Reha geben. Es tut am Ende sehr gut. Schön, dass dich der Mann besucht hat.
    Liebe Grüße
    Andrea

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    1. Ja, ich versuche, möglichst alles mitzunehmen, denn es ist sicher, dass ich diese Blase, das Umsorgtwerden vermissen werde.

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  3. Wie beruhigend, dass der Mann gut alleine klar kommt!
    Weiterhin gute Erholung , für euch beide, LG von Silke

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    1. Dass der Gatte alleine klar kommt, ist eine unwahrscheinliche Erleichterung! Das hätte er vor fünf Wochen auch nicht gedacht, und das stärkt sein Selbstbewusstsein, macht ihm wieder Mut.

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Kommentare von Corona-Leugner, Quer- und anderen Nicht-Denkern, Wahnwichteln, Das-ist-doch-nur-ne-Grippe-Schwurblern, Wir-haben-genug-freie-Intensivbetten-Rufern und ähnlichen Düffeldaffeln werden gelöscht.